TE UVS Tirol 2002/10/04 2001/13/124-4

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Veröffentlicht am 04.10.2002
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat in Tirol entscheidet durch sein Mitglied Dr. Monica Voppichler-Thöni über die Berufung des Herrn K. F., pA F. Entsorgung und Recycling GmbH & Co KG, 6401 Inzing, vertreten durch DI Ch. E., gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck vom 19.07.2001, Zahl 2-St488/9-2000, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung, wie folgt:

 

I.

 

Gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz (AVG) iVm §§ 24, 51, 51 c und 51 e Verwaltungsstrafgesetz (VStG) wird die Berufung zu Spruchpunkt 1.) als unbegründet abgewiesen.

 

Gemäß § 64 Abs 1 und 2 VStG hat der Berufungswerber einen Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens in Höhe von 20 % der verhängten Geldstrafe, das sind zu Spruchpunkt 1.) Euro 72,67, zu bezahlen.

 

II.

 

Gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz (AVG) iVm §§ 24, 51, 51 c und 51 e Verwaltungsstrafgesetz (VStG) wird der Berufung zu Spruchpunkt 2.) Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 1 VStG eingestellt.

 

Der Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses wird insofern präzisiert, als die in der Dauer von 10 Tagen verhängte Ersatzfreiheitsstrafe zu Punkt 1.) und zu Punkt 2.) jeweils 5 Tage beträgt und die Übertretungsnorm zu beiden Spruchpunkten ?§ 32b Abs 1 iVm § 33b Abs 3 WRG iVm § 137 Abs 1 Z 24 WRG? lautet.

Text

Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde dem Berufungswerber spruchgemäß nachfolgender Sachverhalt zur Last gelegt:

 

?Sie haben es als handelsrechtlich vertretungsbefugter Geschäftsführer der Firma F.GmbH & Co KG zu verantworten, dass

 

1. am 15.12.2000, 70 m3 Abwasser aus der CPO-Anlage, welches nicht gemeldete Abwasserinhaltsstoffe, nämlich 170 µg/l Toluol bzw eine Summe von 171 µg/l BTXE enthielt, in die Abwasseranlage Zirl und Umgebung ohne vorherige Genehmigung eingeleitet wurde, wodurch der Parameter für die Summe der flüchtigen aromatischen Kohlenwasserstoffe Benzol, Toluol, Xylole und Ethylbenzol (BTXE) 0,170 mg/l betrug. Sie haben daher betriebliche Abwässer eingeleitet, welche die Emissionsbegrenzungen des § 1 Abs 2 der Verordnung über die Begrenzung von Abwasseremissionen aus der physikalisch- chemischen oder biologischen Abfallbehandlung (AEV Abfallbehandlung) überschritten haben.

2. es am 29.12.2000, zu Abwassereinleitung ohne vorherige Genehmigung des Abwasserverbandes Zirl und Umgebung gekommen ist, welche 130 µg/l Toluol bzw eine Summe von 192 µg/l BTXE enthielten, wodurch der Parameter für die Summe der flüchtigen aromatischen Kohlenwasserstoffe Benzol, Toluol, Xylole und Ethylbenzol (BTXE) 0,130 mg/l betrug. Sie haben daher betriebliche Abwässer eingeleitet, welche die Emissionsbegrenzungen des § 1 Abs 2 der Verordnung über die Begrenzung von Abwasseremissionen aus der physikalisch- chemischen oder biologischen Abfallbehandlung (AEV Abfallbehandlung) überschritten haben.

 

Sie haben dadurch eine Verwaltungsübertretung nach

1.

§ 33b Abs 3 Wasserrechtsgesetz (WRG), BGBl Nr 215/1959 idgF und

2.

§ 33b Abs 3 Wasserrechtsgesetz (WRG), BGBl Nr 215/1959 idgF begangen.?

Wegen dieser Übertretungen wurden über den Berufungswerber gemäß §137 Abs 1 Z 24 WRG in Anwendung des § 22 VStG zu Punkt 1.) eine Geldstrafe von Euro 363,36 und zu Punkt 2.) eine Geldstrafe von Euro 363,36, eine Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von 10 Tagen sowie ein Verfahrenskostenbeitrag verhängt.

 

In der fristgerecht dagegen erhobenen Berufung brachte der Berufungswerber vor, dass die zu Punkt 1.) vorgeworfene Grenzwertüberschreitung des Parameters BTXE als Tatbestand zwar erfüllt sein möge, dass jedoch aus subjektiver Sicht kein Verschulden vorliege. Laut dem derzeit noch gültigen Indirekteinleiterbescheid des LH von Tirol vom 19.04.1991, Zl IIIa1-11.093/17, sei der BTXE Wert überhaupt nicht zu messen und gemäß dem neuen angefochtenen und somit nicht rechtskräftigen Bescheid des LH von Tirol vom 28.08.2000, Zl U-3920-B/100, sei eine Messung dieses Summenparameters nur pro vier Freigabechargen durchzuführen. Bei der gegenständlichen Charge, die eingeleitet worden sei, habe es sich um keine gemessene oder zu messende gehandelt. Der Berufungswerber habe nicht gewusst und habe auch - nachdem der BTXE Grenzwert normalerweise beim behandelten Abwasser nie überschritten worden sei - nicht wissen können, dass dieses Mal - offenkundig aufgrund einer besonderen Konstellation - der Grenzwert überschritten worden sei. Aus diesem Grund könne dem Berufungswerber kein bedingter Vorsatz angelastet werden, wobei außerdem sofort nach dem Bekanntwerden der Überschreitung des BTXE Grenzwertes bis zum 19.01.2001 keinerlei Abwässer mehr in die Kanalisation des Abwasserverbandes Zirl und Umgebung eingeleitet worden seien. Der Berufungswerber habe auch nicht vorwerfbar fahrlässig gehandelt. Als weitere zusätzliche Maßnahme werde seither jede Charge freiwillig intern von der Fa. F. auf BTXE gemessen und der gemessene Wert dem Abwasserverband Zirl und Umgebung vor jeder Indirekteinleitung bekannt gegeben.

 

Zu Punkt 2.) brachte er vor, dass es objektiv auch in diesem Fall zu einer Überschreitung des Grenzwertes gekommen sein mag, dass jedoch auch in diesem Fall subjektiv kein Verschulden vorliege. Zu dieser Überschreitung des Grenzwertes des Summenparameters BTXE am 29.12.2000 sei es ausschließlich aufgrund einer urplötzlichen, bisher nicht bemerkten Undichtheit innerhalb des Abwasserbeckens der Fa. F. an der Anschlussstelle zur Rohrdurchführung, wobei eben ein minimaler Teil des Beckeninhaltes bei Erreichen der Rohranschlussstelle und erst ab ca 85 % Füllhöhe in die Kanalisation sickern habe können. In diesem Fall habe es sich um ein nachzureinigendes Abwasser gehandelt und sei es daher zu dieser Grenzwertüberschreitung gekommen. Es könne daher auch in diesem Fall sowohl bedingter Vorsatz als auch Fahrlässigkeit des Berufungswerbers ausgeschlossen werden. Die Einleitung sei nicht willentlich erfolgt, sondern lediglich aufgrund eines technischen Defektes. Dieser Schaden sei außerdem durch eine Fachfirma behoben und die Dichtheit durch eine abschließende Druckprobe der Fa. Mayr am 27.03.2001 bestätigt worden. Schließlich beantragte er, der gegenständlichen Berufung Folge zu geben, das angefochtene Straferkenntnis ersatzlos zu beheben und das Verwaltungsstrafverfahren gegen den Berufungswerber einzustellen sowie jedenfalls eine öffentliche mündliche Berufungsverhandlung anzuberaumen und den Berufungswerber zwecks Einvernahme zu laden.

 

Beweis wurde aufgenommen durch Einsicht in den erstinstanzlichen Akt und den Akt der Berufungsbehörde. Des Weiteren führte die Berufungsbehörde am 18.09.2002 eine öffentliche mündliche Verhandlung durch, zu der der Berufungswerber und sein Vertreter DI C. E. erschienen sind.

Aufgrund des durchgeführten Beweisverfahrens steht folgender entscheidungswesentlicher Sachverhalt als erwiesen fest:

 

Aufgrund des im erstbehördlichen Akt befindlichen Firmenbuchauszuges steht fest, dass der Berufungswerber handelsrechtlicher Geschäftsführer der F. Entsorgung und Recycling GmbH & Co KG ist.

