Der Unabhängige Verwaltungssenat in Tirol entscheidet durch sein Mitglied Dr. Alexander Hohenhorst über die Berufung der S. S. Restaurant BgmbH, vertreten durch Herrn A. S., wohnhaft in XY, vom 10.12..2002 gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Lienz vom 27.11.2002, Zahl 2.1 A-206/02-5, betreffend Vorschreibung der Vorlage eines Sanierungskonzeptes zur Lärmreduzierung nach § 79 Abs 3 GewO, gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 wie folgt:
Die Berufung wird mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, als der Spruch des erstinstanzlichen Bescheides wie folgt zu lauten hat:
Der S. S. Restaurant BgmbH, XY, wird gemäß § 79 Abs 3 GewO 1994 aufgetragen, der Bezirkshauptmannschaft Lienz binnen eines Monats ab Rechtskraft dieses Bescheides zum Zweck einer Lärmminderung für die Nachbarschaft ein Sanierungskonzept vorzulegen, in welchem planlich darzustellen und in einer Beschreibung darzulegen ist, wie der zumindest 1,20 Meter breite Zugang zur Bar und dessen Abgrenzung zum übrigen Gastgartenbereich außerhalb der für den Gastgarten geltenden Betriebszeit bis spätestens 22.00 Uhr gestaltet bzw sichergestellt wird, sodass der im Zugangsbereich auftretende Lärm bei den Nachbarn den Grundgeräuschpegel von 33 dB (A) nicht übersteigt.
Gegen diesen Bescheid kann binnen sechs Wochen ab der Zustellung die Beschwerde an den Verfassungs und den Verwaltungsgerichtshof in Wien, Judenplatz 11, 1010 Wien, erhoben werden. Diese muss von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.
Spätestens im Zeitpunkt der Überreichung ist eine Gebühr von Euro 180,00 durch Einzahlung mit Erlagschein auf das Konto des Finanzamtes für Gebühren und Verkehrssteuern in Wien unter Angabe des Verwendungszweckes zu entrichten (§ 17a VfGG, § 24 VwGG).
Begründung
Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Lienz vom 07.11.1985, Zahl II-666/5, wurde der S. S. Restaurant BgmbH, XY, die gewerbebehördliche Betriebsanlagengenehmigung für die Errichtung und den Betrieb eines Gastgewerbebetriebes in der Betriebsart Büffet im Unter und Erdgeschoß des Hauses XY mit angeschlossenem Gastgarten auf den Gpn Nr 140, 141 und 1638, KG Lienz, unter Vorschreibung diverser Auflagen, erteilt. Laut Befund umfasste der Gastgewerbebetrieb folgende Bereiche:
Gastgarten mit 120 Sitzplätzen samt einer Ausgabestelle (Verkaufskiosk), zugänglich von der XY und von der XY, Untergeschoß: Garage, Heiz- und Öllagerraum sowie WC-Anlagen samt Vorraum und einem Gastraum mit einer Theke mit ca 20 Barhockern, Zugang von der XY über den Gastgarten, vom Untergeschoß führt eine 1,5 Meter breite geradarmige Verbindungsstiege ins Erdgeschoß, Erdgeschoß: Gastraum mit Selbstbedienungsbüffet mit 40 Sitzplätzen sowie eine Kleinküche, Zugang von der XY.
Als Auflage im vorerwähnten Bescheid wurde unter anderem vorgeschrieben, dass der Betrieb des Gastgartens spätestens um 22.00 Uhr einzustellen sei und die im Gastgarten dargebotene Musik hinsichtlich der Lautstärke so zu begrenzen sei, dass beim ungünstigst gelegenen Anrainer (V. Z. XY) eine Lärmgrenze von 60 dB (A) nicht überschritten werde.
In der Folge hat die Betriebsinhaberin beantragt, den Betrieb des Gastgartens bis 24.00 Uhr auszudehnen. Diesem Antrag wurde mit der Begründung, dass damit eine unzumutbare Lärmbelästigung der Anrainer verbunden sei, keine Folge gegeben. Da die Betriebsinhaberin diesbezüglich den Instanzenzug ausgeschöpft hat, ist dieser Bescheid in Rechtskraft erwachsen und somit der Gastgarten um 22.00 Uhr zu schließen.
Mit Eingabe vom 23.07.1986, Zahl II-871/1, beantragte die Betriebsinhaberin die gewerbebehördliche Genehmigung zur Errichtung und zum Betrieb des Gastgewerbebetriebes in der Betriebsart Bar, bestehend aus dem im Untergeschoß bereits genehmigten Gastraum mit Theke und 30 Sitzplätzen und der Erweiterung um einen Gastraum (Ausmaß von 3,20 Meter mal 6,10 Meter) samt Tischen und Sitzplätzen.
Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Lienz vom 12. Jänner 1987, Zahl II-871/5, wurde die gewerbebehördliche Genehmigung zur Errichtung und zum Betrieb des Gastgewerbebetriebes in der Betriebsart Bar im Untergeschoß des Hauses Y unter Vorschreibung verschiedener Auflagen erteilt. Auf dem vorgelegten und mit dem Genehmigungsvermerk versehenen Plan ist der erweiterte Gastraum durchgestrichen.
Mit Eingabe vom 02.06.1995, Zahl 209-660/10, hat die Betriebsinhaberin um die gewerbebehördliche Genehmigung zur Abänderung der Sperrstunde des Gastgewerbebetriebes in der Betriebsart Bar von 03.00 Uhr auf 04.00 Uhr angesucht.
Im erstinstanzlichen Ermittlungsverfahren lokalisierte der gewerbetechnische Sachverständige aufgrund seiner Wahrnehmungen und Lärmmessungen (beim Anrainer V. Z.) den Eingangsbereich zur B. Bar als Störquelle, wo durch lautes Reden und Grölen der die B. Bar aufsuchenden bzw verlassenden Gäste ein Spitzenpegel bis 64 dB verzeichnet werden konnte. Als Beurteilungspegel der Umgebung wurde LrU gleich 34dB ermittelt. Der medizinische Sachverständige beurteilte die Lärmimmissionen als Weckreiz, wodurch der Schlaf der Anrainer verkürzt werde insbesondere die Tiefschlafphasen was in weiterer Folge zu gesundheitlichen Schäden führe.
In der Folge kam es wiederholt zu Anrainerbeschwerden über Lärmbeeinträchtigungen im Zugangsbereich zur ?B. Bar? und in der XY Straße.
