Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark hat durch das Senatsmitglied Dr. Christian Erkinger über die Berufung von Frau Dr. A B, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Judenburg vom 25.2.2002, GZ.: 15.1 5309/2001, wie folgt entschieden:
Gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (im Folgenden AVG) in Verbindung mit § 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (im Folgenden VStG) wird die Berufung abgewiesen.
Gemäß § 64 Abs 1 und 2 VStG hat der Berufungswerber als Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens einen Betrag von ? 4,36 binnen vier Wochen ab Zustellung des Bescheides bei sonstigem Zwang zu bezahlen.
Mit Straferkenntnis der belangten Behörde vom 25.2.2002, GZ.: 15.1 5309/2001 wurde der Berufungswerberin angelastet, sie habe am 2.6.2001 um 23.00 Uhr in G im Bezirk J, L 518, Strkm 2,0, Richtung Z den PKW gelenkt, obwohl sie keinen Zulassungsschein mitgeführt habe.
Wegen dieser Übertretung wurde über sie eine Geldstrafe in der Höhe von ? 21,80 (15 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe) verhängt. Gegen dieses Straferkenntnis hat die Berufungswerberin rechtzeitig Berufung erhoben und darin die ihr angelastete Übertretung insoferne bestritten, als sie anführte, dass sie tatsächlich den Zulassungsschein, den ihr Sohn zusammen mit dem Führerschein vereint in einem Führerscheintäschchen in ihrem PKW auf dem Beifahrersitz gelegt hätte, mitgeführt habe. Durch den Anprall des gegnerischen Fahrzeuges seien die Fahrzeugpapiere zusammen mit anderen Gegenständen vom Sitz geschleudert worden und habe sie auch bedingt durch ihre Verletzung diese in der herrschenden Dunkelheit nicht finden können. Es sei ihr auch versprochen worden, nach dem Alkotest zu ihrem PKW zurückkehren zu dürfen, um nach den Ausweispapieren zu suchen. Dies sei nicht geschehen. Sie sehe auch nicht ein, dass sie bestraft werde, obwohl sie schuldlos sei. Zur Verifizierung der näheren Tatumstände wurde unter Ladung der Parteien und erforderlichen Zeugen eine öffentliche mündliche Berufungsverhandlung anberaumt und konnte anlässlich dieser der für die Entscheidungsfindung wesentliche Sachverhalt wie folgt festgestellt werden: Demnach befand sich die Berufungswerberin am 2.6.2001 zunächst mit ihrem Sohn bei ihrer Mutter in J. Zuvor hatte sie Einkäufe getätigt und war ihr Fahrzeug bis auf den Fahrersitz mit diversen Gegenständen angeschlichtet. Bevor sie von ihrer Mutter wegfuhr, gab ihr Sohn ein Etui, in dem sich gewöhnlich die Fahrzeugpapiere befinden, in ihr Fahrzeug und legte es dabei unter einen darin befindlichen Polster. Nachdem die Berufungswerberin weggefahren war, kam es zu einem Verkehrsunfall an dem sie beteiligt war und in weiterer Folge zu einer Verkehrsunfallaufnahme im Zuge dessen sie zu einer Lenker- und Fahrzeugkontrolle, zur Vorweisung ihrer Fahrzeugpapiere (Führerschein und Zulassungsschein) sowie auch zu einem Alkotest aufgefordert wurde. Obwohl sie längere Zeit nach dem Fahrzeugpapieren suchte, konnte sie diese bis zum Abschluss der Amtshandlung nicht auffinden. Ein Telefonat des Zeugen GI W mit der Mutter der Berufungswerberin ergab, dass sich ihr Führerschein in der Wohnung der Mutter der Berufungswerberin befand. Der Zulassungsschein blieb, wie erwähnt, unauffindbar. Die getroffenen Feststellungen gründen sich, was das Nichtauffinden des Zulassungsscheines im Zuge der gegenständlich geführten Amtshandlung betrifft, einerseits auf die Angaben der Berufungswerberin selbst, die angab, das Führerscheintäschchen nicht finden zu können. Diese Angaben wurden auch durch die meldungslegenden Beamten des Gendarmeriepostens F bestätigt. Hinsichtlich der Aussage des Sohnes der Berufungswerberin geht die erkennende Behörde davon aus, dass dieser wohl angab, das Etui mit den Fahrzeugpapieren, welches sich zunächst in der Küche der Wohnung der Mutter der Berufungswerberin befand, anschließend in das Auto seiner Mutter unter einen Polster gelegt zu haben, dieser Aussage aber nicht zu entnehmen ist, dass er sich auch davon überzeugte, welche Dokumente sich nun in dem Täschchen befanden. Den Angaben der Berufungswerberin, wie auch der meldungslegenden Zeugen kann als übereinstimmend entnommen werden, dass der Zulassungsschein im Zuge der Amtshandlung nicht auffindbar war. Die Angaben der Berufungswerberin in deren Berufung hingegen, wonach sie tatsächlich den Zulassungsschein, der sich zusammen mit dem Führerschein in einem Führerscheintäschchen befand und von ihrem Sohn in ihrem PKW auf dem Beifahrersitz gelegt wurde, kann insoferne nicht richtig sein, als der Zeuge GI W diesbezüglich befragt angab, dass in einem Telefonat die Mutter der Berufungswerberin ihm mitteilte, dass sich ihr Führerschein noch bei ihr zu Hause in deren Wohnung befinden würde. Somit ist wohl davon auszugehen, dass sich die Berufungswerberin nicht davon überzeugte, ob sich vor Antritt der Fahrt auch tatsächlich sämtliche Fahrzeugpapiere im Führerscheintäschchen befanden. An die vorliegende Sachverhalts- und Beweissituation knüpfen sich folgende rechtliche Überlegungen: Gemäß § 66 Abs 4 AVG hat die Berufungsbehörde, sofern die Berufung nicht wegen Unzulässigkeit oder Verspätung zurückzuweisen ist, immer in der Sache selbst zu entscheiden. Sie ist berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung ihre Anschauung an die Stelle jener der Unterbehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern. Gemäß § 102 Abs 5 lit b KFG hat der Lenker auf Fahrten den Zulassungsschein für das von ihm gelenkte Kraftfahrzeug und einen mit diesem gezogenen Anhänger mitzuführen und den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes oder der Straßenaufsicht auf Verlangen zur Überprüfung auszuhändigen. Im durchgeführten Ermittlungsverfahren konnte festgestellt werden, dass, soferne der Zulassungsschein sich nach dem stattgefundenen Unfall im PKW der Berufungswerberin befand, dieser während der gesamten Amtshandlung nicht aufgefunden werden konnte, obwohl die Berufungswerberin etwa 10 Minuten danach suchte.
Bei der gegenständlichen Übertretung handelt es sich um ein Ungehorsamsdelikt gemäß § 5 Abs 1 VStG, bei dem schon das bloße Zuwiderhandeln gegen das Verbot oder die Nichtbefolgung eines Gebotes Strafe nach sich zieht, wenn der Täter nicht beweist, dass ihm die Einhaltung der Verwaltungsvorschrift ohne sein Verschulden unmöglich gewesen ist (vgl. u.a. VwGH 13.2.1985, 84/03/125). Dem gemäß hat jeder Lenker eines Fahrzeuges das Risiko, bei Anhaltung den Zulassungsschein oder den Führerschein nicht finden zu können, selbst zu verantworten. Fahrlässigkeit bei der Verwahrung des Führerscheines reicht zur Strafbarkeit des Nichtvorweisens eines Führerscheines aus. Im gegenständlichen Fall ist wohl davon auszugehen, dass sich der Zulassungsschein in einem Etui befand und vom Sohn der Berufungswerberin in das Auto, welches bis auf den Fahrersitz angeräumt war, gelegt wurde. Ihr Sohn teilte ihr dies zwar auch mit, doch hat sie sich offensichtlich nicht davon überzeugt, wo er die Fahrzeugpapier in ihrem PKW deponierte und ob sich tatsächlich sämtliche Fahrzeugpapiere im Führerscheinetui befanden. Dafür spricht auch der Umstand, dass, wie sich später anlässlich eines Telefonates zwischen GI W und der Mutter der Berufungswerberin ergab, sich der Führerschein noch in der Wohnung der Mutter der Berufungswerberin befand. Sie hat somit zu vertreten, sich nicht davon überzeugt bzw. vergewissert zu haben, wo tatsächlich ihr Sohn die Fahrzeugpapiere im Auto abgelegt hatte. An das Mitführen der Fahrzeugpapiere ist auch das Aushändigen im Sinne der zitierten kraftfahrrechtlichen Norm geknüpft, wonach demnach gewährleistet sein soll, dass die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes möglichst rasch, nach Tunlichkeit noch am Tatort, über die Personen des einer Verwaltungsübertretung verdächtigten und das dabei verwendete Fahrzeug genaue Kenntnis erlangen (vgl. VwGH 30.5.1984, 84/02/0063). Die Berufungswerberin hat somit die ihr angelastete Übertretung zumindest in fahrlässiger Weise zu verantworten. Auf die im konkreten Fall verletzten Schutzzweckinteressen ist bereits hingewiesen worden. Gemäß § 19 Abs 2 VStG sind die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen. Demnach war bei der getroffenen Entscheidung als erschwerend nichts, als mildernd die bei der Berufungswerberin vorliegende verwaltungsstrafrechtliche Unbescholtenheit zu werten. Die von der belangten Behörde erfolgte Anführung, dass keine einschlägigen Vorstrafen als strafmildernd vorlägen, ist einerseits anzuführen, dass lediglich das Vorliegen absoluter verwaltungsstrafrechtlicher Unbescholtenheit einen Milderungsgrund bilden kann, jedoch der Berufungswerberin daraus kein Nachteil insoferne erwächst, als tatsächlich bei ihr keine Verwaltungsvorstrafen aufscheinen. Die ausgesprochene Strafe, die durchaus im unteren Bereich für derartige Delikte bemessen wurde, entspricht dem Unrechtsgehalt der Übertretung, wie auch dem gesetzten Verschulden. Somit kann in der von der belangten Behörde vorgenommenen Strafbemessung insgesamt keine Rechtswidrigkeit erblickt werden. Die anlässlich der Berufungsverhandlung bekannt gegebenen persönlichen und finanziellen Verhältnisse - monatliches Nettoeinkommen im Ausmaß von ? 1.600,--, kein Vermögen, Sorgepflichten für einen Sohn - wurden bei der getroffenen Entscheidung berücksichtigt, waren jedoch nicht geeignet eine Strafherabsetzung zu bewirken, zumal dies einerseits den ausgesprochenen Schutzzweckinteressen widersprochen hätte, im Übrigen die sonst genannten Strafbemessungsgründe von primärer Relevanz erschienen. In Anbetracht sämtlicher objektiver und subjektiver Strafbemessungsgründe war somit auf Basis der zitierten gesetzlichen Bestimmungen aus den angeführten Erwägungen, wie aus dem Spruch ersichtlich, zu entscheiden. Die Kostenentscheidung stützt sich auf § 64 Abs 1 und 2 VStG, wonach als Beitrag für das Verfahren erster Instanz 10 % der verhängten Strafe und für das Berufungsverfahren weitere 20 % der verhängten Strafe zu bemessen sind.