Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark hat durch das Senatsmitglied Dr. Erich Kundegraber über die Beschwerde des C R, vertreten durch Dr. C P, Rechtsanwalt in G, wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt, wie folgt entschieden:
Die Beschwerde, "dass der Beschwerdeführer durch die am 20. Juli 2002 über Veranlassung von Organen der Bundespolizeidirektion Graz vorgenommene Blutabnahme im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Achtung seines Privatlebens gemäß Art. 8 Abs 1 MRK verletzt wurde" wird als unzulässig zurückgewiesen.
I.1. In der Beschwerde vom 20. Februar 2003 wird Nachfolgendes vorgebracht:
I. Bezeichnung des angefochtenen Verwaltungsakts gem. § 67c Abs. 2 Z 1 AVG:
Das Verkehrsunfallkommando der Bundespolizeidirektion Graz veranlasste am 20.07.2002 beim, im Zustand der Bewusstlosigkeit befindlichen Beschwerdeführer in
der Thorax-Intensivabteilung des LKH Graz um 11.00 Uhr eine Blutabnahme zwecks Bestimmung der Blutalkoholkonzentration durch das Institut für gerichtliche Medizin der Universität Graz.
Beweis: beizuschaffender Akt des Landesgerichtes für Strafsachen Graz zu GZ 16 Ur 226/02s;Verkehrsunfallanzeige des Gendarmerieposten Bad Waltersdorf vom 7.8.2002 zu GZ C 1/1152/02 (Beilage ./1); Einvernahme des Beschwerdeführers.
II.
Zurechnung des angefochtenen Verwaltungsaktes gem. § 67c Abs. 2 Z 2 AVG:
Wie bereits oben ausgeführt, wurde der angefochtene Verwaltungsakt von Beamten des Verkehrsunfallkommando der Bundespolizeidirektion Graz gesetzt. Diese Organe sind der Bundespolizeidirektion Graz als belangter Behörde zuzurechnen.
Beweis: wie bisher; weitere Beweise ausdrücklich
vorbehalten.
III. Sachverhaltsdarstellung gem. § 67c Abs. 2 Z3:
Am 20.07.2002 lenkte gegen 4.20 Uhr Herr C S das Sattelzugfahrzeug mit dem Kennzeichen HB und dem Sattelaufleger HB auf der Landesstraße Nr. 401 im Gemeindegebiet von Sebersdorf im Bezirk Hartberg, in nördliche Richtung.
Auf Höhe des StrKm 11.450 wollte S mit dem von ihm gelenkten LKW nach rechts in eine Firmenzufahrt einbiegen, wobei im Zuge dieses Einbiegevorgangs das Heck des Sattelauflegers über die Fahrbahnmitte ausgeschert sein dürfte.
Zur gleichen Zeit kam aus der Gegenrichtung der vom Beschwerdeführer gelenkte PKW mit dem amtlichen Kennzeichen HB. Der vom Beschwerdeführer gelenkte PKW kollidierte in weiterer Folge mit dem von C S gelenkten Sattelaufleger, wobei die hintere Stoßstange des Sattelauflegers die Lenksseite des PKW aufriss.
Der vom Beschwerdeführer gelenkte PKW kam in weiterer Folge von der Fahrbahn ab, fuhr über eine steile Böschung in ein Maisfeld und kam nach einer Strecke von ca. 150 m zum Stillstand. Durch den gegenständlichen Verkehrsunfall erlitt der Beschwerdeführer
ein Schädelhirntrauma, eine Contusionsblutung frontotemporal links, ein Subduralhämatom rechts, eine posttraumatische Subarachnoidalblutung, Gesichtsschädelfrakturen, eine Frakt. basis cranii, Amaurosis links, ein Hirnödem, ein Hyposphagma links, eine Lungenblutung im rechten Oberlappen, eine Pneumothorax beidseits, einen Mediainfarkt links bei der Arteria carotis interna dissecans, ein organisches Psychosyndrom, eine traumatische Opticusschädigung sowie mehrfach Schnittwunden im Gesichtsbereich links.
Der Beschwerdeführer wurde nach dem Unfall mit den Notarztwagen in Intubationsnarkose ins LKH Hartberg transportiert. Dort wurde beidseits eine Thoraxsaugdrainage gelegt und der Beschwerdeführer in weiterer Folge in die Thoraxchirurgie geflogen.
