TE Vwgh Erkenntnis 2001/10/16 2000/09/0015

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Veröffentlicht am 16.10.2001
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
60/04 Arbeitsrecht allgemein;
62 Arbeitsmarktverwaltung;

Norm

AuslBG §28 Abs1 Z1 lita;
VStG §19;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fürnsinn und die Hofräte Dr. Händschke und Dr. Rosenmayr als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Flendrovsky, über die Beschwerde der T in W, vertreten durch Dr. Michael Prager, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Wollzeile 15, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom 16. September 1999, Zl. UVS-07/A/01/280/99, betreffend Übertretung des Ausländerbeschäftigungsgesetzes (weitere Partei: Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Straferkenntnis des Magistratischen Bezirksamtes für den 16. Wiener Gemeindebezirk vom 13. April 1999 wurde der Beschwerdeführerin zur Last gelegt, sie habe es als handelsrechtliche Geschäftsführerin und somit als zur Vertretung nach außen Berufene der W Wohnraumbeschaffungsbau- und Bauträger Gesellschaft m.b.H. mit Sitz in Wien, B-Gasse 20, zu verantworten, dass diese Gesellschaft auf der Baustelle in Wien, X-Gasse 69, zumindest am 13. Mai 1998 sechs namentlich genannte polnische Staatsangehörige und einen albanischen Staatsangehörigen mit der Durchführung von Fassadenarbeiten beschäftigt habe, obwohl für diese Ausländer weder gültige Beschäftigungsbewilligungen erteilt noch Anzeigebestätigungen oder EU-Entsendebestätigungen ausgestellt worden seien und die Ausländer auch nicht über gültige Arbeitserlaubnisse oder gültige Befreiungsscheine verfügt hätten. Sie habe dadurch die Rechtsvorschrift des § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. a i. V.m. § 3 Abs. 1 AuslBG verletzt. Für diese Verwaltungsübertretungen wurde die Beschwerdeführerin mit sieben Geldstrafen a S 50.000,-- samt Kostenersatz bestraft.

Gegen dieses Straferkenntnis erhob die Beschwerdeführerin (Straf-)Berufung mit dem Antrag, lediglich die gesetzliche Mindeststrafe zu verhängen.

Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde dieser Berufung gemäß § 66 Abs. 4 AVG teilweise Folge und reduzierte die ausgesprochenen sieben Geldstrafen auf je S 30.000,-

- (Ersatzfreiheitsstrafen von je drei Tagen) und den erstinstanzlichen Kostenersatz entsprechend.

Begründend führte die belangte Behörde aus, es hätten sich keine Anhaltspunkte für die Annahme ergeben, dass der objektive Unrechtshalt der vorliegenden Taten wesentlich hinter jenem üblicherweise mit einer derartigen Übertretung verbundenen Unrechtsgehalt zurückgeblieben oder wesentlich darüber hinausgegangen wäre. Ausgehend von den Intentionen des Gesetzgebers sei vielmehr bei der Festlegung des Strafrahmens im AuslBG jener wirtschaftliche Vorteil, der aus einer ungenehmigten Beschäftigung eines Ausländers im Verhältnis zur Konkurrenz bestehe sowie auch die Dauer des strafbaren Verhaltens von Bedeutung. Der Beschwerdeführerin sei ohnedies nur ein kurzer Beschäftigungszeitraum ("zumindest am 13.5.1998") zur Last gelegt worden.

Nach § 28 Abs. 5 AuslBG sei als besonders erschwerend bei der Strafbemessung zu berücksichtigen die unberechtigte Beschäftigung eines Ausländers zu schlechteren Lohn- und Arbeitsbedingungen als sie die jeweils anzuwendenden Normen der kollektiven Rechtsgestaltung vorsähen. Zutreffend habe das Arbeitsinspektorat in seiner Stellungnahme zur Berufung darauf hingewiesen, dass die Ausländer auf den von ihnen im Zuge der Kontrolle ausgefüllten Personenblättern einen Stundenlohn von S 50,-- angegeben hätten, im Beschwerdefall also die unterkollektivvertragliche Entlohnung bei der Strafbemessung zu berücksichtigen gewesen sei. Allerdings seien nach der geltenden Rechtslage rechtskräftige Bestrafungen, die dem Unternehmen zuzurechnen seien, nur dann als Erschwerungsgrund bei der Strafbemessung gegen den zur Vertretung nach außen Berufenen zu berücksichtigen, wenn es sich um Vorstrafen handle, die gegen denselben Beschuldigten verhängt würden. Im Beschwerdefall sei jedoch davon auszugehen, dass die Beschwerdeführerin zur Tatzeit verwaltungsstrafrechtlich unbescholten gewesen sei, welchen Milderungsgrund die Behörde erster Instanz unberücksichtigt gelassen habe. Als mildernd sei auch zu berücksichtigen gewesen, dass sie bereits im Verfahren erster Instanz ein Geständnis abgelegt habe. Das Verschulden der Beschwerdeführerin habe allerdings nicht als bloß geringfügig angesehen werden können, da weder hervorgekommen noch auf Grund der Tatumstände anzunehmen gewesen sei, dass die Einhaltung der Vorschrift eine besondere Aufmerksamkeit erfordert hätte, oder dass die Verwirklichung des Tatbestands aus besonderen Gründen nur schwer hätte vermieden werden können. Vielmehr liege darin, dass die Beschwerdeführerin sich weder über die einen Geschäftsführer an sich treffenden Pflichten noch über die Geschäfte der von ihr vertretenen GesmbH in irgendeiner Weise informiert, aber dennoch deren Geschäftsführung übernommen habe, ohne sich über die Hintergründe zu informieren, und in keiner Weise ihren Pflichten als Geschäftsführerin nachgekommen sei, sondern sich zur Gänze auf ihren Stiefvater verlassen und noch nach den ersten "Zwischenfällen" auf dessen bloße Zusage vertraut habe, ein auffallend sorgloses Verhalten, dies auch unter Bedachtnahme auf die familienrechtliche Situation. Die Strafen seien aus diesen Gründen spruchgemäß herabzusetzen gewesen, wobei die nun festgesetzten Strafen nahe an der gesetzlichen Strafuntergrenze lägen. Eine weitere Herabsetzung, insbesondere etwa auf die gesetzliche Mindeststrafe, sei jedoch nicht in Betracht gekommen. Im Hinblick auf die gerade auch in der Baubranche zu beobachtende Häufung derartiger Delikte erscheine es aus generalpräventiven Erwägungen erforderlich, Strafen in einem Ausmaß zu verhängen, die einen spürbaren Nachteil bedeuteten und solcher Art geeignet seien, die mit massiven wirtschaftlichen Vorteilen verbundene illegale Beschäftigung wirksam hintan zu halten. Soweit die Beschwerdeführerin darauf verweise, dass sie die Geschäftsführung zwischenzeitig zurückgelegt habe und somit die Mindeststrafe auch aus spezialpräventiven Gründen ausreichend wäre, sei nicht erkennbar, wodurch sie gehindert wäre, jederzeit wieder in vergleichbarer Weise eine verantwortliche Funktion zu übernehmen. Die Strafe solle daher in ihrer Höhe auch geeignet sein, sie in Hinkunft wirksam zu pflichtgemäßem und ausreichend sorgfältigen Verhalten zu veranlassen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden. Die Beschwerdeführerin erachtet sich in ihrem Recht auf angemessene Bestrafung und fehlerfreie Handhabung des § 19 VStG verletzt.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und beantragte die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde, nahm jedoch von der Erstattung einer Gegenschrift Abstand.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. a AuslBG in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 895/1995 begeht, soferne die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlungen bildet, eine Verwaltungsübertretung und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde zu bestrafen, wer entgegen dem § 3 einen Ausländer beschäftigt, für den weder eine Beschäftigungsbewilligung (§ 4) noch eine Anzeigebestätigung (§ 3 Abs. 5) erteilt oder eine Arbeitserlaubnis (§ 14a) oder ein Befreiungsschein (§ 15) ausgestellt wurde,

... bei unberechtigter Beschäftigung von höchstens drei Ausländern für jeden unberechtigt beschäftigten Ausländer mit Geldstrafen von S 10.000,-- bis zu S 60.000,--, im Falle der erstmaligen und weiteren Wiederholung von S 20.000,-- bis zu S 120.000,--, bei unberechtigter Beschäftigung von mehr als drei Ausländern für jeden unberechtigt beschäftigten Ausländer mit Geldstrafe von S 20.000,-- bis zu S 120.000,-- (Anm.: Unterstreichung durch den Verwaltungsgerichtshof), im Falle der erstmaligen und weiteren Wiederholung von S 40.000,-- bis zu S 240.000,--.

Im Beschwerdefall ist unbekämpft, dass die Strafbemessung nach dem dritten Strafsatz (S 20.000,-- bis zu S 120.000,--) zu erfolgen hatte.

