Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark hat durch das Senatsmitglied Dr. Karl-Heinz Liebenwein über die Berufung des Herrn Dr. H F, gegen das Straferkenntnis des Bürgermeiters der Stadt Graz vom 5.2.2003,GZ.: A8/1P-14335/B, wie folgt entschieden:
Gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (im Folgenden AVG) in Verbindung mit § 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (im Folgenden VStG) wird der Berufung Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 3 VStG eingestellt.
Mit dem angefochtenen Straferkenntnis der belangten Behörde wurde dem Berufungswerber zur Last gelegt, er habe laut Feststellung eines beeideten Aufsichtsorganes am 18.9.2001 das mehrspurige Kraftfahrzeug in der gebührenpflichtigen Kurzparkzone in G vor dem Haus D geparkt und die von ihm laut Parkschein bezahlte Parkzeit, die um 17.30 Uhr geendet habe, bis 17.43 Uhr überschritten, wodurch die vorgeschriebene Parkgebühr verkürzt worden sei. Wegen Verletzung des § 2 des Steiermärkischen Parkgebührengesetzes 1979, LGBl. Nr. 21/1979 idgF in Verbindung mit §§ 2 und 4 der Grazer Parkgebührenverordnung 1997 idgF wurde über ihn wegen dieser Verwaltungsübertretung daher gemäß § 6 Abs 1 leg. cit. eine Verwaltungsstrafe in der Höhe von ? 40,--, für den Fall deren Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von einem Tag, verhängt. Ferner wurden gemäß § 64 VStG ? 4,-- als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vorgeschrieben, sowie gemäß § 50 Abs 7 VStG der am 6.11.2001 mittels Beleg verspätet einbezahlte Betrag von ? 21,80 auf die verhängte Strafe angerechnet.
Gegen dieses Straferkenntnis richtet sich die fristgerecht erhobene Berufung, in der einerseits ausgeführt wurde, dass der ursprüngliche Strafbescheid nicht ordnungsgemäß zugestellt worden sei, es sich nicht um einen Schreibfehler gehandelt habe und der Name A ja auch korrekt geschrieben war, sondern um eine andere individuell bestimmte Person. Angesichts der Geringfügigkeit des Vergehens (Toleranzgrenze) sei die Höhe der Strafbemessung - zumal die ursprüngliche Strafe ja schon bezahlt worden sei - völlig unangemessen. Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark hat erwogen: Gemäß § 51 Abs 1 VStG steht dem Beschuldigten stets das Recht der Berufung an den Unabhängigen Verwaltungssenat jenes Landes zu, in dem die Behörde, die den Bescheid erlassen hat, ihren Sitz hat. Somit ergibt sich die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates für die Steiermark für die Erlassung der gegenständlichen Entscheidung. Da im angefochtenen Bescheid weder eine primäre Freiheitsstrafe noch eine ? 2.000,00 übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, war gemäß § 51 c VStG die Zuständigkeit des Einzelmitgliedes gegeben. Gemäß § 66 Abs 4 AVG hat die Berufungsbehörde, sofern die Berufung nicht wegen Unzulässigkeit oder Verspätung zurückzuweisen ist, immer in der Sache selbst zu entscheiden. Sie ist berechtigt, ihre Anschauung sowohl hinsichtlich des Spruches als auch hinsichtlich der Begründung an die Stelle jener der Unterbehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern. Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung hatte unter Hinweis auf § 51e Abs 2 Z 1 VStG zu entfallen. Auf der Grundlage des der Berufungsbehörde vorliegenden Verfahrensaktes der Strafbehörde I. Instanz werden zunächst nachstehende Feststellungen getroffen:
Zufolge der eingangs näher beschriebenen Übertretung des Steiermärkischen Parkgebührengesetzes bzw. der Grazer Parkgebührenverordnung, ergab eine an die Zulassungsbesitzerin des mehrspurigen Kraftfahrzeuges mit dem behördlichen Kennzeichen, die F HandelsGmbH in W gerichtete Lenkeranfrage, dass das Fahrzeug zum angeführten Zeitpunkt Herrn Dr. H F, wohnhaft in U überlassen war. Die belangte Behörde fällte daraufhin am 17.12.2001 eine Strafverfügung, in der als Beschuldigter, wie auch als Empfänger auf der diesbezüglichen RSa-Briefsendung Dr. A F angegeben wurde. Eine nähere Angabe eines Geburtsdatums unterblieb sowohl am EDV-unterstützten Ausdruck der zitierten Strafverfügung, als auch am Briefkuvert bei der Adressenangabe selbst. Die erwähnte RSa-Briefsendung wurde vom Postamt U in der Folge mit dem Vermerk:
"Empfänger unbekannt, richtiger Name: Dr. H F" an die belangte Behörde rückgemittelt, des weiteren wurde am Briefkuvert die Anschrift handschriftlich auf "K" von der Post korrigiert. Nach Einleitung des Strafvollzuges - im diesbezüglichen Verfahren stellte sich für die belangte Behörde offensichtlich erst heraus, dass als Beschuldigter Dr. H F verfolgt werden sollte - kam es dann zur Erlassung einer weiteren Strafverfügung mit dem richtig gestellten Vornamen. Der Ausdruck dieser Strafverfügung erfolgte erst am 7.1.2003, das Ausstelldatum wurde händisch auf 17.12.2001 "umgeschrieben" (Datum der "ersten" Strafverfügung) und diese dem nunmehrigen Berufungswerber zugestellt. Die letztgenannte Strafverfügung ist der Aktenlage nach dem Berufungswerber am 10.1.2003 im Wege der Hinterlegung zugestellt worden. Auf den fristgerecht dagegen erhobenen Einspruch, in dem im Wesentlichen ausgeführt wurde, dass die Strafverfügung, deren Datum händisch auf 17.12.2001 korrigiert wurde, erst im Jänner 2003 zugestellt wurde, erließ die belangte Behörde ohne weiteres Verfahren das nunmehr angefochtene Straferkenntnis. Rechtliche Beurteilung:
Gemäß § 45 Abs 1 Z 3 VStG hat die Behörde von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn Umstände vorliegen, die die Verfolgung ausschließen.
Gemäß § 31 Abs 1 VStG ist die Verfolgung einer Person unzulässig, wenn gegen sie binnen der Verjährungsfrist von der Behörde keine Verfolgungshandlung "(§ 32 Abs 2 und 3)" vorgenommen worden ist. Gemäß § 31 Abs 2 VStG beträgt die Verjährungsfrist bei den Verwaltungsübertretungen der Gefährdung, Verkürzung oder Hinterziehung von Landes- und Gemeindeabgaben (hier: Parkabgabe) ein Jahr.
Gemäß § 32 Abs 2 VStG ist die Verfolgungshandlung jede von einer Behörde gegen eine bestimmte Person als Beschuldigten gerichtete Amtshandlung (Ladung, Vorführungsbefehl, Vernehmung, Ersuchen um Vernehmung, Auftrag zur Ausforschung, Strafverfügung u.dgl.), und zwar auch dann, wenn die Behörde zu dieser Amtshandlung nicht zuständig war, die Amtshandlung ihr Ziel nicht erreicht, oder der Beschuldigte davon keine Kenntnis erlangt hat.
