TE UVS Steiermark 2002/10/18 30.2-54/2002

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Veröffentlicht am 18.10.2002
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark hat durch das Senatsmitglied Dr. Karl Ruiner über die Berufung des Herrn M K gegen den Bescheid der Bundespolizeidirektion Graz vom 5.4.2002, GZ.: III/S-37735/01, wie folgt entschieden:

Gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (im Folgenden AVG) in Verbindung mit § 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (im Folgenden VStG) wird die Berufung zu Punkt 1.) und 2.) abgewiesen,

hinsichtlich Punkt 3.) wird der Berufung Folge gegeben, von der Fortführung des Verfahrens abgesehen und gemäß § 45 Abs 1 Z 2 VStG die Einstellung verfügt.

Gemäß § 64 Abs 1 und 2 VStG hat der Berufungswerber als Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens den Betrag von ? 14,40 binnen vier Wochen ab Zustellung des Bescheides bei sonstigen Zwangsfolgen zu leisten.

Der Kostenbeitrag zum Verfahren erster Instanz vermindert sich auf ? 7,20, welcher Betrag binnen vier Wochen nach Zustellung des Bescheides bei sonstigen Zwangsfolgen zu leisten ist.

Text

Mit dem aus dem Spruch ersichtlichen Bescheid wurde dem Berufungswerber Übertretungen des § 1 LGBl. 158/75 1. und 2. Fall sowie § 81 Abs 1 SPG zur Last gelegt und hiefür gemäß § 3 Abs 1 LGBl. 158/75 und § 81 Abs 1 SPG eine Gesamtgeldstrafe in Höhe von ? 108,-- (insgesamt 54 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe) verhängt. Gemäß § 64 VStG wurde als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens ein Betrag von ? 10,80 vorgeschrieben. Gegen diese Entscheidung wurde rechtzeitig die Berufung eingebracht und im Wesentlichen vorgebracht, er habe damals mit dem Megaphon lediglich geschrien Achtung, Achtung, das ist keine Polizei, das sind Verbrecher . Dies vor allem aus