Gemäß § 19 Abs. 1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

Gemäß § 19 Abs. 2 VStG sind im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

Die Strafbemessungskriterien wurden von der belangten Behörde bereits zutreffend zitiert. Der Verwaltungsgerichtshof erachtet die diesbezüglichen, im Folgenden erörterten Erwägungen der belangten Behörde nicht als rechtswidrig. Angesichts der Beschwerdeausführungen bleibt lediglich der Hinweis auf Folgendes:

Die Strafzumessung innerhalb eines gesetzlichen Strafrahmens ist eine Ermessensentscheidung, die nach den vom Gesetzgeber in § 19 VStG festgelegten Kriterien vorzunehmen ist (vgl. das Erkenntnis eines verstärkten Senates des Verwaltungsgerichtshofes vom 25. März 1980, Slg. 10077/A). Eine Rechtswidrigkeit bei der Strafbemessung liegt dann nicht vor, wenn die Behörde von dem ihr eingeräumten Ermessen im Sinne des Gesetzes Gebrauch macht. Dabei ist es Sache der Behörde, die für die Strafzumessung maßgebenden Erwägungen darzustellen, um so dem Verwaltungsgerichtshof die Möglichkeit zur Überprüfung zu eröffnen, ob vom Ermessen gesetzesgemäß Gebrauch gemacht worden ist. Dem Gesetz ist nicht zu entnehmen, dass die Behörde unter bestimmten Voraussetzungen verpflichtet wäre, nur die gesetzliche Mindeststrafe zu verhängen.

Im Beschwerdefall hat die belangte Behörde die von ihr festgesetzten Strafen zum einen damit begründet, die Beschwerdeführerin habe dem Schutzzweck des AuslBG in nicht unerheblichem Ausmaß zuwidergehandelt (§ 19 Abs. 1 VStG). Zum anderen wurde die unterkollektivvertragliche Entlohnung der ausländischen Arbeiter als erschwerend gewertet (§ 19 Abs. 2 Satz 1 VStG).

Als Milderungsgründe hat die belangte Behörde im Beschwerdefall das Geständnis und die Unbescholtenheit der Beschwerdeführerin im Tatzeitpunkt als gegeben erachtet. Letzterer Milderungsgrund lag aber tatsächlich nicht vor, da die Beschwerdeführerin bereits im Zeitpunkt der erstinstanzlichen Entscheidung einschlägig (rechtskräftig) vorbestraft war (vgl. dazu das ebenfalls die Beschwerdeführerin betreffende hg. Erkenntnis vom 21. Juni 2000, Zl. 99/09/0027). Dem Verwaltungsgerichtshof ist nicht erkennbar, dass die belangte Behörde diesbezüglich rechtswidrig vorgegangen wäre.

Es ist ferner nicht erkennbar, aus welchen Gründen es der Beschwerdeführerin nicht zumutbar gewesen wäre, die Bedeutung der Übernahme der Geschäftsführertätigkeit und der damit verbundenen Verpflichtungen, insbesondere die Sorge für die Einhaltung gesetzlicher Vorschriften, zu erkennen, muss es doch jedermann klar sein, dass die strafrechtliche Verantwortlichkeit von Gesellschaftsorganen im Geschäfts- und Wirtschaftsleben nicht durch mündliche - rechtlich unverbindliche - Zusicherungen Dritter - und seien sie auch persönlich noch so vertrauenswürdig - aufgehoben wird (vgl. dazu auch die hg. Judikatur zu § 9 VStG, abgedruckt in Walter/Thienel, Verwaltungsverfahren II2/S. 235). Von einem lediglich geringfügigen Verschulden kann daher auch nicht die Rede sein.

Umstände, die eine außerordentliche Milderung der Strafe im Sinne des § 20 VStG gerechtfertigt hätten, liegen somit nicht vor.

Es ist auch kein Fehler in der Berücksichtigung der Einkommens- und Vermögensverhältnisse (§ 19 Abs. 2 letzter Satz VStG) der Beschwerdeführerin durch die belangte Behörde festzustellen.

Wenn die belangte Behörde im Rahmen einer Gesamtwertung aller für die Strafbemessung maßgeblichen Umstände (also einschließlich der Einkommens- und Vermögensverhältnisse der Beschwerdeführerin) im Beschwerdefall zu einer Bestrafung im unteren Drittel des Strafrahmens gekommen ist, dann hat sie das Ermessen im Sinne des Gesetzes ausgeübt.

Die Beschwerde erweist sich daher als unbegründet und war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Der Kostenzuspruch gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 2 Z. 1 und 2 VwGG in Verbindung mit der Pauschalierungsverordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 16. Oktober 2001

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2001:2000090015.X00

Im RIS seit

19.02.2002
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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