TE UVS Wien 2002/09/26 03/P/36/5495/2002

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Veröffentlicht am 26.09.2002
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat Wien hat durch sein Mitglied Mag Fritz über die Berufung des Herrn Norbert S gegen das Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Wien, Bezirkspolizeikommissariat Ottakring, vom 22.5.2002, Zl S 58.350/O/00, betreffend Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960, entschieden:

Gemäß § 66 Abs 4 AVG wird der Berufung in der Schuldfrage keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis insoweit bestätigt.

In der Straffrage wird der Berufung insofern Folge gegeben, als die Geldstrafe von ? 70,-- auf ? 50,-- und die für den Fall der Uneinbringlichkeit festgesetzte Ersatzfreiheitsstrafe von 35 Stunden auf 24 Stunden herabgesetzt wird.

Die Strafnorm hat richtig: § 99 Abs 3 lit e StVO zu lauten. Dementsprechend verringert sich der erstinstanzliche Kostenbeitrag gemäß § 64 Abs 2 VStG von ? 7,-- auf ? 5,--.

Gemäß § 65 VStG wird dem Berufungswerber kein Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens auferlegt.

II. BESCHEID

Sie, Herr Norbert S, haben sich in Ihrer Berufung vom 5.6.2002 durch nachstehende Äußerungen einer beleidigenden Schreibweise bedient:

?... Dass Exekutivbeamte im Allgemeinen nicht besonders intelligent sind, ist kein Geheimnis; bei jemandem, der es immerhin zu einem akademischen Titel gebracht hat, sollte man aber doch annehmen können, dass er wenigstens lesen kann. ..."

Es wird daher gegen Sie gemäß § 34 Abs 3 AVG (iVm § 34 Abs 2 AVG) eine Ordnungsstrafe in der Höhe von ? 75,-- verhängt.

Text

Mit Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Wien, Bezirkspolizeikommissariat Ottakring, vom 22.5.2002 wurde der Berufungswerber (Bw) schuldig erkannt, er habe sich am 1.5.2000 um 16:05 Uhr in Wien, T-straße zwischen L Gürtel und L-gasse als Radfahrer vorschriftswidrig verhalten, da er sich am Anhängewagen der Straßenbahnlinie 46 an der Türkante mit den Fingern eingehakt und damit angehängt gehabt habe, um sich ziehen zu lassen. Der Bw habe dadurch § 68 Abs 3 lit b StVO verletzt, weshalb über ihn gemäß § 99 Abs 3 lit a StVO eine Geldstrafe in der Höhe von ? 70,-- (Ersatzfreiheitsstrafe: 35 Stunden) verhängt wurde. Gleichzeitig wurden die vom Bw zu ersetzenden Verfahrenskosten mit ? 7,-- bestimmt.

In seiner gegen dieses Straferkenntnis innerhalb offener Frist erhobenen Berufung brachte der Bw vor, der Text des Straferkenntnisses sei in sich widersprüchlich und daher absurd. Es werde ihm vorgeworfen, er hätte sich ?... an der Türkante mit den Fingern eingehakt und damit angehängt". Das sei völliger Unsinn, denn mit den Fingern könne sich niemand an ein Fahrzeug anhängen. Der Begriff ?anhängen" (als Verbum) bzw ?Anhänger" (als Substantiv) werde sowohl in der technischen Fachsprache (insbesondere auf Fahrzeuge bezogen) als auch

umgangssprachlich immer im Sinne einer mechanischen Verbindung verwendet, also einer Verbindung des Zugfahrzeuges mit dem angehängten Fahrzeug durch ein Seil, eine Kette oder ein Gestänge, niemals durch einen Körperteil. Die Behörde selbst verwende sowohl im Text der Strafverfügung als auch im Text des Straferkenntnisses den Ausdruck ?Anhängewagen" für den Straßenbahnwaggon; dieser sei zweifellos am Zugfahrzeug angehängt, also mechanisch fest mit diesem verbunden. Auch ein Fahrradanhänger sei mit dem ziehenden Fahrrad mechanisch fest verbunden; selbiges treffe auf sämtliche Fahrzeuge ohne eigenen Antrieb zu (Traktoranhänger, Pkw-Anhänger, Lkw-Anhänger usw). Eine solche feste Verbindung sei mit einem Körperteil (Finger, Hand oder Fuß) gar nicht möglich, weshalb es purer Unsinn sei, ein Einhaken mit den Fingern oder ein Festhalten mit einer Hand als ?Anhängen" zu bezeichnen.