 

Mit Bescheid des Landeshauptmannes von Tirol vom 19.04.1991, Zahl IIIa1-11.093/17, wurde der F. & Co GmbH & Co Umwelttechnik KG die Indirekteinleitung betrieblicher Abwässer in die Abwasseranlage Inzing (nunmehr: Abwasseranlage Zirl und Umgebung) - befristet bis 31.12.2001 - genehmigt. Die Bewilligung wurde an eine Reihe von Nebenbestimmungen gebunden, wobei die Punkte VI.2. und VI.3. folgendermaßen lauten:

 

?2. Die betrieblichen Abwässer sind hinsichtlich ihrer Schwermetallbelastung mindestens 4 mal jährlich durchzuführen (gemeint: zu untersuchen). Hiebei sind folgende Schwermetalle zu bestimmen: Hg, Pb, Cd, Zn, Cr, Ni.

 

3. Die Prozesswässer siehe Pkt. 3.2. des Befundes dürfen nur dann der Kläranlage Inzing zugeleitet werden, wenn folgendes eingehalten wird:

 

3.1. Die Prozesswässer dürfen nur während der Nachtstunden und hier nur gedrosselt dem Kläranlagenzulauf beigemischt werden.

 

3.2. Zur Dokumentation der Auswirkungen der Beileitung der Prozesswässer auf die ARA Inzing ist 1 mal jährlich ein Abwassergutachten über die Funktionstüchtigkeit der ARA und den Einfluss der Prozesswässer von einem hiezu Befugten erstellen zu lassen und der Wasserrechtsbehörde zur Einsichtnahme vorzulegen.?

 

Mit Bescheid des Landeshauptmannes von Tirol vom 16.12.1999, Zahl U-3920-B/54, wurde der F. Entsorgung und Recycling GmbH & Co KG die abfallwirtschafts-rechtliche Genehmigung für einen Versuchsbetrieb des Vakuumverdampfers und der sich dadurch ergebenden Änderung der Abfallbehandlungsanlage (CPA-Anlage und Teile des CPO-Anlagenbereiches) sowie der damit zusammenhängenden Einleitung von betrieblichen Abwässern in die Kanalisation des Abwasserverbandes Zirl und Umgebung - befristet bis 15.07.2000 - erteilt. Die Bewilligung wurde wiederum an eine Reihe von Nebenbestimmungen gebunden, deren Punkt 4.4. wie folgt lautet:

 

?Die betrieblichen Abwässer aus dem CPO-Reinwasser-/Abwassertank sind im Rahmen der Eigenüberwachung zu untersuchen. Die Untersuchungen haben die nachfolgenden Parameter zu umfassen und es sind nachfolgende Grenzwerte einzuhalten:

?

 

Benzol, Toluol, Xylole und Ethylbenzol (BTXE) 0,1 mg/l

?

 

Die Messungen haben mit Ausnahme der Parameter AOX, Phenolindex und BTXE, chargenweise zu erfolgen. Bei den Parametern AOX, BTXE und Phenolindex ist eine Messung pro 4 Freigabechargen durchzuführen.?

Mit Bescheid der Tiroler Landesregierung vom 27.06.2000, Zahl U-3920-B/84, wurde der F. Entsorgung und Recycling GmbH & Co KG erneut die abfallwirtschaftsrechtliche Genehmigung für die Einleitung von betrieblichen Abwässern in die Kanalisation des Abwasserverbandes Zirl und Umgebung - befristet bis 31.08.2000 - erteilt und als Grenzwert für den Parameter ?Summe der flüchtigen aromatischen Kohlenwasserstoffe Benzol, Toluol, Xylole und Ethylbenzol (BTXE)? 0,1 mg/l beibehalten.

 

Mit Bescheid des Landeshauptmannes von Tirol vom 28.08.2000, Zahl U-3920-B/100, wurde der F. Entsorgung und Recycling GmbH & Co KG die abfallwirtschafts-rechtliche Genehmigung für die Änderung der Abfallbehandlungsanlage (CPA-Anlage und Teile des CPO-Anlagenbereiches) durch Errichtung einer Vakuumsverdampferanlage sowie der damit zusammenhängenden Einleitung von betrieblichen Abwässern in die Kanalisation des Abwasserverbandes Zirl und Umgebung - befristet bis 31.12.2010 - erteilt und wiederum 0,1 mg/l als Grenzwert für den Parameter BTXE beibehalten.

