Der Unabhängige Verwaltungssenat in Tirol entscheidet durch sein Mitglied Dr. Alexander Hohenhorst über die Berufung von T. und M. K., Ladis Nr, vertreten durch RA Dr. Lukas P., 6020 Innsbruck, vom 07.03.2003, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Landeck vom 19.02.2003, Zl 2.1-2183/02(II)-8, betreffend Genehmigung der Änderung einer Betriebsanlage nach § 81 Abs 1 Gewerbeordnung 1994, gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 wie folgt:
Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.
Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Landeck vom 12.11.2002, Zl 2.1-2183/02-14, wurde die gewerberechtliche Betriebsanlagengenehmigung für die Errichtung und den Betrieb eines Restaurants mit Apres-Ski-Betrieb auf Gst. 709/1, GB Ladis, erteilt. Im Rahmen der Betriebsweise wurde im Bescheid festgelegt, dass die Freiterrasse während der Wintersaison täglich in der Zeit von 11.00 Uhr bis 14.00 Uhr und von 17.00 Uhr bis 19.00 Uhr mit Hintergrundmusik mit einem mittleren Spitzenpegel von 65 dB beschallt wird. Im Interesse des Nachbarschutzes vor unzumutbaren Lärmbelästigungen wurden die Auflagen 11 bis 22 vorgeschrieben. Ein Teil dieser Auflagen (Ziffern 11 bis 17) betraf die Regelungen bezüglich der Pegelbegrenzeinrichtungen. Gegen diesen Bescheid haben T. und M. K. Berufung erhoben. Diese Berufung wurde mit Bescheid des Landeshauptmannes von Tirol vom 01.04.2003, Zl IIa-60004-03/1, als verspätet zurückgewiesen. Die Betriebsanlagengenehmigung vom 12.11.2002 ist somit rechtskräftig.
Mit Ansuchen vom 10.01.2003 hat die H. & K. OEG um eine Änderung der Bewilligung der Außenbeschallung angesucht. Gemäß dem abgeänderten Antrag vom 04.02.2003 sollen an der Westseite des Betriebsgebäudes vier Lautsprecherboxen unmittelbar neben den Dachpfetten montiert werden. Dabei sollen die Lautsprecherboxen direkt nach Richtung Westen ausgerichtet werden. In der Zeit von 14.30 Uhr bis 18.00 Uhr soll durchgehend Hintergrundmusik mit einem mittleren Spitzenpegel von 60 dB, gemessen an den nordwestlichen und südwestlichen Grundstücksgrenzen auf einer Höhe von 1,5 m, dargeboten werden. Die Musikdarbietungen von 11.00 Uhr bis 14.00 Uhr entfallen. Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wurde der Heiseler & Köhle OEG gemäß § 81 Abs 1 GewO 1994 iVm § 93 Abs 2 ArbeitnehmerInnenschutzgesetz die gewerbebehördliche Genehmigung zur Durchführung der oben beschriebenen Betriebsanlagenänderungen nach Maßgabe der eingereichten Planunterlagen unter verschiedenen Auflagen erteilt.
Dagegen haben die Anrainer T. und M. K. fristgerecht und zulässig Berufung erhoben. Dabei wird der bekämpfte Bescheid insoweit angefochten, als die im Bescheid erteilten Auflagen zur Verwirklichung des Nachbarschutzes nicht ausreichend seien. Insbesondere seien Gesundheitsschädigungen der Nachbarn und deren Gäste infolge medizinisch nicht vertretbarer Lärmbelästigung zu befürchten. Begehrt werde, den Terrassenbetrieb lediglich bis 17.00 Uhr zu genehmigen und auch dort die Lärmauflagen durch Pegelbegrenzung zu verschärfen. Weiters werde begehrt, das Zu- und Abfahren von Kraftfahrzeugen zur Betriebsliegenschaft lediglich bis 22.00 Uhr zu gestatten. T. K. habe schon in der mündlichen Verhandlung erhebliche Bedenken gegen den Betrieb einer Freiterrasse mit Musikdarbietungen geäußert. Seit Inbetriebnahme des Restaurants und der Terrasse habe es im Februar und März 2003 zu neun Zeitpunkten erhebliche, teilweise extreme Beeinträchtigungen durch Lärm gegeben. Die Gäste des Hotels Panorama, welches von den Rechtsmittelwerbern betrieben werde, hätten sich dermaßen in ihrer Ruhe gestört gefühlt, dass ein Abbruch des Urlaubs in Erwägung gezogen worden sei. Das erstinstanzliche Verfahren leide an einem wesentlichen Mangel, weil kein lärmtechnisches Gutachten von einem entsprechenden Spezialisten, der sich ausschließlich mit schallakustischen Begutachtungen befasst, aufgenommen worden sei. Dadurch sei der Umstand verborgen geblieben, dass die Lärmauswirkungen des Betriebes für die Nachbarschaft erheblich größer seien als von der Erstinstanz angenommen. Es werde deshalb begehrt, ein lärmtechnisches Gutachten von DI Q. von der Universität Innsbruck erstellen zu lassen. Insbesondere sei der Behörde der Umstand verborgen geblieben, dass durch Gäste, welche sich vor dem Betriebslokal befinden und laut sprechen, eine erhebliche Gesundheitsschädigung zu befürchten sei. Die menschliche Sprache habe einen hohen Informationsgehalt, welcher sich nachhaltig auf die Schlafphase der Gäste des Hotels P. auswirke, sodass diese in ihrer Nacht
ruhe derart gestört seien, dass ein erholsamer Schlaf nicht möglich wäre. Auf der Terrasse seien Lautsprecherboxen dermaßen installiert, dass die Beschallung direkt das Anwesen des einschreitenden Anrainers Kirschner beeinträchtige. Die dargebotene Musik sei mit dem Betrieb des Hotel Panorama in keiner Weise vereinbar. Da das Hotel ruhe- und erholungssuchende Gäste samt Kindern beherberge, sei eine Musikdarbietung über den Zeitpunkt 17.00 Uhr hinaus gesundheitlich aus medizinischer Sicht nicht vertretbar. Deshalb sei es jedenfalls notwendig, den Betrieb auf der Terrasse mit 17.00 Uhr zu limitieren. Die Familie K. sei Dauerbewohnerin des Hotels Panorama. Für sie bedeute die genehmigte Art und Weise der Terrasse eine medizinisch nicht vertretbare Dauerbelastung. Dem könne nur durch eine weitere Beschränkung der Lautstärke durch eine Pegelbegrenzung auf der Terrasse von 45 dB und eine Reduktion der Betriebszeiten auf maximal 23.00 Uhr entgegengewirkt werden. Es werde deshalb beantragt, den bekämpften Bescheid nach Ergänzung des Verfahrens durch Einholung eines Sachbefundes von DI Bernd Q. dahingehend abzuändern, dass die Betriebsanlagengenehmigung für Musikdarbietungen auf der Freiterrasse nur unter der Auflage erteilt wird, dass eine Lärmpegelbegrenzung auf der Terrasse des Lokales von 45 dB eingehalten sowie eine maximale Betriebsöffnungsdauer bis 22.00 Uhr festgelegt wird.
Die Berufungsbehörde hat wie folgt erwogen:
Die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates in Tirol zur Entscheidung über Berufungen in Verfahren betreffend Betriebsanlagen ergibt sich aus § 359a GewO 1994.
Nach § 67h Abs 1 AVG gilt in den Angelegenheiten des § 67a Abs 1 Z 1 der § 66 mit der Maßgabe, dass der Unabhängige Verwaltungssenat dann gemäß § 66 Abs 4 in der Sache zu entscheiden hat, wenn die belangte Behörde dem nicht bei der Vorlage der Berufung unter Bedachtnahme auf die wesentliche Vereinfachung oder Beschleunigung des Verfahrens widerspricht.
Ein Ausschluss der Befugnis zur Sachentscheidung durch die Erstinstanz ist nicht erfolgt.
Nach § 66 Abs 4 AVG hat die Berufungsbehörde, außer dem in Absatz 2 erwähnten Fall, sofern die Berufung nicht als unzulässig oder verspätet zurückzuweisen ist, immer in der Sache selbst zu entscheiden. Sie ist berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung (§ 60) ihre Anschauung an die Stelle jener der Unterbehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern.
Gemäß § 81 Abs 1 GewO 1994 bedarf auch die Änderung einer genehmigten Betriebsanlage einer Genehmigung im Sinne der vorstehenden Bestimmungen, wenn es zur Wahrung der im § 74 Abs 2 umschriebenen Interessen erforderlich ist. Diese Genehmigung hat auch die bereits genehmigte Anlage so weit zu umfassen, als es wegen der Änderung der Wahrung der im § 74 Abs 2 umschriebenen Interessen gegenüber der bereits genehmigten Anlage erforderlich ist. Von einer Änderung der genehmigten Anlage kann nur dann gesprochen werden, wenn eine rechtskräftige gewerbebehördliche Genehmigung der Anlage vorliegt, auf die sich die Änderung beziehen soll. Diese Voraussetzung ist durch das Vorliegen des rechtskräftigen Genehmigungsbescheides vom 12.11.2002 erfüllt.
Gegenstand der Änderungsbewilligung im bekämpften Bescheid ist ausschließlich die Beschallung der Terrasse. Alle anderen Regelungen über die Betriebsanlage sind im Bescheid vom 12.11.2002 rechtskräftig festgelegt und somit nicht Gegenstand dieses Verfahrens. Sämtliche Bemängelungen in der Berufung, die sich nicht auf die Beschallung der Terrasse beziehen (wie die Regelung über das Zu- und Abfahren von Kraftfahrzeugen zur Betriebsliegenschaft, den Sprechlärm der vor dem Betriebslokal befindlichen Gäste oder die Betriebszeiten im Lokal) nehmen Bezug auf die bereits rechtskräftige Betriebsanlagenbewilligung vom 12.11.2002 und sind damit nicht mehr Gegenstand dieses Änderungsverfahrens nach § 81. Auf sie ist daher nicht mehr weiter einzugehen.
Wenn sich die Rechtsmittelwerber darüber beklagen, dass es seit Inbetriebnahme des Restaurants und der Terrasse in den Monaten Februar und März 2003 zu erheblichen Lärmbeeinträchtigungen gekommen sei, was bedeutet, dass die Anlagenbetreiber Bescheidauflagen nicht einhalten würden, so ist dies kein Grund, eine Änderung der Betriebsanlage nicht zu bewilligen. Wenn die Anlagenbetreiber Bescheidauflagen nicht einhalten, so sind durch Anzeigen Verwaltungsstrafverfahren zu initiieren, durch die die Bewilligungsinhaber zu konsensgemäßem Verhalten veranlasst werden sollen.
Im Bewilligungsverfahren wurden der gewerbetechnische und der medizinische Amtssachverständige der Bezirkshauptmannschaft Landeck beigezogen. Der gewerbetechnische Amtssachverständige hat die fachliche Qualifikation zur Feststellung der Lärmimmissionen, aus denen der medizinische Amtssachverständige die Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit beurteilt hat, woraus die Behörde die rechtliche Beurteilung des Nichtvorliegens einer Gesundheitsgefährdung bzw der Zumutbarkeit einer Belästigung durch die geänderte Betriebsweise treffen konnte. In der Berufung ist nicht ausgeführt, inwieweit das Gutachten des lärmtechnischen Amtssachverständigen mangelhaft geblieben sei. Die bloße Behauptung, dass ein anderer Sachverständiger zu einem anderen Ergebnis hätte kommen können, ist nicht geeignet, das Gutachten in Zweifel zu ziehen. Dafür hätte es der Vorlage eines auf entsprechender fachlicher Ebene stehenden Gegengutachtens oder zumindest des Aufzeigens konkreter Widersprüche, Unschlüssigkeiten oder anderer Fehler des Gutachtens bedurft. Dem Antrag auf Einholung eines Sachbefundes durch DI B. Q. war deshalb nicht zu folgen. Aus den Gutachten ergibt sich, dass eine Außenbeschallung der Terrasse mit Hintergrundmusik in der Zeit von 14.30 Uhr bis 18.00 Uhr mit einem mittleren Spitzenpegel von 60 dB weder eine Gefährdung der Gesundheit noch eine unzumutbare Belästigung der Nachbarn erwarten lässt. Bei dieser Sachlage haben die Konsenswerber einen Anspruch auf Genehmigung, die somit im bekämpften Bescheid zu erteilen war. Es gibt damit auch keine rechtliche Handhabe, auf der Terrasse einen mittleren Spitzenpegel von 45 dB vorzuschreiben. Dem Antrag auf Verkürzung der Betriebsöffnungsdauer konnte nicht gefolgt werden, weil dieser Punkt nicht Gegenstand der beantragten Änderungsbewilligung ist. Da somit keiner der in der Berufung gerügten Mängel begründet ist, war die Berufung abzuweisen.