TE UVS Tirol 2003/02/05 2003/22/009-2

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 05.02.2003
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat in Tirol entscheidet durch sein Mitglied Dr. Josef Hauser über die Berufung des Herrn M. A., Achenkirch, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. M. H. in Innsbruck gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Schwaz vom 03.01.2003, Zahl FSE-757-2002, wie folgt:

 

Gemäß § 66 Abs 4 AVG iVm § 35 Abs 1 Führerscheingesetz wird die Berufung als unbegründet abgewiesen.

 

Der Spruch des angefochtenen Bescheides wird insoferne berichtigt, als die Ziffern- und Wortfolge "§§ 7 Abs 2 und 7 Abs 4 FSG" durch "§ 7 Abs 1, Abs 3 und 4 FSG" ersetzt wird.

Text

Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Schwaz vom 03.01.2003, Zahl FSE-757-2002, wurde dem Berufungswerber die Lenkberechtigung für die Klasse B wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit im Sinne des § 7 Führerscheingesetz auf die Dauer von drei Monaten entzogen. Begründend führt die Erstbehörde aus, der Berufungswerber sei mit Urteil des Landesgerichtes Innsbruck wegen des Vergehens der schweren Körperverletzung nach § 84 Abs 1 StGB bestraft worden.

 

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Berufung, welche rechtzeitig eingebracht wurde und mit der der Berufungswerber im Wesentlichen vorbringt, die Entziehung der Lenkberechtigung in der Dauer von drei Monaten wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit sei gegenständlich jedenfalls unbegründet und unzulässig, zumindest jedoch als unangemessen lange zu betrachten. Im gegenständlichen Fall sei der Berufungswerber lediglich im Sinne des § 83 Abs 2 StGB wegen Misshandlung am Körper und dadurch fahrlässig verursachter Körperverletzung nach § 84 StGB verurteilt worden. Der Berufungswerber habe niemals die Absicht oder den Vorsatz gehabt, den Ivan M. schwer am Körper zu verletzen, sondern sei die Verletzung des M. lediglich eine unglückliche und nicht vom Vorsatz des Berufungswerbers getragene Folge daraus gewesen, dass der Berufungswerber sich im Zuge einer von den beiden Beteiligten geführten Streitauseinandersetzung auf M. kniete. Hiebei handle es sich aber nicht um eine typische schwere Körperverletzung als bestimmte Tatsache gegen Leib und Leben im Sinne des § 7 FSG, zumal der Vorsatz des Berufungswerbers nicht auf eine Körperverletzung gerichtet gewesen sei, sondern diese lediglich fahrlässig herbeigeführt worden sei. Bei richtiger Beurteilung und Wertung und könne daher nicht von einer mangelnden Verkehrszuverlässigkeit des Berufungswerbers ausgegangen werden, die den Entzug der Lenkberechtigung für die Dauer von drei Monaten rechtfertigen würde, zumal sich dieser zwischenzeitlich auch wieder wohlverhalten habe. Auch habe die Erstbehörde kein ausreichendes Ermittlungsverfahren durchgeführt bzw auch keinerlei gutachterliche ärztliche Stellungnahme eingeholt, sodass darin ein erheblicher Verfahrensmangel zu erblicken sei. Darüber hinaus sei die Tat nicht mit dem Lenken eines Kraftfahrzeuges im Zusammenhang gestanden bzw nicht während oder in Verbindung mit dem Lenken eines Kraftfahrzeuges begangen worden. Jedenfalls sei auch die Dauer der Entziehung der Lenkberechtigung mit drei Monaten völlig unangemes sen und zu lange bestimmt. Gleichzeitig wurde beantragt, der Berufung Folge zu geben, den angefochtenen Bescheid ersatzlos zu beheben, in eventu die Dauer der Entziehung der Lenkberechtigung angemessen herabzusetzen.

