TE Vwgh Erkenntnis 2001/10/16 2000/09/0014

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Veröffentlicht am 16.10.2001
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Index

60/04 Arbeitsrecht allgemein;
62 Arbeitsmarktverwaltung;

Norm

AuslBG §15 Abs1 Z4;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fürnsinn und die Hofräte Dr. Händschke und Dr. Rosenmayr als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Flendrovsky, über die Beschwerde des B in W, vertreten durch Dr. Schorsch Wernitzni, Rechtsanwalt in 1050 Wien, Strobachgasse 3/6, gegen den Bescheid der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Wien vom 30. September 1996, Zl. LGSW/Abt. 10/13115/963583/1999, betreffend Versagung eines Befreiungsscheines nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Arbeitsmarktservice hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.500,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen, vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 30. September 1999 wurde der am 20. April 1999 gestellte Antrag des Beschwerdeführers, ihm einen Befreiungsschein nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG) auszustellen, gemäß § 66 Abs. 4 AVG in Verbindung mit § 15 Abs. 1 Z. 4 AuslBG abgewiesen.

Zur Begründung führte die belangte Behörde nach Darlegung des Verfahrensverlaufes und der maßgebenden Rechtslage, jedoch unter Abstandnahme von der Durchführung der Einvernahmen der vom Beschwerdeführer zum Nachweis der Dauer seines Aufenthaltes in Österreich namhaft gemachten Zeugen in sachverhaltsmäßiger Hinsicht aus, der Beschwerdeführer habe den Aufenthalt im Ausmaß von 2,5 Jahren während der letzten fünf Jahre nicht nachweisen können. Er sei vom Stichtag 1. Juni 1994 bis zum 28. Dezember 1994 in Österreich aufhältig gewesen. Ab diesem Tag sei bis zum 26. Feber 1997 eine Aufenthaltsunterbrechung infolge eines über ihn verhängten (bis 31. Dezember 1997 befristeten) Aufenthaltsverbotes und der nach seiner Haftentlassung am 28. Dezember 1994 erfolgten Abschiebung vorgelegen. Die Bestimmung des § 15 Abs. 1 Z. 4 AuslBG könne im öffentlichen Interesse an der Wirksamkeit der Rechtsvollziehung nicht so expansiv ausgelegt werden, dass während eines Aufenthaltsverbotes anrechenbare Aufenthaltszeiten entstünden und aus widerrechtlichem Aufenthalt Rechte abgeleitet würden, wenn die zuständige Behörde nicht rechtzeitig von diesem Umstand Kenntnis erlange, um das Aufenthaltsverbot neuerlich zwangsweise durchzusetzen. Unter Weglassung dieses Zeitraumes (vom 28. Dezember 1994 bis 27. Feber 1997 - dem Tag der angeblichen Wiedereinreise) ergäben sich die zeitlichen Voraussetzungen für die Erteilung eines Befreiungsscheines jedoch nicht.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Der Beschwerdeführer erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid in dem Recht auf Ausstellung des beantragten Befreiungsscheines nach dem AuslBG verletzt. Er beantragt, den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes sowie infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften kostenpflichtig aufzuheben.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wird.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Gemäß § 15 Abs. 1 Z. 4 AuslBG, BGBl. Nr. 218/1975 (in der Fassung BGBl. Nr. 314/1994) ist einem Ausländer auf Antrag ein Befreiungsschein auszustellen, wenn der Ausländer das 19. Lebensjahr vollendet hat, die Voraussetzungen der Z 3 bei Vollendung des 19. Lebensjahres erfüllt waren und er sich während der letzten fünf Jahre mindestens zweieinhalb Jahre im Bundesgebiet aufgehalten hat.

Der am 2. März 1971 geborene Beschwerdeführer hatte im Zeitpunkt seiner Antragstellung (20. April 1999) das 19. Lebensjahr bereits vollendet. Dass ferner die Voraussetzungen der Z. 3 leg. cit. erfüllt sind, hat die belangte Behörde ohnedies angenommen.

Im gegenständlichen Fall ist somit lediglich die Rechtsfrage strittig, ob unter dem mindestens zweieinhalb Jahre währenden Aufenthalt des Beschwerdeführers innerhalb der letzten fünf Jahre im Bundesgebiet jeglicher tatsächliche (und somit auch rechtswidrige) Aufenthalt oder bloß ein rechtmäßiger Aufenthalt zu verstehen ist. Hierzu hat der Verwaltungsgerichtshof bereits wiederholt Stellung genommen, wobei insbesondere auf die begründenden Ausführungen im Erkenntnis vom 1. Juli 1998, Zl. 97/09/0279, gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird. Zum Beweisthema seines - zwar unrechtmäßigen - Aufenthaltes in Österreich hatte der Beschwerdeführer die Vernehmung mehrerer Zeugen beantragt, deren Vernehmung die Behörden jedoch unterlassen haben.

Da die belangte Behörde - anders als die Behörde erster Instanz, die im Rahmen ihrer Beweiswürdigung den Angaben des Beschwerdeführers, er habe sich auch in der Zeit des aufrecht über ihn verhängten Aufenthaltsverbotes in Österreich aufgehalten, keinen Glauben geschenkt hatte - von einer vom Verwaltungsgerichtshof nicht geteilten Rechtsansicht ausgehend notwendige Beweiserhebungen, nämlich die Vernehmung jener vom Beschwerdeführer genannten Zeugen, unterlassen hat, belastete sie ihren Bescheid mit sekundären Verfahrensmängeln.

Er war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit § 41 AMSG und der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994. Der Ersatz von Pauschalgebühren konnten nicht zuerkannt werden, weil Pauschalgebühren infolge Bewilligung der Verfahrenshilfe nicht zu entrichten waren.

Wien, am 16. Oktober 2001

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2001:2000090014.X00

Im RIS seit

29.11.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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