dem Grund, da er wegen der vor seinem Hauseingang eingerichteten Baustellenabsicherung in seiner persönlichen Freiheit eingeschränkt gewesen sei und er bei der Wachstube S trotz längerem Läuten weder eingelassen worden sei, noch sei ein Beamter erschienen, um ihn nach seinem Verlangen zu befragen. Er habe sich durch sein Verhalten lediglich gegen das Verbrechen der Firma B und ihrer Handlager gewehrt. Die Firma B betreibe schon seit Jahrzehnten das Verbrechen der Zerstörung des Weltkulturerbes G Altstadt und wolle man ihn physisch vernichten und zwar durch Einlieferung ins Irrenhaus, da er durch seinen Hausanteil mitten im Häuserkomplex der Firma B der Zerstörung des Weltkulturerbes G Altstadt im Wege sei. Er habe somit lediglich die schweren Verbrechen der Firma B durch Schreien aufgezeigt und habe er auch keine andere Möglichkeit gehabt, sich gegen die schweren Verbrechen der Firma B zu wehren. Bei der am 8. Oktober 2002 durchgeführten Berufungsverhandlung brachte der Berufungswerber im Wesentlichen noch vor, dass er auf Grund der Baustellenabsicherung, ein rund 2 m hoher Zaun reichte entlang des Straßenrandes entlang des Hauses R über das Haus R bis etwa 7 m über das Haus R, zwar auf dem Gehsteig gelangen konnte, dieser sei jedoch mit Containern verstellt gewesen, weshalb er sich in seiner Bewegungsfreiheit eklatant eingeschränkt gefühlt habe und ein behinderungsfreies Begehen des Gehsteiges im fraglichen Bereich nicht möglich gewesen sei. Erst in weiterer Folge sei über seine Intervention hin die von ihm beanstandete Baustellenabsicherung derart geändert worden - insbesondere sei ein behindernder Zaun abgebaut worden - dass das ungehinderte Begehen des Gehsteiges wieder möglich gewesen sei. Er sei damals jedenfalls schwer erregt gewesen und könne sich nicht daran erinnern, dass er auch die Worte "Scheiß Baustelle, das ist ein Verbrechen, wollt ihr mein Haus abgraben" gerufen habe. Auch könne er nicht sagen, wie oft er die Worte "Achtung, Achtung, das ist keine Polizei, das sind Verbrecher" gerufen habe. Er sei jedenfalls deshalb nicht auf die Straße gegangen, als die Polizeibeamten erschienen sind, weil er der Meinung sei, dass, wenn er nicht ins Wachzimmer vorgelassen werde, die Genannten zu ihm kommen sollten. Im Übrigen müssten auch die einschreitenden Beamten die verbrecherischen Handlungen der Firma B gesehen haben. Im Übrigen habe er wegen des gegenständlichen Vorfalles an die Staatsanwaltschaft Graz eine Sachverhaltsdarstellung übermittelt, und zwar wegen schweren Missbrauches der Amtsgewalt durch Organe der Bundespolizeidirektion Graz, sowie wegen des Verbrechens der Zerstörung des Weltkulturerbes G Altstadt durch die Firma B. Bereits vor etwa 20 Jahren, das heißt im Mai 1982 sei ihm wegen eines vergleichbaren Vorfalles angedroht worden, ihn ins Irrenhaus zu überweisen. Auf Grund des durchgeführten Beweisverfahrens wird nachstehender Sachverhalt festgestellt: Auf Grund von Bauarbeiten wurden an der Straße entlang der Häuser R Absperrungen (etwa 2 m hoher Zaun) errichtet, wobei auch der Gehsteig vor dem Hause R innerhalb des errichteten Zaunes durch zwei Schuttcontainer verstellt war. Der Zaun war derart errichtet, dass an der Stoßstelle des Zaunes an der Hauswand des Hauses R für das Durchgehen am Gehsteig lediglich ein sehr schmaler Spalt vorhanden war, wodurch ein behinderungsfreies Benutzen des Gehsteiges nicht möglich war. Der Berufungswerber beabsichtigte am 20.11.2001 in den frühen Morgenstunden diesen Umstand bei der Bundespolizeidirektion Graz, Wachzimmer S zu melden. Nachdem er dort im Vorraum eine Frau sitzen sah, die ebenfalls auf Einlass wartete und ein Kontakt mit Polizeibeamten in absehbarer Zeit nicht zu erwarten war, ging er wieder zurück nach Hause, adjustierte sein Megaphon, ging in den zweiten Stock des Hauses R, an welchen er einen Hausanteil besitzt und schrie aus einem geöffneten Fenster des zweiten Stockes im Hause R wiederholt die in der Anzeige ersichtlichen Worte, um auf die seiner Meinung nach ungesetzliche Vorgangsweise der Firma B aufmerksam zu machen. Auf Grund dessen wurden am 20.11.2001, um 9.50 Uhr die in der Anzeige genannten Beamten zwecks Einschreitung in die R beordert, wobei diese bereits im Bereich W/R das Schreien mittels Megaphon durch den Berufungswerber wahrnehmen konnten. Bei ihrem Eintreffen konnten die Beamten feststellen, dass der Berufungswerber aus einem geöffneten Fenster des Hauses R mit Unterstützung eines Megaphons unter anderem folgende Worte schrie: "Achtung, Achtung, das ist keine Polizei, das sind Verbrecher, scheiß Baustelle, das ist ein Verbrechen, wollt ihr mein Haus abgraben." Auf Grund dieses Verhaltens wurden zahlreiche Passanten im Bereich auf den Berufungswerber aufmerksam und beschwerten sich über sein Verhalten. Nach wiederholter Aufforderung, sein Verhalten einzustellen, stellte der Berufungswerber etwa um 10.20 Uhr sein Schreien mit dem Megaphon ein. Auf Grund des Umstandes, dass die Eingangstüre zum Haus R versperrt war und der Berufungswerber trotz mehrmaliger Aufforderung diese nicht öffnete und vom Einsatzleiter Insp. N auf Grund des Verhaltens des Berufungswerbers angenommen werden konnte, dass sich der Berufungswerber in einem eventuell geistig verwirrten Zustand befindet, wurde zum Zwecke der ersten allgemeinen Hilfeleistungspflicht die Feuerwehr und das Rote Kreuz zum Einsatzort beordert, desgleichen wurde der Polizeiarzt angefordert. Nachdem sich der Berufungswerber in der Folge wieder beruhigte, konnte Insp. F N mit diesem ein Gespräch führen, wobei sich der Berufungswerber im Wesentlichen darüber beschwerte, dass durch die Baustelle bzw. Baustellenabsicherung seine Bewegungsfreiheit beeinträchtigt werde, und dass er bei der Polizei deswegen kein Gehör erlangt habe. Die weiteren von den genannten Beamten durchgeführten Erhebungen ergaben, dass die Baustelle bzw. die Absicherung derselben zu großflächig eingerichtet war und mit dem entsprechenden Bewilligungsbescheid in keiner Weise übereingestimmt hatte. Die Baustelle war jedenfalls, wie durch einen Beamten des Bauamtes festgestellt, in ihrer Art und Weise der Absicherung und des Ausmaßes nicht entsprechend des Bewilligungsbescheides ausgerichtet und wurde sie deshalb in der Folge von den einschreitenden Beamten des Bauamtes zurückversetzt, um die bestandenen Behinderungen, insbesondere des Fußgängerverkehrs am Gehsteig entlang der R zu beseitigen. Nachdem die Baustelle entsprechend des Bewilligungsbescheides ausgerichtet war, zeigte sich der Berufungswerber dem Zeugen N gegenüber wieder kooperativer und wurde dem Berufungswerber vom genannten Zeugen um etwa 15.00 Uhr das von diesem vorläufig sichergestellte Megaphon wieder zurückgegeben, nachdem der Berufungswerber dem Beamten versicherte, dieses nicht mehr zweckwidrig zu verwenden. Diese Feststellungen gründen sich auf die Anzeige, die Zeugenaussage des Kontrollinspektor N sowie im Wesentlichen auch auf die Angaben des Berufungswerbers selbst. In rechtlicher Hinsicht ist Nachstehendes auszuführen: Gemäß § 1 LGBl. 1975/158 idgF begeht eine Verwaltungsübertretung, wer den öffentlichen Anstand verletzt oder ungebührlicherweise störenden Lärm erregt und ist gemäß § 3 leg cit mit einer Geldstrafe bis zu ? 218,-- oder mit Arrest bis zu 2 Wochen zu bestrafen. Gemäß § 81 Abs 1 SPG begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe bis zu ?

