Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark hat durch das Senatsmitglied Dr. Peter Schurl über die Berufung des Herrn J H, gebgegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Judenburg vom 1.3.2002, GZ.: 15.1 7170/2000, wie folgt entschieden:
Gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (im Folgenden AVG) in Verbindung mit § 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (im Folgenden VStG) wird der Berufung Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verfahren gemäß § 45 Abs. 1 Z 1 und 3 VStG eingestellt.
Mit dem angefochtenen Straferkenntnis der belangten Behörde wurde dem Berufungswerber zur Last gelegt, er habe, wie am 13.10.2000 durch ein Organ der Baubezirksleitung J festgestellt worden sei, auf seinen Grundstücken, beide KG P, 2 Becken ausgehoben, obwohl die Gewinnung von Sand und Kies, wenn sie mit besonderen Vorrichtungen erfolgt, der wasserrechtlichen Bewilligung bedürfe, im Bereich des P- und S Schüttungen vorgenommen, den S verlegt und dadurch eine Schutz- und Regulierungsmaßnahme durchgeführt, aus dem S Wasser entnommen und den gesamten Uferbewuchs entfernt bzw. überschüttet habe, ohne für all diese Maßnahmen eine wasser- bzw. naturschutzrechtliche Bewilligung besessen zu haben. Er habe dadurch Übertretungen der §§ 31c Abs. 1, 38 Abs. 1 41 Abs. 1 und 9 Abs. 1 WRG 1959 sowie § 7 Abs. 1 lit. d Stmk. Naturschutzgesetz begangen und wurden über ihn in 4 Fällen eine Geldstrafe in Höhe von jeweils ? 300, im Uneinbringlichkeitsfall je 1 Tag Ersatzfreiheitsstrafe, in 2 Fällen eine Geldstrafe in Höhe von jeweils ? 400, im Uneinbringlichkeitsfall je 1 Tag, 12 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe, verhängt.
In seiner rechtzeitigen Berufung bestritt J H die ihm zur Last gelegten Verwaltungsübertretungen. Er habe nie eine Gewinnung von Sand und Kies, eine Schüttung im Hochwasserabflussbereich oder eine Regulierungsmaßnahme an öffentlichen Gewässern durchgeführt. Außerdem habe er keinen Uferbewuchs entfernt. Er beantragte daher die Einstellung des Verfahrens.
Die erkennende Behörde hat am 11.12.2002 einen Ortsaugenschein sowie eine öffentliche mündliche Verhandlung durchgeführt und trifft auf Grund des Ergebnisses dieser Amtshandlungen nachstehende Feststellungen: Der Berufungswerber betreibt auf dem Gst., KG P, eine Freizeitanlage einschließlich Fischteich, welche mit Bescheid des Landeshauptmannes von Steiermark vom 5.6.1994 wasserrechtlich bewilligt wurde. Zum Zwecke einer weiteren Versorgung dieser Anlage hat er im Bereich der Gst., beide KG. P, zwei Becken ausgehoben, wobei er das dabei anfallende Material teilweise wegführte, teilweise mit diesem die Restflächen planierte, um bei diesen Grundstücken, welche ursprünglich eine Mulde bildeten, das gleiche Nivellement wie das umliegende Gelände (Ufer und Straße) zu erreichen. Eine Gewinnung von Sand und Kies war weder beabsichtigt, noch wurde sie durchgeführt. Im Zuge dieser Arbeiten beabsichtigte der Berufungswerber ursprünglich, den S, ein Privatgewässer, welches die beiden angeführten Grundstücke trennt, direkt in das eine Becken einzuleiten. Auf Grund des Einschreitens der Baubezirksleitung hat er jedoch diesen Plan aufgegeben und das Gewässer im Bereich dieser Grundstücke wieder hergestellt, sodass der Bach wieder in den P mündet. Im Zuge der Aushubarbeiten wurde das dabei anfallende Material zumindest zum Teil im Bereich des Ufers des P gelagert, wobei einiges Material auch über die Böschung kollerte. Das Ufer wies, wie auch an anderen Stellen, nur einen geringen Bewuchs auf, sodass auch kein Überschütten stattfinden konnte. Der Berufungswerber hat zwar eine Erle umgeschnitten, Rodungen hat er jedoch nicht durchgeführt. Das über die Böschung gekollerte Material wurde weitgehend wieder entfernt. Der P führt flussaufwärts des Ortes P bei einem 30jährlichen Hochwasserereignis 40 m3 Wasser. Nach einem überschlägigen hydraulischen Nachweis der BBl J, welcher im örtlichen Bereich durch Abflussberechnungen bei einzelnen Querprofilen ohne Zusammenschluss mittels Spiegellinie durchgeführt wurde, ist zu erkennen, dass das HQ 30 im Bereich der beiden Grundstücke nicht im Flussbett abgeführt werden kann. Da jedoch bachaufwärts linksseitig durch das ansteigende Gelände sowie die Landesstraße ein Ausufern nicht möglich ist, muss davon ausgegangen werden, dass der Bach generell rechtsufrig über einen längeren Verlauf ausufert und breitflächig über das vorhandene landwirtschaftlich genutzte Gelände, allenfalls auch abgekoppelt vom Gewässerbett, zum Abfluss gelangen dürfte. Der S, ein nur zeitweise wasserführendes Gewässer, fließt aufwärts der Landesstraße auf einem Damm. Bei Hochwässern ufert dieser Bach weit oberhalb der angeführten Grundstücke aus und fließt breitflächig über andere Grundstücke des Berufungswerbers ab, um letztlich in den P zu entwässern. Ein 30jährliches Hochwasser kommt daher bei den genannten Grundstücken gar nicht an. Rechtliche Beurteilung: Der oben angeführte Sachverhalt wurde auf Grund des Ergebnisses der mündlichen Verhandlung, vor allem des durchgeführten Ortsaugenscheines, des schlüssigen Gutachtens des beigezogenen Amtssachverständigen und der sehr glaubwürdigen Aussagen des vernommenen Zeugen und des Berufungswerbers festgestellt. Im einzelnen ist zu den dem Berufungswerber vorgeworfenen Tatbeständen auszuführen: Tatbestand 1.: Die Herstellung von Becken als Speicherraum für Nutzwasser stellt keine Anlage zur Gewinnung von Sand und Kies im Sinne des § 31c Abs. 1 WRG, sondern vielmehr eine - eventuell - nach § 9 WRG 1959 bewilligungspflichtige Maßnahme dar. Dabei ist es unerheblich, ob beim Aushub des Beckens auch Sand und Kies anfällt und diese Materialien, auf welche Weise auch immer, weiter verwendet werden. Dem Berufungswerber wurde daher nicht nur im Bescheid, sondern im gesamten Verfahren ein unrichtiger Tatbestand vorgeworfen. Eine Auswechslung durch die erkennende Behörde ist infolge Verjährung nicht mehr möglich, wobei dahingestellt bleiben kann, ob diese Maßnahme überhaupt bewilligungspflichtig ist. Tatbestand 2.: Wie vom Amtssachverständigen schlüssig dargestellt wurde, hat der Berufungswerber im HQ- 30 Bereich des P zwar eine temporäre, aber keine dauerhafte Schüttung durchgeführt. Eine vorübergehende Schüttung stellt jedoch keine Anlage im Sinne des § 38 WRG 1959 dar. Dazu kommt, dass, wie sich die erkennende Behörde anlässlich des Ortsaugenscheines selbst überzeugen konnte, augenscheinlich die Landesstraße zumindest nahezu auf gleicher Höhe wie die Böschungsoberkante des P liegt. Nach übereinstimmender Aussage aller Zeugen und des Berufungswerbers kann sich niemand erinnern, dass die Landesstraße von Hochwässern überflutet worden wäre. Zumindest einem wasserbaulichen Laien kann daher keinesfalls zugemutet werden zu erkennen, dass sich die beiden Grundstücke in einem Hochwasserabflussbereich eines Gewässers im Sinne des § 38 Abs. 3 WRG 1959 befinden. Der Berufungswerber hat daher den ihm vorgeworfenen Tatbestand nicht begangen. Tatbestand 3.:
Wie oben in der Sachverhaltsdarstellung bereits ausgeführt, kommt ein 30jährliches Hochwasser bei den beiden Grundstücken gar nicht an, da der Bach bereits vorher ausufert. Dazu kommt, dass die Maßnahmen, die der Berufungswerber am S durchführte, nicht dem § 38 Abs. 1, sondern als Regulierungsmaßnahmen dem § 41 WRG zuzuordnen sind. Dies hat die belangte Behörde auch richtig erkannt, da sie dem Berufungswerber mit dem Tatvorwurf 4. wegen bewilligungsloser Vornahme von Regulierungsbauten bestrafte. Maßnahmen nach § 41 schließen jedoch solche nach § 38 WRG 1959 aus. Der Berufungswerber hat daher die ihm vorgeworfene Tat nicht begangen.