 

Die Punkte III.4.1. bis III.4.4. lauten wie folgt:

 

?Neben den Untersuchungen gemäß den Auflagen 1. bis 3.2. sind Volluntersuchungen bei den betrieblichen Abwässer auf folgende Parameter durchzuführen:

 

?

 

BTXE, Summe der flüchtigen aromat. Kohlenwasserstoffe Benzol, Toluol, Xylole und Ethylbenzol 0,1 mg/l

 

Die erste Volluntersuchung hat binnen eines Monats nach Rechtskraft des Bescheides zu erfolgen. Die weiteren Volluntersuchungen haben im Abstand von höchstens 3 Monaten zu erfolgen. Jede 3. Volluntersuchung ist als Fremdüberwachung - dh durch einen befugten Dritten - vornehmen zu lassen.

 

Nach Vorliegen der Ergebnisse von 4 Volluntersuchungen kann die Abfallbehörde den Parameterumfang sowie die Häufigkeit von Untersuchungen im Sinne der Auflage 4.1. und 4.2. neu festlegen.

 

Wird eine Volluntersuchung im Sinne der Auflagen 4.1. und 4.2.durchgeführt, erübrigt sich eine Untersuchung im Sinne der Auflagen 1. und 2.?

 

Gegen diesen Bescheid haben der Abwasserverband Zirl und Umgebung sowie die F. Entsorgung und Recycling GmbH & Co KG Berufung erhoben.

 

Mit Schreiben vom 02.10.2000 teilte die Tiroler Landesregierung dem Abwasserverband Zirl und Umgebung Folgendes mit:

 

?

 

?Der Berufung gegen den Bescheid vom 28.08.2000, Zahl U-3920-B/100, kommt aufschiebende Wirkung zu. Dies gilt auch für Spruchpunkt V., der Teile des Bescheides des Landeshauptmannes von Tirol vom 19.04.1991, Zahl IIIa1-11.093/17, ersetzte.

Diese Teile sind daher nach wie vor in Geltung. Die Indirekteinleitung ist im Rahmen des Spruchpunktes VI.2. und 3. des Bescheides des Landeshauptmannes von Tirol vom 19. 04.1991, Zahl IIIa1-11.093/17, rechtlich zulässig. Die Bewilligung ist allerdings mit 31. 12.2001 befristet.?

 

Am 15.12.2000 entnahm der staatlich befugte und beeidigte Ingenieurkonsulent für Chemie, Dr. Christian G., in der Zeit von

14.30 bis 16.00 Uhr (entspricht der Einleitzeit der Abwassercharge) eine Probe (zeitproportionale 2,5 Stunden Mischprobe) des gewerblichen Abwassers der F. Entsorgung und Recycling GmbH & Co KG und untersuchte diese in der Folge auf die Parameter Blei (Pb), Cadmium (Cd), Chrom gesamt (Cr), Kupfer (Cu), Nickel (Ni), Quecksilber (Hg), Zink (Zn), Molybdän (Mo), Ammonium-N (NH4-N), Sulfid, AOX, Kohlenwasserstoffe (KW) und Benzol, Toluol, Xylole, Ethylbenzol (BTXE).

 

Ein Vergleich der Analyseergebnisse mit den vorgeschriebenen Grenzwerten der Allgemeinen Abwasseremissionsverordnung (AAEV, Anlage A, Anforderungen an Einleitungen in eine öffentliche Kanalisation) und den Vorschriften des Bescheides des Landeshauptmannes für Tirol vom 28.08.2000, Zahl 3920-B/100, ergab für den Summenparameter BTXE (Messwert 171 µg/l) eine Überschreitung des Grenzwertes (100 µg/l).