Dass Exekutivbeamte im Allgemeinen nicht besonders intelligent seien, sei kein Geheimnis; bei jemandem, der es immerhin zu einem akademischen Titel gebracht habe, sollte man aber doch annehmen, dass er wenigstens lesen könne. Wie schon in seinem Einspruch erwähnt, sei in der Vorschrift des § 68 Abs 3 lit b StVO nur vom Anhängen die Rede, nicht aber vom Einhaken oder Festhalten mit Körperteilen. Ein Anhängen eines einspurigen Fahrrads an Zugfahrzeuge mittels einer mechanischen Verbindung (Seil, Kette, Gestänge) wäre aus physikalischen Gründen tatsächlich sehr instabil, damit im Straßenverkehr zu gefährlich und daher zweifellos zu Recht verboten. Dies habe er aber nicht getan. Das bloße Festhalten an einer fahrenden Straßenbahn dagegen sei für einen routinierten Radfahrer völlig ungefährlich und in etwa vergleichbar mit der Benutzung eines Schlepplifts durch einen Schifahrer. Seinen persönlichen Erfahrungen zufolge sei das Mitfahren im Windschatten einer Straßenbahn auf diese Art, wie er es sehr oft getan habe (er sei Hunderte Male auf diese Art gefahren), für einen Radfahrer auch sehr viel sicherer, als sich frei

im Straßenverkehr zu bewegen, da er in dieser Position vor unzurechnungsfähigen Autofahrern sehr gut geschützt sei. Die einzigen Unfälle, die er als Radfahrer je gehabt habe, seien immer und ausnahmslos zu 100 % durch Autofahrer verschuldet. Das Mitfahren mit Straßenbahnen auf diese Weise, wie er sie sehr oft praktiziert habe, sollte Radfahrern also im Interesse ihrer eigenen Sicherheit ausdrücklich empfohlen werden. Er bleibe dabei, dass er völlig schuldlos sei und sich nicht vorschriftswidrig verhalten habe.

Das Straferkenntnis sei daher zu annullieren und als

gegenstandslos zu verwerfen.

Der Unabhängige Verwaltungssenat Wien hat erwogen:

Gemäß § 68 Abs 3 lit b StVO ist es verboten, sich mit einem Fahrrad an ein anderes Fahrzeug anzuhängen, um sich ziehen zu lassen.

Gemäß § 99 Abs 3 lit e StVO begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe bis zu ? 726,--, im Falle ihrer Uneinbringlichkeit mit Arrest bis zu zwei Wochen, zu bestrafen, wer sich an Fahrzeuge anhängt, um sich ziehen zu lassen. Der Bw bestreitet nicht, sich mit den Fingern an der Türkante des Straßenbahnwagens eingehakt zu haben (um im Windschatten kraftsparend mitzufahren). In der dem gegenständlichen Verfahren zugrunde liegenden Anzeige vom 2.5.2000 ist festgehalten worden, dass der Meldungsleger während seiner Fahrt mit dem Dienstkraftrad auf der T-straße auf heftige Gesten des Straßenbahnfahrers aufmerksam geworden sei. Er habe in den Rückspiegel geblickt und wahrnehmen können, dass sich der Bw am Anhängewagen der Straßenbahnlinie 46 angehängt gehabt habe und sich von diesem ziehen habe lassen. Bei der nächsten Haltestelle habe er den Bw anhalten und beanstanden können. Der Bw habe sinngemäß erklärt, seit dem Gürtel an dieser Straßenbahn zu hängen. Es gebe keine rechtliche Grundlage, dass er das nicht tun dürfte. So wie jetzt sei er schon hunderte Kilometer gefahren und werde er im Falle einer Anzeige alle Möglichkeiten ausschöpfen.

