TE UVS Tirol 2003/01/22 2002/K6/015-2 und 2002/K6/016-2

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Veröffentlicht am 22.01.2003
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat in Tirol entscheidet durch die Kammer 6, bestehend aus der Vorsitzenden Dr. Felizitas Schiessendoppler-Luchner sowie den weiteren Mitgliedern Dr. Alois Huber und Dr. Karl Trenkwalder, über die Berufungen des Herrn A. T., vertreten durch Rechtsanwalt Dr. S., gegen die Straferkenntnisse der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck vom 29.05.2002, Zl VA-202-2001 sowie Zl VA-328-2002, nach durchgeführter öffentlicher mündlicher Verhandlung wie folgt:

 

Gemäß § 66 Abs 4 AVG iVm § 24 VStG wird den Berufungen zur Zl uvs-2002/K6/015 und 016 jeweils insofern Folge gegeben, als die über den Beschuldigten zu Punkt 1. der jeweiligen Straferkenntnisse verhängten Primärarreststrafen von 20 Tagen auf 10 Tage herabgesetzt werden und zu Punkt 2. der jeweiligen Straferkenntnisse von 10 Tagen auf jeweils 5 Tage herabgesetzt werden.

 

Gemäß § 64 Abs 1 und 2 VStG hat der Berufungswerber einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens in der Höhe von jeweils Euro 15,00 zu den Punkten 1. und jeweils Euro 7,50 zu den Punkten 2. der jeweiligen Straferkenntnisse, somit insgesamt Euro 45,00, zu bezahlen.

Text

Mit den erstinstanzlichen Straferkenntnissen wurde dem Beschuldigten spruchgemäß nachstehender Sachverhalt zur Last gelegt:

 

Zu VA-202-2001:

?Tatzeit: 21.10.2001 um 19.55 Uhr

Tatort: Wildermieming auf der B189 bei km 4,2

Fahrzeug: Pkw, Kennzeichen ILxxx (Opel Omega)

 

1. Sie lenkten zur angeführten Zeit den genannten Pkw, wobei Sie sich vermutlich in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befanden. Sodann verweigerten Sie gegenüber einem besonders geschulten und von der Behörde hiezu ermächtigten Organ der Straßenaufsicht am 21.10.2001 um 19.55 Uhr in Wildermieming auf der B189 bei km 4,2 den Alkotest.

2. Weiters lenkten Sie dieses Fahrzeug, obwohl Sie nicht im Besitz einer Lenkberechtigung waren.?

 

Zu VA-328-2002:

?Tatzeit: 29.11.2001 um 17.00 Uhr

Tatort: auf der L236 Mötzer-Landesstraße im Ortsgebiet von Mötz in Richtung Mieming,

bei km 4,5

Fahrzeug: Pkw, Kennzeichen IL-yyyy (Opel Vectra)

 

1. Sie lenkten zur angeführten Zeit den genannten Pkw, wobei Sie sich vermutlich in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befanden. Sodann verweigerten Sie gegenüber einem besonders geschulten und von der Behörde hiezu ermächtigten Organ der Straßenaufsicht am 29.11.2001 um 20.50 Uhr in Wildermieming, Siedlung 140, den Alkotest.

2. Weiters lenkten Sie dieses Fahrzeug, obwohl Sie nicht im Besitz einer Lenkberechtigung waren.?

 

Dem Beschuldigten wurden zu den Punkten 1. der jeweiligen Straferkenntnisse Übertretungen nach § 99 Abs 1 lit b iVm § 5 Abs 2 StVO zur Last gelegt und wurde über ihn gemäß § 5 Abs 2 StVO eine Primärarreststrafe von 20 Tagen verhängt. Außerdem wurden ihm zu Punkt 2. Übertretungen nach § 1 Abs 3 iVm § 37a FSG zur Last gelegt und wurden über den Beschuldigten zu den Punkten 2. jeweils Primärarreststrafen in der Dauer von 10 Tagen auferlegt.

 

Gegen diese Straferkenntnisse hat der Beschuldigte fristgerecht

Berufungen erhoben und in diesen wie folgt ausgeführt:

 

Zu VA-202-2001:

Der Beschuldigte habe die ihm zu uvs-2002/K6/016 vorgeworfene Tat nicht begangen. Es sei Verfolgungsverjährung eingetreten, zumal das gegenständliche Straferkenntnis vom 29.05.2002 datiere und dieses Straferkenntnis die erste Verfolgungshandlung der Behörde darstelle. Zudem sei durch das gegenständliche Straferkenntnis eine Primärarreststrafe über den Beschuldigten verhängt worden, welche im Gesetz keine Deckung finde.