 

Die Berufungsbehörde hat ergänzend erhoben, dass die Strafkartei des Berufungswerbers ? abgesehen von der verfahrensgegenständlichen Verurteilung ? keine Vorstrafen ausweist und auch in der Verwaltungsstrafkartei des Berufungswerbers keine Strafvormerkungen aufscheinen.

 

Für die Berufungsbehörde steht nachfolgender entscheidungswesentlicher Sachverhalt fest:

 

Mit Urteil des Landesgerichtes Innsbruck vom 11.11.2002, Zahl 74 Hv 67/02p, wurde der Berufungswerber des Vergehens der schweren Körperverletzung nach § 84 Abs 1 StGB für schuldig erkannt, in dem er in der Nacht zum 13.07.2002 in Achenkirch den Ivan M. dadurch, dass er ihn zu Boden brachte und auf ihn kniete, am Körper misshandelt und dadurch fahrlässig am Körper verletzt hat, wobei M. einen Bruch zweier Rippen verbunden mit eine länger als 24 Tage dauernden Gesundheitsschädigung und Berufsunfähigkeit erlitt.

 

Dieses Urteil ist in Rechtskraft erwachsen.

 

In rechtlicher Hinsicht ergibt sich daraus Folgendes:

 

Nach der Bestimmung des § 24 Abs 1 Führerscheingesetz (FSG) ist Besitzern einer Lenkberechtigung, bei denen die Voraussetzungen für die Erteilung der Lenkberechtigung (§ 3 Abs 1 Z 2 bis 4) nicht mehr gegeben sind, von der Behörde entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit die Lenkberechtigung zu entziehen.

 

Gemäß § 3 Abs 1 FSG darf eine Lenkberechtigung nur Personen erteilt werden, die unter anderem verkehrszuverlässig sind (§ 7).

 

Gemäß § 7 Abs 1 FSG gilt eine Person als verkehrszuverlässig, wenn nicht aufgrund erwiesener bestimmter Tatsachen (Abs 3) und ihrer Wertung (Abs 4) angenommen werden muss, dass sie wegen ihrer Sinnesart beim Lenken vom Kraftfahrzeugen

 

1. die Verkehrssicherheit insbesondere durch rücksichtsloses Verhalten im Straßenverkehr oder durch Trunkenheit oder einen durch Suchtmittel oder durch Medikamente beeinträchtigten Zustand gefährden wird, oder

2. sich wegen der erleichterten Umstände, die beim Lenken von Kraftfahrzeugen gegeben sind, sonstiger schwerer strafbarer Handlungen schuldig machen wird.

 

Gemäß § 7 Abs 3 Z 10 FSG hat als bestimmte Tatsache im Sinne des Abs 1 insbesondere zu gelten, wenn jemand eine strafbare Handlung gegen Leib und Leben gemäß den §§ 75, 76, 84 bis 87 StGB oder wiederholt gemäß dem § 83 StGB begangen hat.

 

Nach der Bestimmung des § 7 Abs 4 FSG sind für die Wertung der in Abs 3 beispielsweise angeführten Tatsachen deren Verwerflichkeit, die Gefährlichkeit der Verhältnisse, unter denen sie begangen wurden, die seither verstrichene Zeit und das Verhalten während dieser Zeit maßgebend.

 

Gemäß § 25 Abs 3 FSG ist bei einer Entziehung wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit (§ 7) eine Entziehungsdauer von mindestens drei Monaten festzusetzen.