Für die erkennende Behörde ergab sich angesichts der zitierten Feststellungen im Sachverhaltsbereich, sowie der angeführten Rechtsvorschriften die Notwendigkeit zur Prüfung, in wie weit es sich bei der Strafverfügung vom 17.12.2001 überhaupt um eine taugliche Verfolgungshandlung im Sinne des § 32 Abs 2 VStG handelte, zumal die Erlassung der Strafverfügung vom Jänner 2003 jedenfalls bereits außerhalb der Frist des § 31 Abs 2 VStG erfolgte. Der Verwaltungsgerichtshof hat wiederholt erkannt (vgl. VwGH 24.9.1987, 87/02/0038, 4.9.1992, 92/18/0203), dass unabhängig davon, ob die Zustellung an eine Person dem behördlichen Willen entsprach, dass im Falle, dass eine Sendung von einer Person übernommen wird, auf die die Bezeichnung des "Empfängers" zutrifft, sie dieser gegenüber als rechtswirksam zugestellt gilt. Ausgangslage für die zitierten Erkenntnisse war, dass nicht nur eine einzige Person eines bestimmten Namens an einer Anschrift ihre Abgabestelle hatte und eine nähere Individualisierung jener Person, der eigentlich nach dem Willen der Behörde zugestellt werden sollte, unterlassen wurde. Im Anlassfall wurde einerseits eine nähere Individualisierung des Empfängers, so etwa durch Angabe dessen Geburtsdatums unterlassen, andererseits gab es unter der - im Übrigen auch noch fehlerhaft angegebenen Anschrift - überhaupt keinen Dr. A F, eine Person mit diesem Namen wurde aber in der Strafverfügung selbst und auch als Empfänger auf dem diesbezüglichen RSa-Brief angegeben und hat letztlich der nunmehrige Berufungswerber die mehrfach erwähnte Strafverfügung de facto auch nicht übernommen, wodurch er allenfalls in rechtlich relevanter Weise zu erkennen geben hätte können, dass er diese trotz Angabe eines falschen Vornamens und einer falschen Adresse (Straßenbezeichnung) sowie unterlassener Angabe des Geburtsdatums allenfalls dennoch auf sich bezog. Nur bei einer solchen Vorgangsweise wäre nämlich von einer rechtlich einwandfreien rechtswirksamen Erlassung (Zustellung) der Strafverfügung dem nunmehrigen Berufungswerber gegenüber auszugehen gewesen (vgl. UVS für die Steiermark vom 20.8.2002, 30.16-18/2002-12). Aus dem Gesagten folgt im Ergebnis somit, dass im konkreten Fall durch die die Sphäre der Behörde verlassende Strafverfügung vom 17.12.2001 mit den dargestellten Angaben keinesfalls ein jeden Zweifel ausschließender, behördlicher Wille zu erkennen war, den nunmehrigen Berufungswerber, Herrn Dr. H F überhaupt verfolgen zu wollen, weshalb die erwähnte Strafverfügung keine taugliche Verfolgungshandlung im Sinne des § 32 Abs 2 VStG darstellt. Dem Berufungswerber ist deshalb insoferne beizupflichten, als der ihm unbestrittenermaßen erst im Jänner 2003 zugestellten (berichtigten) Strafverfügung angesichts der in dieser Strafverfügung erhobenen Tatzeit 18.9.2001 der Ablauf der Verfolgungsverjährungsfrist des § 31 Abs 2 VStG entgegensteht, weshalb dem diesbezüglichen Berufungsvorbringen folgend aus den dargestellten Gründen das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 3 VStG einzustellen war. Der Ordnung halber ist abschließend festzustellen, dass die Vorgangsweise der belangten Behörde, welche vor allem aus der Begründung des angefochtenen Straferkenntnisses resultiert überaus befremdend ist. So wurde einerseits erst im Jahre 2003 von einer rechtswirksam erlassenen Strafverfügung vom 17.12.2001 ausgegangen und die an den nunmehrigen Berufungswerber (richtig) adressierte Strafverfügung entsprechend korrigiert, andererseits im Ergebnis der Einspruch vom 20.1.2003 gegen diese Strafverfügung als rechtzeitig angesehen, womit aber die in der konkret dargestellten Form erlassene ("erste") Strafverfügung vom 17.12.2001 auch seitens der belangten Behörde als nicht rechtskonform erlassen, somit auch nicht zugestellt angesehen wurde. Nichts desto trotz wurde aber ohne Vorliegens einer rechtskräftigen Entscheidung der Strafvollzug bereits vor Erlassung des nunmehr angefochtenen Straferkenntnisses eingeleitet, indem bemerkenswerterweise als verpflichtete Partei wiederum Dr. A F angeführt wurde.