TE UVS Steiermark 2002/11/11 30.6-94/2002

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Veröffentlicht am 11.11.2002
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark hat durch das Senatsmitglied Dr. Karl-Heinz Liebenwein über die Berufung des Herrn K P gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Bruck an der Mur vom 21.06.2001, GZ.: 15.1 7188/2000, wie folgt entschieden:

Gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (im Folgenden AVG) in Verbindung mit § 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (im Folgenden VStG) wird der Berufung Folge gegeben das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 2 VStG eingestellt.

Text

Mit dem im Spruch genannten Straferkenntnis wurde der Berufungswerberin zur Last gelegt, sie habe als handelsrechtliche Geschäftsführerin und daher als § 9 Abs 1 VStG Verantwortliche wie folgt zu verantworten: Am 13.03.2001 sei bei der Firma U & C GmbH, Filiale L, im Zuge einer Kontrolle gemäß § 11 DMG durch Organe der staatlichen Düngemittekontrolle festgestellt worden, dass die Berufungswerberin in ihrer Funktion der Firma P GmbH, H, 408 x 50 kg Plastiksäcke - NPK 18-18-18 EG-Düngemittel mit einem den Grenzwert überschreitenden Gehalt an Cadmium in Verkehr gebracht habe, indem sie es am 22.02.2001 an die Firma F. U & C GmbH, L, geliefert habe. Bei der festgestellten Übertretung des Cadmiumgrenzwertes handle es sich um einen Verstoß, der mit einer Gefährdung oder Schädigung von Tier, Mensch und Umwelt verbunden sein könne.

Hiedurch habe sie eine Übertretung des § 5 Abs 1 Z 1 Düngemittelgesetz und des § 2 Abs 2 Düngemittelverordnung begangen und wurde hiefür eine Geldstrafe in der Höhe von ? 58,00 (29 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe) verhängt.

In ihrer fristgerechten Berufung vom 30.07.2002 führte die Berufungswerberin aus, dass sie als Geschäftsführerin lediglich für die Buchhaltung in dem Unternehmen zuständig sei und nicht für Ein- und Verkauf von Produkten. Sämtliche Tätigkeiten im Ein- und Verkauf seien die Angelegenheiten von Herrn H Sch.

Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark stellt hiezu Nachfolgendes fest:

Gemäß § 51 Abs 1 VStG steht dem Beschuldigten stets das Recht der Berufung an den Unabhängigen Verwaltungssenat jenes Landes zu, in dem die Behörde, die den Bescheid erlassen hat, ihren Sitz hat; somit ergibt sich die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates für die Steiermark für die Erlassung der gegenständlichen Entscheidung. Da im angefochtenen Bescheid weder eine primäre Freiheitsstrafe noch eine ? 2.000,00 übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, war gemäß § 51c VStG die Zuständigkeit des Einzelmitgliedes gegeben. Da in der Berufung lediglich eine unrichtige rechtliche Beurteilung behauptet wurde und die Parteien die Durchführung einer Verhandlung nicht beantragten, konnte gemäß § 51e Abs 3 Z 1 VStG von der Durchführung einer öffentlichen, mündlichen Verhandlung abgesehen werden.

Entsprechend der Anzeige des Bundesamtes und Forschungszentrum für Landwirtschaft vom 06.09.2001 wurde anlässlich einer Kontrolle bei der Firma F. U & C GmbH, Filiale L, am 13.03.2001 durch Organe der staatlichen Düngemittelkontrolle festgestellt, dass von der Firma P GmbH & C KG am 22.02.2001, 408 x 50 kg Plastiksäcke des Produktes NPK 18-18-18 mit der Typenbezeichnung EG-Düngemittel an die Firma F. U & C GmbH geliefert wurde. Bei einer Überprüfung dieses Düngemittels wurde festgestellt, dass der Cadmiumwert nach Analyse 78,3 mg/kg P2O5 und nach Deklaration 80,5 mg/kg P2O5 beträgt, obwohl entsprechend der Bestimmungen des § 2 Abs 2 DüngemittelVO lediglich ein Grenzwert von 75 mg/kg P2O5 erlaubt ist. Wie in der Anzeige weiters ausgeführt wurde, handelt es sich bei der festgestellten Übertretung des Cadmiumgrenzwertes um einen Verstoß, der mit einer Gefährdung oder Schädigung von Tier, Mensch und Umwelt verbunden sein könnte, wobei dies wiederum dem § 5 Abs 2 Z 1 DüngemittelG widerspricht. Der diesbezügliche Sachverhalt wurde von der Berufungswerberin nicht bestritten. Ergänzend sei erwähnt, dass entsprechend der Erhebungen der Behörde I. Instanz (Firmenbuchauszug) Herr H Sch und Frau M Sch als Geschäftsführer aufscheinen, wobei sowohl Herr H Sch als auch Frau M Sch gemeinsam mit einem weiteren Geschäftsführer oder einem Prokuristen die Firma vertreten. Weiters sei noch darauf verwiesen, dass entsprechend einer Stellungnahme der Bezirkshauptmannschaft F der genannten Behörde keine entsprechende Bestellungsurkunde bezüglich Herrn Sch übermittelt wurde und auch aus anderen Verfahren nicht abzuleiten ist, dass die Berufungswerberin lediglich für die Buchhaltung des Unternehmens zuständig ist.