 

Im gegenständlichen Fall steht fest, dass der Berufungswerber wegen einer strafbaren Handlung gegen Leib und Leben gemäß § 84 Abs 1 StGB rechtskräftig verurteilt wurde. Die Erstbehörde hat daher zu Recht eine bestimmte Tatsache im Sinne des § 7 Abs 3 FSG angenommen. Bei der Wertung dieser Tatsache war zu berücksichtigen, dass der Berufungswerber bei der der gerichtlichen Verurteilung zugrunde liegenden Körperverletzung insoferne brutal vorging, als er seinen Gegner zunächst zu Boden drückte und dann auf ihn kniete. Auch wenn der Berufungswerber von seinem Gegner im Zuge des diesbezüglichen Streitgespräches provoziert wurde, wobei der Berufungswerber nach eigenen Angaben seinem Gegner ebenfalls Schimpfwörter auf Jugoslawisch zuschrie, kann von einem besonnenen und überlegten Menschen erwartet werden, dass einer Provokation in allenfalls alkoholisiertem Zustand auf andere Weise ausgewichen wird. Insoferne ist jedenfalls von einem aggressiven Verhalten des Berufungswerbers auszugehen. Auch ist das Wohlverhalten des Berufungswerbers zwischen dem 13.07.2002 und dem Beginn der Entziehungsmaßnahme zu kurz, um für ihn ins Gewicht fallen zu können, zumal bis 11.11.2002 das gerichtliche Strafverfahren anhängig war. Dabei verkennt die Berufungsbehörde nicht, dass der Berufungswerber bis zum gegenständlichen Vorfall unbescholten war.

 

Soweit der Berufungswerber vorbringt, die gegenständliche Tat stehe nicht mit dem Lenken eines Kraftfahrzeuges im Zusammenhang, ist ihm insoferne Recht zu geben, als kein unmittelbarer Zusammenhang besteht. Hingegen weist die Begehung von Delikten gegen Leib und Leben auf eine Sinnesart hin, aufgrund der anzunehmen ist, dass die betreffende Person beim Lenken von Kraftfahrzeugen die Verkehrssicherheit insbesondere durch rücksichtsloses Verhalten im Straßenverkehr gefährden wird. Gerade wegen der im Straßenverkehr häufig auftretenden Konfliktsituationen muss von Kraftfahrzeuglenkern eine gegenteilige, nämlich nicht zu Gewalttätigkeiten neigende Sinnesart, erwartet werden. Unbeherrschte Aggressivität lässt befürchten, dass die betreffende Person entweder mit betont aggressiver Fahrweise oder aggressiven Verhalten nach einem allfälligen Verkehrsunfall auf vermeintliches oder tatsächliches Fehlverhalten anderer Verkehrsteilnehmer reagiert. Es kommt daher entgegen der Ansicht des Berufungswerbers bei Gewaltdelikten gemäß § 7 Abs 3 Z 10 FSG nicht darauf an, dass sie "im Zusammenhang mit dem Lenken von Kraftfahrzeugen begangen" werden. Der vom Gesetz vorausgesetzte Zusammenhang zwischen solchen Delikten und dem Lenken von Kraftfahrzeugen besteht vielmehr in der vorhin aufgezeigten Art und Weise (vgl VwGH vom 27.05.1999, Zl 98/11/0198).

 

Soweit der Berufungswerber vorbringt, das erstinstanzliche Ermittlungsverfahren sei insoferne mangelhaft geblieben, als keine gutachterliche ärztliche Stellungnahme eingeholt worden sei, ist ihm entgegen zu halten, dass eine solche Stellungnahme im gegenständlichen Fall in keiner Weise erforderlich ist.

 

Wenn der Berufungswerber vermeint, die Entziehung der Lenkberechtigung in der Dauer von drei Monaten sei unangemessen lange, ist ihm entgegen zu halten, dass nach der Bestimmung des § 25 Abs 3 FSG bei einer Entziehung wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit die Entziehungsdauer mit mindestens drei Monaten festzusetzen ist. Nachdem der Berufungswerber, abgesehen von der dem gegenständlichen Verfahren zugrunde liegenden gerichtlichen Verurteilung, unbescholten ist, kann auch nach Ansicht der Berufungsbehörde in diesem Fall zweifellos mit der Festsetzung der Mindestentzugsdauer von drei Monaten das Auslangen gefunden werden.

 

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte
Misshandlung, am, Körper, Verkehrszuverlässigkeit
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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