Tatbestand 4.:
Es ist richtig, dass der Berufungswerber am S Regulierungsbauten dadurch vorgenommen hat, dass er das Bachbett völlig neu gestaltete.
Gemäß § 41 Abs. 2 ist die Bewilligung zu derartigen Bauten bei Privatgewässern nur dann erforderlich, wenn hierdurch auf fremde Rechte oder auf die Beschaffenheit, den Lauf oder die Höhe des Wassers in öffentlichen oder fremden privaten Gewässern eine Einwirkung entstehen kann.
Wie bereits ausgeführt befinden sich die Grundstücke auf beiden Seiten des Baches im Eigentum des Berufungswerbers. Auch sonst konnte nicht festgestellt werden, dass fremde Rechte berührt würden. Auch auf Lauf, Höhe oder Beschaffenheit eines anderen Gewässers wurde durch die Regulierung nicht Einfluss genommen, denn dass der Berufungswerber beabsichtigte, das Wasser des S zur Gänze seinen Teichen zuzuführen, ist keine Maßnahme nach § 41 WRG 1959, sondern vielmehr eine solche nach § 9 WRG.
Der Tatvorwurf 4. findet daher im Gesetz ebenfalls keine Deckung, sodass der Bescheid auch hinsichtlich dieses Tatbestandes zu beheben war.
Tatbestand 5.:
Gemäß § 9 Abs. 2 WRG 1959 bedarf die Benutzung privater Tagwässer sowie die Errichtung oder Änderung der hierzu erforderlichen Anlagen dann einer Bewilligung, wenn hierdurch auf fremde Rechte oder infolge eines Zusammenhanges mit öffentlichen Gewässern oder fremden Privatgewässern auf das Gefälle, auf den Lauf oder die Beschaffenheit des Wassers oder auf die Höhe des Wasserstandes in diesen Gewässern Einfluss geübt oder eine Gefährdung der Ufer, eine Überschwemmung oder Versumpfung fremder Grundstücke herbeigeführt werden kann.
Wie oben angeführt handelt es sich beim S um ein Privatgewässer, welches nur zeitweise Wasser führt. Da nur Grundstücke des Berufungswerbers betroffen sind und auch sonst keine Rechte Dritter berührt werden, ist diesbezüglich kein Anknüpfungspunkt für eine wasserrechtliche Bewilligungspflicht gegeben. Aber auch hinsichtlich des Zusammenhanges mit dem öffentlichen Gewässer P kann keine Bewilligungspflicht für eine Entnahme gesehen werden, da eine Wasserführung des S in Trockenzeiten, in denen für den P zusätzliches Wasser vielleicht wünschenswert wäre, überhaupt nicht gegeben ist. Zu Zeiten einer Wasserführung ist jedoch das Verhältnis der einzelnen Wassermengen so unterschiedlich, dass selbst ein gänzlicher Wegfall des S keinerlei Auswirkungen auf den Lauf oder die Höhe des Wasserstandes des P einen Einfluss hat. Eine Bewilligungspflicht liegt für diese Maßnahme nicht vor, sodass das Strafverfahren auch diesbezüglich einzustellen war.
Tatbestand 6.:
Nach den glaubwürdigen Aussagen des vernommenen Zeugen und des Berufungswerbers wurde zwar ein Baum und Sträucher im Bereich des Ufers des P entfernt, doch kann bei einer solchen Maßnahme nicht von einer Rodung gesprochen werden. Unter Rodung versteht man nämlich gemäß § 17 Abs. 1 ForstG die Verwendung von Waldboden zu anderen Zwecken als für solche der Waldkultur. Dafür, dass der Berufungswerber das Ufer des P für andere Zwecke verwenden wollte, gibt es überhaupt keine Anhaltspunkte.
Der Berufungswerber hat somit auch diesen Tatbestand nicht erfüllt.
Zusammenfassend ist somit festzustellen, dass die dem Berufungswerber gemachten Tatvorwürfe entweder überhaupt keine Verwaltungsübertretungen darstellen oder, was die Tatbestände 1 und 6 betrifft, zumindest unrichtige Verfolgungshandlungen gesetzt wurden, wobei es der erkennenden Behörde auf Grund der inzwischen eingetretenen Verfolgungsverjährung verwehrt ist, einen Austausch der Tatvorwürfe vorzunehmen.
Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.