Mit Schreiben vom 14.01.1999, Zahl 209-660/35, beantragte die Betriebsinhaberin die Erweiterung der mit Bescheid vom 12.01.1987, Zahl II-871/5, genehmigten Bar um einen 23 Quadratmeter großen Gastraum.
Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Lienz vom 03.11.1999, Zahl 209-660/43, wurde die Erweiterung der Betriebsanlage durch den nördlichen Zubau im Untergeschoß im Ausmaß von 23 Quadratmeter (zusätzlich 15 Verabreichungsplätze) betriebsanlagenrechtlich genehmigt.
In der Folge erhoben die Anrainer wiederholt Beschwerde aufgrund von Lärmbeeinträchtigungen im Zugangsbereich zwischen der XY und der Zugangstüre zur ?B. Bar?.
Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Lienz vom 26.03.2000, Zahl 209-660/46, wurde daher der S. S. Restaurant BgsmbH als zusätzliche Auflage gemäß § 79 Abs 1 GewO 1994 vorgeschrieben, den südlichen Zugangsbereich zur Bar an der Ost und Südseite derart einzuhausen, dass der im Zugangsbereich auftretende Lärm bei den Nachbarn den Grundgeräuschpegel von 33 dB (A) nicht übersteige, andernfalls der Gastgewerbebetrieb um 02.00 Uhr zu schließen sei.
Dagegen erhob die Betriebsinhaberin fristgerecht Berufung.
Mit Bescheid des Landeshauptmannes von Tirol vom 27.09.2000, Zahl IIa-60.011/3-00, wurde der erstinstanzliche Bescheid behoben und die Angelegenheit zur neuerlichen Verhandlung an die Behörde I. Instanz zurückverwiesen. In der Begründung wurde darauf hingewiesen, dass aus dem Grundsatz der Antragsbedürftigkeit der Betriebsanlagengenehmigung zu schließen sei, dass das Vorhaben durch Auflagen nur soweit modifiziert werden dürfe, dass dieses in seinem ?Wesen? unberührt bleibe. Auflagen, die zu einer völligen Umprojektierung oder auch nur zum Vorsehen neuer technischer Anlagen bzw Ausstattung führen müssten, sind demnach unzulässig. Die verfügte Auflage der Einhausung des Zugangsbereiches wäre sohin Gegenstand eines Sanierungskonzeptes gemäß § 79 Abs 3 GewO 1994 gewesen. Darüber hinaus sei unklar, was unter dem ?Zugangsbereich? zu verstehen sei und wieweit die Einhausung räumlich gehen solle. Damit im Zusammenhang stehe die Frage, wo nun überhaupt die Grenze der genehmigten Betriebsanlage verlaufe. Weiters sei zu prüfen, ob nicht als Zu und Abgang der Ein und Ausgang Restaurant XY dienen könne.
Zur Abklärung der oben angeführten Fragen fand am 18.01.2001 eine mündliche Verhandlung unter Beiziehung des medizinischen und des gewerbetechnischen Sachverständigen, eines Vertreters der Stadtgemeinde Lienz und des Amtstechnikers statt.
Der Vertreter der Betriebsinhaberin erklärte, dass ein Zu und Ausgang über das Restaurant nach 02.00 Uhr (Sperrstunde für Restaurant) Schaffung einer Schleuse nicht erstellt werde, da dies mit einem totalen Umbau und mit sehr hohen Kosten verbunden wäre.
Stellungnahme des gewerbetechnischen Sachverständigen unter Verweis auf das lärmtechnische Gutachten vom 26.07.1999:
Die S. S. Restaurant BgsmbH ist Inhaberin eines Gastgewerbes in der Betriebsart Bar im Standort XY, mit Sperrstunde 06.00 Uhr.
Die Betriebsanlage befindet sich im Zentrum Kerngebiet von Lienz. In den im Untergeschoß des Objektes situierten Gastbetrieb gelangt man von der XY über einen vorgelagerten Zugangsbereich, auf dem Tische und Sitzgelegenheiten angeordnet sind und der mittels einer Großflächenmarkise überdacht werden kann. An der Westseite ist der Zugangsbereich gegenüber der Gastgartenfläche baulich, an der Ostseite durch ein ca 1,60 Meter hohes Natursteinmauerwerk mit aufgesetztem Metallzaun, abgeschlossen. Daran schließt der Garten des Herrn O. an. Die Länge des Zu und Abganges erstreckt sich über ca 18 Meter und weist ein Ausmaß von ca 220 Quadratmeter auf.
Bis 02.00 Uhr früh ist die Bar auch über eine Innenstiege von dem im Erdgeschoß befindlichen Restaurant Eingang XY zugänglich.
Umgebungsbeschreibung:
Schräg gegenüber dem Eingang in den Zugangsbereich befindet sich in südöstlicher Richtung das nächstgelegene Wohnhaus des Herr V. Z., XY. Der Abstand des Hauses zum Zugangsbereich beträgt ca 10 Meter. Das Schlaf bzw Wohnzimmer liegt im 2. Obergeschoß, die Küche im 1. Obergeschoß.
Direkt gegenüber dem Zugangsbereich liegt südlich ein Parkplatz der Stadtgemeinde Lienz. Entlang der XY befindet sich nördlich ein ca 2 Meter hohes Natursteinmauerwerk als Abgrenzung gegenüber den nördlich anschließenden Grundstücken. Dadurch ergibt sich ein an zwei Seiten geschlossener Straßenverlauf der XY.
Ausgewählter Messpunkt:
Anrainer V. Z., XY, nördliches Wohnzimmer, geöffnetes Fenster, ca 1,50 Meter Abstand, ca 1,50 Meter Mikrofonhöhe über Fußboden.
Akustische Umgebung:
Witterung leicht bewölkt, windstill, Temperatur ca 18 Grad Celsius.
Messzeiten:
Es wurde eine Messung von 03.05 bis 04.40 Uhr vorgenommen.
Die Lärmereignisse sind zu unterteilen in jene, die in der XY auftreten (Umgebungsgeräusche) und jene, die im Zugangsbereich des Lokals ?B. Bar? (Störgeräusche) auftreten. Hierzu ist jedoch zu bemerken, dass der überwiegende Lärm, der in der XY verursacht wurde, in einem unmittelbaren Zusammenhang mit dem Lärm im Zugangsbereich gestanden ist. Der Großteil der Personen, die sich in der XY aufgehalten und den Lärm verursacht haben, gingen in den bzw kamen vom Zugangsbereich des Lokals ?B. Bar?. Die Beobachtungen haben gezeigt, dass nur 5 der über 150 gezählten Personen nicht in das Lokal gegangen sind. Diese 5 Personen konnten lärmtechnisch jedoch nicht erfasst werden, da in diesem Zeitraum mehrere Personen den Zugangsbereich betreten bzw verlassen haben, wodurch eine Trennung der Geräusche nicht möglich war. Zudem konnte das Verhalten dieser Personen als unauffällig eingestuft werden.
Die Messergebnisse haben gezeigt, dass die Ereignisse zu Beginn der Messung (03.05 Uhr) nicht so häufig aufgetreten sind, jedoch in ihrer Intensität annähernd gleich hoch waren, wie am Ende der Messung (04.40 Uhr).
Um 03.19 Uhr konnte der Grundgeräuschpegel gemessen werden, da über einen Zeitraum von zwei Minuten vierzig Sekunden relative Ruhe herrschte. Dieser Wert konnte mit 33 dB gemessen werden und wird im Folgenden LGg bezeichnet. Der dabei auftretende Umgebungsgeräuschpegel (LeqU) konnte mit 35,4 dB gemessen werden.
Die Definition für Umgebungsgeräusche lautet wie folgt:
Umgebungsgeräusche sind jene Geräusche, die nach Abschaltung der in Frage stehenden Betriebsanlage oder Betriebsanlagenteile am Messort während desselben Zeitraumes, während dem die zu beurteilenden Störgeräusche herrschen, üblicher Weise mess bzw hörbar sind. Dabei kann es sich zB um Schallimmissionen, aber auch um natürliche Geräusche, wie das Rauschen eines nahen Baches oder Vogelgezwitscher handeln. Die Umgebungsgeräusche sind durch die tatsächlichen örtlichen Verhältnisse im Sinne des § 77 Abs2 GewO 1994 verursacht.
Der LGg ist der geringste, an einem Ort zu einer bestimmten Zeit gemessene Schallpegel, der durch entfernte Geräusche, wie Verkehr, verursacht wird und bei dessen Vorherrschen Ruhe empfunden wird. Er ist der niedrigste Wert, auf welchen die Anzeige des Schallpegelmessers mit der Anzeigdynamik ?schnell? (?fast?) bei entsprechender langer Beobachtungszeit wenn auch in manchen Fällen nur kurzzeitig wiederholt zurückfällt.
Festzustellen war, dass im Bereich der XY reine Pkw-Durchfahrten nur selten stattgefunden haben. In der Regel sind Taxi zum Eingangsbereich des Lokals ?B. Bar? gefahren und haben den Motor zum Teil nicht abgestellt. Solche Taxi-Zufahrten haben einen Leq von 42,8 bis 49,4 dB bei Spitzen bis 47,7 bis 57,8 dB hervorgerufen.
Weiters wurden Lärmimmissionen durch den Kühlventilator des Motors festgestellt, die bei Standgas und längerem Laufen lassen des Motors hörbar waren. Diese haben einen Leq von 43,7 dB bei Spitzen bis 47 dB hervorgerufen.
Pkw-Durchfahrten wiesen einen Leq von 45,9 bis 47,2 dB bei Spitzen von 49,5 bis 55,2 dB auf. Im Beobachtungszeitraum sind 3 Pkw durch die XY gefahren.
Die Unterhaltung von Personen in der XY haben Pegelspitzen von 41 bis 65 dB bei einem Leq von 38 bis 49,9 dB hervorgerufen. Die Geräusche waren gekennzeichnet durch starke Informationshaltigkeit durch die Unterhaltung der Personen. Teilweise haben die Personen Gesänge angestimmt, die mit großer Lautstärke hörbar waren. Einige Personen fielen durch Grölen und Schreien auf. Die Dauer des Aufenthaltes der Personen war unterschiedlich, jedoch hielten sich vor dem Eingang zum Zugang zur B. Bar einzelne Personen bis zu 2 Minuten auf. Aus diesem Grund ist eine Unterscheidung von Umgebungsgeräuschen und Störgeräuschen im gegenständlichen Fall sehr schwierig bzw unmöglich.
Mit Fortdauer war eine Unterscheidung gänzlich unmöglich, da ein ständiges Kommen und Gehen im Bereich des Zugangs zur B. Bar festzustellen war und lärmtechnisch keine Unterschiede gemacht werden konnten.
Im Übrigen konnten keine Geräusche im Bereich der XY festgestellt werden, die von wesentlicher Bedeutung waren.
Störgeräusche:
Im Bereich des Zugangs befinden sich Bänke und Sitzgelegenheiten, die von den Besuchern der Bar auch in Anspruch genommen wurden. Zum Zeitpunkt der Messung hielten sich über dem gesamten Beobachtungszeitraum Personen auf, die einmal mehr und einmal weniger starken Lärm verursacht haben. Auch Personen die den Zugangsbereich durchquerten und ins Lokal gingen haben relativ starken Lärm verursacht. Der Lärm im Bereich des Zugangs wies einen Leq von 38 bis 45 dB bei Spitzen von 42 bis 62 dB auf. Der Lärm war gekennzeichnet durch laute Unterhaltung sowie in einigen Fällen durch lautes Schreien.
Für die Beurteilung einer Lärmsituation ist von entscheidender Bedeutung, wie die Betriebsanlage die bestehenden örtlichen Verhältnisse verändert. Darum werden die für die Beurteilung maßgeblichen Werte nochmals angegeben:
LGg gleich 33 dB
LeqU gleich 35,4 dB ohne Personen, die sich in der XY unterhielten LeqU bis 49,9 dB bei Spitzen bis 65 dB laute Unterhaltung von Personen in der XY
LeqS bis 45 dB bei Spitzen bis 62 dB laute Unterhaltung im Zugangsbereich
Für die Beurteilung der Lärmimmissionen sind gemäß der ÖNORM S 5004 weitere Parameter maßgeblich. Im gegenständlichen Fall ist die Dauer der Immissionen sowie die Informationshaltigkeit des Störgeräusches. Als informationshaltiges Geräusch sind Geräusche definiert, die deutlich erkennbar Gesang, Musik oder Sprache enthalten. Im gegenständlichen Fall ist das Geräusch eindeutig als informationshaltig zu bezeichnen, da die Unterhaltung der Personen deutlich vernehmbar bzw verstehbar war. Ist ein Geräusch informationshaltig, so ist das Störgeräusch mit einem Zuschlag von 5 dB zu versehen.
