TE UVS Salzburg 2002/11/19 3/13116/6-2002th

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Veröffentlicht am 19.11.2002
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Salzburg erlässt durch das Einzelmitglied Mag. Thomas Thaller über die Berufung der F gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Zell am See vom 20.6.2002, Zahl 30606/369-72101-2001, folgendes Erkenntnis:

Gemäß § 66 Abs 4 AVG iVm § 24 VStG wird der Berufung teilweise Folge gegeben und Spruchpunkt 2. des angefochtenen Straferkenntnisses einschließlich des diesbezüglichen Kostenausspruches aufgehoben.

Das Verwaltungsstrafverfahren zu Spruchpunkt 2. wird gemäß § 45 Abs 1 Z 3 VStG eingestellt.

Zu Spruchpunkt 1. wird die Berufung als unbegründet abgewiesen. Gemäß § 64 Abs 1 und 2 VStG hat die Beschuldigte zu Spruchpunkt 1. neben den erstinstanzlichen Verfahrenskosten (? 14,50) auch einen Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens in Höhe von ? 29,-- zu leisten.

Text

Begründung:

Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wird der Beschuldigten vorgeworfen, sie habe am 22.10.2001 um 08:48 Uhr in Lend, B 311 in Fahrtrichtung St. Johann i.Pg., von Strkm 24,1 bis 21,6 den PKW mit dem Kennzeichen W-13438 L (A) gelenkt.

 

1. Sie habe die auf Freilandstraßen zulässige Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h um 30 km/h überschritten. Die in Betracht kommende Messtoleranz sei bereits zu ihren Gunsten abgezogen worden.

2. Obwohl des die Verkehrssicherheit erfordert habe, sei sie als Lenker des Fahrzeuges nicht am rechten Fahrbahnrand gefahren.

Nähere Angaben: Sie habe die Kurve geschnitten.

 

Sie habe dadurch eine Verwaltungsübertretung zu

1.

gemäß § 20 Abs 2 Straßenverkehrsordnung und zu

2.

gemäß § 7 Abs 2 Straßenverkehrsordnung

begangen und wurde über die Beschuldigte gemäß § 99 Abs 3 lit a Straßenverkehrsordnung zu

 1. eine Geldstrafe von ? 145,-- im Uneinbringlichkeitsfalle eine Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von 48 Stunden und zu

 2. eine Geldstrafe von ? 72,-- im Uneinbringlichkeitsfalle eine Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von 34 Stunden

verhängt.

 

Gegen dieses Straferkenntnis hat die Beschuldigte fristgerecht durch ihren Rechtsvertreter eine Berufung eingebracht. Sie moniert darin Rechtswidrigkeit in Folge von Verletzung von Verfahrensvorschriften, da die Behörde die von ihr mehrmals beantragten Beweise nicht aufgenommen habe. Dafür dass sie die ihr angelasteten Verwaltungsübertretungen begangen habe, existieren, abgesehen von den Angaben der Meldungsleger keine Anhaltspunkte. Den Angaben der Meldungsleger sei Glauben geschenkt worden, obwohl diese nur auf bloßen Vermutungen  basierten. Dies sei nicht geeignet, ihr die vorgeworfenen Verwaltungsübertretungen nachzuweisen. Als inhaltliche Rechtswidrigkeit wird moniert, dass die schriftliche Ausfertigung des Straferkenntnisses keinen Genehmigungsvermerk aufweise, sodass im Einklang mit der ständigen Judikatur keine Ausfertigung im Sinne des § 18 Abs 4 AVG vorliege und der Bescheid absolut nichtig sei.

 

Am heutigen Tag fand in der Sache eine öffentliche Berufungsverhandlung statt, zu der die Beschuldigte bzw. ihr Rechtsvertreter trotz ausgewiesener Landung nicht erschienen sind.

 

In der Verhandlung wurde der meldungslegende Gendarmeriebeamte ChefInsp S, der damals das Zivilstreifenfahrzeug des Landesgendarmeriekommandos lenkte, und dessen damaliger Beifahrer, RevInsp A, als Zeugen einvernommen.