 

Gemäß § 11 VStG dürfe eine Freiheitsstrafe nur dann verhängt werden, wenn dies notwendig sei, um den Täter von weiteren Verwaltungsübertretungen gleicher Art abzuhalten. Aus den erläuternden Bemerkungen und dem Durchführungsrundschreiben zur Verwaltungsstrafgesetznovelle 1987 ergebe sich aber eindeutig, dass eine derartige Freiheitsstrafe (und nicht eine Ersatzfreiheitsstrafe) in der Verwaltungsvorschrift vorgesehen sein müsse, um verhängt werden zu können.

 

Die Verhängung einer Primärarreststrafe sei in der Strafbestimmung des § 99 Abs 1 StVO bei einer Übertretung nach § 5 Abs 2 StVO ausdrücklich nicht vorgesehen, weshalb ihm eine solche auch nicht verhängt werden dürfe. Selbst dann, wenn der Beschuldigte die ihm vorgeworfene Tat begangen hätte, wäre lediglich auf eine Geldstrafe und im Falle deren Uneinbringlichkeit auf eine Ersatzfreiheitsstrafe zu erkennen gewesen. Hätte man davon ausgehen sollen, dass unter Zugrundelegung des vorgeworfenen Deliktes eine Freiheitsstrafe gerechtfertigt gewesen wäre, wäre diese jedoch bei weitem überhöht. Eine derartige Strafe sei unter keinen Umständen notwendig gewesen, um den Beschuldigten von Verwaltungsübertretungen abzuhalten. Zu dem Vorwurf, dass dem Beschuldigten auch eine Übertretung im Sinn des § 1 Abs 3 iVm § 37a FSG zur Last liege, lege der Beschuldigte unter einem eine Kopie seines schweizer Führerscheines vor. Der Beschuldigte sei schweizer Staatsbürger und habe seinen Lebensmittelpunkt in der Schweiz. Er sei sohin im Besitz eines gültigen Führerscheines.

 

Zu VA-328-2002:

In der Berufung zu uvs-2002/K6/015 habe der Beschuldigte ausgeführt, dass er in einen Verkehrsunfall verwickelt worden sei, wobei ihn kein wie immer geartetes Verschulden treffe. Der Unfallgegner S. habe geradezu gemeingefährlich einen Lkw überholt und sei es nur durch die sofortige Reaktion des Beschuldigten nicht zu einem Frontalzusammenstoß mit verheerenden Folgen gekommen. Es sei lediglich zu einer Streifung gekommen, wobei aber das Fahrzeug des Beschuldigten über den Fahrbahnrand hinaus geraten sei. Der Beschuldigte sowie dessen Beifahrerin Nadine D. seien bei dem Unfall erheblich verletzt worden. Beide seien mit der Rettung zur ärztlichen Versorgung gebracht worden. Das gegenständliche Unfallereignis sei mit einem erheblichen Schock für den Beschuldigten verbunden gewesen und habe der Beschuldigte nach der ärztlichen Versorgung in einem erheblichen Ausmaß Alkohol zu sich genommen. Er habe sechs große Bier getrunken. Dies habe er gegenüber der Gendarmerie sofort angeführt. Die erhebenden Gendarmeriebeamten hätten fünf Stunden nach dem gegenständlichen Verkehrsunfall eine Alkoholprobe durchführen wollen. Nicht zuletzt im Hinblick auf die seit dem Verkehrsunfall vergangene Zeit und dem Umstand, dass der Beschuldigte in diesem Zeitraum eine erhebliche Menge Alkohol konsumiert habe, sei ein Ergebnis einer Alkoholprobe in keiner wie immer gearteten Weise verwertbar gewesen. Vor allem wegen der zwischen dem Vorfall und der Aufforderung durch die Gendarmeriebeamten vergangenen Zeit sei die Durchführung einer Alkoholprobe nicht im Gesetz gedeckt, weshalb dem Beschuldigten aus seiner Verweigerung einer Alkoholprobe auch kein Vorwurf zu machen sei. Zudem sei Verfolgungsverjährung eingetreten, zumal das gegenständliche Straferkenntnis vom 29.05.2002 datiere und dieses Straferkenntnis die erste Verfolgungshandlung der Behörde darstelle. Zudem sei im gegenständlichen Straferkenntnis eine Primärarreststrafe über den Beschuldigten verhängt worden, was im Gesetz keine Deckung finde. Es werde beantragt, das Verwaltungsstraf verfahren gegen den Beschuldigten zur Einstellung zu bringen.