 

Am 29.12.2000 entnahm Dr. G. eine weitere Stichprobe aus einer im Probenahmeschacht platzierten Stahlwanne, die als Auffangwanne für das gewerbliche Abwasser der F. Entsorgung und Recycling GmbH & Co KG diente, und untersuchte auch diese auf die oben genannten Parameter. Auch diese Probe wies eine Überschreitung des Grenzwertes für den Summenparameter BTXE auf. Im Vergleich zum Grenzwert von 100 µg/l betrug der Messwert 192 µg/l.

 

Am 29.12.2000 hatte jedoch ein Störfall im Bereich der CPA-Anlage der F. Entsorgung und Recycling GmbH & Co KG zur Grenzwertüberschreitung des Summenparameters BTXE geführt.

 

Mit Schreiben vom 20.03.2001 teilte die Tiroler Landesregierung der F. Entsorgung und Recycling GmbH & Co KG mit, dass das Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft, über die Berufungen gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Tirol vom 28.08.2000, Zahl U-3920-B/100, noch nicht entschieden habe, weshalb nach wie vor der Bescheid des Landeshauptmannes von Tirol vom 19.04.1991, Zahl IIIa1-11.093/17 (Spruchpunkte VI.2. und 3.) aufrecht sei. Die Bewilligung sei allerdings mit 31.12.2001 befristet. Es sei rechtzeitig vor dem 01.07.2001 ein Ansuchen auf Wiederverleihung einzubringen.

 

Mit Bescheid des Bundesministeriums für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft vom 10.12.2001, Zahl 31 3546/155-III/1 U/01, wurde der Spruchpunkt III des Bescheides des Landeshauptmannes von Tirol vom 28.08.2000, Zahl U-3920-B/100, ergänzt bzw geändert wie folgt:

 

?2) Die betrieblichen Abwässer aus dem CPO-Reinwassertank sind vor Einleitung in die Kanalisation im Rahmen der Eigenüberwachung zu untersuchen. Die Untersuchung hat die nachfolgenden Parameter nach folgendem Prüfzyklus zu umfassen und es müssen die nachfolgenden

Grenzwerte eingehalten werden:

 

Parameter: BTXE, Grenzwerte: 0,1mg/l, Charge Nr: 4?

 

Dieser festgestellte Sachverhalt ergibt sich zweifelsfrei aus dem durchgeführten Beweisverfahren und wird vom Berufungswerber auch nicht weiter bestritten.

 

Der vorgeschriebene Grenzwert für den Summenparameter BTXE (0,1 mg/l) ergibt sich aus der Verordnung des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft über die Begrenzung von Abwasseremissionen aus der physikalisch-chemischen oder biologischen Abfallbehandlung (AEV Abfallbehandlung) und der Verordnung des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft über die allgemeine Begrenzung von Abwasseremissionen in Fließgewässer und öffentliche Kanalisationen (AAEV) sowie den jeweiligen Bescheiden des Landeshauptmannes für Tirol.

 

Dass dieser Grenzwert am 15.12.2000 und am 29.12.2000 überschritten war, lässt sich den beiden schlüssigen Gutachten des Sachverständigen Dr. Christian G. entnehmen und wird vom Berufungswerber sowohl in seiner Rechtfertigung vom 26.06.2001 als auch in der mündlichen Berufungsverhandlung vom 18.09.2002 ausdrücklich zugestanden.

 

Sowohl der im erstinstanzlichen Akt erliegende Aktenvermerk des Abwasserverbandes Zirl und Umgebung vom 20.02.2001 als auch das wiederholte und durchaus glaubwürdige und nachvollziehbare Vorbringen des Berufungswerbers in seiner Berufung und in der mündlichen Verhandlung vom 18.09.2002 lassen aber darauf schließen, dass es sich am 29.12.2000 nicht um einen beabsichtigten Angriff auf die Beschaffenheit des Wassers, sondern um eine störfallbedingte Gewässerverunreinigung gehandelt hat.

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat hat wie folgt erwogen:

 

Nach § 1 Abs 1 Indirekteinleiterverordnung versteht man unter Indirekteinleitung die Einleitung von Abwasser, dessen Beschaffenheit mehr als geringfügig von der des häuslichen Abwassers abweicht, in die wasserrechtliche bewilligte Kanalisation eines anderen.

 

Nach § 1 Abs 3 Z 1 leg cit ist Indirekteinleiter, wer eine Abwassereinleitung in eine Kanalisations- oder Abwasserreinigungsanlage vornimmt, deren wasserrechtliche Bewilligung nach § 32 WRG 1959 er nicht innehat.

 

Nach § 2 Abs 2 Z 1 leg cit bedarf eine Indirekteinleitung gemäß § 1 Abs 1 in eine öffentliche Kanalisation der wasserrechtlichen Bewilligung, wenn das Abwasser aus einem in Anlage A genannten Herkunftsbereich (oder aus einem Teilbereich desselben) stammt. In Anlage A ist zu Z 22 die ?physikalisch-chemische oder biologische Abfallbehandlung? als Herkunftsbereich genannt.

 

Nach § 137 Abs 1 Z 24 WRG begeht eine Verwaltungsübertretung und ist, sofern die Tat nicht nach Abs 2, 3 oder 4 einer strengeren Strafe unterliegt, mit einer Geldstrafe bis zu Euro 3.630,-- zu bestrafen, wer Einleitungen in eine Kanalisationsanlage (§ 32b) vornimmt und dabei die gemäß § 33b Abs 3 erlassenen Emissionsbegrenzungen oder die vom Kanalisationsunternehmen zugelassenen Abweichungen nicht einhält oder die Einleitungen ohne Zustimmung des Kanalisationsunternehmens vornimmt.

 

Nach § 32b Abs 1 WRG, welche Bestimmung im vorliegenden Fall in Verbindung mit § 33b Abs 3 WRG zur Anwendung kommt, hat die gemäß § 33b Abs 3 vom Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft erlassenen Emissionsbegrenzungen einzuhalten, wer Einleitungen in eine wasserrechtlich bewilligte Kanalisationsanlage eines anderen vornimmt. Abweichungen von diesen Anforderungen können vom Kanalisationsunternehmen zugelassen werden, soweit dieses sein bewilligtes Maß der Wasserbenutzung einhält. Einleitungen bedürfen der Zustimmung des Kanalisationsunternehmens.

 

Nach § 33b Abs 3 WRG hat der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft durch Verordnung unter Bedachtnahme auf die wasserwirtschaftlichen Verhältnisse, auf den Stand der Abwasserreinigungstechnik sowie unter Bedachtnahme auf die Möglichkeiten zur Verringerung des Abwasseranfalles Emissionswerte in Form von Grenzwerten oder Mittelwerten für Konzentrationen oder spezifische Frachten festzulegen. Die Emissionswerte für bestehende (§ 33c) und neu zu bewilligende Anlagen sind, soweit es nach dem Stand der Abwasserreinigungstechnik oder nach dem Stand der Vermeidungstechnik erforderlich ist, getrennt festzulegen. Eine derartige Verordnung bedarf hinsichtlich des zugrundezulegenden Standes der Technik zur Abwasserreinigung und der Möglichkeiten zur Verringerung des Abwasseranfalles des Einvernehmens mit dem Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten und dem Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie.

 

Nach § 1 Abs 2 der Verordnung des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft über die Begrenzung von Abwasseremissionen aus der physikalisch-chemischen oder biologischen Abfallbehandlung (AEV Abfallbehandlung) sind bei der wasserrechtlichen Bewilligung einer Einleitung von Abwasser aus Betrieben oder Anlagen gemäß Abs 4 in ein Fließgewässer oder in eine öffentliche Kanalisation die in Anlage A festgelegten Emissionsbegrenzungen vorzuschreiben. Für die Summe der flüchtigen aromatischen Kohlenwasserstoffe Benzol, Toluol, Xylole und Ethylbenzol (BTXE) beträgt der Grenzwert sowohl für die Einleitung in ein Fließgewässer als auch für die Einleitung in eine öffentliche Kanalisation 0,1 mg/l.

 

Auch in Anlage A der Verordnung des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft über die allgemeine Begrenzung von Abwasseremissionen in Fließgewässer und öffentliche Kanalisationen (AAEV) ist der Grenzwert für die Summe der flüchtigen aromatischen Kohlenwasserstoffe Benzol, Toluol, Xylole und Ethylbenzol (BTXE) mit 0,1 mg/l festgelegt.

