TE UVS Tirol 2002/10/07 2002/23/153-2

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Veröffentlicht am 07.10.2002
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat in Tirol entscheidet durch sein Mitglied Mag. Albin Larcher über die Berufung des Herrn W. R., 9300 St. Veit an der Glan, vertreten durch die Rechtsanwälte Dr. K., Dr. P. & Mag. W., 9300 St. Veit an der Glan, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Lienz vom 09.07.2002, Zahl VK-860-2002, nach durchgeführter öffentlicher mündlicher Berufungsverhandlung wie folgt:

Gemäß § 66 Abs 4 AVG iVm §§ 24, 51, 51c und 51e VStG wird die Berufung als unbegründet abgewiesen.

Gemäß § 64 Abs 1 und 2 VStG hat der Berufungswerber 20 % der verhängten Strafe als Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens, das sind Euro 100,--, zu leisten.

Text

Mit dem nunmehr angefochtenen Straferkenntnis wurde dem Beschuldigten vorgeworfen, er habe es als zur Vertretung nach außen berufenes Organ (handelsrechtlicher Geschäftsführer) der R. GmbH, die Zulassungsbesitzerin des dem Kennzeichen nach bestimmten Sattelkraftfahrzeuges ist, zu verantworten, dass diese am 16.01.2002 um 08.58 Uhr in Leisach auf der B 100 bei Strkm. 112, Höhe Bauhof Leisach, nicht dafür gesorgt habe, dass das von M. R. gelenkte Fahrzeug und seine Beladung den Vorschriften des KFG entspricht, da durch die Beladung das höchstzulässige Gesamtgewicht der Fahrzeugkombination von 37.940 kg um 8.120 kg überschritten wurde. Dadurch habe der Beschuldigte eine Verwaltungsübertretung gemäß § 9 Abs 1 VStG iVm § 103 Abs 1 Z1 KFG und § 101 Abs 1 lit a KFG begangen und wurde über ihn gemäß § 134 Abs 1 KFG eine Geldstrafe in der Höhe von Euro 500,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 6 Tage) unter gleichzeitiger Festsetzung der Verfahrenskosten verhängt.

Gegen dieses Straferkenntnis wurde fristgerecht Berufung erhoben und im Wesentlichen vorgebracht, dass der Beschuldigte nicht schuldhaft gehandelt habe. Insofern habe die Bezirkshauptmannschaft Lienz die Bestimmung des § 5 Abs 1 VStG falsch interpretiert, zumal sie hier nicht ausreichend ermittelt habe. Des Weiteren habe die Bezirkshauptmannschaft Lienz den Beschuldigten nie selbst einvernommen.

Inhaltlich sei anzumerken, dass dem § 103 Abs 1 Z 1 KFG und der darin normierten Sorgfaltspflicht nicht zu entnehmen sei, dass der Zulassungsbesitzer selbst jede Beladung zu überprüfen habe. Der Zulassungsbesitzer habe nur jene Vorkehrungen zu treffen, die mit Grund erwarten lassen, dass Überladungen hintangehalten werden. Wie im Straferkenntnis richtig festgestellt wurde, seien bloße Dienstanweisungen nur an Dienstnehmer, die Beladungsvorschriften einzuhalten, nicht ausreichend. Dazu ist anzumerken, dass der Beschuldigte sämtlichen Mitarbeitern, unter anderem auch dem Lenker des gegenständlichen Fahrzeuges, auf die Gefahren, welche mit einer Überladung des Sattelzuges einhergehen, aufmerksam gemacht habe und diese ebenso dringend wie unmissverständlich ersucht habe, von Überladungen Abstand zu nehmen. Es habe hierzu auch immer wieder Schulungen für alle Mitarbeiter des Unternehmens gegeben. Überdies habe es immer wieder laufend stichprobenartige Kontrollen bei sämtlichen Fahrern während des Aufladevorganges gegeben. Die letztmalige Schulung habe im Dezember 2001 stattgefunden. Aufgrund dieses Berufungsvorbringens wurde am 07.10.2002 eine öffentlich mündliche Verhandlung durchgeführt, anlässlich derer der Anzeige erstattende Gendarmeriebeamte als Zeuge vernommen wurde. Aufgrund dessen Vorbringen ist der gegenständliche Sachverhalt als erwiesen anzusehen.