 

Beweis wurde aufgenommen durch Einsichtnahme in den erstinstanzlichen Verwaltungsstrafakt sowie durch Abhaltung einer öffentlichen und mündlichen Verhandlung, zu der der Beschuldigte jedoch nicht erschienen ist.

 

Im erstinstanzlichen Akt erliegt ein Schreiben der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck, Verkehrsabteilung, vom 13.06.2002, Zl FSE-1302-2001, in welchem mitgeteilt wird, dass der Beschuldigte seit 19.07.1996 einen dauernden Entzug seiner österreichischen Lenkberechtigung hat. Außerdem wird mitgeteilt, dass Herr T. seit 29.03.2000 einen dauernden Entzug seines schweizer Führerausweises hat.

 

Die Vorlage durch den Rechtsvertreter des Beschuldigten, wonach dieser im Besitz eines gültigen schweizer Führerscheines sei, brachte kein tauglich verwertbares Beweisergebnis, da diesem Führerschein kein gültiges Datum zu entnehmen war.

 

Der Beschuldigte hat den Tatvorwurf bezüglich der Verweigerung der Durchführung des Alkotestes am 29.11.2001 nicht bestritten. Er hat jedoch ausgeführt, dass die Gendarmeriebeamten fünf Stunden nach dem gegenständlichen Verkehrsunfall eine Alkoholprobe durchführen wollten.

 

Dies entspricht jedoch nicht der Wahrheit. Der gegenständliche Verkehrsunfall war gegen 17.00 Uhr gewesen. Um 20.50 Uhr wurde der Beschuldigte dann zur Durchführung des Alkotestes aufgefordert. Hierbei handelte es sich um eine Zeitspanne von drei Stunden und fünfzig Minuten. Somit kommt seinem Vorbringen schon allein deshalb keine Berechtigung zu, da sich der Verdacht, der Berufungswerber habe ein Kraftfahrzeug in einem vermutlich alkoholisierten Zustand gelenkt, auf einen Zeitpunkt von ca drei Stunden und fünfzig Minuten vor der Aufforderung zum Alkotest bezogen hat. Gemäß der geltenden Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes kann nach den Erfahrungen der medizinischen Wissenschaft nach Verstreichen eines Zeitraumes bis zu sechs Stunden nach Beendigung des Lenkens (jedenfalls) noch ein verwertbares Ergebnis mittels Alkomatmessung erwartet werden (vergleichend ua das Erkenntnis vom 14.06.1996, Zl 96/02/0020). Bezugnehmend auf die Entscheidung vom 15.11.2001, Zl 2000/03/0348, ist auch weiters auszuführen, dass eine Rückrechnung (im bezüglichen Fall ca viereinhalb Stunden) jedenfalls dann möglich ist, wenn bekannt ist, welche Menge Alkohol nach diesem Zeitpunkt konsumiert worden ist. Somit führt dieses Argument nicht dazu, den Beschuldigten zu entlasten.

 

Zudem bestand der Verdacht, dass der Berufungswerber zum Zeitpunkt des Verkehrsunfalls seinen Pkw in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand gelenkt hat. Er hatte, als er von RI. S. wegen des Unfalles zu Hause aufgesucht wurde, eine Flasche Bier vor sich stehen, roch stark nach Alkohol, hatte gerötete Bindehaut und war sehr aggressiv. Ob der Beschuldigte beim Lenken tatsächlich relevant alkoholbeeinträchtigt gewesen ist, ist dabei nicht relevant. Somit hat der Beschuldigte die ihm diesbezüglich zur Last gelegte Verwaltungsübertretung begangen.

 

Auch bezüglich der Alkotestverweigerung am 21.10.2001 um 19.55 Uhr konnten beim Beschuldigten deutliche Symptome einer Alkoholisierung anlässlich seiner Anhaltung festgestellt werden und bestand der dringende Verdacht, dass der Beschuldigte seinen Pkw in alkoholisiertem Zustand gelenkt hatte. Die ihm zur Last gelegte Übertretung nach § 5 Abs 2 StVO iVm § 99 Abs 1 lit b StVO hat er lapidar bestritten, ohne konkrete Gegenbeweise anzubieten. Die Berufungsbehörde ist daher den Angaben in der Anzeige gefolgt.

 

Bezüglich der Verfolgungsverjährung ist auszuführen, dass eine solche nicht eingetreten ist. Richtig ist, dass die gegenständlichen Straferkenntnisse vom 29.05.2002 datieren. Jedoch ist schon eine die Verfolgungsverjährung unterbrechende Handlung, nämlich die Aufforderung zur Rechtfertigung jeweils am 02.04.2002 an den Beschuldigten ergangen.

 

Wenn der Beschuldigte nun in seiner Berufung weiters vorbringt, die Verhängung einer Primärarreststrafe finde im Gesetz keine Deckung, so muss diesbezüglich auf § 11 VStG verwiesen werden, wonach eine Freiheitsstrafe nur verhängt werden darf, wenn dies notwendig ist, um den Täter von weiteren Verwaltungsübertretungen der gleichen Art abzuhalten. Der Beschuldigte hat eine Vielzahl gleichartiger Vorstrafen, die ihn trotz Verhängung von Geldstrafen nicht dazu bringen konnten in der Folge ein ordnungsgemäßes Verhalten im Straßenverkehr an den Tag zu legen. Es sieht sich daher die Berufungsbehörde veranlasst, bei sechs Übertretungen nach § 5 StVO bzw § 99 Abs 1 StVO innerhalb der letzten fünf Jahre die von der Erstbehörde über den Beschuldigten verhängten Primärarreste grundsätzlich zu bestätigen, da dies aus Gründen der Spezialprävention absolut notwendig geworden ist. Zweifellos ist auch eine günstige Zukunftsprognose für den Beschuldigten nicht zu erstellen. Wenn der Berufungswerber der Meinung ist, dass auf Grund der Zitierung des § 99 Abs 1 StVO bei Übertretungen nach § 5 Abs 2 StVO diese Verwaltungsübertretung mit einer Geldstrafe und im Falle der Uneinbringlichkeit mit Arrest von 1 bis 6 Wochen zu bestrafen sei und daher die Verhängung eines Primärarrestes ausdrücklich nicht vorgesehen sei und daher auch nicht verhängt werden dürfe, so ist dazu Folgendes auszuführen:

 

§ 100 StVO normiert in Abs 1, dass anstelle der Geldstrafe eine Arreststrafe im Ausmaß der für die betreffende Tat angedrohten Ersatzfreiheitsstrafe verhängt werden könne, wenn eine Person einer Verwaltungsübertretung nach § 99 schuldig ist, deretwegen sie bereits einmal bestraft worden ist. Ist eine solche Person bereits zweimal bestraft worden, so können Geld- und Arreststrafen auch nebeneinander verhängt werden. .....

 

Somit steht eindeutig fest, dass auf Grund der einschlägigen Vorstrafen die Verhängung von Primärarrest durchaus gerechtfertigt gewesen ist. Allerdings ist die Berufungsbehörde der Ansicht gewesen, bei der erstmaligen Verhängung von Primärarrest mit 10 Tagen das Auslangen zu finden.

 

Dass ihm der Führerschein auf Dauer entzogen worden ist und er daher ohne Lenkberechtigung unterwegs gewesen ist, ergibt sich aus dem Führerscheinentzugsakt, der sich im erstinstanzlichen Akt befindet. Die Verweigerung des Alkotestes hat zweifelsfrei stattgefunden.

 

Die über den Beschuldigten jeweils verhängten Freiheitsstrafen von 20 bzw 10 Tagen waren verhältnismäßig hoch gegriffen, da die Freiheitsstrafen zum ersten Mal verhängt worden sind und waren daher entsprechend herabzusetzen.

 

Bezugnehmend auf den Akt uvs-2002/K6/016 ist auf die bereits gemachten Ausführungen im Berufungserkenntnis zu verweisen. Da die Berufungen zum überwiegenden Teil deckungsgleich sind (mit Ausnahme der Zeitspanne, welche verstrichen war, um den Beschuldigten zur Ablegung des Alkotestes aufzufordern zum Fall uvs-2002/K6/015), wird auf das weitere Vorbringen nicht mehr gesondert eingegangen.

 

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte
verstreichen, Zeitraumes, viereinhalb, Stunden, Rückrechnung
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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