TE UVS Steiermark 2003/02/27 30.14-1/2003

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Veröffentlicht am 27.02.2003
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark hat durch das Senatsmitglied Dr. Monika Gasser-Steiner über die Berufung des Herrn Ing. A S, vertreten durch Rechtsanwalt Mag. M B, G, gegen das Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Graz vom 5.12.2002, GZ.: III/S-12.876/02, wie folgt entschieden:

Der Berufung wird gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG) in Verbindung mit § 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG) Folge gegeben, das Straferkenntnis behoben und das Verfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 2 VStG eingestellt.

Text

I.) Mit dem bekämpften Straferkenntnis wurde dem Berufungswerber zur Last gelegt, er habe sich am 27.2.2002, um 22.00 Uhr, im LKH L, Chirurgische Abteilung, nach Aufforderung eines besonders geschulten und von der Behörde hiezu ermächtigten Organes der Straßenaufsicht geweigert, seine Atemluft auf Alkoholgehalt untersuchen zu lassen, obwohl vermutet werden habe können, dass er in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand am 27.2.2002, gegen 21.00 Uhr, auf der E im Gemeindegebiet von G-Ortsteil E, auf Höhe der Tankstelle H den PKW gelenkt habe.

Wegen Übertretung der Rechtsvorschriften des § 99 Abs 1 lit. b StVO iVm § 5 Abs 2 StVO wurde über den Berufungswerber eine Geldstrafe von ? 2.000,--, im Uneinbringlichkeitsfalle 25 Tage Ersatzfreiheitsstrafe, verhängt und als Beitrag zu den Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens der Betrag von ? 200,-- vorgeschrieben. Die belangte Behörde stützte ihre Entscheidung auf die Anzeige des Gendarmeriepostens T vom 7.3.2002, der Anzeige des Verkehrsunfallkommandos der Bundespolizeidirektion Leoben vom 27.2.2002 sowie auf das von ihr durchgeführte Ermittlungsverfahren. Aus der Aktenlage geht hervor, dass der Berufungswerber am 27.2.2000 gegen 21.00 Uhr mit dem von ihm gelenkten PKW von der Gemeindestraße im Gemeindegebiet von G-Ortsteil E in einer Linkskurve von der Fahrbahn abgekommen sei. Der Berufungswerber sei mit dem PKW über eine ca. 1 m hohe Böschung gestürzt. Dabei dürfte sich das Fahrzeug überschlagen haben. Als die vom Unfall verständigte Sektorstreife T (GI S und GI W) zur Unfallsstelle gekommen sei, habe sich der Berufungswerber bereits außerhalb des Fahrzeuges befunden. Er habe über starke Schmerzen im Brustbereich geklagt und sei er von einem Notarztwagen des Roten Kreuzes L in das LKH L eingeliefert und dort stationär aufgenommen worden. GI S habe die Bundespolizeidirektion Leoben um Durchführung einer Atemluftuntersuchung beim Berufungswerber im LKH L ersucht, nachdem bei ihm an der Unfallstelle Alkoholisierungssymptome (Alkoholgeruch aus dem Mund) wahrgenommen worden seien. Der Beschuldigte habe den Alkotest verweigert. Der Verantwortung des Beschuldigten, er sei auf Grund der unfallsbedingten Verletzungen und der ihm verabreichten zwei Ampullen Phentanyl bis in die Morgenstunden des 28.2.2002 keineswegs ansprechbar und daher in diesem Zeitraum weder geschäfts- noch deliktsfähig gewesen, hielt die belangte Behörde das Gutachten des polizeiärztlichen Dienstes entgegen, wonach die Zurechnungsfähigkeit des Beschuldigten weder durch die Verletzungsfolgen (ua Schüsselbeinfraktur links), noch durch die Verabreichung des Medikamentes zum Zeitpunkt der Alkotestverweigerung vermindert gewesen sei. Der Beschuldigte wäre somit in der Lage gewesen, den Test der Atemluft auf Alkoholgehalt ordnungsgemäß durchzuführen. II.) In seiner rechtzeitig erhobenen Berufung beanstandete der Berufungswerber das von der Behörde geführte Beweisverfahren. Für die Erforschung der materiellen Wahrheit wäre es unbedingt erforderlich gewesen, dem Beweisantrag auf Beiziehung eines medizinischen Sachverständigen zu entsprechen und das mit der Betreuung des Berufungswerbers befasste Personal im LKH L zu befragen. Der Berufungswerber habe bei einem Verkehrsunfall eine Schlüsselbeinfraktur erlitten. Zum Zeitpunkt der an ihn ergangenen Aufforderung zur Durchführung einer Atemluftuntersuchung sei er als Patient in einem Krankenhaus schwer verletzt aufhältig gewesen. Er sei aus medizinischen Gründen (Schlüsselbeinbruch) nicht in der Lage gewesen, eine Atemprobe abzulegen. Dies stelle einen Mangel am Tatbestand des § 5 Abs 2 StVO dar. Der Berufungswerber beantragte 1.) eine öffentliche, mündliche Verhandlung anzuberaumen, 2.) das angefochtene Straferkenntnis nach weiterer Beweisaufnahme wegen wesentlicher Verfahrensmängel und inhaltlicher Rechtswidrigkeit aufzuheben. III.) Am 27.2.2003 fand vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat für die Steiermark eine öffentliche, mündliche Verhandlung statt, in der der Berufungswerber als Partei vernommen und GI G W, GI G S (unfallserhebende Beamte), AI W L und RI E B (Beamte der Bundespolizeidirektion L) sowie Dr. A W (aufnehmende Spitalsärztin) zur Sache befragt worden sind. Dem Verfahren beigezogen wurde der gerichtlich beeidete Sachverständige für Medizin, Univ. Prof. Dr. F R. Der Berufungswerber gab im Wesentlichen gleichlautend zu seiner bisherigen Verantwortung an, er habe keine Erinnerung an den Unfallhergang und an seine Verbringung mit dem Notarztwagen ins Krankenhaus. Er könne sich auch nicht daran erinnern, dass Beamte zur Unfallsörtlichkeit gekommen wären, und dass er mit den Beamten vor Ort gesprochen hätte. Er könne sich erst an seinen Aufenthalt in der Ambulanz erinnern. Er wisse noch, dass er starke Schmerzen im Bereich der linken Schulter ausstrahlend bis ins Brustbein verspürt habe, die sich bei tiefen Atembewegungen noch intensiviert hätten. Er könne sich daran erinnern, dass Polizeibeamte im Krankenhaus gewesen seien. Ihm sei im Liegen ein Röhrl oder ein Schlauch in den Mund gesteckt worden und sei er aufgefordert worden, im Liegen in dieses hinein zu blasen. Er habe versucht, dieser Aufforderung nachzukommen, sei jedoch schmerzbedingt nicht in der Lage gewesen, ausreichend Luft zu holen, um anschließend den Alkomaten ordnungsgemäß zu beblasen. Er habe in diesem Zusammenhang auch wahrnehmbare Schmerzäußerungen getan. GI G W erinnert sich an einen kurzen Kontakt mit dem Berufungswerber an der Unfallsörtlichkeit. Er habe über Schmerzen geklagt. Vom Zeugen GI G S wird der Erstkontakt an der Unfallstelle mit dem Berufungswerber dahingehend beschrieben, dass dieser den Eindruck erweckt habe, unter Schock zu stehen. Er habe nicht viel geredet, habe lediglich über Schmerzen im Schulter- oder Brustbereich geklagt. Der Zeuge AI W L, der den Berufungswerber im Ambulanzbereich des LKH L nach Rückfrage bei der Ärztin zur Vornahme des Alkotestes aufforderte, fand den Berufungswerber im Röntgenraum auf einem Transportwagen liegend, mit geschlossenen Augen vor. Er habe den Berufungswerber ersucht, die Augen zu öffnen, was er in der Folge auch teilweise tat. Seine Hände seien unter dem Leintuch gewesen, er sei sehr verschlossen gewesen und habe nichts gesagt. Der Berufungswerber habe auf mehrfache Gesprächsversuche mit dem Ziel, ihn zur Vornahme eines Alkotests zu bewegen, vorerst überhaupt nicht reagiert und nach geraumer Zeit schließlich doch einmal in das ihm in den Mund gesteckte Mundstück geblasen, wobei jedoch kein gültiges Messergebnis zustande gekommen sei. Über den gesamten Zeitraum seiner Anwesenheit