In Graz wurde sodann eine Lobektomie im rechten Oberlappen durchgeführt sowie eine Ventrikeldrainage und eine Parenchymsonde gelegt. Nach der Einlieferung im Landeskrankenhaus Graz wurde beim Beschwerdeführer im Zustand der Bewusstlosigkeit am 20.7.2002 um 11.00 Uhr von den Beamten des Verkehrunfallkommando der Bundespolizeidirektion Graz eine Blutabnahme zur Bestimmung des Blutalkoholgehaltes
veranlasst.
Beweis: wie bisher; Frau OA Dr. N. M, p.A.
Landeskrankenhaus - Universitätsklinikum Graz, Auenbruggerplatz 1, 8036 Graz, als Zeugin; beizuziehender med. SV; weitere Beweise vorbehalten;
IV. Zur Rechtswidrigkeit des angefochtenen Verwaltungsaktes gem. § 67c Abs. 2 Z 4:
Nach ständiger Lehre und Rechtssprechung zur Problematik der Blutabnahme bei bewusstlosen Personen zwecks Bestimmung des Alkoholgehaltes ist weder in dem,
als Ausnahmebestimmung zu Artikel 90 Abs. 2 B-VG zu sehenden § 5 Abs. 6 StVO noch in einer anderen Bestimmung der österreichischen Rechtsordnung eine Ermächtigung zur zwangsweisen behördlichen Blutabnahme gegen den Willen des Betroffenen bzw. bei einer bewusstlosen Personen zu sehen. Die Blutabnahme bei einer bewusstlosen Person zum Zwecke der Bestimmung des Alkoholgehaltes stellt eine Verletzung des Rechtes auf Achtung des Privatlebens gem. Artikel 8 Abs.1 und 2 MRK dar.
Der Beschwerdeführer ist daher durch die am 20.07.2002 über Veranlassung von Organen der Bundespolizeidirektion Graz vorgenommene Blutabnahme im Zustand der Bewusstlosigkeit zwecks Blutalkoholbestimmung in seinem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Achtung seines Privatlebens gem. Artikel 8 Abs.1 MRK verletzt worden.
Walter/Thienel, Verwaltungsverfahren I2 (1998) § 67a E 54; VfGH 1.12.1988, B 1092/87 VfSlG 11.923; Peter Steiner, Die Blutabnahme in Vollziehung straßenpolizeilicher Vorschriften, RdM 1996, 139.
Beweis: wie bisher; weitere Beweise ausdrücklich
vorbehalten.
V. Zur Rechtzeitigkeit der eingebrachten Beschwerde gem. § 67c Abs. 2 Z 6 AVG:
Der Beschwerdeführer hat den umseits ausgewiesenen rechtsfreundlichen Vertreter mit seiner Verteidigung im, vor dem Landesgericht für Strafsachen Graz anhängigen Strafverfahren beauftragt und hat der Verteidiger am 20.01.2003 die Verteidigerbestellung beim Landesgericht für Strafsachen Graz überreicht. Unter einem hat der umseits ausgewiesene Vertreter am 20.01.2003 nach Akteneinsicht eine Aktenkopie anfertigen lassen. Erst nach dieser, am 20.01.2003 vorgenommenen Akteneinsicht gelangte der Beschwerdeführer zur Kenntnis der am 20.07.2002, von der belangten Behörde veranlassten Blutabnahme, sodass die Beschwerdefrist von sechs Wochen gem. §§ 67c Abs. 1 i.V.m. 67a Abs. 1 Z 2 AVG gewahrt ist.
Beweis: wie bisher; Verteidigerbestellung am 20.1.2003 (Beilage ./3); Rechnung für Aktenkopie des Landesgerichtes für Strafsachen Graz vom 20.1.2003 (Beilage ./4); weitere Beweise ausdrücklich vorbehalten.
VI. Anträge gem. § 67c Abs. 2 Z 5 AVG:
Im Hinblick auf die beim Beschwerdeführer im Zustand der Bewusstlosigkeit in Ausübung behördlicher Befehls- und Zwangsgewalt vorgenommene Blutabnahme, die nach herrschender Lehre und Rechtsprechung das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht des Beschwerdeführers auf Achtung seines Privatlebens gem. Artikel 8 Abs. 1 MRK verletzt, werden gestellt nachstehende Anträge:
Es möge festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer durch die am 20.07.2002 über Veranlassung von
Organen der Bundespolizeidirektion Graz vorgenommene Blutabnahme im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Achtung seines Privatlebens gem. Artikel 8 Abs. 1 MRK verletzt wurde. Ein Kostenantrag wurde gestellt. Als Beilage wurde die Verkehrsunfallsanzeige des Gendarmeriepostens Bad Waltersdorf, GZ.: C 1/1152/02, vom 07. August 2002, die Ambulanzkarte der Landeskrankenanstalt Hartberg vom 25. Juli 2002 und die Bekanntgabe der Verteidigerbestellung vom 20. Jänner 2003 an das Landesgericht für Strafsachen Graz, GZ.: 16 Ur 226/02s, vorgelegt. II.1. Aufgrund der Ausführungen in der Anzeige des Gendarmeriepostens Bad Waltersdorf vom 07. August 2002, GZ.: C 1/1152/02, wonach am 20. Juli 2002 um 09.00 Uhr der zuständige Untersuchungsrichter Dr. N vom Sachverhalt informiert wurde und Dr. N die Weisung gab, es sei mit dem Landeskrankenhaus Graz das Einvernehmen zwecks der erforderlichen Blutabnahme herzustellen, worauf das Verkehrsunfallskommando der Bundespolizeidirektion Graz die Blutabnahme um 11.00 Uhr veranlasste, wurde vom Unabhängigen Verwaltungssenat für die Steiermark mit dem zuständigen Untersuchungsrichter fernmündlich Kontakt aufgenommen. Hierauf übermittelte Dr. E N dem Unabhängigen Verwaltungssenat für die Steiermark ein Schreiben vom 25. Februar 2003, wonach er "als Untersuchungsrichter im Journaldienst am 19. Juli 2002 über Antrag von Staatsanwalt Mag. J W im Strafverfahren 16 Ur 226/02s gegen C R richterlich angeordnet habe, im Spital eine Blutprobe des Verdächtigen zum Zwecke der Bestimmung des Blutalkoholgehaltes des C R zum Zeitpunkt der Tat sicherzustellen". Zusätzlich erklärte Dr. E N fernmündlich, dass er in Kenntnis der Bewusstlosigkeit des Beschwerdeführers zum Zeitpunkt der Blutabnahme war. 2. Dem Beschwerdeführer wurde dies zur Kenntnis gebracht und gab er am 14. März 2003 nachfolgende Äußerung hiezu ab: Richtig ist, dass über Antrag der Staatsanwaltschaft seitens des zuständigen Untersuchungsrichters an das Verkehrsunfallskommando der Bundespolizeidirektion Graz die Weisung erteilt wurde, mit dem LKH Graz das Einvernehmen zwecks erforderlicher Blutabnahme herzustellen.
Korrigierend sei lediglich darauf hingewiesen, dass entgegen der Stellungnahme des zuständigen Untersuchungsrichters die Weisung nicht am 19.7.2002 sondern am 20.7.2002 um 9.00 Uhr erteilt wurde.
Beweis: Beilage ./1, AS 17.
Sodann erfolgte um 11.00 Uhr durch die Oberärztin Dr. M die Blutabnahme beim Beschwerdeführer im Zustand der Bewusstlosigkeit - dies über Veranlassung von
Beamten der Bundespolizeidirektion Graz.
Hinsichtlich des Umstandes, dass der Untersuchungsrichter auf Antrag der Staatsanwaltschaft die Weisung an die Bundespolizeidirektion Graz
erlassen hat, sei darauf hingewiesen, dass es sich zwar im Verhältnis
Staatsanwaltschaft - Untersuchungsrichter - Bundespolizeidirektion Graz um eine richterliche Anordnung handelt, jedoch die Blutabnahme, welche letztendlich durch die Bundespolizeidirektion Graz angeordnet wurde, zweifellos eine verwaltungsbehördliche Maßnahme darstellt, im Sinne der eingebrachten
Beschwerde bekämpfbar ist.
In rechtlicher Hinsicht ist ergänzend auszuführen, dass naturgemäß das durch die Verfassung geschützte Recht auf Achtung des Privatlebens
zweifellos nicht durch die Weisung des Untersuchungsrichters dahingehend umgangen werden kann, als nunmehr die durch die Bundespolizeidirektion Graz veranlasste Blutabnahme als Akt der richterlichen Anordnung statt als verwaltungsbehördliche Maßnahme
zu qualifizieren ist. Die verwaltungsbehördliche Maßnahme zeichnet sich insbesondere dadurch aus, dass - wie im vorliegenden Fall - eine Verwaltungsbehörde, als solche ist ohne Zweifel die Bundespolizeidirektion Graz zu qualifizieren, eine Maßnahme der unmittelbar behördlichen Befehls- und Zwangsgewalt gesetzt hat, sodass jedenfalls eine Bekämpfbarkeit durch die gegenständliche Maßnahmenbeschwerde gewährleistet ist. Ohne Belang ist in diesem Fall daher das Verhältnis zwischen der Bundespolizeidirektion und dem, die Weisung erteilenden Untersuchungsrichter.