In seinem Einspruch vom 8.5.2002 gegen die in dieser Sache zunächst ergangene Strafverfügung bestritt der Bw den Tatvorwurf mit der Begründung, laut § 68 Abs 3 lit b StVO sei Radfahrern nur das Anhängen an andere Fahrzeuge untersagt, vom Festhalten oder Einhaken sei in dieser Vorschrift keine Rede. Dies wäre auch völlig unsinnig und absurd, weil dies die Verkehrssicherheit in keinster Art und Weise gefährde. In der Begründung des angefochtenen Straferkenntnisses führte die Erstbehörde aus, der Bw bestreite in seinem Einspruch die Begehung des Deliktes, gebe aber gleichzeitig ein Verhalten zu, dass genau dem Tatbild entspreche, weil er angebe, sich an der Türkante der Straßenbahn eingehakt zu haben.

Nach § 68 Abs 3 lit b StVO ist es verboten, sich mit einem Fahrrad an ein anderes Fahrzeug anzuhängen, um sich ziehen zu lassen. Entgegen der Auffassung des Bw lässt nun weder der Wortlaut dieser Bestimmung noch der Schutzzweck dieser Norm (nämlich insbesondere auch die Sicherheit der Fahrradfahrer) eine einschränkende Auslegung in der vom Bw behaupteten Richtung zu, nämlich dass lediglich ein Anhängen eines einspurigen Fahrrads an ein Fahrzeug mittels einer mechanischen Verbindung (Seil, Kette, Gestänge) verboten wäre. Der Unabhängige Verwaltungssenat Wien geht vielmehr ? ebenso wie schon die Erstbehörde ? davon aus, dass von der genannten Vorschrift auch Fälle erfasst sind, in denen sich ein Fahrradfahrer (wie eben auch der Bw) an einem Fahrzeug mit den Händen (mit einer Hand) festhält, um sich von dem Fahrzeug ziehen zu lassen. Wenn der Bw ein solches Festhalten an einer fahrenden Straßenbahn für einen routinierten Radfahrer als völlig ungefährlich und empfehlenswert bezeichnet (und dies mit der Benutzung eines Schlepplifts durch einen Schifahrer vergleicht), dann ist anzumerken, dass der Bw bei einer solchen Einschätzung durch seine Teilnahme am Straßenverkehr geradezu ein Gefahrenpotenzial darstellt. Noch einmal ist darauf hinzuweisen, dass es keinen Unterschied macht, ob sich ein Radfahrer mit den Händen an einem Fahrzeug festhält (um sich ziehen zu lassen) oder ob er zu diesem Zweck sein Fahrrad an einem Fahrzeug zB mit einem Seil anhängt; in beiden Fällen liegt ein Verstoß gegen § 68 Abs 3 lit b StVO vor.

Eine Übertretung nach § 99 Abs 3 lit e iVm § 68 Abs 3 lit b StVO ist ein sogenanntes Ungehorsamsdelikt, bei dem das Gesetz das Verschulden des Täters als gegeben ansieht, aber die Glaubhaftmachung, dass den Beschuldigten kein Verschulden trifft, zulässt (§ 5 Abs 1 zweiter Satz VStG). Diesbezüglich hat der Beschuldigte selbst initiativ zu werden. Gerade von einem Botendienstfahrer muss erwartet werden, dass er sich über die für einen Radfahrer geltenden Vorschriften der StVO 1960 hinreichend informiert. Wie bereits oben angemerkt wurde, widerspricht nicht die Rechtsansicht der Erstbehörde, sondern jene des Bw dem klaren Wortlaut und dem Zweck des Gesetzes. Es war daher davon auszugehen, dass der Bw im vorliegenden Fall schuldhaft gegen die einschlägige Strafbestimmung der StVO 1960 verstoßen hat.