Die Beurteilungszeit ist gemäß der zitierten Norm für die Nacht die ungünstigste halbe Stunde. Wie die Beobachtung des Störlärms deutlich zeigte, kann davon ausgegangen werden, dass in der Nacht die Immissionen länger als eine halbe Stunde andauern. Da eine derartig durchgeführte Messung immer nur Momentanwerte, die mit einer großen Zufälligkeit behaftet sind, erfassen kann, muss von einem ungünstigsten Fall ausgegangen werden. Dies ist im gegenständlichen Fall unzweifelhaft ein halbstündiger durchgehender Pegel verursacht durch die Unterhaltung Personen im Zugangsbereich, der mit 45 dB gemessen wurde. Bewertet man den Immissionspegel gemäß der ÖNORM S 5004 so ergibt sich ein Beurteilungspegel von 50 dB, der sich um 17 dB über den ortsüblichen Grundgeräuschpegel erhebt. Betrachtet man die durch die Unterhaltung hervorgerufenen Pegelspitzen, so muss festgestellt werden, dass diese mit 62 dB ca 30 dB über dem LGg lagen.
Ausgeschlossen von dieser Betrachtung sind dabei noch die Emissionen, die in der XY verursacht wurden. Aus lärmtechnischer Sicht sind diese Emissionen ebenso wesentlich, da diese in einem unmittelbaren Zusammenhang mit den festgestellten Störgeräuschen standen.
Um den Störlärm aus dem Zugangsbereich zur B. Bar zu reduzieren, ist als technische Lösung die vollständige Einhausung des Zugangsbereiches zielführend. Die Einhausung hat auch den Eingang zu integrieren, der derzeit nur aus einem versperrbaren Gittereingang besteht.
Eine Reduzierung des Lärms, der auf der XY festgestellt wurde, wird dadurch jedoch nicht erreicht, obwohl dieser Lärm in einem unmittelbaren Zusammenhang mit dem Störlärm aus dem Zugangsbereich steht. In diesem Zusammenhang würde eine Vorverlegung der Sperrstunde eine wesentliche Verbesserung der derzeitigen Lärmsituation herbeiführen. Es war augenscheinlich, dass der Großteil der Personen in der XY vom gegenständlichen Lokal kamen bzw in dieses gingen.
Stellungnahme des medizinischen Amtssachverständigen:
Ich verweise auf das medizinische Gutachten vom 20.03.1999, dem ein Lokalaugenschein vom 17.07.1999 zu Grunde liegt. Nach meiner Ansicht hat sich die Situation gegenüber den seinerzeit getroffenen Feststellungen nicht geändert, da einzelne umliegende Nachtlokale früher als die gegenständliche Bar schließen. Dadurch kommt es zu einem höheren Zustrom zum gegenständlichen Lokal. Bereits seinerzeit wurde festgestellt, dass nach 04.00 Uhr ein Großteil der die XY benützenden Personen aus der Bar gingen bzw diese aufsuchten. Zur Gewährleistung einer entsprechenden Nachtruhe für die Nachbarn ist daher dafür Sorge zu tragen, dass der Grundgeräuschpegel von 32 dB durch die mit dem Betrieb in kausaler Verbindung stehender Emissionen nicht beeinträchtigt wird, dies gilt auch für den Zugangsbereich.
Durch lärmtechnische Maßnahmen im Zugangsbereich ist jedoch die Problematik der Lärmbelastung für die Anrainer nicht beseitigt, es wird sich für sie keine bedeutende Änderung der Lärmsituation ergeben, weil der Lärm auch auf der XY gegeben ist.
Zusammengefasst kommt der medizinische Sachverständige laut Gutachten vom 20.07.1999 und vom 10.08.1999 zum Ergebnis, dass der beschriebene Störlärm aus lärmhygienischer Sicht als unerträglich und gesundheitsschädigend bzw gesundheitsgefährdend zu bezeichnen sei.
Der Lokalaugenschein habe ergeben, dass mindestens 90 Prozent der Fußgänger in der XY in kausalem Zusammenhang mit dem Besuch in der B. Bar zu bringen seien und nur lediglich 10 Prozent der Fußgänger, deren Lärmverhalten unauffällig war, an der XY Bar vorbei gingen. Auch der Verkehrslärm durch Pkw´s und Taxis sei im gleichen Prozentsatz in kausalen Zusammenhang mit der B. Bar zu bringen.
Der Störlärm der Gäste im Zusammenhang mit der B. Bar sei als Dauerweckreiz zu bezeichnen, der die unmittelbaren Anrainer und Nachbarn in ihrem Schlaf und in ihrer Erholungsphase empfindlich beeinträchtige. Dieser Störlärm sei als gesundheitsgefährdend und gesundheitsschädigend einzustufen.
Dieser gesundheitsschädigende Störlärm könne einerseits nur durch ein völliges Einhausen des derzeit offenen Zuganges zwischen XY und B. Bar-Eingang gemindert werden, der Störlärm aus der XY durch B. Bar- Gäste, der ebenfalls als erheblich gesundheitsschädigend zu bezeichnen sei, könne damit nicht beeinflusst werden. Diesbezüglich sei eine entsprechende Vorverlegung der Sperrstunde der B. Bar notwendig.
Der Vertreter der Stadtgemeinde Lienz brachte vor, es solle vorerst versucht werden, in betriebsanlagenrechtlicher Hinsicht eine tragbare Lösung herbeizuführen. Eine Vorverlegung der Sperrstunde solle jedenfalls erst erfolgen, wenn sich keine andere Möglichkeit mehr ergeben würde.
Mit Schreiben vom 06.09.2001, Zahl 209-660/56, wurde die Betriebsinhaberin aufgrund von massiven Anrainerbeschwerden darauf hingewiesen, dass der Betrieb des Gastgartens spätestens um 22.00 Uhr einzustellen und dafür Sorge zu tragen sei, dass sich die Gäste nach 22.00 Uhr nicht mehr im Gastgartenbereich aufhielten.
Laut Aktenvermerk vom 05.07.2002 wurde das eingeleitete Verfahren nach § 79 GewO 1994 nicht mehr weiter verfolgt und eingestellt, da keine weiteren Beschwerden wegen unzumutbarer Lärmbelästigung mehr eingegangen waren.
