TE UVS Steiermark 2002/10/08 30.14-109/2001

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Veröffentlicht am 08.10.2002
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark hat durch das Senatsmitglied Dr. Monika Gasser-Steiner über die Berufung des M S, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. G H, in G, gegen die Spruchpunkte 3.) a) bis d) und 5.) des Straferkenntnisses der Bundespolizeidirektion Leoben vom 1.10.2001, GZ.: S 2091/01, wie folgt entschieden:

Gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG) in Verbindung mit § 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG) wird die Berufung hinsichtlich des Spruchpunktes 3.) a) bis d) abgewiesen.

Gemäß § 64 Abs 1 und 2 VStG hat der Berufungswerber als Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens den Betrag von ? 29,07 binnen vier Wochen ab Zustellung des Bescheides bei sonstigen Zwangsfolgen zu leisten.

Der Berufung hinsichtlich Spruchpunkt 5.) wird Folge gegeben, der Strafbescheid in diesem Umfang behoben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 1 VStG eingestellt. Dadurch vermindert sich der Kostenbeitrag zum erstinstanzlichen Verfahren auf den Betrag von insgesamt ? 36,34. Dieser Betrag ist ebenfalls binnen vier Wochen ab Zustellung des Bescheides bei sonstigen Zwangsfolgen zu leisten.

Text

Mit dem im Spruch genannten Strafbescheid wurde dem Berufungswerber unter Punkt 3.) vorgehalten, er habe am 27.4.2001, um 10.45 Uhr das Sattelkraftfahrzeug und Sattelanhänger gelenkt und habe im Zuge einer Schaublattkontrolle durch Straßenaufsichtsorgane festgestellt werden können, dass er mehrere Schaublätter über den gemäß Art. 15 Abs 2 der EWG-Verordnung 3821/85 bestimmten Zeitraum von 24 Stunden hinaus verwendet habe (20.4.2001, 22.50 Uhr bis 22.4.2001, 20.35 Uhr; 22.4.2001, 20.35 Uhr bis 24.4.2001, 7.55 Uhr; 24.4.2001, 7.55 Uhr bis 25.4.2001,

20.25 Uhr und 26.4.2001, 5.10 Uhr bis 27.4.2001, 8.20 Uhr). Gemäß § 134 Abs 1 KFG verhängte die belangte Behörde zu den Punkten 3.)

a) bis d) jeweils eine Geldstrafe von ? 36,34, im Uneinbringlichkeitsfalle jeweils 25 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe. Unter Spruchpunkt 5.) wurde dem Berufungswerber vorgehalten, er habe das Sattelkraftfahrzeug gelenkt, obwohl er sich nicht in einer solchen körperlichen und geistigen Verfassung befunden habe, in der er vermocht hätte, sein Fahrzeug zu beherrschen und die beim Lenken eines Fahrzeuges zu beachtenden Rechtsvorschriften zu befolgen. Er habe sich in einem augenscheinlichen Übermüdungszustand (stark gerötete Augenbindehäute) befunden. Wegen Übertretung der Rechtsvorschrift des § 58 Abs 1 StVO verhängte die belangte Behörde über den Berufungswerber gemäß § 99 Abs 3 lit a StVO eine Geldstrafe von ? 145,35, bei deren Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 100 Stunden. In seiner fristgerecht erhobenen Berufung bestritt der Berufungswerber die ihm unter Punkt 3.) a) bis d) vorgehaltenen Übertretungen nicht. Er wendete im Ergebnis mangelndes Verschulden ein. Er habe sich mit seinem LKW vom 21.4.2001, 14.00 Uhr bis 22.4.2001, 20.35 Uhr auf der Fähre von T nach P in G befunden. Da der Laderaum für LKWs aus Sicherheitsgründen zugesperrt gewesen sei, habe er das Schaublatt nach 24 Stunden nicht wechseln können. Gleiches gelte sinngemäß für die Rückfahrt von P (G) nach A vom 24.4.2001, 19.00 Uhr bis 25.4.2001, 20.52 Uhr (Punkt 3.) c)). Zu den ihm vorgehaltenen unterlassenen Schaublattwechsel zu den Punkten 3.) b) und d) führte der Berufungswerber aus, er habe zu den Wechselzeiten seine Ruhezeit gehabt und geschlafen, weshalb er die Schaublätter nicht wechseln habe können. Zum Übermüdungstatbestand verwies der Berufungswerber fürs erste auf die sonstigen Schaublattaufzeichnungen, wonach er mehrere Ruhepausen eingehalten und dazwischen auch 4 Std. und 40 Min. geschlafen habe. Deshalb entspreche es nicht den Tatsachen, dass er am 27.4.2001, um 10.45 Uhr einen augenscheinlichen Übermüdungszustand aufgewiesen habe. Darüber hinaus brachte der Berufungswerber vor, die verhängten Strafen seien bei weitem überhöht, weil er nur ein monatliches Einkommen von S 12.000,-- beziehe. Der Berufungswerber ersuchte in Stattgebung seiner Berufung das Strafverfahren zu den bekämpften Punkten einzustellen. Am 2.10.2002 fand vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat in Anwesenheit des Rechtsvertreters des Berufungswerbers eine mündliche Verhandlung statt, in der als Zeuge der seinerzeitige Meldungsleger RI H K zur Sache befragt worden ist. Auf Grund der Ergebnisse des Beweisverfahrens - unter Einbezug der Verantwortung des Berufungswerbers - werden nachstehende Feststellungen getroffen: Zu Spruchpunkt 3.) a) bis d): Die Tatvorwürfe an sich sind unbestritten. Der Berufungswerber wendet mangelndes Verschulden ein, das er jedoch mit seinem Vorbringen nicht glaubhaft machen hat können. Beide von ihm dargelegten Umstände (Unzugänglichkeit des LKWs auf der Fähre, Schlafzeit) waren nicht schuldausschließend, weil vorhersehbar. Sie haben den Berufungswerber grundsätzlich nicht daran hindern können, seinen Verpflichtungen nach der EWG-Verordnung Nr. 3821/85 nachzukommen. So hätte der Berufungswerber vor dem Verlassen des LKWs bzw. vor Konsumierung der Ruhezeit das entsprechende Schaublatt aus dem Kontrollgerät nehmen und die zur Nachvollziehbarkeit seiner Tätigkeiten notwendigen Eintragungen händisch vornehmen müssen. Zur Strafbemessung ist auszuführen:

Gemäß § 19 Abs 1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Durch die nicht ordnungsgemäße Verwendung der Schaublätter wurde dem Schutzzweck der übertretenen Bestimmung, nämlich die Kontrolle der Sozialvorschriften im Straßenverkehr im Dienste der Verkehrssicherheit, zuwidergehandelt. Gemäß § 19 Abs 2 VStG sind die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen. Im Sinne dieser Bestimmung wertete die Berufungsbehörde - wie schon die Vorinstanz - als erschwerend eine einschlägige Vorstrafe; Milderungsgründe sind keine zu nennen. Die verhängten vier Geldstrafen von jeweils ? 36,34 sind dem objektiven Unrechtsgehalt der Taten angepasst und auch schuldangemessen. Die persönlichen Verhältnisse des Berufungswerbers (monatliches Einkommen als Transportunternehmer von ? 872,07, ein LKW, keine Sorgepflichten) können keine Strafherabsetzung begründen, zumal sich die Strafen ohnehin noch im untersten Bereich des möglichen Strafrahmens befinden und sie noch geeignet sein sollen, den Berufungswerber an die genaue Einhaltung der Vorschriften im Straßenverkehr zu ermahnen.

Zu Spruchpunkt 5.):

Die dem Berufungswerber vorgehaltene Übertretung nach § 58 Abs 1 StVO ist nicht erwiesen. Das aus nachstehenden Gründen:

§ 58 Abs 1 StVO bestimmt - soweit hier maßgeblich - dass unbeschadet der Bestimmung des § 5 Abs 1 ein Fahrzeug nur lenken darf, wer sich in einer solchen körperlichen und geistigen Verfassung befindet, in der er ein Fahrzeug zu beherrschen und die beim Lenken eines Fahrzeuges zu beachtenden Rechtsvorschriften zu befolgen vermag.

Die belangte Behörde stützt den Tatvorwurf im Ergebnis auf die Aussage des Meldungslegers, wonach der Berufungswerber bei der Anhaltung stark gerötete Augenbindehäute aufgewiesen und auf ihn einen äußerst müden Eindruck gemacht habe.

Als Zeuge vor dem Senat merkte RI H K vorerst an, sich nicht mehr an den konkreten Vorfall erinnern zu können. In der Regel frage er aber einen Lenker mit geröteten Augenbindehäuten, ob er ein Augenleiden habe oder bei offenem Fenster fahre. Abgesehen von den äußerlichen Merkmalen schaue er auch, wie lange der Lenker unterwegs gewesen sei, insbesondere welche Ruhezeiten er eingehalten habe.