 

Der Meldungsleger gab an, dass sie damals mit dem Zivilstreifenfahrzeug auf der B 311 von Taxenbach kommend Richtung Schwarzach/St.Veith unterwegs gewesen seien. Vor ihnen sei ein deutscher PKW gefahren, welcher im Bereich von Embach, wo die B 311 bis zur Abzweigung nach Gastein zwei Fahrstreifen in der Fahrtrichtung ausweise, beschleunigt habe. Sie seien diesem Fahrzeug dann nachgefahren. Das vor ihnen fahrende Fahrzeug habe dabei die höchst zulässige Geschwindigkeit von 100 km/h wesentlich überschritten, wobei sie die Geschwindigkeit über die im Fahrzeug eingebaute geeichte Provida-Anlage abgelesen haben. Er habe im Rückspiegel wahrgenommen, wie das Fahrzeug der Beschuldigten in einem etwa gleich bleibenden Abstand direkt hinter ihnen nachgefahren sei. Er habe sich immer wieder durch Blick in den Rückspiegel vergewissert, dass dieses Fahrzeug in einem gleich bleibenden Abstand nachfahre und habe dies auch seinem am Beifahrersitz sitzenden Kollegen mitgeteilt. Das Fahrzeug der Beschuldigten sei über die gesamte Strecke immer in einem gleichen Abstand nachgefahren. Als tatsächliche Fahrgeschwindigkeit habe er beim Dienstfahrzeug eine Geschwindigkeit von 144 km/h gemessen und in der Anzeige davon 10 % zu Gunsten der Beschuldigten abgezogen. Die Anhaltung sei im Bereich der Abzweigung nach Gastein erfolgt. Die Beschuldigte selbst habe damals die ihr vorgeworfene Geschwindigkeitsüberschreitung nicht bestritten, sondern sich mit einem dringenden Termin gerechtfertigt. Während der Nachfahrt habe er auch wahrgenommen, wie sie vermehrt Kurven geschnitten habe. Die Kurven seien teilweise unübersichtlich gewesen. Die Beschuldigte  sei dabei aber nicht auf die Gegenfahrbahn gekommen und habe auch keinen sonstigen Verkehr gefährdet oder behindert. Hätte er dies wahrgenommen, hätte er es auch in der Anzeige vermerkt. Im Fahrzeug der Beschuldigten habe sich nach seiner Erinnerung nur die Beschuldigte befunden.

 

Der Zeuge A bestätigte, dass er damals von seinem Kollegen aufmerksam gemacht worden sei, dass hinter ihnen ein Fahrzeug mit gleicher Geschwindigkeit nachfahre. Er habe auch selbst während der mehrere Kilometer dauernden Nachfahrt zwei mal zurück geschaut und dabei immer auch das Fahrzeug der Beschuldigten in einem gleich bleibenden Abstand wahrgenommen. Auch er könne sich nur an eine Person im Fahrzeug der Beschuldigten erinnern.

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Salzburg stellt hiezu gemäß § 51 c VStG durch ein Einzelmitglied fest:

 

Dem Beschuldigtenvorbringen, wonach der angefochtene Bescheid keine Genehmigungsvermerke im Sinne des § 18 Abs 4 AVG aufweise und daher absolut nichtig sei, wird entgegengehalten, dass dieser Bescheid mittels automationsunterstützter Datenverarbeitung erstellt worden ist und die in § 18 Abs 4 1. Satz AVG geforderten Angaben enthält. Bei ihrer Argumentation, die sich ausschließlich auf ältere Judikatur stützt, übersieht die Beschuldigte, dass nach der geltenden Rechtslage (siehe die Verwaltungsverfahrensgesetznovellen 1990 und 1998)  bei mittels automationsunterstützter Datenverarbeitung erstellten Ausfertigungen  gemäß § 18 Abs 4 AVG die Beisetzung des Namens des Genehmigenden genügt und sie weder einer Unterschrift des Genehmigenden noch einer Beglaubigung der Kanzlei bedürfen. Das diesbezügliche Berufungsvorbringen geht somit ins Leere.