Weiters wurde in der öffentlich mündlichen Verhandlung die Strafregisterauskunft der Bezirkshauptmannschaft St. Veit an der Glan vom 09.04.2002 dargetan. Aufgrund dieser Auskunft steht fest, dass der Beschuldigte insgesamt 13 rechtskräftige Strafvormerkungen aufgrund einer Übertretung nach § 103 Abs 1 Z1 KFG aufweist. Gemäß § 5 Abs 1 VStG genügt zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nicht anderes bestimmt. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft. Im Falle eines "Ungehorsamsdeliktes" - als welches sich auch die gegenständliche Verwaltungsübertretung darstellt - tritt somit insofern eine Verlagerung der Behauptungslast ein, als die Behörde lediglich die Verwirklichung des objektiven Tatbestandes zu beweisen hat, während es Sache des Täters ist, glaubhaft zu machen, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft. Da die Erstbehörde zu Recht von der Verwirklichung des objektiven Tatbestandes der in Rede stehenden Verwaltungsübertretung ausgegangen ist, wäre es Sache des Berufungswerbers gewesen, glaubhaft zu machen, dass ihm die Einhaltung der objektiv verletzten Verwaltungsvorschriften ohne sein Verschulden unmöglich war. Dabei hätte er initiativ alles darzutun gehabt, was für seine Entlastung spricht, insbesondere dass er solche Maßnahmen getroffen hat, die unter den vorhersehbaren Verhältnissen die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften mit gutem Grund erwarten lassen (vgl ua das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 02. April 1990, Zl 90/19/0078). Ansonsten wäre er selbst dann strafbar, wenn der Verstoß ohne sein Wissen und ohne seinen Willen begangen wurde (vgl ua das Erkenntnis des VwGH vom 19.09.1989, Zl 89/08/0221). Bei der Annahme einer grundsätzlichen Verantwortung des Arbeitgebers für die im Zusammenhang mit dem Betrieb stehenden Verwaltungsübertretungen darf nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht übersehen werden, dass die im heutigen Wirtschaftsleben notwendige Arbeitsteilung es nicht zulässt, dass sich der Unternehmer aller Belange und Angelegenheiten persönlich annimmt; es muss ihm viel mehr zugebilligt werden, die Besorgung einzelner Angelegenheiten anderen Personen selbstverantwortlich zu überlassen und die eigene Tätigkeit in diesen Belangen auf eine angemessene Kontrolle zu beschränken. Ob der Unternehmer dann persönlich von der verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortung befreit ist, hängt im Einzelfall davon ab, ob er den Nachweis zu erbringen vermag, dass er Maßnahmen getroffen hat, die unter den vorhersehbaren Verhältnissen die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften mit gutem Grund erwarten lassen (vgl das Erkenntnis des VwGH vom 18.02.1991, Zl 90/19/0177). Das Bestehen eines wirksamen Kontrollsystems hat der Berufungswerber nicht unter Beweis gestellt und es ferner unterlassen, im Einzelnen anzugeben, auf welche Art, in welchem Umfang und in welchen zeitlichen Abständen er Kontrollen durchführte (vgl das Erkenntnis des VwGH vom 13.10.1988, Zl 88/08/0201, 0202). Die bloße Erteilung von Weisungen und die Wahrnehmung einer "Oberaufsicht" reichen nicht aus; entscheidend ist, ob auch eine wirksame Kontrolle über die Einhaltung der vom Verantwortlichen erteilten Weisung erfolgte (vgl die Erkenntnisse des VwGH vom 21.02.1991, Zl 90/09/0173 und vom 08.07.1991, Zl 91/19/0086).

Der Berufungswerber hat nicht hinreichend konkret dargelegt, wie dieses Kontrollsystem im Einzelnen funktionieren hätte sollen. Hiezu wäre es - wie der Verwaltungsgerichtshof in ähnlichen Fällen hierarchisch aufgebauter Kontrollsysteme ausgeführt hat - erforderlich gewesen aufzuzeigen, welche Maßnahmen im Einzelnen der unmittelbar Übergeordnete im Rahmen des Kontrollsystems zu ergreifen verpflichtet war, um durchzusetzen, dass jeder in das Kontrollsystem eingebundene Mitarbeiter die hier maßgeblichen Vorschriften auch tatsächlich befolgt und welche Maßnahmen schließlich der an der Spitze der Unternehmenshierarchie stehende Anordnungsbefugte vorgesehen hat, um das Funktionieren des Kontrollsystems insgesamt zu gewährleisten, dh sicherzustellen, dass die auf der jeweils übergeordneten Ebene erteilten Anordnungen (Weisungen) zur Einhaltung der Vorschriften auch an die jeweils untergeordnete, zuletzt also an die unterste Hierarchieebene gelangen und dort auch tatsächlich befolgt werden (vgl etwa das hg. Erkenntnis vom 20. Dezember 1996, Zl 93/02/0160).

Nach § 19 Abs 1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

Nach § 19 Abs 2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

Der Unrechtsgehalt der gegenständlichen Verwaltungsübertretung ist zum Teil erheblich, da durch die übertretenen Normen insbesondere Vorschriften, die der Sicherheit der Verkehrsteilnehmer sowie dem Schutz des Lenkers dienen, verletzt wurden.

Der Berufungswerber hat fahrlässig gehandelt, wobei das Verschulden aufgrund der offensichtlichen Sorglosigkeit nicht nur geringfügig ist.

Hinsichtlich der Strafbemessung ist darauf hinzuweisen, dass gemäß § 134 Abs 1 KFG eine Geldstrafe bis zu Euro 2.180,-- ausgesprochen werden kann. In Anbetracht des hohen Schutzinteresses der übertretenen Bestimmung sowie der offensichtlichen Sorglosigkeit des Berufungswerbers und der insgesamt 13 einschlägigen Strafvormerkungen erscheint die verhängte Strafe auch bei Unkenntnis der Einkommens- und Vermögenssituation des Beschuldigten schuld- und tatangemessen.

Schlagworte
Bestehen, Kontrollsystems, Gesamtgewicht
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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