Aufgrund der Nachbarbeschwerden vom 06.08.2002 wurde neuerdings ein Verfahren nach § 79 GewO 1994 eingeleitet und zur Klärung der Frage, ob allenfalls ein Sanierungskonzept gemäß § 79 Abs 3 GewO 1994 aufzutragen sei, eine mündliche Verhandlung für den 27.09.2002 anberaumt.
In der mündlichen Verhandlung vom 30.09.2002, die unter Beiziehung des Amtstechnikers und des gewerbetechnischen Amtssachverständigen stattfand, wurde der Zugangsbereich wie folgt beschrieben:
Der gegenständliche Gastgewerbebetrieb in der Betriebsart Bar befindet sich im Zentrum Kerngebiet von Lienz. In den im Untergeschoß des Objektes situierten Gastbetrieb gelangt man von der XY über einen vorgelagerten Zugangsbereich, der laut dem dem Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Lienz vom 07.11.1985, Zahl II-666/5, zu Grunde liegenden Plan der Gastgartenfläche zugeordnet ist und der mittels einer Großflächenmarkise überdacht werden kann. An der Westseite ist dieser Zugangsbereich gegenüber der übrigen Gastgartenfläche baulich, teilweise mittels öffenbarer Rollläden bzw einem Gitter und einem Gebäude (Ausgabestelle) und an der Ostseite durch eine ca 1,60 Meter hohe Natursteinmauer mit aufgesetztem Metallzaun begrenzt. Die Breite dieses Zugangsbereiches beträgt ca 4,70 Meter, die Länge ca 16 Meter. Bis 02.00 Uhr früh ist die Bar auch über eine Innenstiege von dem im Erdgeschoß befindlichen Restaurant Eingang XY zugänglich.
Der gewerbetechnische Sachverständige verwies wiederholt auf das lärmtechnische Gutachten vom 19.07.1996, Zahl 209-660/23, und das Gutachten vom 26.07.1999, Zahl 209-660/39, unter dem Hinweis, dass die Ergebnisse nach wie vor als aktuell anzusehen seien. Weiters führte er aus, dass eine Minderung der Lärmbelästigung im Zugangsbereich dann gegeben sei, wenn durch Maßnahmen verhindert werde, dass dieser Zugangsbereich nicht mehr als Gastgarten genutzt werde. Die Vorlage eines entsprechenden Sanierungskonzeptes, in welchem dargelegt werde, welche Abgrenzung der Zugangsbereich zum übrigen Gastgartenbereich erfahre, sei erforderlich.
Der Amtstechniker forderte eine Mindestbreite für den Zugang von 1,20 Meter.
Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Lienz vom 27.11.2002, Zahl
2.1 A-206/02-5, wurde die S. S. Restaurant BgsmbH, XY, aufgefordert, gemäß § 79 Abs 3 GewO 1994 binnen eines Monats ab Rechtskraft dieses Bescheides ein Sanierungskonzept für den Gastgewerbebetrieb in der Betriebsart Bar im Untergeschoß des Objektes XY, zum Zweck einer Lärmminderung für die Nachbarschaft, vorzulegen.
Dabei wurde vorgeschrieben, dass das Sanierungskonzept planlich darzustellen und in einer Beschreibung darzulegen habe, wie der zumindest 1,20 Meter breite Zugang zur Bar und dessen Abgrenzung zum übrigen Gastgartenbereich außerhalb der nach der Gewerbeordnung geltenden Betriebszeiten für Gastgärten gestaltet bzw sichergestellt werde.
Gegen diesen Bescheid erhob die Betriebsinhaberin, vertreten durch A. S., mit Schreiben vom 10.12.2002, Berufung und brachte darin zusammengefasst vor, dass der angezeigte Lärm nicht vom gegenständlichen Lokal ?B. Bar? komme, sondern vielmehr von den umliegenden Betrieben, im Besonderen vom Club ?V. S.?, der keine Sperrzeiten habe. Zudem liege der Betrieb an der Hauptstraße und sei wegen des vorbeiziehenden Schwerverkehrs einer großen Lärmbelastung ausgesetzt. Überdies sei aufgrund der Tatsache, dass sich die gewerbliche Betriebsanlage weder in baulicher Hinsicht noch im Betriebsablauf seit der Genehmigung geändert habe und die Lärmsituation hinlänglich geklärt sei, nicht einzusehen, warum eine neuerliche Auflage vorgeschrieben werde.
Im Rahmen des Berufungsverfahrens übermittelte die Bezirkshauptmannschaft Lienz zusätzliche Vorakten und fertigte Fotos bzw einen Plan zur räumlichen Darstellung des gegenständlichen Zugangbereiches an.
Der gewerbetechnische Sachverständige übermittelte mit Schreiben vom 05.03.2003, Zahl 2.1 A -206/02-14, den mit der Lärmmessung am 13.07.1996 festgestellten ortsüblichen Grundgeräuschpegel LGg gleich 34 dB als Messgröße, durch die das Sanierungsziel bestimmbar ist.
Laut Aktenvermerk vom 07.04.2003, Zahl 60.037/2-02, korrigierte der gewerbetechnische Sachverständige seine Stellungnahme vom 05.03.2003 dahingehend, dass als Messgröße für das Sanierungsziel der Grundgeräuschpegel LGg gleich 33 dB (basierend auf der Lärmmessung vom 26.07.1999) relevant sei.
Die Berufungsbehörde hat wie folgt erwogen:
Die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates in Tirol zur Entscheidung über Berufungen in Verfahren betreffend Betriebsanlagen ergibt sich aus § 359a GewO 1994.
Nach § 67h Abs 1 AVG gilt in den Angelegenheiten des § 67a Abs 1 Z 1 der § 66 mit der Maßgabe, dass der Unabhängige Verwaltungssenat dann gemäß § 66 Abs 4 in der Sache zu entscheiden hat, wenn die belangte Behörde dem nicht bei der Vorlage der Berufung unter Bedachtnahme auf die wesentliche Vereinfachung oder Beschleunigung des Verfahrens widerspricht.
Ein Ausschluss der Befugnis zur Sachentscheidung durch die Erstinstanz ist nicht erfolgt.