Zur Strafbemessung ist Folgendes auszuführen:

Gemäß § 19 Abs 1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

Gemäß § 19 Abs 2 VStG sind im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

Die Tat schädigte in nicht unerheblichem Ausmaße das Interesse an der Verkehrssicherheit, weshalb der objektive Unrechtsgehalt der Tat an sich, selbst bei Fehlen sonstiger nachteiliger Folgen, nicht gering war.

Auch das Verschulden des Bw konnte nicht als gering eingestuft werden, da weder hervorgekommen ist noch aufgrund der Tatumstände anzunehmen war, dass die Einhaltung der Vorschrift eine besondere Aufmerksamkeit erfordert habe, oder dass die Verwirklichung des Tatbestandes aus besonderen Gründen nur schwer hätte vermieden werden können.

Die Erstbehörde ist zu Recht davon ausgegangen (siehe das Vorstrafenverzeichnis auf AS 17), dass dem Bw zum Zeitpunkt ihrer Entscheidung der Milderungsgrund der verwaltungsstrafrechtlichen Unbescholtenheit nicht zugute gekommen ist. Die auf dem Vorstrafenverzeichnis (mit Beginn der Tilgungsfrist: 30.7.1997) aufscheinende Verwaltungsvormerkung ist mittlerweile aber getilgt und vom Unabhängigen Verwaltungssenat Wien bei seiner Strafbemessung nicht mehr zu berücksichtigen. Es war daher wiederum von der verwaltungsstrafrechtlichen Unbescholtenheit des Bw auszugehen und dies bei der Strafbemessung als Milderungsgrund zu berücksichtigen. Erschwerungsgründe sind im Verfahren keine hervorgekommen.

Der Bw hat im gesamten Verwaltungsstrafverfahren (trotz diesbezüglicher Aufforderung) keine Angaben zu seien persönlichen Verhältnissen gemacht. Aufgrund des Alters des Bw und dessen Tätigkeit als Botendienstfahrer wurden eher unterdurchschnittliche Einkommensverhältnisse und fehlendes Vermögen angenommen. Sorgepflichten konnten mangels diesbezüglicher Angaben nicht berücksichtigt werden. Unter Bedachtnahme auf diese Strafzumessungsgründe und auf den bis ? 726,-- reichenden Strafsatz scheint die nunmehr verhängte Geldstrafe durchaus angemessen und keineswegs zu hoch zu sein (die Strafe musste allein deshalb herabgesetzt werden, weil ein Milderungsgrund hinzugekommen ist). Eine Strafe in dieser Höhe erscheint aber dringend geboten zu sein, um den Bw künftig von strafbaren Handlungen gleicher Art abzuhalten. Gegen eine weitere Strafherabsetzung haben insbesondere auch generalpräventive Überlegungen gesprochen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 64 und 65 VStG.

Zu II.: Ordnungsstrafe

Gemäß § 34 Abs 2 AVG sind Personen, die die Amtshandlung stören oder durch ungeziemendes Benehmen den Anstand verletzen, zu ermahnen; bleibt die Ermahnung erfolglos, so kann ihnen nach vorausgegangener Androhung das Wort entzogen, ihre Entfernung verfügt und ihnen die Bestellung eines Bevollmächtigten aufgetragen werden oder gegen sie eine Ordnungsstrafe bis ? 726,-- verhängt werden. Nach § 34 Abs 3 AVG können die gleichen Ordnungsstrafen von der Behörde gegen Personen verhängt werden, die sich in schriftlichen Eingaben einer beleidigenden Schreibweise bedienen.

Vorweg ist zu bemerken, dass nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes für eine beleidigende Schreibweise in einer Berufung nur von der Rechtsmittelbehörde (hier: vom Unabhängigen Verwaltungssenat Wien) eine Ordnungsstrafe verhängt werden darf (vgl das Erkenntnis des VwGH vom 30.11.1993, Zl 89/14/0144).