von etwa 35 Minuten habe der Berufungswerber kein einziges Wort gesagt. Der Amtshandlung hätten auch die Ärztin, ein Pfleger und glaublich noch eine Krankenschwester beigewohnt. Auf Grund des seltsamen Verhaltens des Berufungswerbers habe er bei der diensthabenden Ärztin neuerlich nachgefragt, ob beim Probanden ein Gebrechen vorliege, dass er nicht atmen könne. Sie habe ihm gegenüber wiederholt, er sei quasi gesund, es liege auch schon ein negativer Röntgenbefund vor. RI E B konnte sich so gut wie gar nicht mehr an die Situation im Krankenhaus erinnern. Er wusste nur noch zu berichten, dass von ärztlicher Seite keine medizinischen Bedenken gegen die Durchführung eines Alkotestes geäußert worden seien. Von der behandelnden Ärztin Dr. A W wurde geschildert, dass der Berufungswerber in allen Qualitäten ausreichend orientiert gewesen sei. Sie habe während der 15- minütigen Anamnese mit dem Patienten gesprochen und habe sie auf Fragen nach seinem Befinden klare Antworten erhalten. Sie sei auch während der Aufforderung zur Atemluftuntersuchung anwesend gewesen. Der Berufungswerber hätte einem Alkomattest zunächst zugestimmt, sich dann aber wieder ablehnend geäußert. In ihrem Beisein hätte allerdings überhaupt kein Blasversuch stattgefunden. Wegen der diagnostizierten retrograden Amnesie und wegen des Schlüsselbeinbruches sei eine stationäre Aufnahme des Berufungswerbers angeordnet worden. Den Verletzungsgrad habe sie wegen der Fraktur als schwer eingestuft. In den ärztlichen Unterlagen, insbesondere der Krankengeschichte der chirurgischen Abteilung des LKH L ist der gesundheitliche Zustand des Berufungswerbers wie folgt dokumentiert: Der Berufungswerber wies Hautabschürfungen und Blutunterlaufungen im Bereich der linken Schulter auf. Er klagte in diesem Bereich über starke Schmerzen und es zeigte sich eine deutliche Bewegungseinschränkung im Schultergelenk. Im Bereich des Kopfes sind an der rechten Schläfe Hautabschürfungen beschrieben. Radiologische Untersuchungen des Schädels, der Halswirbelsäule und des linksseitigen Brustkorbes ergaben das Vorliegen eines um 2 cm verschobenen Bruches des linken Schlüsselbeines. Summarisch sind folgende Diagnosen angeführt: Schlüsselbeinfraktur links, Schädelprellung mit Hautabschürfungen über der rechten Schläfe und Zerrung der Weichteile des Halses. Als Nebenbefund ist vermerkt, dass der Patient aus dem Mund deutlich nach alkoholischen Getränken roch. Die Behandlung bestand im Wesentlichen aus dem Anlegen eines Tornisterverbandes zur Fixierung und Ruhigstellung des gebrochenen Schlüsselbeins und aus stationärer Observanz, wegen der fraglichen Gehirnerschütterung. Ergänzende Untersuchungen, wie eine Ultraschalluntersuchung des Bauchraumes blieben ohne krankhaften Befund. Aus einem Schreiben des polizeiärztlichen Dienstes der Bundespolizeidirektion Graz ergibt sich die Einschätzung, dass der Berufungswerber in Anbetracht der objektivierbaren Verletzungen zum Zeitpunkt der Aufforderung zum Alkomattest hätte in der Lage sein müssen, diesen ordnungsgemäß durchzuführen. Diese Feststellung wird damit begründet, dass sich aus den ärztlichen Unterlagen kein Hinweis dafür ergebe, dass die kognitiven Funktionen des Berufungswerbers zum genannten Zeitpunkt erheblich beeinträchtigt gewesen wären. Vor dem Hintergrund der Aktenlage und der Ergebnisse der mündlichen Verhandlung erstattete der Sachverständige zu den medizinischen Implikationen des Berufungsvorbringens (fehlende Diskretions- und Dispositionsfähigkeit, verletzungsbedingte Unmöglichkeit, eine Atemluftuntersuchung durchzuführen) nachstehendes Gutachten: Der Berufungswerber A S erlitt beim geg. Verkehrsunfall am 27.2.2002 einen