218,-- zu bestrafen, wer durch besonders rücksichtsloses Verhalten die öffentliche Ordnung ungerechtfertigt stört. Hinsichtlich der dem Berufungswerber zu Punkt 1.) und 2.) zur Last gelegten Taten ist auszuführen, dass durch den Gebrauch der im Spruch ersichtlichen Worte, insbesondere auch innerhalb der im Spruch ersichtlichen Zeitspanne im Zusammenhang mit dem Gebrauch eines Megaphons der Tatbestand der Verletzung des öffentlichen Anstandes sowie die Erregung ungebührlichen und störenden Lärms als erfüllt anzusehen ist. Der Umstand, dass sich der Berufungswerber offensichtlich durch die Bauarbeiten provoziert fühlte, bildet keinen Entschuldigungsgrund, noch verliert die als Anstandsverletzung und Erregung störenden Lärms zu qualifizierenden Handlungen den Charakter der Rechtswidrigkeit. Allenfalls ist darin ein Milderungsgrund zu sehen, wobei dieser offensichtlich bei der durch die Vorinstanz verhängten Strafhöhe berücksichtigt wurde. Hinsichtlich Punkt 3.) des angefochtenen Straferkenntnisses ist auszuführen, dass zwar das Verhalten des Berufungswerbers im Sinne des § 81 Abs 1 SPG als besonders rücksichtslos zu qualifizieren ist, wodurch auch, wie das Verfahren ergeben hat, die öffentliche Ordnung gestört wurde, jedoch kann auf Grund der Feststellungen dahingehend, dass die Baustelle bzw. deren Absicherung offensichtlich tatsächlich derart eingerichtet war, dass ein behinderungsfreies Gehen am Gehsteig nicht möglich war und überdies, wie von den Beamten des Bauamtes nachträglich festgestellt, die Baustelle nicht entsprechend des gegenständlichen Bewilligungsbescheides ausgerichtet war, nicht davon ausgegangen werden, dass die öffentliche Ordnung "ungerechtfertigt" gestört wurde. Die sicherlich ungehörigen Äußerungen bzw. Unmutsäußerungen, die sich letztlich darauf beschränkten, dass sich der Berufungswerber im Hinblick auf die gesetz- bzw. bescheidwidrige Einrichtung der Baustellenabsicherung lautstark beschwerte, können im vorliegenden Fall nicht von vornherein als ungerechtfertigt im Sinne der dem Berufungswerber zur Last gelegten Bestimmung gewertet und angesehen werden, sondern stellt das Verhalten des Berufungswerbers eine Reaktion, die einer berechtigten Entrüstung gleicht, dar. Wie sich nicht zuletzt auch aus der Zeugenaussage des Insp. F N ergibt, lag die Ursache über das Verhalten des Berufungswerbers darin, dass er sich insbesondere über die, wie sich dann herausgestellt hat, nicht bewilligungsgemäße Baustelleinrichtung bzw. Baustellenabsicherung entrüstete und sich dadurch hinreißen ließ, die gegenständlichen Beschimpfungen durchzuführen. Seitens der Behörde wird dieses Faktum, nicht zuletzt auch im Hinblick auf den bereits jahrelang schwelenden Streit, im Sinne des § 115 Abs 3 StGB als entschuldbar gewertet. Der Berufung konnte somit hinsichtlich dieses Faktums Folge gegeben werden. Hinsichtlich der Strafbemessung ist auszuführen: § 19 Abs 1 VStG enthält jene objektiven Kriterien, die Grundlage für jede Strafbemessung sind. Demnach ist bei der Wertung der Tat innerhalb der Grenzen des gesetzten Strafrahmens (hier ? 218,--) insbesondere davon auszugehen, in welchem Ausmaß diejenigen Interessen gefährdet worden sind, deren Schutz die Strafdrohung dient. Der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat, ist ebenso bei der Strafbemessung zu berücksichtigen. Die Bestimmungen nach dem LGBl. 158/75 sollen insbesondere bewirken, dass ein Verhalten gewährleistet ist, wie es im Zusammenleben mit anderen verlangt werden muss und mit den allgemeinen Grundsätzen der Schicklichkeit in Einklang zu stehen hat. Neben den objektiven Kriterien des Unrechtsgehaltes der Tat kommt im ordentlichen Verfahren als Strafbemessungsgrundlage die Prüfung der subjektiven Kriterien des Schuldgehaltes der Tat, somit auch die in der Person des Beschuldigten gelegenen Umstände, hinzu. Gemäß § 19 Abs 2 VStG sind im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) daher die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen. Als mildernd war die bisherige Unbescholtenheit, als erschwerend nichts zu bewerten. Auch die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Berufungswerbers (mtl. Nettoeinkommen von ? 1.200,--, keine Sorgepflichten, Hausanteil am Hause R) sind nicht geeignet, die Strafhöhe herabzusetzen, zumal sie sich ohnehin schon im unteren Bereich des Strafrahmens befindet und die Strafe grundsätzlich einen spürbaren Nachteil darstellen soll, um der neuerlichen Begehung derartiger Übertretungen wirksam vorzubeugen. Bei diesen persönlichen Verhältnissen und den bisher angeführten Strafbemessungsgründen ist die jeweils verhängte Strafe als schuldangemessen und gerechtfertigt anzusehen, da Strafen einen immerhin spürbaren Vermögensnachteil darstellen müssen, um den Strafzweck zu erfüllen. Auf Grund all dieser Erwägungen war daher, wie im Spruch ersichtlich, zu entscheiden.

Schlagworte
Ordnungsstörung Anstandsverletzung Lärmerregung Entschuldigungsgrund begreifliche Entrüstung
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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