 

Im Übrigen ist zu den Vorwürfen im angefochtenen Straferkenntnis auszuführen:

 

Zu Spruchpunkt 1.:

 

Nach dem durchgeführten Ermittlungsverfahren wird als erwiesen angenommen, dass die Beschuldigte zur näher angeführten Tatzeit auf dem angegebenen Streckenabschnitt der B 311 die auf Freilandstraßen zulässige Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h um zumindest 30 km/h überschritten hat.

 

Die Ermittlung von Geschwindigkeiten durch Nachfahren mit einem Dienstfahrzeug und Ablesen des damit ausgestatteten Tachometers stellt grundsätzlich ein taugliches und zulässiges Beweismittel zur Feststellung einer von einem Fahrzeug eingehaltenen Fahrgeschwindigkeit dar. Voraussetzung ist dabei, dass das Nachfahren über eine Strecke und eine Zeitspanne erfolgt, die lange genug sind, um die Einhaltung derselben Geschwindigkeit wie des beobachteten Fahrzeuges zu prüfen und sodann das Ablesen der eigenen Geschwindigkeit ermöglichen zu können. Die Berufungsbehörde hegt auch keine Bedenken hinsichtlich einer Geschwindigkeitsermittlung durch Vorfahren mit dem Dienstfahrzeug, um die Geschwindigkeit des nachfahrenden Fahrzeuges zu ermitteln, wenn auch hier gewährleistet ist, dass dies über eine entsprechend lange Strecke und Zeitspanne erfolgt. Im vorliegenden Fall erfolgte die Vorfahrt über mehrere Kilometer und geht die Berufungsbehörde davon aus, dass der Meldungsleger - ein erfahrener Beamter des Landesgendarmeriekommandos Salzburg - Verkehrsabteilung, der tagtäglich Zivilstreifen durchführt - in der Lage ist, auch im Rückspiegel einen gleich bleibenden Abstand von nachfahrenden Fahrzeugen richtig einzuschätzen. Da im vorliegenden Fall eine Fahrtstrecke von mehreren Kilometern zur Verfügung stand, bestehen an der Ermittlung der gefahrenen Geschwindigkeit, welche mit der im Dienstfahrzeug eingebauten geeichten Provida-Anlage gemessen wurde, keine Bedenken, zumal der Beamte in der Anzeige ohnedies 10 % der gemessenen Geschwindigkeit zu Gunsten der Beschuldigten abgezogen hat. Nach der glaubwürdigen Aussage des Beamten hat die Beschuldigte anlässlich der Amtshandlung die ihr vorgeworfene Geschwindigkeit auch nicht bestritten. Die Übertretung zu Spruchpunkt 1. wird daher als erwiesen angenommen.

 

Zur Strafbemessung ist festzuhalten:

Gemäß § 19 Abs 1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Nach Abs 2 dieser Norm sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen und ist auf das Ausmaß des Verschuldens besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden und die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen. Gemäß § 99 Abs 3 lit a StVO ist für die vorliegende Übertretung ein Geldstrafrahmen bis zu ? 726,-- vorgesehen. Eine Geschwindigkeitsüberschreitung von 30 km/h auf Freilandstraßen stellt ein nicht mehr unbedeutendes Ausmaß dar und ist daher von einem nicht bloß unbeträchtlichen Unrechtsgehalt auszugehen, zumal gerade Geschwindigkeitsüberschreitungen die Hauptursache für Verkehrsunfälle darstellen.

An subjektiven Strafbemessungskriterien sind keine besonderen Erschwerungsgründe vorgekommen, mildernd ist ihre bisherige Unbescholtenheit zu werten. Zu ihren Einkommens- und Vermögensverhältnissen hat die Beschuldigte keine Angaben gemacht. Insgesamt erweist sich die mit ? 145,-- ohnedies noch im unteren Bereich des Strafrahmens verhängt Geldstrafe in Anbetracht der Höhe der Geschwindigkeitsüberschreitung selbst bei Berücksichtigung des Milderungsgrundes und Annahme von unterdurchschnittlichen Einkommensverhältnissen nach Ansicht der Berufungsbehörde nicht unangemessen. Gegen eine Strafherabsetzung sprechen vor allem spezialpräventive Erwägungen um die Beschuldigte in Hinkunft von ähnlich gelagerten Übertretungen wirksam abzuhalten. Aber auch Gedanken der Generalprävention sprechen gegen eine Strafminderung, zumal - wie bereits ausgeführt - Geschwindigkeitsüberschreitungen laut Unfallstatistik die Unfallursache Nummer eins darstellen und es daher notwendig ist, dem auch durch eine entsprechend spürbare Bestrafung entgegen zu wirken.

 

Zu Spruchpunkt 2.:

Hier wurde der Beschuldigten vorgeworfen, eine Übertretung des § 7 Abs 2 StVO dadurch begangen zu haben, dass sie als Lenkerin des Fahrzeuges nicht am rechten Fahrbahnrand gefahren sei und die Kurve geschnitten habe.

 

Gemäß § 7 Abs 2 StVO hat der Lenker eines Fahrzeuges am rechten Fahrbahnrand zu fahren, wenn es die Verkehrssicherheit erfordert, insbesondere in unübersichtlichen Kurven, vor Fahrbahnkuppen, bei ungenügender Sicht, beim Überholt werden und bei Gegenverkehr.

 

Für diesen Tatbestand ist somit das Vorliegen von Umständen erforderlich, die aus Gründen der Verkehrssicherheit ein Fahren des Fahrzeuges am rechten Fahrbahnrand gebieten. Solche  Umstände sind in § 7 Abs 2 StVO demonstrativ aufgezählt, z.B. unübersichtliche Kurven, ungenügende Sicht, Gegenverkehr etc. Um eine Strafbarkeit nach dieser Bestimmung abzuleiten, ist es zwingend erforderlich, dass diese Umstände, die ein Fahren am rechten Fahrbahnrand aus Gründen der Verkehrssicherheit erforderlich machen, Eingang in eine Verfolgungshandlung finden. Aus dem bloßen Verweis, dass der Lenker die Kurve geschnitten habe, kann noch nicht zwingend abgeleitet werden, dass ein Umstand vorliegt, der ein Fahren am rechten Fahrbahnrand aus Gründen der Verkehrssicherheit gebietet. Diesbezüglich wären zusätzlich Umstände, wie z.B. das Vorliegen einer unübersichtlichen Kurve anzuführen gewesen. Ein entsprechender Tatvorwurf im Sinne des § 7 Abs 2 StVO ist innerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist laut Aktenlage nicht erfolgt, sodass der Spruch auch nicht von der Berufungsbehörde nachträglich präzisiert werden mehr konnte. Im Übrigen liegt nach dem vorliegend ermittelten Sachverhalt nach Ansicht der Berufungsbehörde eher ein Verstoß gegen das allgemeine Rechtsfahrgebot des § 7 Abs 1 StVO (vgl. Messiner, StVO10, E 3 zu § 7), als ein Verstoß gegen das weiter gehende Gebot des Fahrens am rechten Fahrbahnrand nach § 7 Abs 2 StVO vor.

Spruchpunkt 2. war daher zu beheben und das diesbezügliche Verwaltungsstrafverfahren wegen eingetretener Verfolgungsverjährung einzustellen.

Schlagworte
§ 7 Abs 2 StVO; § 20 Abs 2 StVO; Geschwindigkeitsermittlung durch Vorfahren ist zulässig, wenn gewährleistet ist, dass dies über eine entsprechend lange Strecke und Zeitspanne erfolgt; ein erfahrener Beamter der Verkehrsabteilung eines Landesgendarmeriekommandos ist in der Lage, auch im Rückspiegel einen gleich bleibenden Abstand von nachfahrenden Fahrzeugen richtig einzuschätzen; Aus dem bloßen Tatvorwurf, dass der Lenker die Kurve geschnitten habe, kann noch nicht zwingend abgeleitet werden, dass ein Umstand vorliegt, der ein Fahren am rechten Fahrbahnrand aus Gründen der Verkehrssicherheit gebietet
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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