Der Einwand der handelsrechtlichen Geschäftsführerin, nach der GmbH-internen Aufgabenteilung nicht für die Einhaltung der verletzten Verwaltungsvorschrift zuständig gewesen zu sein, kann nur dann zur Straffreiheit wegen fehlendem Verschulden nach § 5 Abs 1 VStG führen, wenn im Gesellschaftsvertrag eine halbseitige Gesamtvertretung vereinbart wurde, indem dem anderen Geschäftsführer eine selbstständige Vertretungsmacht eingeräumt worden ist. In diesem Falle kann der nur gesamtvertretungsbefugte Geschäftsführer die deliktische Tätigkeit des einzelvertretungsbefugten Geschäftsführers nicht verhindern, weil er nur gemeinsam mit dem einzelvertretungsbefugten Gesellschafter handeln kann, während dem einzelvertretungsbefugten Geschäftsführer selbstständiges Handeln gestattet ist. Daher hat die Behörde bei solchen Einwänden gegen das Verschulden festzustellen, ob der halbseitig gesamtvertretungsbefugte Geschäftsführer an der Verwirklichung des angelasteten objektiven Tatbestandes in irgendeiner Weise mitgewirkt hat, da ein weitergehendes Mitverschulden an einer ausschließlich vom einzelvertretungsbefugten Geschäftsführer initiierten Übertretung nicht möglich ist (siehe VwGH 10.03.1993, 97/09/0144). Wurde jedoch im Gesellschaftsvertrag keine abweichende Vertretungsbefugnis vereinbart, besteht bei mehreren Geschäftsführern nach § 18 Abs 2 GmbHG eine gemeinsame Gesamtvertretung, bei der kein Geschäftsführer ohne Mitwirkung der anderen Geschäftsführer handeln darf. Somit hat bei (gesetzlicher) Gesamtvertretung jeder Geschäftsführer das Recht und nach § 9 VStG auch die Pflicht, andere Geschäftsführer an der Begehung von Verwaltungsübertretungen zu hindern sowie die Einhaltung aller Verwaltungsvorschriften in geeigneter Form zu überwachen. Durch interne Aufgabenteilungen kann die vertretungsbedingte Verantwortlichkeit nicht eingeschränkt werden, solange kein verantwortlicher Beauftragter nach § 9 Abs 2 VStG bestellt wird. Wendet daher ein Geschäftsführer bei Gesamtvertretung nach § 18 Abs 2 GmbHG lediglich ein, für die Einhaltung der verletzten Verwaltungsvorschrift intern unzuständig zu sein und an der Tat nicht mitgewirkt zu haben, hat die Behörde nur das Ausmaß seines Verschuldens an der Übertretung zu erwägen und nicht eine Straffreiheit wegen völliger Schuldlosigkeit. Gemäß § 19 Abs 1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Die Bestimmungen des Düngemittelgesetzes sowie der Düngemittelverordnung sollen insbesondere die Qualität dieser Produkte sicherstellen und dienen als Schutz vor Gefährdung oder Schädigung von Tier, Mensch und Umwelt. Diesem Schutzzweck wurde durch das Verhalten der Berufungswerberin widersprochen. Neben den objektiven Kriterien des Unrechtsgehaltes der Tat kommt im ordentlichen Verfahren als Strafbemessungsgrundlage die Prüfung der subjektiven Kriterien des Schuldgehaltes der Tat, somit auch die in der Person des Beschuldigten gelegenen Umstände, hinzu. Gemäß § 19 Abs 2 VStG sind im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) daher die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen. Von der Behörde I. Instanz wurde als erschwerend nichts, als mildernd die Unbescholtenheit gewertet. Auch unter Berücksichtigung der Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse der Berufungswerberin (da diesbezüglich trotz Aufforderung durch die Behörde I. Instanz nichts näheres bekannt gegeben wurde, wird angenommen, dass die Berufungswerberin über einmonatliches Einkommen von netto ? 1.100,00 verfügt, kein Vermögen und keine Sorgepflichten hat) erscheint die verhängte Strafe als schuldangemessen, wobei sich diese ohnedies im untersten Strafrahmen bewegt. Es war somit spruchgemäß zu entscheiden. Eine Präzisierung des Spruches des Straferkenntnisses erfolgte zur exakten Tatumschreibung.

Schlagworte
Geschäftsführer Gesamtvertretung halbseitige Gesamtvertretung Verantwortlichkeit Entlastungsbeweis
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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