TE UVS Niederösterreich 2002/11/08 Senat-BN-02-0004

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 08.11.2002
beobachten
merken
Spruch

Der Berufung wird gemäß § 66 Abs 4 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 (AVG) iVm § 24 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 (VStG) Folge gegeben und der angefochtene Bescheid aufgehoben.

 

Gemäß § 45 Abs 1 Z 2 VStG wird die Einstellung des Strafverfahrens verfügt.

Text

Mit dem bekämpften Straferkenntnis wurde der Rechtsmittelwerber schuldig befunden, am *.**.**** das Sattelkraftfahrzeug (Sattelzugfahrzeug Kennzeichen **-**** und Sattelanhänger Kennzeichen **-****) welches mit näher bezeichnetem Gefahrgut beladen war, gelenkt zu haben, wobei in den schriftlichen Weisungen (ausgenommen Klasse 3 Ziffer 3b) ADR 1170 Ethanol) keine gemäß Rn 10385 Abs 1 iVm Rn 10260 Anlage B ADR entsprechenden Angaben über die vom Lenker zu seinem persönlichen Schutz zu verwendenden Mittel enthalten waren. Dadurch habe er sich der Verwaltungsübertretung gemäß §§ 13 Abs 3, 27 Abs 2 Z 11 GGBG schuldig gemacht und wurde hiefür mit Geldstrafe in der Höhe von ?

145,35 (Ersatzfreiheitsstrafe 50 Stunden) bestraft.

 

In der dagegen fristgerecht eingebrachten Berufung beantragte der Rechtsmittelwerber die Aufhebung des Straferkenntnisses wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes, in eventu gemäß § 21 VStG vorzugehen, in eventu die Strafe schuldangemessen auf ? 35,-- zu reduzieren. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass die vorgeworfenen Delikte mit keiner Strafsanktion bedroht seien, da auf Grund des Fehlers des österreichischen Gesetzgebers seit 15. Juli 1999 der Weiterverweis auf die Anlagen A und die Anlagen B der Rahmenbestimmungen ins Leere gehe; keine Haftung des Lenkers für unrichtige schriftliche Weisungen bestehe und die schriftliche Weisung inhaltlich korrekt sei.

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat im Land NÖ hat erwogen:

 

Der Berufungswerber hat am *.**.**** eine Beförderungseinheit gelenkt, weshalb aus dem Grunde des § 2 Z 1 lit a GGBG, BGBl I Nr 145/98 idF BGBl I Nr 108/99 die Anlagen A und B der Richtlinie 94/55/EG des Rates vom 21. November 1994 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten für den Gefahrguttransport auf der Straße, Abl Nr L *** vom **. D******* 1***, S *, in der Fassung der Richtlinie 1999/47/EG der Kommission vom 21. Mai 1999, Abl. Nr L 169 vom 5. Juli 1999, S 1 anzuwenden sind.

 

Die Richtlinie 1999/47 änderte nur Texte der Anhänge (Terminologie der Überschriften der Richtlinie 96/86/EG), wobei die Texte der Änderungen zusammen mit der Richtlinie unter den Überschriften ? Anlage A bzw B? veröffentlicht wurden. Ansonsten wurde der Terminus ?Anhang? verwendet. Diese Richtlinie trat am 6.07.1999 in Kraft.

 

Im Abl Nr L 271 vom 21.10.1999 erfolgte eine Berichtigung der Richtlinie 1999/47/EG, in der die Terminologie von ?Anhang? bzw ?Anhänge? auf ?Anlage? bzw ?Anlagen? geändert wurde.

 

Anzumerken ist, dass diese Berichtigung nur den deutschen Text betraf und in den gleichermaßen authentischen englischen und französischen Fassungen stets der Ausdruck ?Annex? verwendet wurde.

 

In der am 14.07.1999 kundgemachten und am Folgetag in Kraft getretenen GGBG-Novelle 1999, BGBl Nr 108/1999 wurde in § 2 Z 1 lit a des GGBG auf die ?Anlagen A und B? der Richtlinie 94/55/EG in der Fassung der Richtlinie 96/86/EG verwiesen, weil zu diesem Zeitpunkt bereits bekannt war, dass die Bezeichnung ?Anlage(n)? die seitens der EU-Dienste bevorzugte war.