Beweis: wie bisher.
Da sohin der vom Beschwerdeführer eingebrachten Maßnahmenbeschwerde nicht die Überprüfung der richterlichen Anordnung zu Grunde liegt, sondern vielmehr die Veranlassung der Blutabnahme durch die Bundespolizeidirektion als Akt der Verwaltungsbehörde, werden die in der Beschwerde vom 20.2.2003 gestellten Anträge wegen Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechts des Beschwerdeführers auf Achtung als Privatlebens gem. Artikel 8 Abs. 1 MRK wiederholt. III. Die Rechtsbeurteilung ergibt Folgendes: 1. Gemäß § 67a Abs 1 Z 2 AVG entscheiden die Unabhängigen Verwaltungssenate bei Beschwerde an Personen, die behaupten, durch Ausübung unmittelbar verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt in ihrem Recht verletzt zu sein, ausgenommen Finanzstrafsachen des Bundes. Die Beschwerde langte beim Unabhängigen Verwaltungssenat für die Steiermark am 21. Februar 2003 ein, wobei der Beschwerdeführer angab, dass er erst durch Akteneinsicht seines Verteidigers am 20. Jänner 2003 von der Blutabnahme am 20. Juli 2002 Kenntnis erlangt habe. Unter Zugrundelegung der Darstellung des Beschwerdeführers wäre somit die sechswöchige Beschwerdefrist gemäß § 67c Abs 1 AVG gewahrt. Auch die örtliche Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates für die Steiermark ist gegeben, da die von den Beamten der Bundespolizeidirektion Graz durchgeführte Handlung im Sprengel des Unabhängigen Verwaltungssenates für die Steiermark durchgeführt wurde. 2. Gemäß § 67c Abs 3 AVG ist der angefochtene Verwaltungsakt für rechtswidrig zu erklären, wenn die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder als unbegründet abzuweisen ist. Dauert der für rechtswidrig erklärte Verwaltungsakt noch an, so hat die belangte Behörde unverzüglich den der Entscheidung entsprechenden Rechtszustand herzustellen. Die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt liegt dann vor, wenn ein Verwaltungsorgan im Rahmen der Hoheitsverwaltung einseitig einen Befehl erteilt oder Zwang ausübt und dieser Akt gegen individuell bestimmte Adresse gerichtet ist (Walter-Mayer, Grundriss des Österreichischen Bundesverfassungsrechtes, 8. Auflage, Wien 1996, RDZ 608). Demgegenüber können Akte von Verwaltungsorganen, die in Durchführung richterliche Befehle gesetzt werden, gemäß herrschender Lehre und Rechtsprechung nicht im Bereich der Hoheitsverwaltung zugeordnet werden. Vielmehr sind der richterliche Befehl und dessen tatsächliche Ausführung, auch wenn diese durch Verwaltungsorgane vorgenommen wird, als Einheit zu sehen. Der Ausführung des Beschwerdeführers dass das Verhältnis zwischen der Bundespolizeidirektion und ihm, der die Weisung erteilenden Untersuchungsrichter ohne Belang ist kann daher nicht zugestimmt werden. Demgemäß sind die aufgrund eines richterlichen Befehles von Verwaltungsorganen vorgenommene Akte zur Durchführung dieses Befehles - solange die Verwaltungsorgane den ihnen durch den richterlichen Befehl gesteckten Ermächtigungsrahmen nicht überschreiten - funktionell der Gerichtsbarkeit zuzurechnen (Walter-Mayer, aaO, RDZ 609 und die dort angeführte Judikatur des Verfassungsgerichtshofes, zB VfSlg. 8248, 8921, 8922). Nur im Fall einer offenkundigen Überschreitung des richterlichen Befehles liegt hingegen insoweit ein der Verwaltung zuzurechnendes Organ Handeln vor (Walter-Mayer, aaO, RDZ 609). Da laut Angaben des Untersuchungsrichters dieser zum Zeitpunkt der Anweisung in Kenntnis der Bewusstlosigkeit des Beschwerdeführers war, kann somit von keinem excessus mandati ausgegangen werden. Ob dem Beschwerdeführer eventuell eine Beschwerdemöglichkeit im Sinne der §§ 133 ff StPO offen steht, braucht hier nicht näher beurteilt zu werden. Feststeht jedenfalls, dass der Beschwerdeführer mangels Vorliegens eines Aktes unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt nicht beschwerdelegitimiert war und ist somit die Beschwerde a limine zurückzuweisen.