TE UVS Steiermark 2002/09/30 30.6-72/2002

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 30.09.2002
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark hat durch das Senatsmitglied Dr. Michael Herrmann über die Berufung des Herrn F M, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Leibnitz vom 01.07.2002, GZ.: 15.1 2000/1955, wie folgt entschieden:

Der Berufung wird gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (im folgenden AVG) in Verbindung mit § 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (im folgenden VStG) Folge gegeben, das Straferkenntnis behoben und das Verfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 1 VStG eingestellt.

Text

Mit dem im Spruch genannten Straferkenntnis wurde dem Berufungswerber zur Last gelegt, er habe seinen 8-jährigen Labrador- Mischling "A" am 16.02.2000, gegen ca. 11.30 Uhr, auf einem Acker außerhalb seiner Liegenschaft in G, somit an einem öffentlichen Ort, weder mit einem Maulkorb versehen, noch so an der Leine geführt, dass eine jederzeitige Beherrschung des Tieres gewährleistet gewesen sei.

2.) Habe er seinen 8-jährigen Labrador-Mischling "A" am 16.02.2000, gegen ca. 11.30 Uhr, auf einem Acker außerhalb seiner Liegenschaft in G im Jagdrevier der Jagdgesellschaft G frei herumlaufen lassen, wo er jagend beim Anfallen bzw. Reißen einer beschlagenen Rehgeis angetroffen worden sei.

Hiedurch habe der Berufungswerber 1.) eine Übertretung des § 6 a Abs 1 Stmk. Tierschutz- und TierhalteG und 2.) eine Übertretung des § 60 Abs 3 Stmk. JagdG begangen und wurde hiefür jeweils eine Geldstrafe in der Höhe von ? 72,00 (je 1 Tag Ersatzfreiheitsstrafe) verhängt.

In seiner fristgerechten Berufung vom 05.07.2002 führte der Berufungswerber aus, dass es sich gegenständlich keinesfalls um seinen Hund gehandelt habe und dies auch die Aussagen seiner Frau und seiner Schwiegermutter beweisen würden.

Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark stellt hiezu Nachfolgendes fest:

Gemäß § 51 Abs 1 VStG steht dem Beschuldigten stets das Recht der Berufung an den Unabhängigen Verwaltungssenat jenes Landes zu, in dem die Behörde, die den Bescheid erlassen hat, ihren Sitz hat; somit ergibt sich die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates für die Steiermark für die Erlassung der gegenständlichen Entscheidung. Da im angefochtenen Bescheid weder eine primäre Freiheitsstrafe noch eine ? 2.000,00 übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, war gemäß § 51c VStG die Zuständigkeit des Einzelmitgliedes gegeben. Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark hat am 16.09.2002 eine öffentliche, mündliche Verhandlung vor Ort in Anwesenheit des Berufungswerbers unter Beiziehung der Zeugen Frau E M, Frau M A, Herrn K H G, Herrn J Sch, Frau H Sch und Herrn G Sch durchgeführt.

Aufgrund dieser Verhandlung und des Inhaltes der Verwaltungsakten wurde folgender Sacherhalt festgestellt:

Unbestritten ist, dass der Berufungswerber der Besitzer des gegenständlichen 8- jährigen Labrador-Mischlinghundes "A" ist. Zum Tatzeitpunkt war der Berufungswerber nicht an seinem Anwesen in G anwesend, da er bei einer Augenuntersuchung im LKH Graz gewesen ist.

Die Zeuginnen E M und M A führten übereinstimmend aus, dass sich der Hund am Vormittag des 16.02.2000 im Haus (Anwesen P) befunden hat. So hat Frau M damals gebügelt und lag der Hund im Vorraum unmittelbar vor dem Bügelzimmer. Der Hund konnte damals keinesfalls das Haus verlassen, da die Haustür (Eingangstür) damals mit Sicherheit wegen der draußen herrschenden Kälte (es war Winter) geschlossen gewesen ist. Gegen Mittag ist Frau A, welche den ganzen Vormittag bei ihrer Tochter im Bügelzimmer gesessen ist, zu sich nach

Hause (die Zeugin wohnt in unmittelbarer Nähe des Anwesens P) gegangen, wobei der Hund zu diesem Zeitpunkt erstmals das Haus verlassen hat. Zu diesem Zeitpunkt hatte Frau M auch ihre Bügelarbeiten beendet.

Bereits einige Minuten später ist der Zeuge K H G vor Ort erschienen und hat Frau M zu diesem Zeitpunkt erstmals von dem gegenständlichen Vorfall Kenntnis erlangt. Sowohl die Zeugin M als auch Herr G haben in Folge den Hund "A" untersucht und konnten sie keine Spuren von Schweiß, Blut, Dreck oder Nässe an dem Hund feststellen.