 

Eine inhaltliche Streichung im Sinne einer Unanwendbarkeit der Anlagen A und B des ADR war damit jedenfalls nicht verbunden. Es gehörte daher die zitierte Rn 10240 ADR

zum Tatzeitpunkt dem Rechtsbestand an.

 

Gemäß § 27 Abs 2 Z 11 GGBG begeht, wenn die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet oder nach anderen Verwaltungsstrafbestimmungen mit strengerer Strafe bedroht ist, eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe von ?

72,-- (zum Tatzeitpunkt S 1.000,--) bis ? 3.633,-- (zum Tatzeitpunkt S 50.000,--) zu bestrafen, wer als Lenker entgegen § 13 Abs 3 Begleitpapiere oder Ausstattungsgegenstände nicht mitführt.

 

Gemäß § 13 Abs 3 GGBG hat der Lenker bei der Beförderung die im § 7 Abs 2 Z 7 angeführten Begleitpapiere oder Ausstattungsgegenstände mitzuführen.

 

Gemäß § 7 Abs 2 Z 7 dürfen gefährliche Güter nur befördert werden, wenn dem zuständigen bei der Beförderung tätigen Personal die in den gemäß § 2 in Betracht kommenden Vorschriften vorgesehenen Begleitpapiere übergeben worden sind, soweit dieses nicht bereits im Besitz dieser Gegenstände oder Papiere ist.

 

Der Verwaltungsgerichtshof hat mit Erkenntnis vom 16.12.1998, Zl 95/03/0213, betreffend die Bestrafung eines Lenkers wegen des mangelhaften Inhaltes der mitgeführten schriftlichen Weisungen, ausgeführt:

 

?Aus dem Wortlaut des § 32 Abs 3 GGSt ergibt sich, dass die näher genannten Begleitpapiere, Bescheide und Ausrüstungsgegenstände dem ADR entsprechend mitzuführen? sind. Hinsichtlich der schriftlichen Weisungen enthält auch Rn 10385 Abs 2 Anlage 2 des ADR nur die Verpflichtung des Mitführens einer Ausfertigung dieser Weisungen im Führerhaus. § 32 Abs 3 GGSt enthält keinen Hinweis darauf, dass der Lenker, dem eine mangelhafte schriftliche Weisung übergeben worden ist, für deren mangelhaften Inhalt nach dieser Bestimmung verwaltungsstrafrechtlich belangt werden könne. Die sich aus dem GGSt ergebende Verpflichtung des Lenkers beschränkt sich darauf, die ihm übergebene Weisung dem ADR entsprechend mitzuführen bzw den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes auf Verlangen zur Überprüfung auszuhändigen. Für den von der belangten Behörde in ihrer Gegenschrift dem § 32 Abs 3 GGSt unterstellten Zweck findet sich kein Anhaltspunkt. Es ist für den Verwaltungsgerichtshof vielmehr durchaus sachgerecht, wenn der Normgeber dem Lenker nicht eine ? jedenfalls nicht auszuschließende ? materienbezogen schwierige inhaltliche (Fach)Prüfung unter verwaltungsstrafrechtlicher Sanktion überbürdet hat.

 

Daraus ergibt sich aber, dass dem Beschwerdeführer die Verwaltungsübertretung gemäß § 32 Abs 3 GGSt zu Unrecht vorgeworfen wurde, weshalb die belangte Behörde ihren Bescheid insoweit mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes belastete und dieser gemäß § 42 Abs 2 Z 1 VwGG in dem im Spruch angeführten Umfange aufzuheben war.?

 

§ 32 Abs 3 GGSt bestimmte, dass der Lenker bei der Beförderung die im § 22 Abs 1 Z 7 angeführten Begleitpapiere, ... dem ADR entsprechend mitzuführen und den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes auf Verlangen zur Überprüfung auszuhändigen hat.

 

Diese Bestimmung ist, was die vom Lenker mitzuführenden Begleitpapiere betrifft, ident mit der nunmehrigen Bestimmung des § 13 Abs 3 GGBG, weshalb auch hier davon ausgegangen werden muss, dass die sich aus dem GGBG ergebende Verpflichtung des Lenkers darauf beschränkt, die ihn übergebenen Begleitpapiere dem ADR entsprechend mitzuführen.

 

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten