TE UVS Wien 2002/12/04 06/36/8396/2002

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 04.12.2002
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat Wien hat durch sein Mitglied Mag Fritz über die Berufung des Herrn Kurt S gegen das Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien, Magistratisches Bezirksamt für den 20. Bezirk, vom 9.9.2002, Zl MBA 20 - S 4709/02, betreffend Übertretungen des Wiener Tierschutz- und Tierhaltegesetzes, nach durchgeführter öffentlicher mündlicher Verhandlung entschieden:

Gemäß § 66 Abs 4 AVG wird der Berufung zu Spruchpunkt 2) Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis hinsichtlich des Abspruches über die Verwaltungsübertretung nach § 11 Abs 1 TierschutzG Wr 1987 aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren in diesem Punkt gemäß § 45 Abs 1 Z 1 VStG eingestellt.

Im Übrigen (also zu Spruchpunkt 1)) wird der ? auf die Bekämpfung der Strafhöhe eingeschränkten ? Berufung insofern Folge gegeben, als der Straf- und Kostenausspruch ad Spruchpunkt 1) des angefochtenen Straferkenntnisses (also soweit der Berufungswerber einer Übertretung nach § 11 Abs 4 Z 2 TierschutzG Wr 1987 schuldig erkannt wurde) ersatzlos behoben wird.

Gemäß § 65 VStG wird dem Berufungswerber kein Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens auferlegt.

Text

Mit Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien, Magistratisches Bezirksamt für den 20. Bezirk, vom 9.9.2002, wurde der Berufungswerber (Bw) schuldig erkannt, er habe es als Hundehalter des im gemeinsamen Haushalt in Wien, E-straße,

gehaltenen Tieres, nämlich eines ca zweijährigen Schäferrüden, zu verantworten, dass 1) dieses Tier am 15.5.2002 in der Zeit zwischen 08:00 Uhr und 22:00 Uhr durch fast ununterbrochenes Bellen und Jaulen, Menschen, die nicht im selben Haushalt leben, unzumutbar belästigt habe und 2) dem Tier keine art-, rasse- und altersgerechte Nahrung bzw Pflege, sowie keine art-, rasse- und altersgerechte Unterbringung zuteil geworden sei, da das Tier einen ungepflegten Eindruck mache, an einem Ekzem leide (teilweise kahle Stellen mit extrem eingefallenen Rippen und Flanken sichtbar) und zum Zeitpunkt der Amtshandlung um 22:00 Uhr keine gefüllte Wasserschüssel und keine geeignet gefüllte Futterschüssel für das Tier bereitgestanden sei, da lediglich auf der Anrichte eine leere, jedoch mit alten und angetrockneten Futterresten verunreinigte Futterschüssel abgestellt gewesen sei. Der Bw habe dadurch ad 1) und ad 2) § 11 Abs 1 und 4 des Wiener Tierschutz- und Tierhaltegesetzes (TierschutzG Wr 1987) verletzt. Wegen dieser Verwaltungsübertretung wurde über den Bw gemäß ?§ 28 Abs 2 Z 1 und Z 3" leg cit eine Geldstrafe von ? 105,--, falls diese uneinbringlich sei, eine Ersatzfreiheitsstrafe von 18 Stunden, verhängt. Gleichzeitig wurden die vom Bw zu ersetzenden Verfahrenskosten mit ? 10,50 bestimmt.

In seiner gegen dieses Straferkenntnis innerhalb offener Frist erhobenen Berufung brachte der Bw vor, er könne sich nicht vorstellen, wie die Beamten zu der Aussage kommen, dass sein Hund weder Essen noch Trinken bekomme. Außerdem stelle er sich die Frage, wie eine wildfremde Frau mehr über seinen Hund wissen könne als er (der Hundehalter). Auch stelle sich für ihn die Frage, wie die Beamten behaupten können, dass sie in seiner Wohnung gewesen seien, ohne einen Schlüssel gehabt zu haben. Die Wohnung sei weder aufgebrochen noch durch ein anderes Schloss ersetzt worden.

Der Unabhängige Verwaltungssenat Wien führte am 11.11.2002 eine öffentliche mündliche Verhandlung durch, in der der Bw gehört wurde. Dieser schränkte seine Berufung zu Punkt 1) auf die Bekämpfung der Strafhöhe ein. Zu Punkt 2) blieb er bei seinem Antrag auf Einstellung des Verfahrens, wobei er darauf hinwies, dass die Polizei an diesem Tag gar nicht bei ihm gewesen sei. Die anwesende Partei verzichtete auf die mündliche Verkündung des Berufungsbescheides.

Der Unabhängige Verwaltungssenat Wien hat erwogen:

Der Magistrat der Stadt Wien ist darauf hinzuweisen, dass mit Rücksicht auf den Tatzeitpunkt (15.5.2002) im vorliegenden Fall das Wiener Tierschutz- und Tierhaltegesetz in seiner Fassung gemäß LGBl Nr 13/2002 anzuwenden ist.

Wer ein Tier in seine Obhut nimmt, hat ihm gemäß § 11 Abs 1 TierschutzG Wr 1987 art-, rasse- und altersgerechte Nahrung und Pflege sowie art-, rasse- und verhaltensgerechte Unterbringung zu gewähren und bei Erkrankung oder Verletzung erforderlichenfalls ehestmögliche tierärztliche Betreuung zu verschaffen. Gemäß § 11 Abs 4 leg cit sind Tiere so zu halten oder zu verwahren, dass

1.

Menschen nicht gefährdet,

2.

Menschen, die nicht im selben Haushalt leben, nicht unzumutbar belästigt und

 3. fremde Sachen nicht beschädigt werden.

Ob Belästigungen im Sinne der Z 2 zumutbar sind, ist nach den Maßstäben eines normal empfindenden Menschen und auch aufgrund der örtlichen Verhältnisse zu beurteilen.

Gemäß § 28 Abs 3 TierschutzG Wr 1987 begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit Geldstrafe bis zu ? 14.000,-- zu bestrafen, wer

...

 6. ein Tier entgegen den im § 11 Abs 1 bis 3 normierten Grundsätzen der Tierhaltung hält,

 7. ein Tier nicht so hält oder verwahrt, dass Menschen nicht gefährdet, Menschen, die nicht im selben Haushalt leben, nicht unzumutbar belästigt und fremde Sachen nicht beschädigt werden (§ 11 Abs 4),

...

Zu Spruchpunkt 2) des angefochtenen Straferkenntnisses:

Die Erstbehörde hat dem Bw unter Spruchpunkt 2) des angefochtenen Straferkenntnisses eine Übertretung des § 11 Abs 1 iVm § 28 Abs 3 Z 6 TierschutzG Wr 1987 zur Last gelegt. Die Anführung des ?§ 28 Abs 2 Z 1 und Z 3" TierschutzG Wr 1987 als Strafnorm ist darauf zurückzuführen, dass die Erstbehörde offenbar übersehen hat, dass dieses Gesetz ? wie anfangs angeführt ? eine für den vorliegenden Fall (wegen des Tatzeitpunktes) relevante Änderung erfahren hat. Die Erstbehörde hat dem Bw unter Spruchpunkt 2) des angefochtenen Straferkenntnisses (nach der Tatumschreibung) eine Übertretung des § 11 Abs 1 TierschutzG Wr 1987 zur Last gelegt, wobei sie von einer Tatzeit von ?15.5.2002 in der Zeit von 08:00 Uhr bis 22:00 Uhr" ausgegangen ist (auch wenn sie diese Tatzeitangabe ausdrücklich überhaupt nur in Punkt 1) angeführt hat). Der Bw hat schon in seiner Berufung die Frage aufgeworfen, wie denn die Beamten behaupten könnten, in seiner Wohnung gewesen zu sein, ohne einen Schlüssel gehabt zu haben. Auch in der Verhandlung am 11.11.2002 merkte der Bw (zu Spruchpunkt 2)) an, die Polizei sei an diesem Tag gar nicht bei ihm gewesen.

Diesem Vorbringen kommt im Ergebnis Berechtigung zu. Laut der dem gegenständlichen Verfahren zugrunde liegenden Anzeige der Bundespolizeidirektion Wien vom 17.5.2002 seien am 15.5.2002 um 22:07 Uhr zwei Sicherheitswachebeamte nach Wien, E-straße bezüglich ?Hundegebell" beordert worden.

Da zu diesem Zeitpunkt in der Wohnhausanlage kein Gebell wahrnehmbar gewesen sei und die Aufforderin (Frau Elisabeth G) nicht geöffnet habe, sei von diesen nicht weiter interveniert worden.

Um 23:48 Uhr sei ein neuerlicher Einsatz an der genannten Adresse erfolgt. Von den Sicherheitswachebeamten habe erneut kein Lärm wahrgenommen werden können, jedoch habe diesmal mit der Aufforderin Rücksprache gehalten werden können. Diese habe sinngemäß angegeben, sie sei heute den ganzen Tag zu Hause gewesen und habe von 08:00 Uhr bis ca 22:00 Uhr fast ununterbrochenes Bellen und Jaulen des Hundes wahrnehmen können; das sei heute nicht das erste Mal gewesen. Der Besitzer lasse seinen Hund immer den ganzen Tag alleine und mache das arme Tier dann diesen Lärm. Es sei schon öfters diesbezüglich die Polizei da gewesen. Da die Stiegentüre versperrt gewesen sei, keine Gegensprechanlage vorhanden sei und die Hauswartin nicht habe erreicht werden können, habe erst am 17.5.2002 der Bw als Wohnungsmieter und Besitzer des Hundes ausgeforscht werden können. Der Bw habe ? zum Sachverhalt befragt ? sinngemäß angegeben, derzeit eine Umschulung zu machen und deshalb den ganzen Tag nicht zu Hause zu sein. Ein Freund von ihm komme jeden Tag gegen 09:00 Uhr und dann nochmals um 15:00 Uhr zu ihm in die Wohnung und kümmere sich um seinen Hund. Auch der Nachbar habe einen Schlüssel für die Wohnung und nehme den Hund zum Spazierengehen mit. Am 15.5.2002 sei er etwas später nach Hause gekommen, aber da sei der Hund am Abend von seinem Freund versorgt worden. Es sei schon öfters jemand vom Tierschutzhaus bei ihm gewesen, aber es sei immer alles in Ordnung gewesen. Auch habe er schon mehrmals eine Anzeige wegen des Hundegebells bekommen. Sein Hund sei bei Dr B wegen Flohbefall in Behandlung.

Bei dem Hund ? so heißt es in der Anzeige weiters ? handle es sich um einen ca zweijährigen Schäferrüden. Der Hund mache einen ungepflegten Eindruck und leide unter einem Ekzem (teilweise kahle Stellen mit extrem starker Schuppenbildung) am Rücken. Er erscheine für einen Schäfer zu dünn (stark eingefallene Flanken und Rippen sichtbar). In der Wohnung habe keine gefüllte Wasserschüssel am Boden wahrgenommen werden können. Auf der Anrichte sei eine leere, jedoch mit alten und angetrockneten Futterresten verunreinigte Futterschüssel gestanden. Die Wohnung selbst sei nur ca 35 m2 groß, verwahrlost und sehr warm und stickig. Mit dem vom Bw angegebenen Tierarzt Dr B sei telefonisch Rücksprache gehalten worden; dieser habe angegeben, laut seinen Aufzeichnungen sei das Tier das letzte Mal im September 2001 von ihm gegen ?Flöhe" behandelt worden und könne er sonst keinerlei Angaben zu dem allgemeinen Zustand des Tieres machen. Der zuständige Tierschutzinspektor sei via Tierschutzhaus über den Fall informiert worden.

Bei seiner Einvernahme als Beschuldigter am 9.7.2002 brachte der Bw ua vor, derzeit auf Umschulung zu sein; er verlasse täglich ca um 08:00 Uhr seine Wohnung und versorge vorher ausreichend seinen Hund. Er gebe diesem Futter, Wasser und gehe immer ausreichend spazieren, bevor er die Wohnung verlasse. Jeden Tag (oder zumindest die meisten Tage) komme sein Bekannter (Herr Gerhard Si) und kümmere sich einen halben Tag um seinen Hund und bleibe in seiner Wohnung. An dem besagten Tag habe er gewusst, dass er sehr spät nach Hause kommen werde, da er einem Bekannten beim Umsiedeln geholfen habe. Er habe daher zusätzlich noch einen zweiten Bekannten (Herrn Wolfgang L) ersucht, auf seinen Hund zu achten. Das Tier sei also nicht den ganzen Tag alleine gewesen. Zwei Tage später seien zwei Polizisten zu ihm in die Wohnung gekommen, wobei von diesen auch sein Hund kontrolliert worden sei. Er könne von sich aus nur sagen, dass es seinem Tier ausgezeichnet gehe. Im Anschluss an die Einvernahme des Bw wurde Herr Gerhard Si als Zeuge einvernommen. Dieser gab an, er sei täglich von Montag bis Donnerstag von 09:00 bis 15:00 Uhr in der Wohnung des Bw gewesen, wo er den Hund versorgt und verpflegt habe. Es sei ihm nicht aufgefallen, dass der Hund eine unzumutbare Belästigung für die Anrainer darstelle. Der Hund sehe gut ernährt aus, sei sehr verspielt und zeige keine wie immer in der Anzeige genannten körperlichen Schwachstellen. Im Akt befindet sich dann (AS 9) in einem Kuvert ein Foto eines Schäferhundes, doch fehlen jegliche Angaben dazu, wer dieses Foto vorgelegt hat, wann es angefertigt wurde, und ob es tatsächlich den hier in Rede stehenden Schäferhund des Bw zeigt.

Am 27.8.2002 gab Frau Elisabeth G bei ihrer Einvernahme als Zeugin bei der Erstbehörde an, sie störe das ständige Gebell sehr und hätten sich auch andere Mieter bei ihr (sie sei Mieterbeirat) beschwert. Der Hund des Bw belle jeden Tag, wenn dieser nicht zu Hause sei (und dies komme sehr häufig vor) von etwa 07:00 Uhr früh bis 03:00 oder 04:00 Uhr nachts. Sie habe bisher schon viele Male die Polizei verständigt, den Beamten sei aber nie geöffnet worden, weil der Bw nie zu Hause gewesen sei. Der Hund sei sehr dünn, deshalb habe sie schon einmal Anzeige bei einem Tierschutzverein erstattet. Sie sei selber Hundehalterin und gehe davon aus, dass das ständige Gebell des Hundes auf eine nicht artgerechte Haltung zurückzuführen sei.

Wie dem oben wiedergegebenen Anzeigeinhalt zweifelsfrei entnommen werden kann, haben die (wegen ?Hundegebells") eingeschrittenen Sicherheitswachebeamten am 15.5.2002 keinerlei (unmittelbare) Wahrnehmungen bezüglich des hier in Rede stehenden Schäferhundes gemacht, sondern hat der Bw erst am 17.5.2002 als Wohnungsmieter und Besitzer des Hundes ausgeforscht werden können. Die Feststellung, wonach zum Zeitpunkt der Amtshandlung (am 15.5.2002) um 22:00 Uhr keine gefüllte Wasserschüssel und keine geeignet gefüllte Futterschüssel für das Tier bereitgestanden sei (auf der Anrichte sei eine leere, jedoch mit alten und angetrockneten Futterresten verunreinigte Futterschüssel abgestellt gewesen), ist aktenwidrig und kann auf kein der Erstbehörde vorgelegenes Beweisergebnis gestützt werden. Die Sicherheitswachebeamten sind am 15.5.2002 (um 22:07 Uhr und dann noch einmal um 23:48 Uhr) zur Tatörtlichkeit wegen Hundegebells hingeschickt worden. Eine Nachschau in der Wohnung des Bw war den Sicherheitswachebeamten am 15.5.2002 jedoch nicht möglich (und fand erst am 17.5.2002 statt). Die Erstbehörde stützte ihren Schuldspruch (auch zu Punkt 2)) ausschließlich auf die Anzeige der Bundespolizeidirektion Wien vom 17.5.2002. Wie schon erwähnt wurde, lässt sich dieser Anzeige jedoch kein Hinweis darauf entnehmen, dass zu der von der Erstbehörde angenommenen Tatzeit (nämlich am 15.5.2002) die Wohnung des Bw von den Sicherheitswachebeamten inspiziert bzw der hier in Rede stehende Schäferhund näher angeschaut worden wäre (dass allenfalls auch ein Tierarzt beigezogen worden wäre, um ? im Hinblick auf § 11 Abs 1 TierschutzG Wr 1987 ? Angaben zum allgemeinen Zustand des Schäferhundes machen zu können, geht aus der Anzeige nicht hervor). Die in der Anzeige (auf AS 2) festgehaltenen Angaben zum Zustand des Schäferhundes beziehen sich auf Beobachtungen und Wahrnehmungen, die die beiden Sicherheitswachebeamten bei ihrer Nachschau in der Wohnung des Bw am 17.5.2002 gemacht haben (also zwei Tage nach der von der Erstbehörde angenommenen Tatzeit). Ein Vorwurf, dass er die ihm unter Punkt 2) angelastete Tat am 17.5.2002 begangen habe, ist gegen den Bw im gesamten Verwaltungsstrafverfahren nicht erhoben worden (insbesondere auch nicht innerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist), sodass dahingestellt bleiben kann, ob dem Unabhängigen Verwaltungssenat Wien (als Berufungsbehörde) eine Abänderung der Tatzeit in dieser Richtung überhaupt möglich gewesen wäre. Aufgrund der obigen Überlegungen war daher der Berufung zu Punkt 2) Folge zu geben, das angefochtene Straferkenntnis insoweit zu beheben und das Verwaltungsstrafverfahren in diesem Punkt spruchgemäß einzustellen.

