TE UVS Burgenland 2002/12/02 047/02/02002

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 02.12.2002
beobachten
merken
Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat Burgenland hat durch sein Mitglied Mag Grauszer über die Berufung des Herrn ***, geboren am ***, wohnhaft in ***, vertreten durch Herrn Rechtsanwalt *** in ***, vom 10 06 2002 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Eisenstadt-Umgebung (BH) vom 24 05 2002, Zl 300-5063-2001, wegen Bestrafung nach dem Sicherheitspolizeigesetz - SPG zu Recht erkannt:

 

Gemäß § 66 Abs 4 AVG in Verbindung mit § 51 Abs 1 VStG wird der Berufung Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 2 VStG eingestellt.

Text

?Sie haben insoferne ein von einem Organ der öffentlichen Aufsicht erlassenes Betretungsverbot für das Anwesen ***, missachtet, als Sie

I) am ***, gegen *** Uhr, II) am ***, gegen *** Uhr, III) am ***,

gegen ***Uhr, IV) am ***, gegen *** Uhr, V) am ***, gegen *** Uhr und

VI) am ***, gegen *** Uhr, dorthin zurückkamen.

 

Dadurch haben Sie folgende Rechtsvorschrift verletzt:

I) ? VI) § 84 Abs 1 Z 2 iVm § 38a Abs 2 Sicherheitspolizeigesetz

1991

Gemäß § 84 Abs 1 Z 2 leg cit wird hiefür eine Geldstrafe von I) ? VI) je 43,60 Euro verhängt. Falls die Geldstrafe uneinbringlich ist,

tritt an deren Stelle eine Ersatzfreiheitsstrafe von I) - VI) je 36 Stunden.

Gemäß § 64 Abs 2 des Verwaltungsstrafgesetzes haben sie als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens 10 vH der verhängten Geldstrafe, das sind I) ?VI) je 4,36 Euro zu bezahlen; somit haben Sie einen Betrag von insgesamt 287,76 Euro zu bezahlen.?

 

Aufgrund der dagegen erhobenen Berufung wurde erwogen:

 

Nach dem angezogenen § 84 Abs 1 Z 2 SPG begeht eine Verwaltungsübertretung, wer ein Betretungsverbot gemäß § 38a Abs 2 SPG missachtet. Der § 38a Abs 1 und 2 SPG lauten:

?(1)   Ist auf Grund bestimmter Tatsachen, insbesondere wegen eines vorangegangenen gefährlichen Angriffs, anzunehmen, es stehe ein gefährlicher Angriff auf Leben, Gesundheit oder Freiheit bevor, so sind die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes ermächtigt, einen

Menschen, von dem die Gefahr ausgeht, aus einer Wohnung, in der ein Gefährdeter wohnt, und deren unmittelbarer Umgebung wegzuweisen. Sie haben ihm zur Kenntnis zu bringen, auf welchen räumlichen Bereich sich

die Wegweisung bezieht; dieser Bereich ist nach Maßgabe der Erfordernisse eines wirkungsvollen vorbeugenden Schutzes zu bestimmen.

(2)   Unter den Voraussetzungen des Abs 1 sind die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes ermächtigt, einem Menschen das Betreten einen nach Abs 1 festzulegenden Bereiches zu untersagen;? die Ausübung von Zwangsgewalt zur Durchsetzung dieses ?Betretungsverbotes? ist jedoch unzulässig. Bei einem Verbot, in die eigene Wohnung zurückzukehren, ist besonders darauf Bedacht zu nehmen,

dass dieser Eingriff in das Privatleben des Betroffenen die Verhältnismäßigkeit (§ 29) wahrt. Die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes sind ermächtigt, dem Betroffenen alle in seiner Gewahrsame befindlichen Schlüssel zur Wohnung abzunehmen; sie sind verpflichtet, ihm Gelegenheit zu geben, dringend benötigte Gegenstände

des persönlichen Bedarfs mitzunehmen und sich darüber zu informieren,

welche Möglichkeiten er hat, unterzukommen. Sofern sich die Notwendigkeit ergibt, dass der Betroffene die Wohnung, deren Betreten

ihm untersagt ist, aufsucht, darf er dies nur in Gegenwart eines Organs des öffentlichen Sicherheitsdienstes tun.?

 

Nach dem zu GZ *** am *** auf einem Formblatt des Innenministeriums (offenbar vom Gendarmerieposten ***) der BH erstatteten Bericht mit der Bezeichnung ?Wegweisung/Betretungsverbot? geht hervor, dass Herr *** am *** um *** Uhr aus dem ?Einfamilienhaus ***? weggewiesen und ihm diesbezüglich (?räumlicher Schutzbereich?) das Betreten untersagt wurde. Das Betretungsverbot bezieht sich nach der klaren Angabe in diesem Bericht ausschließlich auf das (unter der Adresse ***, spezifizierte) ?Einfamilienhaus? (und nicht auch auf seine Umgebung). Dieses Betretungsverbot konnte der nunmehrige Berufungswerber iSd § 84 Abs 1 Z 2 SPG nur missachten, wenn er das ?Einfamilienhaus? betrat. Auf das Betreten des unbebauten Teils des Grundstücks, auf dem das Haus steht, kommt es wegen des beim Einschreiten nach § 38a SPG festgelegten räumlichen Schutzbereiches, der - aus welchen Gründen immer - nur das Haus nicht aber dessen unmittelbare Umgebung (Hausliegenschaft, Anwesen) erfasst, nicht an.

 

Die BH hat dem Berufungswerber vorgeworfen, er habe das ?für das Anwesen? erlassene Betretungsverbot dadurch missachtet, als er ?dorthin zurückkam?. Unter dem Begriff ?Anwesen? versteht der Verwaltungssenat zwanglos eine Liegenschaft samt Gebäude. Insoweit ist

vom Tatvorwurf das Einfamilienhaus samt Grundstück erfasst. Das Betretungsverbot erfasst allerdings nur das ?Einfamilienhaus?, weshalb

der erstinstanzliche  Schuldspruch soweit, als er auch die Liegenschaft betrifft, ?zu weit? geht und schon deshalb rechtswidrig ist.

 

Nach der verfahrensgegenständlichen Anzeige des Gendarmeriepostens ***

am Gebirge vom *** hat Herr *** das Haus zu den fraglichen Zeitpunkten

(Tatzeiten laut Straferkenntnis) nie betreten. Er habe sich immer nur

auf dem Grundstück aufgehalten und gegen Fenster und Türen geklopft, um von seiner Gattin ins Haus gelassen zu werden, was sie ihm jedoch nicht erlaubt habe. Die einschreitenden Gendarmeriebeamten hätten ihn

wenn überhaupt auch nur ?im Nahbereich? der geschützten Adresse ***, angetroffen und ihn aufgefordert, das Betreten des Grundstücks zu unterlassen. Diese Angaben bestätigte der Meldungsleger als Zeuge vor

der BH. Sowohl aus der erstinstanzlichen Zeugenaussage der Ehegattin als auch aus den Angaben des Berufungswerbers geht hervor, dass er zu

den Tatzeiten auf dem Grundstück aber nicht im darauf befindlichen Haus bzw der darin befindlichen Wohnung war. Deshalb ist zweifellos erwiesen, dass der Berufungswerber das  Einfamilienhaus nicht betreten

und insoweit auch das Betretungsverbot nicht missachtet hat. Er war deswegen vom Tatvorwurf freizusprechen.

 

Bemerkt sei, dass es für das gegenständliche Verwaltungsstrafverfahren

bedeutungslos ist, ob das verhängte Betretungsverbot dem Gesetz entspricht. Entscheidend ist insoweit nur, ob der Weggewiesene den bei

einem Einschreiten nach § 38a SPG vom Sicherheitsorgan konkret festgelegten räumlichen Bereich, dessen Betreten ihm verboten wurde, tatsächlich betreten hat. Außerhalb des insoweit tatbildlichen räumlichen Verbotsbereichs darf er sich straflos aufhalten.

Schlagworte
Betretungsverbot
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten