Der Unabhängige Verwaltungssenat in Tirol entscheidet durch sein Mitglied Dr. Felizitas Schiessendoppler-Luchner über die Berufung der Frau R. K., 6654 Holzgau, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Manfred K., 4020 Linz, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Reutte vom 04.11.2002, Zl Vc-38923/1, wie folgt:
Gemäß § 66 Abs 4 AVG iVm § 35 Abs 1 Führerscheingesetz wird die Berufung als unbegründet abgewiesen.
Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der Beschuldigten gemäß § 24 Abs 1 Z 1 FSG die Lenkberechtigung für die Klasse B für einen Zeitraum von 4 Monaten, gerechnet ab Zustellung des Bescheides, entzogen. Außerdem wurde ihr das Lenken von Motorfahrrädern, vierrädrigen Leichtkraftfahrzeugen oder Invalidenkraftfahrzeugen für die Dauer des Entzuges der Lenkberechtigung verboten. Es wurde ihr das Recht aberkannt, von einer allfällig erteilten ausländischen Lenkberechtigung auf die Dauer des Entzuges der Lenkberechtigung in Österreich Gebrauch zu machen und es wurde als begleitende Maßnahme die Teilnahme an einem Lenkverhaltenstraining angeordnet. Zudem wurde die Berufungswerberin aufgefordert, ein amtsärztliches Gutachten über die gesundheitliche Eignung (samt einer verkehrspsychologischen Stellungnahme) vor Ablauf der Entzugszeit beizubringen. Des Weiteren wurde verfügt, dass nach Ablauf der angeführten Entzugsdauer, sollte bis zu diesem Zeitpunkt kein positives amtsärztliches Gutachten beigebracht worden sein, die Lenkberechtigung bis zum Nachweis der gesundheitlichen Eignung entzogen zu bleiben hat. In der Rechtsmittelbelehrung wurde ausgeführt, dass gemäß § 57 Abs 2 AVG innerhalb von 2 Wochen nach Zustellung des Bescheides bei der Bezirkshauptmannschaft Reutte schriftlich Vorstellung erhoben werden könne, der jedoch keine aufschiebende Wirkung zukomme. Diese Vorstellung wurde fristgerecht erhoben. Mit Bescheid vom 11.11.2002, Zl V-38923/2, wurde dieser Vorstellung keine Folge gegeben und einer allfälligen Berufung gegen diesen Bescheid gemäß § 64 Abs 2 AVG eine aufschiebende Wirkung aberkannt. Gegen diesen Bescheid hat die Berufungswerberin durch einen ausgewiesenen Rechtsvertreter innerhalb offener Frist Berufung erhoben und in dieser zusammengefasst im Wesentlichen ausgeführt, dass sie keine öffentliche Verkehrsfläche befahren habe, sondern lediglich ihren Pkw ein kleines Stück vom Parkplatz um die Ecke des Hauses umgeparkt habe. Der einzige Zweck des Wegfahrens habe darin bestanden, den Lebensgefährten B. L. auf
Grund des vorangegangenen Streites einen Schrecken einzujagen. Die Gendarmerie sei lediglich verständigt worden, da die Tochter der Berufungswerberin sich Sorgen gemacht hätte, dass diese tatsächlich mit dem Auto wegfahren könnte. Es würden Zweifel an der Beweiswürdigung des nicht hinreichend festgestellten Sachverhaltes vorliegen. Die Maßnahme des Entzuges der Lenkberechtigung wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit wäre nach dem FSG durchaus gerechtfertigt gewesen, hätte der Tatverdacht der Alkoholisierung und die damit verbundene Tatbestandsverwirklichung durch Befahren einer öffentlichen Straße tatsächlich hinreichend begründet sein können. Seit der Tat seien keine weiteren verkehrstechnischen Verfehlungen nach dem FSG, KFG oder der StVO begangen worden. Die zu prüfende Verkehrszuverlässigkeit sei dadurch gegeben und der Entzug der Lenkberechtigung nach so langer Dauer einer möglichen Deliktsverwirklichung nicht mehr gerechtfertigt. Der Zweck der Maßnahme bestehe einzig darin, diese auch sofort nach der Deliktsbegehung zu setzen und nicht so lange zuzuwarten, dass der der Maßnahme innewohnende Sinn absolut verfehlt sei. Durch die lange Verfahrensdauer und dadurch, dass die Berufungswerberin keine weiteren verkehrstechnischen Verfehlungen gesetzt habe, habe sie auch den dieser Maßnahme innewohnenden Sinn, die Eignung die Verkehrszuverlässigkeit wieder zu erlangen, erbracht. Es habe kein Ermittlungsverfahren stattgefunden. Es werde daher beantragt, der Berufung aufschiebende Wirkung zuzuerkennen sowie den Bescheid vom 11.11.2002, Zl V-38923/2, ersatzlos zu beheben.
Auf Grund dieser Berufung wurde eine öffentliche mündliche Verhandlung am 21. Jänner 2003 anberaumt, zu welcher die Berufungswerberin sowie die Zeugen BI. K., Sandra K., Markus M. und Bruno L. erschienen sind und einvernommen werden konnten. Außerdem wurde Einsicht genommen in die von BI. Klotz gelegten schriftlichen Unterlagen.
Der Berufung kommt aus nachstehenden Gründen keine Berechtigung zu.
§ 26 Abs 2 FSG normiert, dass die Lenkberechtigung für die Dauer von mindestens 4 Monaten zu entziehen ist, wenn beim Lenken eines Kraftfahrzeuges erstmals eine Übertretung gemäß § 99 Abs 1 StVO begangen wurde. § 99 Abs 1 StVO bestimmt, dass eine Verwaltungsübertretung begeht und mit einer Geldstrafe von Euro 1.162,00 bis Euro 5.813,00, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Arrest von 2 bis 6 Wochen, zu bestrafen ist,
a) wer ein Fahrzeug lenkt oder in Betrieb nimmt, obwohl der Alkoholgehalt seines Blutes 1,6 g/l (1,6 Promille) oder mehr oder der Alkoholgehalt seiner Atemluft 0,8 mg/l oder mehr beträgt,
b) wer sich bei Vorliegen der in § 5 bezeichneten Voraussetzungen weigert, seine Atemluft auf Alkoholgehalt untersuchen oder sich vorführen zu lassen oder sich bei Vorliegen der bezeichneten Voraussetzungen nicht der ärztlichen Untersuchung unterzieht,
c) (Verfassungsbestimmung) wer sich bei Vorliegen der in § 5 bezeichneten Voraussetzungen weigert, sich Blut abnehmen zu lassen.
Zweifellos wurde im gegenständlichen Fall der Alkotest verweigert. Dies hat die Berufungswerberin auch nicht bestritten.
Die Meldungsleger haben außerdem zu Recht eine Aufforderung zur Ablegung des Alkotestes ausgesprochen, da die dringende Vermutung bestanden hat, dass die Berufungswerberin ein Fahrzeug in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand gelenkt hat.
Die Berufungswerberin hat zwar bestritten, ihr Fahrzeug auf öffentlichem Grund gelenkt zu haben, doch konnte die Berufungsbehörde ihren und den restlichen Zeugenaussagen (ausgenommen den Angaben des BI. K.) keinen Glauben schenken, da sich diese Aussagen dermaßen von den Angaben in den Niederschriften, die seinerzeit bei den Meldungslegern beim Gendarmerieposten in Elbigenalp aufgenommen worden waren, unterschieden haben. Die Zeugen sind allesamt, ausgenommen dem Bezirksinspektor, in einem Naheverhältnis zur Berufungswerberin gestanden (Lebensgefährte, Tochter, Schwiegersohn in spe). Der Unabhängige Verwaltungssenat in Tirol ist daher zu dem Schluss gekommen, dass die Zeugen sich abgesprochen haben und die Berufungswerberin schützen wollten.
Die Berufungsbehörde folgte daher den Angaben in der Anzeige und den vor den Meldungslegern aufgenommenen Niederschriften, welche in den wesentlichen Punkten übereinstimmten und auch lebensnahe Schilderungen des gegenständlichen Vorfalls vom 15.08.2002 beinhalteten. Zweifelsfrei steht fest und ist erwiesen, dass die Beschuldigte zum erwähnten Vorfallszeitpunkt ihren Pkw in Betrieb genommen hat, diesen in alkoholisiertem Zustand zunächst Richtung Warth lenkte, um in der Folge dann nach links auf eine Gemeindestraße abzubiegen und über das Feld zum Hause zurückzukehren. Dass die Beschuldigte lediglich vom Parkplatz vor dem Hause um die Ecke und auf die Wiese gefahren ist, wo sie das Auto dann stehen gelassen haben will, wird durch die Lichtbildaufnahmen der Gendarmeriebeamten widerlegt. Auf diesen Fotos sind die Fahrspuren deutlich sichtbar, welche von den Wiesen herrühren. Es sind jedoch keine Fahrspuren auf jenem Stück Wiese sichtbar, über das die Berufungswerberin gefahren sein will. Zudem liegen der Berufungsbehörde Aussagen der Familie der Berufungswerberin im ersten Akt vor, welche die Theorie der Berufungswerberin selbst widerlegen. So hat ihre Tochter Sandra K. vor dem Gendarmerieposten Elbigenalp angegeben:
?Der Bruno sah, wie sie in Richtung Warth wegfuhr. Ich sah, wie sie von der Rückseite des Hauses über das Feld herfuhr und den Pkw neben dem Haus im Feld abstellte.?
In die gleiche Richtung geht die Aussage des Markus M., des Freundes der Tochter der Berufungswerberin, welcher wie folgt angab:
?Frau K. fuhr dann mit ihrem Pkw weg. Bruno sah, dass sie (seine Lebensgefährtin) in Richtung nach Vorarlberg fuhr. Dies war um ca 03.30 Uhr. Nach ca 5 Minuten kam Frau K. zurück, und zwar kam sie mit dem Pkw über die Wiesen und nicht auf der Straße zum Haus angefahren. ..... Ich kann wohl bestätigen, dass sie alkoholisiert war? (Niederschrift vom 15.08.2002, welche von Markus M. auch eigenhändig unterschrieben wurde).
Auch Bruno L., der Lebensgefährte der Berufungswerberin, gab an wie folgt:
?Meine Lebensgefährtin Renate K. randalierte nach vermutlich reichlichem Alkoholgenuss in meinem Hause. ..... Den einschreitenden Gendarmeriebeamten habe ich damals auch gesagt, dass Renate K. in vermutlich alkoholisiertem Zustand mit ihrem Auto von unserem Haus weggefahren war. Das Auto war vorher vor dem Haus auf dem Parkplatz an der Straße abgestellt. Ich nehme an, dass Sandra (gemeint ist wohl Renate) K. auf der Straße in Richtung Warth gefahren und dann über den Feldweg (Gemeindestraße) sowie anschließend über meinen Hausacker wieder zum Hause zurückgefahren ist.?
Umso erstaunlicher sind die Behauptungen des Bruno L., der von seinen seinerzeitig getätigten Angaben vor der Erstbehörde nichts mehr wissen wollte, sondern nun vielmehr selbst das Auto gelenkt haben will.
Sowohl der Lebensgefährte als auch die Tochter der Berufungswerberin wurden über ihre Entschlagungsrechte ausführlich informiert, haben jedoch darauf verzichtet und in der Folge die jeweiligen Zeugenaussagen getätigt, die sich eklatant von den ursprünglich gemachten Angaben in den jeweiligen Niederschriften unterschieden haben. Die Berufungsbehörde konnte diesen Zeugenaussagen daher nicht folgen, sondern war auf die primären Angaben in dem erstinstanzlichen Akt angewiesen.
Lediglich der BI. Klotz hat die Angaben vor der Berufungsbehörde im Wesentlichen in Übereinstimmung mit den Angaben in der von ihm verfassten Anzeige gemacht. Zusätzlich hat er auch einen Dienstbericht vom 15.08.2002 vorgelegt, wo wie folgt vermerkt ist:
?05.35 Uhr: K. Sandra erstattet telefonisch die Anzeige, dass ihre Mutter Renate K. in Holzgau durchdrehen würde, gegen ihren Lebensgefährten L. Bruno und sie selber tätlich sei. Sie sei mit dem Auto alkoholisiert unterwegs gewesen und verwüste jetzt die Wohnung. Zudem hat BI. Klotz vor der Berufungsbehörde ausgeführt, dass die Tochter ihn verständigt habe, dass es einen Streit zu Hause gegeben habe und dass die Mutter mit ihrem Auto betrunken in Richtung Warth weggefahren sei. Der Anruf der Tochter sei seiner Meinung nach deswegen erfolgt, weil sie in Sorge um die Mutter gehandelt habe und weil sie wollte, dass die Mutter angehalten werde, damit kein Verkehrsunfall passiere.?
Zusammengefasst ist daher festzuhalten, dass die Entziehung des Führerscheines durchaus seine Berechtigung hatte, da die Meldungsleger zu Recht vermuteten, dass die Berufungswerberin ihr Fahrzeug in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand gelenkt hatte. Die Alkoholsymptome an der Berufungswerberin waren eindeutig zu erkennen. Sie hatte einen starken Atemalkoholgeruch und ein leicht enthemmtes Benehmen. Die Anrufe der Tochter, die ebenfalls mitteilte, dass die Mutter betrunken unterwegs sei, verstärkten diesen Eindruck zudem.
Gemäß § 7 Abs 3 FSG hat als bestimmte Tatsache im Sinne des Abs 1 insbesondere zu gelten, wenn jemand:
1. ein Kraftfahrzeug gelenkt oder in Betrieb genommen und hiebei eine Übertretung gemäß § 99 Abs 1 bis 1b StVO 1960 begangen hat, auch wenn die Tat nach § 83 Sicherheitspolizeigesetz - SPG, BGBl Nr 566/1991, zu beurteilen ist.
Nach § 7 Abs 4 FSG sind für die Wertung der in Abs 3 beispielsweise angeführten Tatsachen deren Verwerflichkeit, die Gefährlichkeit der Verhältnisse, unter denen sie begangen wurden, die seither verstrichene Zeit und das Verhalten während dieser Zeit maßgebend.
Dass sich die Berufungswerberin trotz Vorliegen der in § 5 StVO bezeichneten Voraussetzungen geweigert hat, ihre Atemluft auf Alkoholgehalt zu untersuchen, ist verwerflich und ist ihr Verhalten, nämlich dass sie in einem vermutlich alkoholisierten Zustand und im Grade höchster emotionaler Erregbarkeit das Auto auf einer öffentlichen Straße gelenkt hat, doppelt gravierend.
Es ist darauf zu verweisen, dass der Verwaltungsgerichtshof in seiner ständigen Rechtsprechung davon ausgeht, dass eine Verweigerung des Alkotests die selben Konsequenzen nach sich zieht wie eine erwiesene Alkoholbeeinträchtigung. Derjenige, der den Alkotest verweigert, unterliegt bezüglich der Entziehung der Lenkberechtigung wegen Verkehrsunzuverlässigkeit den selben Bestimmungen wie derjenige, der in dem in § 99 Abs 1 lit a StVO beschriebenen Ausmaß durch Alkohol beeinträchtigt war und ein Kraftfahrzeug gelenkt hat. Somit erfolgte der Entzug der Lenkberechtigung gemäß § 26 Abs 2 FSG für die Dauer von 4 Monaten zu Recht. Die aufschiebende Wirkung der Berufung konnte nicht zugestanden werden, da diese mit Bescheid gemäß § 64 Abs 2 AVG bereits aberkannt worden war.