Der Unabhängige Verwaltungssenat in Tirol entscheidet durch sein Mitglied Dr. Felizitas Schiessendoppler-Luchner über die Berufung von Frau S. B., 6322 Kirchbichl, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Kufstein vom 18.02.2003, Zahl A-1/2175/02, wie folgt:
Gemäß § 66 Abs 4 AVG iVm § 35 Abs 1 FSG wird der Berufung Folge gegeben und der erstinstanzliche Bescheid behoben.
Mit dem erstinstanzlichen Entscheid wurde der Berufungswerberin gemäß § 24 Abs 1 Z 2, § 3 Abs 1 Z 3 und § 8 FSG die Gültigkeit der von der Bezirkshauptmannschaft Kufstein am 09.12.1987 für die Klasse B erteilten Lenkberechtigung, Zahl 2090/87 durch Befristung bis zum 30.09.2007 eingeschränkt.
Der Berufungswerberin wurde aufgetragen, den Führerschein gemäß § 13 Abs 2 FSG zum Zwecke der Eintragung dieser Befristung binnen einer Woche ab Rechtskraft dieses Bescheides der Bezirkshauptmannschaft Kufstein vorzulegen.
Gegen diesen Bescheid hat die Berufungswerberin fristgerecht Berufung erhoben und in dieser zusammengefasst im Wesentlichen ausgeführt:
Sie leide seit nunmehr über 10 Jahren an einem Diabetes mellitus, Typ 2 (insulinpflichtig) und besitze seit 1987 eine Lenkberechtigung für Kraftfahrzeuge. Seit dieser Zeit fahre sie auch unfallfrei und ohne Probleme mit ihrer Krankheit zu haben mit ihrem PKW. Sie habe von ihrem Gatten von einer steuerrechtlichen Begünstigung im Einkommensteuergesetz erfahren und habe für die Inanspruchnahme dieser Begünstigung eine Bestätigung des bei der Bezirkshauptmannschaft ansässigen Amtsarztes benötigt. Der Amtsarzt habe ihr dann in der Folge erklärt, dass zwar so eine Bestimmung bestehe, dass sie jedoch bei einer Inanspruchnahme andererseits auch mit verkehrsrechtlichen Beschränkungen zu rechnen sei. In der Folge habe sie ein internistisches Gutachten über die Diabetes beibringen müssen. In der Folge habe man ihr mitgeteilt zwecks Befristung ihrer Lenkberechtigung diese zur Bezirkshauptmannschaft Kufstein mitzubringen, da diese Vorgangsweise bei Diabetikern so üblich sei. Erst drei Monate nach dieser Mitteilung sei auf Verlangen der Berufungswerberin der nunmehr vorliegende bekämpfte Bescheid ergangen. § 3 Abs 1 Z 3 FSG spreche davon, dass eine Lenkberechtigung nur Personen erteilt werden dürfe, die gesundheitlich geeignet wären ein Kraftfahrzeug zu lenken. Die Lenkberechtigung sei ihr bereits 1987 erteilt worden. Gemäß § 24 Abs 1 Z 2 FSG könne zwar die Gültigkeit einer bereits erteilten Lenkberechtigung durch Auflagen, Befristungen etc eingeschränkt werden. Gemäß Abs 4 derselben Norm jedoch nur dann, wenn Bedenken bestehen würden, dass die Voraussetzungen für die gesundheitliche Eignung nicht mehr gegeben seien. Diese Bedenken seien im Bescheid nicht begründet dargelegt worden. Das Gegenteil sei angeführt worden indem festgehalten worden sei, dass internistisch keinerlei Bedenken gegen das Lenken von KFG der Führerscheinklasse B bestehen würden, dies auf Grund des derzeit gut eingestellten Diabetes mellitus.
§ 11 Abs 1 der Führerscheingesetzgesundheitsverordnung lautet, dass Zuckerkranke eine Lenkberechtigung nur nach einer befürworteten fachärztlichen Stellungnahme erteilt oder belassen werden dürften. Eine solche liege vor und sei beigebracht worden. In diesem Falle bleibe kein Raum mehr für ärztliche Kontrolluntersuchungen und amtsärztliche Nachuntersuchungen, da diese nur für Berufslenker (Lenkberechtigte der Gruppe 2) anwendbar seien. Der Bescheid sei daher rechtswidrig und würde der Antrag gestellt, den Bescheid zu beheben.
Die Berufungswerberin ist mit ihren Ausführungen aus nachstehenden Gründen im Recht.
Im Berufungsakt erliegt das Gutachten des Dr. G. B. vom 20.09.2002, welches wie folgt lautet:
?BH Kufstein
Amtsarzt
6330 Kufstein
Befund für B. S. (2054/30.05.69)
Bestätigung:
Bei Frau B. S., geb 30.05.69, besteht ein insulinpflichtiger Diabetes mellitus, der derzeit zufriedenstellend eingestellt ist. Die Patientin führt täglich mehrmals Blutzuckerselbstmessungen durch und injiziert sich in angepasster Dosierung Insolin. In letzter Zeit kam es nie zu bewusstseinseintrübenden Hypoglykämien. Aus diesem Grund bestehen internistischerseits keine Bedenken gegen das Lenken von KFZ der Führerscheinklasse B.
Mit freundlichen Grüßen?
In der Folge wurde das internistische Gutachten dem Amtsarzt Dr. M. S. vorgelegt, welcher in seinem amtsärztlichen Gutachten mitteilte, dass auf Grund des derzeit gut eingestellten Diabetes mellitus die Berufungswerberin auch aus amtsärztlicher Sicht als derzeit bedingt geeignet zum Lenken von KFZ der FS-Gruppe 1 beurteilt werde. Zur Verfolgung ihres weiteren Gesundheitszustandes werde eine Nachuntersuchung in 5 Jahren empfohlen.
In dem in der Folge am 18.02.2003 ergangenen Bescheid betreffend die Einschränkung der Gültigkeit der Lenkberechtigung durch Befristung der Bezirkshauptmannschaft Kufstein, zu Zahl A-1/2175/02 ist zum einen auf das Gutachten von Dr. B. und zum anderen auf das amtsärztliche Gutachten verwiesen.
Gemäß § 24 Abs 1 FSG ist Besitzern einer Lenkberechtigung, bei denen die Voraussetzungen für die Erteilung der Lenkberechtigung (§ 3 Abs 1 Z 2 bis 4) nicht mehr gegeben sind, von der Behörde entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit
1.
die Lenkberechtigung zu entziehen oder
2.
die Gültigkeit der Lenkberechtigung durch Bedingungen, Befristungen oder zeitliche, örtliche oder sachliche Beschränkungen einzuschränken. Diese Einschränkungen sind gemäß § 13 Abs 2 in den Führerschein einzutragen.
Gemäß § 24 Abs 4 FSG ist vor der Entziehung oder Einschränkung der Gültigkeit der Lenkberechtigung wegen mangelnder gesundheitlicher Eignung ein von einem Amtsarzt erstelltes Gutachten gemäß § 8 einzuholen.
Gemäß § 8 Abs 3 Z 2 FSG hat ua bei Personen, deren Eignung nur für eine bestimmte Zeit angenommen werden kann und bei denen amtsärztliche Nachuntersuchungen erforderlich sind, das ärztliche Gutachten ?bedingt geeignet? zu lauten und Befristungen, Bedingungen oder zeitliche, örtliche oder sachliche Beschränkungen der Gültigkeit anzuführen, unter denen eine Lenkberechtigung ohne Gefährdung der Verkehrssicherheit erteilt werden kann.
§ 24 Abs 1 Z 2 FSG erfasst auch solche Fälle, in denen die gesundheitliche Eignung (§ 3 Abs 1 Z 3 FSG) nicht zur Gänze wegfallen, sondern nur auf ein Maß gesunken ist, das gemäß § 5 Abs 5 FSG die Erteilung unter entsprechenden Bedingungen, Befristungen, Auflagen oder zeitlichen, örtlichen oder sachlichen Beschränkungen der Gültigkeit rechtfertigen würde. § 8 Abs 3 Z 2 FSG ist somit nicht nur für das Erteilungsverfahren von Bedeutung sondern auch für jenes Verfahren, in dem die Behörde ? wie im vorliegenden Fall ? gemäß § 24 Abs 1 Z 2 in Verbindung mit Abs 4 über Einschränkungen der Gültigkeit der Lenkberechtigung entscheidet.
Die Notwendigkeit von Nachuntersuchungen im Sinne des § 8 Abs 3 Z 2 FSG ist dann gegeben, wenn eine ?Krankheit? festgestellt wurde, bei der ihrer Natur nach mit einer zum Verlust oder zur Einschränkung der Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen führenden Verschlechterung gerechnet werden muss. Um eine bloß bedingte Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen im Sinne des zuletzt Gesagten anzunehmen, bedarf es auf einem ärztlichen Sachverständigengutachten beruhender konkreter Sachverhaltsfeststellungen darüber, dass die gesundheitliche Eignung zwar noch in ausreichendem Maß für eine bestimmte Zeit vorhanden ist, dass aber eine gesundheitliche Beeinträchtigung besteht, nach deren Art in Zukunft mit einer Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen ausschließenden oder einschränkenden Verschlechterung gerechnet werden muss (siehe dazu Verwaltungsgerichtshoferkenntnis, Zahl 99/11/0266 ua) Ausführungen im dargelegten Sinn finden sich weder im angefochtenen Bescheid noch in den einzelnen Gutachten bzw Stellungnahmen der Ärzte. Vielmehr wurde im Bescheid eine positive Beurteilung der derzeitigen Lenkerfähigkeit von Frau B. festgehalten. Keinesfalls wurde in irgendeiner Art und Weise darauf eingegangen, dass konkrete Befürchtungen, welcher Art auch immer bestehen würden, dass in Zukunft mit einer die Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen ausschließenden oder einschränkenden Verschlechterung zu rechnen ist. Aus den dargelegten Gründen war daher der angefochtene Bescheid zu beheben.