 

Zu Spruchpunkt 1.):

 

Mit Bescheid des Landeshauptmannes von Tirol vom 19.04.1991, Zahl IIIa1-11.093/17, der aufgrund der aufschiebenden Wirkung der Berufung der F. Entsorgung und Recycling GmbH & Co KG am 15.12.2000 nach wie vor in Geltung stand, wurde der F. Entsorgung und Recycling GmbH & Co KG die Indirekteinleitung der Abwässer aus ihrer Anlage zur chemisch-physikalischen Behandlung anorganischer Abfälle (CPA-Anlage) und zur chemisch-physikalischen sowie biologischen Behandlung flüssiger Abfälle mit organischen Verunreinigungen (CPO-Anlage) in die öffentliche Kanalisation der Gemeinde Inzing (vormals: Abwasseranlage Inzing, nunmehr: Abwasseranlage Zirl und Umgebung) wasserrechtlich genehmigt.

 

Aufgrund dieser Bewilligung leitete die F. Entsorgung und Recycling GmbH & Co KG ihre betrieblichen Abwässer in die genannte Kanalisationsanlage ein, wobei jedoch unbestritten ist, dass der - sowohl bescheidmäßig festgelegte als auch der AEV Abfallbehandlung und der AAEV entsprechende - Grenzwert von 100 µg/l für den Summenparameter BTXE am 15.12.2000 um 71 µg/l überschritten war.

 

Da somit das gewerbliche Abwasser der F. Entsorgung und Recycling GmbH & Co KG am 15.12.2000 nicht den Vorschriften der AEV Abfallbehandlung bzw der Allgemeinen Abwasseremissionsverordnung (AAEV) entsprach, hat der Berufungswerber als handelsrechtlicher Geschäftsführer und somit nach außen vertretungsbefugtes Organ der F. Entsorgung und Recycling GmbH & Co KG die ihm zu Spruchpunkt 1.) zur Last gelegte Verwaltungsübertretung jedenfalls in objektiver Hinsicht zu verantworten.

 

Betreffend die subjektive Tatseite ist zunächst auszuführen, dass für die Verwirklichung der angelasteten Übertretung nicht vorsätzliches Verhalten erforderlich ist, sondern bereits Fahrlässigkeit ausreicht. Fahrlässigkeit ist gemäß § 5 Abs 1 zweiter Satz VStG bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand der Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft. Dies ist dem Berufungswerber im vorliegenden Fall jedoch nicht gelungen.

 

Zu Spruchpunkt 1.) führte der Berufungswerber in seiner Berufung aus, dass zum Tatzeitpunkt noch der Indirekteinleiterbescheid des Landeshauptmannes von Tirol vom 19. 04.1991, Zahl IIIa1-11.093/17, gültig gewesen sei, wonach der BTXE Wert überhaupt nicht zu messen gewesen sei und er aus diesem Grund nicht gewusst habe bzw nicht wissen habe können, dass der Grenzwert überschritten gewesen sei.

 

Es trifft zwar zu, dass der Bescheid des Landeshauptmannes von Tirol vom 19.04.1991, Zahl IIIa1-11.093/17, am 15.12.2000 nach wie vor in Geltung gestanden ist, dies ändert jedoch nichts daran, dass der Berufungswerber bei der Einleitung des gewerblichen Abwassers der F. Entsorgung und Recycling GmbH & Co KG in die Abwasseranlage Zirl und Umgebung für die Einhaltung des BTXE Grenzwertes sorgen hätte müssen, zumal dieser Grenzwert ja auch gesetzmäßig - in der AEV Abfallbehandlung und in der AAEV - mit 0,1 mg/l (= 100 µg/l) festgelegt ist.

 

Der Berufungswerber mag zwar insofern einem Rechtsirrtum unterlegen sein, als er der Ansicht war, der Bewilligungsbescheid des Landeshauptmannes von Tirol aus dem Jahr 1991 verpflichte ihn nicht, bei der Abwassereinleitung den Parameter BTXE zu messen und für die Einhaltung des Grenzwertes zu sorgen, ein Schuldausschließungsgrund kann darin jedoch nicht erblickt werden.