Für den Zeitraum 25.4.2001, 20.25 Uhr bis 26.4.2001, 5.10 Uhr habe der Lenker kein Schaublatt vorweisen können. Anhand der Wegstreckenaufzeichnungen habe er allerdings feststellen können, dass es eine Differenz von 531 km gegeben habe, die der Lenker nicht erklären habe können. Er behauptete, nicht gefahren zu sein. Aus dem Schaublatt vom 26.4.2001 sei zu entnehmen gewesen, dass der Berufungswerber seine Fahrt um 5.00 Uhr begonnen habe, dann 1 1/2 Stunden gefahren sei und anschließend etwa eine Unterbrechung von 2 1/2 Stunden gehabt habe. Von 8.45 Uhr bis 12.30 Uhr seien wieder Fahrzeiten aufgezeichnet, gefolgt von einer Unterbrechung der Lenkzeit von 12.30 Uhr bis 14.00 Uhr; von 14.00 Uhr bis 15.45 Uhr sei Fahrzeit gewesen. Dem sei  eine Fahrtunterbrechung bis 18.45 Uhr gefolgt. Nach einer halben Stunde Fahrzeit sei die Fahrt für eine Stunde unterbrochen worden. Nach wiederum einer Stunde Fahrt habe der Berufungswerber knapp 4 Stunden an Fahrtunterbrechung gehabt. Von 1.00 Uhr morgens des 27.4.2001 bis gegen 3.45 Uhr seien Fahrzeiten aufgezeichnet gewesen. Von 3.45 Uhr bis 8.30 Uhr sei eine durchgehende Ruhezeit von 4 Stunden und 40 Minuten ausgewiesen. Um 10.45 Uhr sei die Anhaltung erfolgt. Abgesehen von den geröteten Augenbindehäuten habe der Berufungswerber keine besonderen Auffälligkeiten gezeigt. Insbesondere sei er nicht durch sein Fahrverhalten aufgefallen, er habe auch nicht gegähnt und habe keine aufputschenden Mittel wie Red Bull oder Kaffee in der Fahrerkabine gehabt. Er sei auch nicht zu schnell gefahren. Solche Wahrnehmungen hätte er in die Anzeige aufgenommen. Den Übermüdungszustand habe er wegen der geröteten Augenbindehäute - der Berufungswerber  habe angegeben, kein Augenleiden zu haben - und den Verdacht angenommen, dass der Berufungswerber den LKW in der Nacht vom 25. auf den 26.4.2001 gelenkt habe. Der Berufungswerber bestreitet den ihm unterstellten Übermüdungszustand mit dem Hinweis auf die vom Zeugen angeführten Lenkunterbrechungen und Ruhezeiten, wie sie sich aus dem Schaublatt vom 26.4.2001 ergeben würden. Diese Beweislage ist nicht geeignet, mit der im Strafverfahren erforderlichen Sicherheit dem Berufungswerber eine Übertretung nach § 58 Abs 1 StVO vorzuhalten. Dem Meldungsleger kann durchaus Glauben geschenkt werden, dass der Berufungswerber mit seinen geröteten Augenbindehäuten auf ihn einen müden Eindruck gemacht hat. Für den in der Begründung des Strafbescheides angeführten äußerst müden Eindruck haben sich allerdings keine objektiven Anhaltspunkte gefunden. Der Zeuge RI K konnte - wenn man von den geröteten Augenbindehäuten absieht, die aber auch auf andere Ursachen, wie etwa den Aufenthalt in einer verrauchten Gaststätte zurückgeführt werden können - von keinen reliablen Zeichen einer Übermüdung, wie etwa offensichtliche Konzentrationsmängel, verlangsamte Pupillenreaktion, verlangsamte Bewegungsabläufe, matte Körperhaltung udgl. berichten. Selbst wenn der Berufungswerber die Nacht vom 25. auf den 26.4.2001 nicht bzw. wenig geschlafen hat, kann nicht unberücksichtigt bleiben, dass er in der Nacht vor der Anhaltung von etwa 21.15 Uhr des 26.4.2001 bis 1.00 Uhr des 27.4.2001 und von 3.45 Uhr  bis 8.30 Uhr längere Fahrtunterbrechungen bzw. Ruhezeiten gehabt hat. Jedenfalls ist im Ergebnis allein auf Grund von stark geröteten Augenbindehäuten nicht auf eine Fahruntauglichkeit im Sinne des § 58 Abs 1 StVO zu schließen. Dazu hätte es weiterer - offenbar hier nicht vorliegender - Auffälligkeiten bedurft. Es war daher im Zweifel zugunsten des Berufungswerbers davon auszugehen, dass ein Ermüdungszustand im Sinne des § 58 Abs 1 StVO nicht vorgelegen hat. Der Kostenbeitrag für das Berufungsverfahren war für den abweisenden Spruchteil gemäß § 64 Abs 1 und 2 VStG vorzuschreiben, jener zum Verfahren erster Instanz dem behebenden Spruchteil anzupassen. Es war spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte
Fahruntüchtigkeit Übermüdung gerötete Augenbindehäute Anzeichen
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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