Zu Spruchpunkt 1) des angefochtenen Straferkenntnisses:

Der Bw hat in der mündlichen Verhandlung am 11.11.2002 seine Berufung zu Punkt 1) auf die Bekämpfung der Strafhöhe eingeschränkt. Der Schuldspruch (zu Punkt 1)) des angefochtenen Straferkenntnisses ist daher bereits in Rechtskraft erwachsen (vgl das Erkenntnis des VwGH vom 19.6.1991, Zl 91/03/0004). Aus dem erstinstanzlichen Straferkenntnis ergibt sich, dass der Magistrat der Stadt Wien dem Bw (ausdrücklich auch aufgegliedert in Punkt 1) und Punkt 2)) zwei Übertretungen des Wiener Tierschutz- und Tierhaltegesetzes zur Last gelegt hat (nämlich eine Übertretung des § 11 Abs 4 Z 2 iVm § 28 Abs 3 Z 7 TierschutzG Wr 1987 und eine Übertretung des § 11 Abs 1 iVm § 28 Abs 3 Z 6 leg cit), wofür sie jedoch bloß eine Gesamtstrafe verhängt hat. Diese Vorgangsweise widerspricht dem Gesetz, ist doch für jede der beiden von der Erstbehörde (nach deren Tatumschreibung in Punkt 1) und 2)) als erwiesen angenommenen Übertretungen mit Geldstrafe nach dem hierfür in Frage kommenden Strafsatz (hier jeweils § 28 Abs 3 Schlusssatz TierschutzG Wr 1987) vorzugehen (siehe § 22 Abs 1 VStG; es gilt im Verwaltungsstrafverfahren das Kumulationsprinzip). Der Bemessung der (Gesamt)Strafe durch die Erstbehörde lag der Vorwurf zweier Verwaltungsübertretungen zugrunde. Zur Begründung der verhängten Strafhöhe führte die Erstbehörde aus, es sei die bisherige verwaltungsstrafrechtliche Unbescholtenheit mildernd gewertet worden; erschwerend sei kein Umstand gewesen. Auf die Vermögens-, Einkommens- und Familienverhältnisse sei bei der Strafbemessung Bedacht genommen worden. Wenn nun der Unabhängige Verwaltungssenat Wien bei dieser Fallgestaltung aufgrund der (insoweit vollen) Berufung des Bw den Schuldspruch bezüglich Punkt 2) aufhob und das Verfahren in diesem Umfang einstellte, jedoch der Schuldspruch zu Punkt 1) unverändert aufrecht blieb (infolge der Einschränkung der Berufung zu diesem Punkt auf die Bekämpfung der Strafhöhe ist Punkt 1) in Rechtskraft erwachsen), so hat die Berufungsbehörde bei der Strafbemessung für die aufrechterhaltene Verwaltungsübertretung das in § 51 Abs 6 VStG ausdrücklich normierte Verbot der reformatio in peius zu beachten. Da sich jedoch dem erstinstanzlichen Straferkenntnis nicht entnehmen lässt (auch nicht in Verbindung mit seiner Begründung), wie die verhängte Gesamtstrafe (? 105,-- bzw 18 Stunden) auf die vom Magistrat der Stadt Wien zur Last gelegten beiden Verwaltungsübertretungen aufzuteilen ist, und sich diese nicht nur unwesentlich unterscheiden (sodass eine Hälfteaufteilung der Gesamtstrafe schon aus diesem Grund fraglich ist), gibt es keinen Maßstab, an Hand dessen sich zweifelsfrei beurteilen ließe, ob der Unabhängige Verwaltungssenat Wien für die aufrechterhaltene eine Verwaltungsübertretung eine höhere Strafe (iSd § 51 Abs 6 VStG) verhängen würde oder nicht. Diese Folge einer Fehlleistung des Magistrates der Stadt Wien kann jedenfalls bei der vorliegenden Fallkonstellation von der Berufungsbehörde nicht mehr korrigiert werden; der Unabhängige Verwaltungssenat Wien hatte in diesem Fall den Strafausspruch ersatzlos aufzuheben. Die Neufestsetzung einer Strafe für die verbliebene Verwaltungsübertretung (nach § 11 Abs 4 Z 2 iVm § 28 Abs 3 Z 7 TierschutzG Wr 1987) durch den Unabhängigen Verwaltungssenat Wien würde dem Gesetz widersprechen.

Aus diesen Gründen war daher der Straf- und (erstinstanzliche) Kostenausspruch (hinsichtlich der unter Punkt 1) des angefochtenen Straferkenntnisses zur Last gelegten Tat) zu beheben.

Die Kostenentscheidung beruht auf dem § 65 VStG.

Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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