Der Unabhängige Verwaltungssenat in Tirol entscheidet durch sein Mitglied Dr. Christoph Lehne über die Berufung des Herrn B. S., D-Friedrichshafen, vertreten durch Herrn Rechtsanwalt Dieter W., D-88045 Friedrichshafen, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck vom 04.03.2002, Zl VK-1276-2002, wie folgt:
Gemäß § 66 Abs 4 AVG iVm den §§ 24 und 51 VStG wird hinsichtlich Punkt 1. (Delikt nach § 106 Abs 3 1. Satz KFG), Punkt 2. (§ 1 Abs 3 FSG), Punkt 4. (Art 15 Abs 5 EG-VO Nr 3821/85) und Punkt 5. (Art 7 Abs 1 EG-VO Nr 3820/85) die Berufung als unbegründet abgewiesen.
Gemäß § 64 Abs 2 VStG werden die Berufungskosten zu Punkt 1. mit Euro 144,--, zu Punkt 2. mit Euro 144,--, zu Punkt 4. mit Euro 7,20 und zu Punkt 5. mit Euro 7,20, insgesamt sohin Euro 302,40, bestimmt.
Die Berufungskosten sind binnen zwei Wochen gerechnet ab Zustellung des Berufungserkenntnisses an die Bezirkshauptmannschaft Innsbruck zu überweisen.
Hinsichtlich Punkt 3. wird der Berufung Folge gegeben, das Straferkenntnis behoben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 3 VStG (wegen Verfolgungsverjährung) eingestellt.
Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde dem Berufungswerber zur Last gelegt, er habe am 13.11.2001 um 04.17 Uhr im Gemeindegebiet von Schönberg i.St. auf der A13 Brennerautobahn bei km 10,8 in Richtung Norden den dem Kennzeichen nach bestimmten Kleinbus gelenkt und habe
1. dabei die bei der Beförderung von Personen mit diesem Kraftfahrzeug festgesetzte höchstzulässige Anzahl der Personen von 15 überschritten, weil 27 Personen befördert wurden;
2. das Kraftfahrzeug gelenkt, ohne im Besitz der hiefür erforderlichen Lenkerberechtigung zu sein; er habe nur die deutsche Führerscheinklasse 3 ? 5 (berechtige nur zum Transport von nicht mehr als 9 Personen inklusive Lenker) besessen;
3. als Lenker eines Fahrzeuges entgegen dem Vorschriftszeichen ?Geschwindigkeitsbeschränkung? die erlaubte Höchstgeschwindigkeit überschritten. Er sei statt 100 km/h erlaubte Höchstgeschwindigkeit 120 km/h gefahren;
4. als Fahrer auf dem Schaublatt folgende Angaben nicht eingetragen:
Name des Lenkers und der Abfahrtsort hätten gefehlt;
5. er nach einer Lenkzeit von 4,5 Stunden, nach der er keine Ruhezeit genommen habe, keine Unterbrechung von mindestens 45 Minuten eingelegt.
Dem Berufungswerber wurden folgende Übertretungen zur Last gelegt.
zu 1. § 106 Abs 3 1. Satz und § 134 Abs 1 KFG 1967
zu 2. § 1 Abs 3 FSG
zu 3. § 52 lit a Z 10a und § 99 Abs 3 lit a StVO 1960 zu 4. § 134 Abs 1 KFG 1967 und Art 15 Abs 5 der Verordnung (EWG) Nr 3821/85
zu 5. § 134 Abs 1 KFG 1967 und Art 7 Abs 1 der Verordnung (EG) Nr 3820/85
Nach 1. § 134 Abs 1 KFG 1967, 2. § 37 Abs 3 Z 1 FSG, 3. § 99 Abs 3 lit a StVO 1960, 4. und 5. § 134 Abs 1 KFG 1967 wurden über ihn Geldstrafen in der Höhe von 1. Euro 720,--, 2. Euro 720,--, 3. Euro 58,--, 4. Euro 36,-- und 5. Euro 36,-- verhängt.
In der dagegen fristgerecht erhobenen Berufung wurde zunächst lediglich eingeräumt, dass objektiv mit der Gesamtanzahl der im Fahrzeug beförderten Personen die zugelassene Zahl überschritten worden sei. Zum Zeitpunkt, als diese Personen eingestiegen seien, sei der Berufungswerber jedoch nicht anwesend gewesen. Zutreffend sei, dass der Berufungswerber nicht im Besitz der erforderlichen Lenkerberechtigung sei. Allerdings sei die Tat nicht vorsätzlich erfolgt. Die Übertretung einer Geschwindigkeitsbeschränkung sei dem Berufungswerber nicht bewusst gewesen, zudem sei ihm nicht erinnerlich, die zulässige Höchstgeschwindigkeit übertreten zu haben. Der Berufungswerber sei, da er bis dato keinen solchen Kleinbus gelenkt habe, nicht bewusst gewesen, dass er Eintragungen im Schaublatt hätte vornehmen müssen. Zum Zeitpunkt der Anhaltung habe er keine Lenkzeit von 4 1/2 Stunden hinter sich gehabt. Vielmehr habe er das Fahrzeug in Mailand um 24.00 Uhr übernommen.