Schlüsselbeinbruch links, eine Schädelprellung, eine Zerrung der Weichteile des Halses, sowie weitere unspezifische Hämatome und Hautabschürfungen (zB. über dem rechten Hüftbein). Die Verletzungen insbesondere die Schädelverletzung sind sicherlich in der Lage jene vorübergehende kognitive Beeinträchtigung zu erklären, wie sie in den ärztlichen Unterlagen als retrograde Amnesie angeführt ist.

Es ergibt sich aber in völliger Übereinstimmung der ärztlichen und pflegerischen Aufzeichnungen mit den Aussagen der erstbehandelnden Ärztin Dr. W, dass diese kognitiven Beeinträchtigungen zum Zeitpunkt der Aufforderung zur Durchführung eines Alkomattestes weitgehend abgeklungen waren, das heißt, dass sicherlich nicht von einer prinzipiellen Unzurechnungsfähigkeit zum genannten Zeitpunkt ausgegangen werden kann.

Somit kommt den verletzungsbedingt eingetretenen Schmerzzuständen und deren Auswirkungen die Entscheidung bei der Beurteilung der Möglichkeit des Berufungswerbers zum ordnungsgemäßen Beblasen des Alkomaten zu:

Tatsache ist, dass Herr S einen immerhin 2 cm verschobenen Bruch des linken Schlüsselbeins erlitt, der aus gerichtsmedizinsicher Sicht mit hoher Wahrscheinlichkeit als Gurtverletzung zu bewerten ist. Woraus sich schließen lässt, dass entsprechend den von ihm getätigten Schmerzschilderungen auch nicht offensichtlich in Erscheinung tretende prellungsbedingte Schmerzen in der näheren Umgebung des knöchernen Brustkorbs, dh. im Bereich der oberen Rippen des Schlüsselbeins und des Brustbeins glaubhaft bestanden haben können.

Das ordnungsgemäße Beblasen eines Alkomaten setzt voraus, dass man tief Luft holt, um dann einen Großteil des gewonnenen Luftvolumens möglichst kräftig, dh. anfänglich stoßartig und in weiterer Folge möglichst konstant über einen Zeitraum von zumindest 3 sec in das Mundstück und den anschließenden Schlauch des Alkomaten auszuatmen. Es ist aus medizinsicher Sicht gut nachvollziehbar, dass beim tiefen Einatmen, welches zwangsläufig mit Bewegungen des knöchernen Brustkorbs und der Schlüsselbeine verbunden ist, bei entsprechenden Verletzungen eineIntensivierung von Schmerzzuständen auftritt. Das heißt, dass man in Anbetracht der konkreten Verletzung davon ausgehen muss, dass der Berufungswerber tatsächlich kaum in der Lage war, tiefe Atembewegungen durchzuführen. Ob und in wie weit Schmerzäußerungen seinerseits missverstanden oder fehlinterpretiert wurden, kann im Nachhinein nicht beurteilt werden. Als mögliche Erklärung hiefür bietet sich die Aussage des Zeugen AI L an, der sinngemäß angab, er sei über die ihm unerklärliche Diskrepanz zw. dem Verhalten des Berufungswerbers (ruhiges Liegen, keine Kooperation) und dem angeblichen Gesundheitszustand nach Auskunft der Ärztin (Patient sei mehr oder weniger unverletzt gewesen) verärgert gewesen. Dies wäre zumindest aus einer psychodynamischen Sicht eine Erklärung dafür, dass bereits nach einem Blasversuch, der ungültig blieb, die Testreihe abgebrochen wurde.

Zusammenfassend stellt sich aus ärztlicher Sicht die Frage der Zumutbarkeit eines Beblasens des Alkomaten mit jenen Verletzungen, wie sie der Berufungswerber

aufwies. Nach Meinung des gefertigten lag eine solche um 22.35

Uhr des 27.2.2002 nicht vor.

IV.) Die rechtliche Beurteilung ergibt Folgendes:

Die Bestimmung des § 5 Abs 2 StVO 1960 in der Fassung der 19. StVO-Novelle ordnet an, dass Organe des amtsärztlichen Dienstes oder besonders geschulte und von der Behörde hiezu ermächtigte Organe der Straßenaufsicht berechtigt sind, jederzeit die Atemluft von Personen, die ein Fahrzeug lenken, in Betrieb nehmen oder zu lenken oder in Betrieb zu nehmen versuchen, auf Alkoholgehalt zu untersuchen. Sie sind außerdem berechtigt, die Atemluftuntersuchungen bei Personen vorzunehmen, die verdächtig sind, in einem vermutlich durch Alkohol beeinträchtigten Zustand ein Fahrzeug gelenkt zu haben. Eine Verweigerung bzw. Nichtmitwirkung bei der Messung der Atemluft auf Alkoholgehalt ist gemäß § 99 Abs 1 lit b StVO 1960 mit einer Geldstrafe von ? 1.162,-- bis ? 5.813,--, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Arrest von zwei bis sechs Wochen, zu bestrafen. Im vorliegenden Fall haben die Aufforderungsvoraussetzungen - und hier wird auf die unstrittige Aktenlage verwiesen - vorgelegen; eine Verweigerung der Atemluftuntersuchung ist dem Berufungswerber aber aus nachstehenden Gründen nicht vorzuhalten: Der Sachverständige hat in Übereinstimmung mit der Stellungnahme des polizeiärztlichen Dienstes vom 2.10.2002 in seinem Gutachten nachvollziehbar dargelegt, dass der Berufungswerber zum Zeitpunkt der Aufforderung zur Atemluftuntersuchung in seinen kognitiven Funktionen nicht in einem relevanten Ausmaß beeinträchtigt war. Die Bejahung der Diskretions- und Dispositionsfähigkeit sagt aber noch nichts über die körperliche Fähigkeit aus, eine Atemluftuntersuchung durchzuführen. Die Konzentration der ärztlichen Betrachtung auf die Dispositions- und Diskretionsfähigkeit sowie auf fehlende gravierende Kopfverletzungen ist zu kurz gegriffen, weil die Ablegung einer Atemluftuntersuchung - und dies hat der Sachverständige in seinem Gutachten klar und schlüssig aufgezeigt - auch einen intakten Brustkorb voraussetzt. Es kann von keinem Probanden verlangt werden, dass er unter Überwindung intensiver Schmerzen versucht, eine Atemluftuntersuchung durchzuführen. Dass ein 2 cm verschobener Bruch des linken Schlüsselbeins und Prellungen im Brustbereich beim Tief-Luft-Holen solche Schmerzen verursacht, war gerichtsmedizinisch nachvollziehbar. Das Unvermögen des Berufungswerbers ist in der Aufforderungssituation durch einen von AI W L bezeugten Blasversuch auch manifest geworden. Dieser nicht verwertbare Blasversuch wurde von AI W L offenbar wegen der sich als unrichtig herausgestellten ärztlichen Auskunft missdeutet und dem Berufungswerber als verweigerndes Verhalten ausgelegt. Aufgrund der aufgezeigten Ergebnisse des Beweisverfahrens ist festzustellen, dass der Berufungswerber wegen der in Rede stehenden Verletzung und den damit verbundenen Schmerzen nicht in der Lage gewesen ist, so viel Atemluft forciert in den Testschlauch zu blasen, die erforderlich gewesen wäre, um ein gültiges Messergebnis zu erzielen. Von einer Verweigerung der Atemluftuntersuchung kann unter diesen Umständen nicht gesprochen werden. In diesem Zusammenhang ist auf die Ermächtigung nach § 5 Abs 4 a StVO und die Verpflichtung des Probanden nach § 5 Abs 6 StVO zu verweisen, wonach in solchen Fällen eine Blutabnahme zum Zwecke der Bestimmung des Blutalkoholgehaltes vorgesehen ist. Es war daher im Ergebnis der Berufung Folge zu geben, das Straferkenntnis zu beheben und das Verwaltungsstrafverfahren unter Verweis auf § 45 Abs 1 Z 2 VStG einzustellen.

Schlagworte
Alkoholtestverweigerung Blasversuch Unzumutbarkeit Schmerzen Brustverletzungen ärztliches Sachverständigengutachten
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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