Nach § 66 Abs 4 AVG hat die Berufungsbehörde, außer dem in Absatz 2 erwähnten Fall, sofern die Berufung nicht als unzulässig oder verspätet zurückzuweisen ist, immer in der Sache selbst zu entscheiden. Sie ist berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung (§ 60) ihre Anschauung an die Stelle jener der Unterbehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern.
Gewerbliche Betriebsanlagen dürfen gemäß § 74 Abs 2 Gewerbeordnung 1994 nur mit Genehmigung der Behörde errichtet oder betrieben werden, wenn sie wegen der Verwendung von Maschinen und Geräten, wegen ihrer Betriebsweise, wegen ihrer Ausstattung oder sonst geeignet sind,
1. das Leben oder die Gesundheit des Gewerbetreibenden, der nicht den Bestimmungen des ArbeitnehmerInnenschutzgesetz, BGBl Nr 450/1994 in der jeweils geltenden Fassung, unterliegenden mittätigen Familienangehörigen, der Nachbarn oder der Kunden, die die Betriebsanlage der Art des Betriebes gemäß aufsuchen, oder das Eigentum oder sonstige dingliche Rechte der Nachbarn zu gefährden; als dingliche Rechte im Sinne dieses Bundesgesetzes gelten auch die im § 2 Abs 1 Z 4 lit g Gewerbeordnung 1994 angeführten Nutzungsrechte,
2. die Nachbarn durch Geruch, Lärm, Rauch, Staub, Erschütterung oder in anderer Weise zu belästigen,
3. die Religionsausübung in Kirchen, den Unterricht in Schulen, den Betrieb von Kranken und Kuranstalten oder die Verwendung oder den Betrieb anderer öffentlichen Interessen dienender benachbarter Anlagen oder Einrichtungen zu beeinträchtigen,
4. die Sicherheit, Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs an oder auf Straßen mit öffentlichem Verkehr wesentlich zu beeinträchtigen oder
5. eine nachteilige Einwirkung auf die Beschaffenheit der Gewässer herbeizuführen, sofern nicht ohnedies eine Bewilligung auf Grund wasserrechtlicher Vorschriften vorgeschrieben ist.
Gemäß § 77 Abs 1 Gewerbeordnung 1994 ist eine Betriebsanlage zu genehmigen, wenn nach dem Stand der Technik (§ 71a Gewerbeordnung 1994) und dem Stand der medizinischen und der sonst in Betracht kommenden Wissenschaften zu erwarten ist, dass überhaupt oder bei Einhaltung der erforderlichenfalls vorzuschreibenden bestimmten geeigneten Auflagen die nach den Umständen des Einzelfalles voraussehbaren Gefährdungen im Sinne des § 74 Abs 2 Z 1 Gewerbeordnung 1994 vermieden werden und Belästigungen, Beeinträchtigungen oder nachteilige Einwirkungen im Sinne des § 74 Abs 2 Z 2 bis 5 Gewerbeordnung 1994 auf ein zumutbares Maß beschränkt werden.
Nachbarn im Sinne der Gewerbeordnung sind gemäß § 75 Abs 2 Gewerbeordnung 1994 alle Personen, die durch die Errichtung, den Bestand oder den Betrieb einer Betriebsanlage gefährdet oder belästigt oder deren Eigentum oder sonstige dingliche Rechte gefährdet werden könnten. Als Nachbarn gelten nicht Personen, die sich vorübergehend in der Nähe der Betriebsanlage aufhalten und nicht im Sinne des vorherigen Satzes dinglich berechtigt sind. Als Nachbarn gelten jedoch die Inhaber von Einrichtungen, in denen sich, wie etwa in Beherbergungsbetrieben, Krankenanstalten und Heimen, regelmäßig Personen vorübergehend aufhalten, hinsichtlich des Schutzes dieser Personen, und die Erhalter von Schulen hinsichtlich des Schutzes der Schüler, der Lehrer und der sonst in Schulen ständig beschäftigten Personen. Ergänzend bestimmt § 75 Abs 3 Gewerbeordnung 1994, dass als Nachbarn auch die im Sinne des soeben zitierten Abs 2 erster Satz genannten Personen, die auf grenznahen Grundstücken im Ausland wohnen, zu behandeln sind, wenn in dem betreffenden Staat österreichische Nachbarn in den entsprechenden Verfahren rechtlich oder doch tatsächlich den gleichen Nachbarschaftsschutz genießen.
Ob Belästigungen der Nachbarn im Sinne des oben zitierten § 74 Abs 2 Z 2 Gewerbeordnung 1994 zumutbar sind, ist gemäß § 77 Abs 2 Gewerbeordnung 1994 danach zu beurteilen, wie sich die durch die Betriebsanlage verursachten Änderungen der tatsächlichen örtlichen Verhältnisse auf ein gesundes, normal empfindendes Kind und auf einen gesunden, normal empfindenden Erwachsenen auswirken.
Der Stand der Technik im Sinne der Gewerbeordnung 1994 ist gemäß § 71a Gewerbeordnung 1994 der auf den einschlägigen wissenschaftlichen Erkenntnissen beruhende Entwicklungsstand fortschrittlicher technologischer Verfahren, Einrichtungen und Betriebsweisen, deren Funktionstüchtigkeit erprobt und erwiesen ist, wobei bei der Bestimmung des Standes der Technik insbesondere vergleichbare Verfahren, Einrichtungen oder Betriebsweisen heranzuziehen sind.
Gemäß § 79 Abs 1 GewO 1994 hat die Behörde andere oder zusätzliche Auflagen (§ 77 Abs 1) nach dem Stand der Technik (§ 71a) und dem Stand der medizinischen und der sonst in Betracht kommenden Wissenschaften zur Erreichung dieses Schutzes vorzuschreiben, wenn sich nach der Genehmigung der Anlage ergibt, dass die gemäß § 74 Abs 2 wahrzunehmenden Interessen trotz Einhaltung der im Genehmigungsbescheid vorgeschriebenen Auflagen nicht hinreichend geschützt sind. Die Auflagen haben gegebenenfalls auch die zur Erreichung dieses Schutzes erforderliche Beseitigung eingetretener Folgen von Auswirkungen der Anlage zu umfassen; die Behörde hat festzulegen, dass bestimmte Auflagen erst nach Ablauf einer angemessenen, höchstens drei Jahre, in besonders berücksichtigungswürdigen Fällen (zB bei Betriebsübernahmen) höchstens 5 Jahre, betragenden Frist eingehalten werden müssen.