Im Berufungsverfahren wurde Beweis aufgenommen durch die Einsichtnahme in den fremdenpolizeilichen Akt betreffend den Berufungswerber und den erstinstanzlichen Akt. Weiters wurde ein kraftfahrtechnischer Sachverständiger zur vorhandenen Kopie des Schaublattes befragt und wurden die Meldungsleger befragt.
Aufgrund des Ermittlungsverfahrens ergibt sich, dass der Berufungswerber mit dem Fahrzeug, wie am 13.11.2001 um 04.17 Uhr durch Organe der Gendarmerie festgestellt wurde, 27 illegale irakische Staatsangehörige transportierte, obwohl das Fahrzeug nur für insgesamt 15 Personen zugelassen war. Er lenkte das Fahrzeug, ohne im Besitz einer entsprechenden Lenkerberechtigung zu sein, zumal er nur die deutsche Führerscheinklasse 3-5, die zum Transport von nicht mehr als 9 Personen inklusive Lenker berechtigt, besaß.
Um 04.03 Uhr überschritt er die Bauartgeschwindigkeit von 100 km/h um mindestens 20 km/h. Das eingelegte Schaublatt war unvollständig ausgefüllt. Es fehlte der Name des Lenkers und der Abfahrtsort. In der Zeit vom 12.11.2001, 21.40 Uhr, bis 13.11.2001, 04.17 Uhr (Anhaltezeitpunkt), hielt der die vorgeschriebene Fahrtunterbrechung von 45 Minuten nach einer Fahrtzeit von 4 1/2 Stunden nicht ein. Es ist nur einmal eine Pause von 30 Minuten eingelegt worden, bei der das Fahrzeug aber auch nicht absolut still stand, sondern kurz bewegt wurde.
Diese Feststellungen trifft die Berufungsbehörde aufgrund der Einsichtnahme in den fremdenpolizeilichen Akt. Dort gibt der Berufungswerber niederschriftlich zu, das Fahrzeug nicht erst in Mailand in Betrieb genommen zu haben, sondern schon in Bellizano (Schweiz). In dieser Niederschrift gibt er auch an, dass er sicher gegen 23.00 Uhr in Mailand eingetroffen sei. Der Berufungswerber schaute zwar nicht nach, wie viele Leute in das Fahrzeug zugestiegen waren, er wäre aber dazu verpflichtet gewesen, zumal der Fahrzeugschein nur auf 15 Personen lautete und zumal sein Führerschein nur zur Beförderung von 9 Personen inklusive Lenker berechtigte. Der Berufungswerber kann sich daher nicht auf diese Unwissenheit berufen. Außerdem war ihm gesagt worden, dass er für 11 Personen ein Entgelt erhalte. Der Berufungswerber hätte auch über die EG-VO 3820/85 und 3821/85 Bescheid wissen müssen, da er ein Fahrzeug lenkte, das diesen EG-Verordnungen unterlag.
Das Verfahren wegen der Geschwindigkeitsüberschreitung war zur Einstellung zu bringen, da die Verfolgungshandlung auf eine Geschwindigkeitsüberschreitung nach § 52 Z 10a StVO 1960 deutete, nicht jedoch auf eine Geschwindigkeitsüberschreitung nach § 58 KDV.
Hinsichtlich des Deliktes zu Punkt 2. ist als Verschuldensgrad Vorsatz anzunehmen, da der Berufungswerber wusste, dass er 11 Personen befördern müsse.
Hinsichtlich Punkt 1. ist als Verschuldensgrad zumindest bedingter Vorsatz anzunehmen, da sich der Berufungswerber angesichts des benützten Busses bewusst sein musste, dass eine größere Personenanzahl damit befördert werden musste. Es ist auch nicht sehr glaubwürdig, dass er nie einen Blick in den Fahrgastraum geworfen hat. Bei den übrigen Übertretungen ist dem Berufungswerber Fahrlässigkeit zur Last zu legen. Als erschwerend ist nichts zu werten. Der Unrechtsgehalt der Übertretungen zu Punkt 1. und 2. ist gravierend, da es sich um Wesentliche Sicherheitsnormen handelte. Auch der Unrechtsgehalt der Übertretung zu Punkt 4. und 5. ist erheblich, da diese Normen der Überwachung der Fahrweise von Buslenkern dienen. Mildernd ist die Unbescholtenheit laut Aktenlage zu werten. Auch unter Bedachtnahme auf die vom Berufungswerber bekannt gegebenen Einkommensverhältnisse erscheinen die Geldstrafen insgesamt angemessen, weshalb sie zu bestätigen waren. Es erwachsen daher Berufungskosten im Ausmaß von 20 % der verhängten Geldstrafen.