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes liegt eine beleidigende Schreibweise vor, wenn eine Eingabe ein unsachliches Vorbringen enthält, das in einer Art gehalten ist, die ein ungeziemendes Verhalten gegenüber der Behörde darstellt. Dabei ist es ohne Belang, ob sich die beleidigende Schreibweise gegen die Behörde, gegen das Verwaltungsorgan oder gegen eine einzige Amtshandlung richtet. Eine in einer Eingabe an die Behörde gerichtete Kritik ist dann gerechtfertigt und schließt die Anwendung des § 34 Abs 3 AVG aus, wenn sich die Kritik auf die Sache beschränkt, in einer den Mindestanforderungen des Anstandes entsprechenden Form vorgebracht wird und nicht Behauptungen enthält, die einer Beweisführung nicht zugänglich sind. Fehlt eine dieser Voraussetzungen, wird der Tatbestand des § 34 Abs 3 AVG erfüllt und es kann auch ein gelungener Beweis der Kritik den Schreiber nicht mehr rechtfertigen (vgl zB das Erkenntnis des VwGH vom 2.7.1990, Zl 90/19/0299). Eine Kritik ist nur dann ?sachbeschränkt", wenn die Notwendigkeit dieses Vorbringens zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung angenommen werden kann (vgl zB das Erkenntnis des VwGH vom 10.3.1998, Zl 97/08/0110).

Es kommt auch nicht auf die Eignung der an eine Behörde gerichteten schriftlichen Äußerung an, diese, eine Behörde unterer Instanz oder Organwalter dieser Behörden zu beleidigen. Entscheidend ist vielmehr, ob durch diese Äußerung der im Verkehr mit Behörden gebotene Anstand verletzt wird, was freilich nicht davon abhängt, auf wen die Äußerung bezogen ist (vgl das Erkenntnis des VwGH vom 17.2.1997, Zl 95/10/0221).

Die im Spruch wiedergegebenen Formulierungen des Herrn Norbert S in seiner Berufung vom 5.6.2002 überschreiten den Boden sachlicher Kritik und stellen daher eine beleidigende Schreibweise im Sinne des § 34 Abs 3 AVG dar. Die Bestrafung nach § 34 Abs 3 AVG wendet sich nicht gegen den Inhalt des Vorbringens, sondern gegen die Form, in der dieses erfolgt. Niemand ist daran gehindert, seine rechtlichen Überlegungen zur Auslegung einer Vorschrift in einem Rechtsmittel einfließen zu lassen, um diesem möglicherweise zum Erfolg zu führen. Er muss sich dabei aber nur in den Grenzen der Sachlichkeit halten. Allein der Umstand, dass Herr Norbert S mit der Auslegung einer Verwaltungsvorschrift durch die Erstbehörde nicht einverstanden gewesen ist, gibt ihm nicht das Recht, Exekutivbeamte im Allgemeinen (bzw den Organwalter der Erstbehörde) zu beleidigen. Der Unabhängige Verwaltungssenat Wien hat daher die von Herrn Norbert S gewählte Schreibweise in seiner Berufung als beleidigend und somit als Ordnungswidrigkeit eingestuft.

Bemerkt sei, dass das Verhängen einer Ordnungsstrafe nicht der Einnahmenerzielung durch die Behörde, sondern dazu dient, eine Person zur Besserung ihres Verhaltens im Verwaltungs(- straf)verfahren zu bewegen. Maßgebend für das Ausmaß einer Ordnungsstrafe ist allein die Überlegung, welche Strafhöhe innerhalb des gesetzlichen Rahmens eine Änderung des Fehlverhaltens jener Person erwarten lässt, die sich der beleidigenden Schreibweise bedient. Bei der Festsetzung der Höhe der Ordnungsstrafe wurde berücksichtigt, dass das Ausmaß der Beleidigung in der Berufung vom 5.6.2002 in dieser Form auch absichtlich (und nicht etwa durch einen Schreibfehler versehentlich) getätigt wurde. Der Unabhängige Verwaltungssenat Wien hat die Höhe der Ordnungsstrafe mit ? 75,-- festgesetzt, denn nur eine solche Höhe der Ordnungsstrafe scheint ausreichend zu sein, um eine Änderung des Fehlverhaltens des Herrn Norbert S zu bewirken.

Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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