Der Zeuge K H G führte aus, dass er damals, da der Obmann der Jagdgesellschaft G (es ist dies der Vater des Zeugen Herrn K G) nicht erreichbar war, von dem Vorfall verständigt wurde und sich auch vor Ort (wo die Rehgeis gerissen wurde) begeben hat. Er traf dort Herrn Sch und einen weiteren Mann an und wurde ihm mitgeteilt, dass ein schwarzer Hund das Reh gerissen habe, wobei der Hund anschließend in Richtung des Anwesen M gelaufen sei. Der Zeuge K H G ist dann auch zum Anwesen der Familie M gefahren und hat dort den verdächtigen Hund "A" untersucht. Diese Untersuchung fand ca. eine halbe Stunde nach dem Vorfall statt und konnte der Zeuge an dem Hund keinerlei Blutspuren bzw. auch keinen Schweiß feststellen. Als der Zeuge Frau M dahingehend informierte, dass der Verdacht bestehe, dass ihr Hund ein Reh gerissen habe, erklärte Frau M dem Zeugen gegenüber, dass dies keinesfalls der Fall gewesen sein könnte, da ihr Hund ja immer im Haus gewesen sei. Der Zeuge Sch führte aus, dass er damals von Herrn Sch über den Vorfall telefonisch informiert worden ist. Nach seinem Eintreffen vor Ort konnte der Zeuge Sch feststellen, dass das Reh so schwer verletzt war, dass er es knicken (töten) musste. Herr Sch führte gegenüber dem Zeugen Sch auch aus, dass das Reh von einem Hund gejagt bzw. gerissen wurde und dass Herr Sch den Hund mit einem Stecken vertreiben musste. Der Hund sei dann durch einen nahegelegenen Zaun in den Weingarten des Weingutes S geflüchtet bzw. weiter in Richtung des Anwesen M gelaufen. Der Zeuge Sch führte aus, dass er bei Arbeiten im Bereich seines Hauses damals lautes Geschrei (Klagelaute von einem Reh) hörte. Der Zeuge machte darauf auch seine Schwiegermutter aufmerksam, entschloss sich dann jedoch weiterzuarbeiten. Es dürfte dies so um ca. 10.00 oder 11.00 Uhr am Vormittag gewesen sein und hat der Zeuge ca. eine viertel Stunde später wiederum die Motorsäge abgeschaltet, wobei er noch immer das Reh schreien hören konnte. Der Zeuge ist dann von seinem Haus aus durch den Weingarten in Richtung des Lärms gegangen. Schon beim Hinuntergehen durch den Weingarten konnte der Zeuge einen schwarzen Hund sehen, welcher sich in ein Reh verbissen hatte. Der Zeuge hat dann beim Näherkommen nach einem Prügel gegriffen und aus einer Entfernung von einigen Metern den Prügel geworfen, wodurch der Hund das Reh losgelassen hat und durch ein Loch im Zaun in Richtung des Weingartens (Weingut S) verschwunden ist. In Folge ist der Hund dann durch den Weingarten in Richtung des Hauses der Familie M gelaufen. Der Zeuge war sich sicher, dass es sich bei dem gegenständlichen Hund um den Hund der Familie M gehandelt hat, wobei er diesen laut seinen Angaben gekannt hat, da er die Familie M schon öfters mit dem Hund spazieren gehen gesehen hat. Der Zeuge führte weiters aus, dass das Reh sehr schwer verletzt war und er von der zuständigen Jagdgemeinschaft G niemanden telefonisch erreichen konnte. Deswegen beschloss er, Herrn Sch (dieser ist Jäger der benachbarten Jagdgemeinschaft E) zu holen und hat Herr Sch dann auch das Reh aufgrund seiner schweren Verletzungen töten müssen. Etwas später ist dann auch noch Herr K H G vor Ort erschienen und wurde dieser vom Zeugen Sch über den Vorfall informiert. Die Zeugin Sch, diese ist die Schwiegermutter des Zeugen Sch, führte aus, dass sie zum fraglichen Zeitpunkt im Weingarten beim Schneiden beschäftigt war, als sie ein Reh laut schreien hörte. Die Zeugin hat dann von oben Nachschau gehalten und einen schwarzen Hund gesehen, der den Weinberg (Weingut S) herunterkam. Der Hund ist vom Wald oberhalb gekommen und lief in Richtung der Talsenke. Wo genau er hingelaufen ist bzw. wo sich das Reh zu diesem Zeitpunkt befand, konnte die Zeugin nicht sehen. Die Zeugin bestätigte, dass ihr Schwiegersohn den Weingarten in Richtung der Rufe des Rehs hinuntergelaufen ist, wobei dies so um ca. 11.00 Uhr am Vormittag des 16.02.2000 gewesen ist. Weitere Angaben über den Vorfall konnte die Zeugin nicht machen. Die Zeugin konnte nicht sagen, ob der Hund damals vom Haus M gekommen ist bzw. ist ihr der Hund der Famille M auch nicht bekannt. Gemäß § 45 Abs 1 Z 1 VStG hat die Behörde von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn die dem Beschuldigten zur Last gelegte Tat nicht erwiesen werden kann. Gemäß § 45 Abs 2 AVG hat die Behörde unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht. Weiters sind gemäß § 25 Abs 2 VStG die der Entlastung des Beschuldigten dienlichen Umstände in gleicher Weise zu berücksichtigen wie die belastenden. Im gegenständlichen Fall liegen nunmehr zwei unterschiedliche Sachverhaltsschilderungen dahingehend vor, als einerseits die Zeuginnen M und A ausführen, dass sich der Hund "A" zum fraglichen Zeitpunkt im Haus des Anwesen P, und zwar vor dem Bügelzimmer im Vorzimmer befunden hat, andererseits der Zeuge Sch den ihm bekannten Hund der Familie M erkannte, als dieser das Reh gerissen hat. Hinsichtlich der Wertung dieser divergierenden Aussagen ist vorerst festzuhalten, dass beide Versionen für sich allein als durchaus glaubwürdig und auch logisch nachvollziehbar erscheinen. Der Möglichkeit, dass sich der Hund der Familie M in einem unbeachteten Moment von der Tür des Bügelzimmers entfernt haben könnte bzw. das Haus verlassen haben könnte, sind die Zeuginnen M und A durchaus glaubhaft entgegengetreten, indem sie ausführten, dass damals aufgrund des kalten Wetters die Eingangstür geschlossen war und der Hund somit das Haus nicht verlassen konnte. Bei der Wertung der Ausführungen des Zeugen Sch war zu berücksichtigen, dass sich dieser dem Hund nicht unmittelbar genähert hat, sondern aus einer Entfernung von einigen Metern den Stock geworfen hat. Auch kennt der Zeuge Sch den Hund des Berufungswerbers nur vom Sehen und hat er den fraglichen Hund nur über einen relativen kurzen Zeitraum beobachten können. Diese Ausführungen für sich machen es jedoch noch nicht unmöglich, dass Herr Sch den Hund des Berufungswerbers identifizieren konnte. Allerdings erschien es der entscheidenden Behörde als relevant, dass der unbeteiligte Zeuge K H G kurze Zeit nach dem Vorfall den Hund des Berufungswerbers untersucht hat, wobei er keinerlei Blut- oder Schweißspuren an dem Hund feststellen konnte. Solche hätten jedoch aufgrund der Schwere der Verletzungen des Rehs (der Hund hat sich ja mehrmals auf das Reh gestürzt) sicherlich vorhanden sein müssen, wobei es keinerlei Beweismittel dahingehend gibt, dass der Hund etwaig von Frau M gesäubert worden wäre. In diesem Zusammenhang sind auch die Ausführungen der Familie M dahingehend, dass im gegenständlichen Umfeld des Anwesens P öfters fremde Hunde umherstreifen und diese auch schon beim Jagen von Wild gesehen wurde, zu berücksichtigen. Zusammenfassend war somit trotz des Vorliegens von Verdachtsmomenten nicht mit der für eine Bestrafung im Verwaltungsstrafverfahren erforderlichen Sicherheit beweisbar, dass der Hund des Berufungswerbers für den Vorfall verantwortlich zeichnete. Es war daher die Einstellung der beiden, dem Berufungswerber zur Last gelegten Verwaltungsübertretungen zu verfügen. Hinsichtlich der dem Berufungswerber unter Punkt 2.) zur Last gelegten Verwaltungsübertretung des § 60 Abs 3 Stmk. JagdG sei noch ausgeführt: Gemäß § 44a Z 1 VStG hat der Spruch eines Bescheides, wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten. Nach ständiger Rechtssprechung des Verwaltungsgerichtshofes bedeutet dies, dass die Tat hinsichtlich des Täters und der Tatumstände so genau zu umschreiben ist, dass die Zuordnung des Tatverhaltens zur Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale ermöglicht wird und die Identität der Tat unverwechselbar feststeht. Der Umfang der notwendigen Konkretisierung ist vom einzelnen Tatbild abhängig. Gemäß § 60 Abs 3 Stmk. JagdG machen sich Hundebesitzer einer Übertretung schuldig, die ihre Hunde im fremden Jagdgebiet wiederholt herumstreifen lassen. Ein wesentliches Tatbestandsmerkmal ist somit das Faktum, ein Hund im fremden Jagdgebiet wiederholt herumstreift. Diesbezügliche Ausführungen fehlen jedoch gänzlich im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses.

Hinsichtlich der dem Berufungswerber unter Punkt 2.) des angefochtenen Straferkenntnisses zur Last gelegten Verwaltungsübertretung wäre daher auch unter Bedachtnahme auf die Bestimmungen des § 44a VStG die Einstellung zu verfügen gewesen, wobei eine Präzisierung des Spruchs der entscheidenden Behörde aufgrund des Fehlens einer fristgerechten Verfolgungshandlung im Sinne des § 32 Abs 2 VStG nicht möglich gewesen wäre. Ein näheres Eingehen darauf, wann und wo der Hund des Berufungswerbers angeblich bereits einmal gesehen wurde, erübrigte sich somit.

Schlagworte
wiederholt herumstreifen Hund Tatbestandsmerkmal
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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