Könnte der hinreichende Schutz der gemäß § 74 Abs 2 wahrzunehmenden Interessen nach Abs 1 oder 2 nur durch die Vorschreibung solcher anderer oder zusätzlicher Auflagen erreicht werden, durch die die genehmigte Betriebsanlage in ihrem Wesen verändert würde, so hat die Behörde gemäß § 79 Abs 3 GewO 1994 dem Inhaber der Anlage mit Bescheid aufzutragen, zur Erreichung des hinreichenden Interessensschutzes und der Begrenzung der Emissionen von Luftschadstoffen nach dem Stand der Technik innerhalb einer dem hierfür erforderlichen Zeitaufwand angemessenen Frist ein Sanierungskonzept für die Anlage zur Genehmigung vorzulegen; für dieses Sanierungskonzept ist der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit (Abs 1) maßgebend. Im Bescheid, mit dem die Sanierung genehmigt wird, hat die Behörde, erforderlichenfalls unter Vorschreibung bestimmter Auflagen, eine dem Zeitaufwand für die vorgesehenen Sanierungsmaßnahmen entsprechende Frist zur Durchführung der Sanierung festzulegen.
Ist das Ziel einer Auflage der Schutz vor Gesundheitsgefährdung, so kann der mit der Erfüllung der Auflage verbundene Aufwand niemals außer Verhältnis zu dem damit angestrebten Erfolg stehen (vgl zB Verwaltungsgerichtshof 02.07.1992, 92/04/0056; 19.12.95/04/0120).
Der mit Bescheid vom 07.11.1985, Zahl II-665/5, betriebsanlagenrechtlich bewilligte Gastgewerbebetrieb wurde ursprünglich einheitlich in der Betriebsart Büffet betrieben. In der Folge hat die Betriebsinhaberin Abänderungsanträge gestellt, sodass sich der Gastgewerbebetrieb nunmehr darstellt wie folgt:
1) ?B.Bar? im Untergeschoß nunmehr um einen Raum vergrößert und in der Betriebsart Bar geführt
2) Gastraum im Erdgeschoß mit Theke und Küche in der Betriebsart Restaurant geführt
3)
Gastgarten mit der Auflage, bis 22.00 Uhr geschlossen zu sein
4)
Die WC-Anlagen werden sowohl von Gastgarten und Barbesuchern als auch von Restaurantbesuchern benützt. Vom Untergeschoß aus führt eine geradarmige Treppe ins Obergeschoß, die bis 02.00 Uhr den Barbesuchern als Ausgang in die XY dient.
Der Gastgewerbebetrieb wird in den drei angeführten Bereichen zwar in unterschiedlichen Betriebsarten geführt, jedoch in seiner Gesamtheit von der S. S. Restaurant BgsmbH betrieben. Durch diese organisatorische Einheit, die auch in der gemeinsamen Nutzung bestimmter Einrichtungen besteht (WC-Anlagen, Stiegenaufgang), stellt sich der Gastgewerbebetrieb mit den einzelnen Betriebsarten als einheitliche Betriebsanlage dar. Solcherart betrachtet kann das gegenseitige Ineinanderwirken der einzelnen Anlagenteile in ihren Auswirkungen auf die Umwelt umfassend beurteilt und damit der vom Gesetz angestrebte Nachbarschaftsschutz bewirkt werden (vgl VwSlg 11.888 A/1985; VwGH 6.11.1995, 95/04/0137).
Als ursächlich für die beanstandeten gesundheitsschädigenden Lärmbelästigungen wurden im erstinstanzlichen Verfahren das lärmende Verhalten der die B. Bar aufsuchenden bzw verlassenden Gäste im Zugangsbereich von der XY (vgl hiezu das Gutachten des gewerbetechnischen Sachverständigen vom 26.07.1999, Zahl 209-660/39) zum Eingang der Bar, festgestellt. Der Zugangsbereich ist laut Befund des Bescheides der Bezirkshauptmannschaft Lienz vom 07.11.1985, Zahl 666/5, Bestandteil des Gastgartens und somit vom betriebsanlagenrechtlichen Konsens umfasst. Unter dem vorbeschriebenen Gesichtspunkt einer einheitlichen Betriebsanlage ist der gegenständliche Zugangsbereich dem gesamtem Gastgewerbebetrieb der S. S. Restaurant BgsmbH zuzuordnen.
Richtig ist, dass die Lärmbelästigungen nicht nur innerhalb der Betriebsanlage, sondern auch außerhalb der Betriebsanlage erzeugt werden und zwar in der XY sowie im Bereich der südlich der XY liegenden Parkfläche. Die Schwierigkeit einer Abgrenzung im vorliegenden Fall ergibt sich daraus, dass der betroffene und der Betriebsanlage zuzurechnende Bereich ebenso im Freien liegt. Der Vorwurf der Berufungswerberin, der Lärm entstehe vor allem durch umliegende Betriebe geht aber insofern ins Leere, als sich das gegenständliche Verfahren auf den Regelungsgegenstand Lärmbelästigung innerhalb der Betriebsanlage beschränkt. Die Vorschreibung des Sanierungskonzeptes bezieht sich nur auf die der B. Bar zuordenbaren Lärmbeeinträchtigungen.
In diesem Umfang ist die Vorschreibung von Maßnahmen gemäß § 79 Abs 3 GewO 1994 auch keinesfalls verzichtbar, obwohl gemäß § 113 Abs 4 GewO 1994 die Gemeinde eine spätere Aufsperrstunde oder eine frühere Sperrstunde vorschreiben kann, wenn die Nachbarschaft wiederholt durch ein nicht strafbares Verhalten von Gästen vor der Betriebsanlage des Gastgewerbebetriebes unzumutbar belästigt wurde oder wenn sicherheitspolizeiliche Bedenken bestehen. Sowohl Gewerbebehörde als auch Gemeinde haben in ihrem Regelungsbereich notwendige Maßnahmen zur Vermeidung von Lärmbeeinträchtigungen zu setzen.
Der Vollständigkeit halber wird jedoch ausgeführt, dass grundsätzlich nicht ausgeschlossen ist, dass eine ?örtlich gebundenen Einrichtung?, in Vorgängen, die sich zwar außerhalb, aber im engeren örtlichen Bereich der Betriebsanlage abspielen, die Nachbarn beeinträchtigt. Solche Vorgänge sind gegenüber dem Verkehr auf öffentlichen Straßen in der Weise abzugrenzen, dass zwar das wesentlich zum Betriebsgeschehen in einer Betriebsanlage gehörende Zufahren zu dieser und das Wegfahren von dieser, nicht jedoch das Vorbeifahren auf einer Straße mit öffentlichem Verkehr, dem einer Betriebsanlage zugehörigen Geschehen zuzurechnen ist (vgl Gabler/Stolzlechner/Wendl, Kommentar zur GewO; § 74, Rz 9). Ob die Schutzinteressen des § 74 Abs 2 GewO 1994 berührende Vorgänge außerhalb einer Betriebsanlage dieser zuzurechnen sind, hängt davon ab, ob die Anlage und das wesentlich zur dort entfalteten gewerblichen Tätigkeit gehörende Geschehen geeignet sind, solche Vorgänge zu bewirken (vgl VwGH 1988, 87/04/0137).
Im gegenständlichen erstinstanzlichen Verfahren wurde sowohl der gewerbetechnischen als auch der medizinischen Beurteilung ein Grundgeräuschpegel von 33 dB(A) für die Nachtzeit nach 22.00 Uhr zu Grunde gelegt. Aus der eingeholten Stellungnahme des medizinischen Sachverständigen ergibt sich, dass der festgestellte Störlärm bis 45 dB mit Spitzen bis 62 dB als unerträglich und gesundheitsschädigend bzw gesundheitsgefährdend zu bezeichnen ist. Die dieser Beurteilung zu Grunde gelegten Messergebnisse stammen zwar aus den Jahren 1996 bzw 1999, ihre Aktualität wird aber nicht bezweifelt, da sich die zu den jeweiligen Messzeiten vorherrschenden Bedingungen und Verhältnisse mit den Wahrnehmungen der Sachverständigen im gegenständlichen Verfahren decken. Die Gutachten waren schlüssig und nachvollziehbar und blieben unangefochten.
Die solcherart festgestellten Verletzungen der Schutzinteressen gemäß § 74 Abs 2 GewO 1994 machten eine Auflage zum Schutz der Nachbarn (ein Sanierungskonzept gemäß § 79 Abs 3 GewO 1994 ist eine Auflage im weiteren Sinn) erforderlich. In diesem Sinne ist das Vorbringen der Berufungswerberin zur Notwendigkeit einer zusätzlichen Auflage, obwohl die Lärmsituation abgeklärt sei, unbeachtlich.
Bei der Beurteilung nach den geeigneten Maßnahmen zur Wahrung der nachbarlichen Schutzinteressen haben der gewerbetechnische und der medizinischen Sachverständige übereinstimmend die Einhausung des Eingangsbereiches (zur Abgrenzung vom Gastgarten) als geeignete Maßnahme bezeichnet. Der Amtstechniker forderte eine Mindestbreite von 1,20 Meter. Die Gutachten waren schlüssig und nachvollziehbar, sodass sich die Erstbehörde richtigerweise darauf stützen konnte.
Wie im Bescheid des Landeshauptmannes von Tirol vom 27.09.2000, Zahl IIa-60.011/3-00, rechtlich ausgeführt, handelt es sich hierbei um eine Maßnahme, die zu einer völligen Umprojektierung bzw zu einer neuen technischen Anlage bzw Ausstattung führt.
Ein Verfahren nach § 79 Abs 3 GewO 1994 war daher richtigerweise einzuleiten. Die erste Stufe dieses mehrstufigen Verfahrens ist der bescheidmäßige Auftrag zur Vorlage eines Sanierungskonzeptes. Dieser Aufrag hat jene betrieblichen Sanierungsziele möglichst genau zu umschreiben, die mit Hilfe des Sanierungskonzeptes erreicht werden müssen, was vor allem durch die Vorgabe bestimmt zu erreichender Emissionswerte geschehen kann (vgl Grabler/Stolzlechner/Wendl, Kommentar zur GewO, § 79, Rz 25).
Im angefochtenen Bescheid wurde das Sanierungsziel mit Lärmminderung für die Nachbarschaft umschrieben. Diese Umschreibung entspricht nicht der geforderten Präzisierung, sodass im Spruch eine Ergänzung durch Anführung einer Messgröße, durch die das Sanierungsziel bestimmbar wird, erforderlich war. Auf Befragen bestimmte der gewerbetechnische Sachverständige diese mit LGg gleich 33dB. Diese Messgröße stimmt mit dem Ergebnis der Lärmmessung des gewerbetechnischen Sachverständigen vom 18.07.1999 überein und wurde auch nicht bestritten.
Weiters war der Spruch des angefochtenen Bescheides in der Weise abzuändern, als die Formulierung ..?.. nach der nach der Gewerbeordnung geltenden Betriebszeiten für Gastgärten? zu ersetzen war durch die Formulierung ?...der für den Gastgarten geltenden Betriebszeit bis spätestens 22.00 Uhr?.
Im Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Lienz vom 07.11.1985, Zahl II-666/5, wurde ua als Auflage vorgeschrieben, dass der Betrieb des Gastgartens spätestens um 22.00 Uhr einzustellen sei. Laut vorliegendem Aktengang ist diese Auflage trotz diverser Antragstellungen, Entscheidungen und Berufungen (Instanzenzug wurde ausgeschöpft) gültiger Rechtsbestand, der durch die Tiroler Gastgärten- Betriebszeitenverordnung 2001 (Betriebszeiten von 8.00 bis 24.00 Uhr) nicht berührt wird. Ein Abgehen von der vorgeschriebenen Betriebszeit 22.00 Uhr setzt ein Verfahren gemäß § 78 Abs 2 GewO 1994 voraus.
Insgesamt handelt es sich gegenständlich um eine sanierungsbedürftige, rechtskräftig genehmigte Betriebsanlage. Zum Schutz der gemäß § 74 Abs 2 GewO 1994 wahrzunehmenden Interessen ist die Vorschreibung von das Wesen der Betriebsanlage verändernder Auflagen erforderlich. Dies bedingt die Vorschreibung eines Sanierungskonzeptes, dessen Sanierungsziele möglichst genau zu umschreiben sind.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Zusatz: Die fristgerecht erhobene Verwaltungsgerichtshofbeschwerde der Betriebsanlagenbetreiberin wurde mit Erkenntnis vom 21.12.2004, Zl 2003/04/0094-7 als unbegründet abgewiesen.