Der VwGH ist nämlich der Ansicht, dass jedermann verpflichtet ist, sich über die für ihn relevante Rechtslage vor Aufnahme der beabsichtigten Handlung zu informieren. Im konkreten Fall bedeutet dies, dass sich der Berufungswerber vor Beginn der Abwassereinleitung nach den dafür relevanten Emissionsbegrenzungen erkundigen hätte müssen. Da er dies jedoch offenkundig nicht getan hat, hat er die ihm zu Spruchpunkt 1.) zur Last gelegte Verwaltungsübertretung auch in subjektiver Hinsicht zu verantworten.

 

Gemäß § 19 Abs 1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Gemäß Abs 2 leg cit sind überdies im ordentlichen Verfahren die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Des Weiteren sind die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Durch die vom Berufungswerber missachtete Bestimmung des WRG soll die Beeinträchtigung von Menschen und Umwelt vermieden werden. Diesem Zweck hat der Berufungswerber in einem nicht unerheblichen Ausmaß zuwidergehandelt. Als Verschuldensgrad war jedoch - entgegen der Ansicht der Erstbehörde - (nur) Fahrlässigkeit anzunehmen, zumal zu Spruchpunkt 1.) zugunsten des Berufungswerbers von einem die Schuld nicht ausschließenden Rechtsirrtum ausgegangen werden kann.

 

Mildernd war die bisherige Unbescholtenheit des Berufungswerbers, erschwerend war nichts zu werten.

 

Die von der Erstbehörde verhängte Geldstrafe liegt im untersten Bereich des Strafrahmens des § 137 Abs 1 WRG, der bis Euro 3.630,-- reicht, und ist schuld- und tatangemessen sowie erforderlich, um den Berufungswerber in Zukunft von gleichartigen Verwaltungsübertretungen abzuhalten. Daran vermag auch die Annahme bloß fahrlässiger Begehungsweise nichts zu ändern, weshalb spruchgemäß zu entscheiden war.

 

Zu Spruchpunkt 2.):

 

Auch am 29.12.2000 war im Abwasser der F. Entsorgung und Recycling GmbH & Co KG der mit 100 µg/l festgelegte Grenzwert für den Summenparameter BTXE um 92 µg/l überschritten.

 

Zu Spruchpunkt 2.) brachte der Berufungswerber jedoch vor, dass der BTXE Grenzwert am 29.12.2000 ausschließlich aufgrund einer urplötzlichen, bisher nicht bemerkten Undichtheit innerhalb des Abwasserbeckens der F. Entsorgung und Recycling GmbH & Co KG an der Anschlussstelle zur Rohrdurchführung überschritten worden sei.

 

Diesbezüglich ist auf die Rechtsprechung des VwGH zu verweisen, wonach es sich bei einer Übertretung nach § 32 Abs 1 WRG um einen konkreten, wirksamen und beabsichtigten Angriff auf die bisherige Beschaffenheit von Wasser handeln muss, der plangemäß durch Einbringung von wassergefährdenden Stoffen unter Verwendung von Anlagen zu der damit verbundenen Beeinträchtigung der Wassergüte (§ 30 Abs 2) führt. Eine störfallbedingte Gewässerverunreinigung gehört nicht dazu; sie erfüllt gegebenenfalls - bei mangelnder Störfallvorsorge - das Tatbild des § 31 Abs 1 WRG (VwGH 02.10. 1990, 89/07/0168).

 

Da im vorliegenden Fall nicht mit ausreichender Sicherheit festgestellt werden konnte, dass das Abwasser der F. Entsorgung und Recycling GmbH & Co KG am 29.12.2000 beabsichtigt und plangemäß in die öffentliche Kanalisation eingeleitet wurde, ist das Tatbild des § 32b Abs 1 iVm § 33b Abs 3 WRG nicht erfüllt und war aus diesem Grund das Straferkenntnis zu Spruchpunkt 2.) zu beheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

 

Ob der Berufungswerber im konkreten Fall für eine mangelnde Störfallvorsorge verantwortlich war oder nicht, kann hingegen dahingestellt bleiben, zumal ihm diesbezüglich innerhalb der Verjährungsfrist kein tauglicher Schuldvorwurf gemacht worden ist.

Schlagworte
störfallbedingte, Gewässerverunreinigung, BTXE, Grenzwerten
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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