Der Unabhängige Verwaltungssenat in Tirol entscheidet durch sein Mitglied Mag. Franz Schett über die Berufung des Herrn J. D., 9971 Matrei i.O., gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Lienz vom 18.03.2003, Zahl GB-124-2002, betreffend eine Übertretung der Straßen- und Schienenverkehrsstatistik-Verordnung, wie folgt:
Gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG) iVm §§ 24, 51, 51c und 51e Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG) wird der Berufung Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis wegen Unzuständigkeit der Bezirkshauptmannschaft Lienz behoben.
Mit dem nunmehr angefochtenen Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Lienz vom 18.03.2003, Zahl GB-124-2002, wurde dem Berufungswerber, 9971 Matrei i.O., zur Last gelegt, er sei von der Statistik Austria, Direktion Unternehmen, verpflichtet worden, bis spätestens eine Woche nach Ablauf der Berichtswoche (01.09.2002 bis 07.09.2002) die für eine Erhebung des Straßengüterverkehrs erforderlichen Angaben zu machen, habe es jedoch trotz nachweislich zugestellter Mahnungen (zugestellt am 16.10.2002 und 29.10.2002) bis dato unterlassen, diese Auskünfte zu erteilen, obwohl alle österreichischen Unternehmen, die Güterbeförderungen auf der Straße durchführen, Angaben über die Bestands-, Betriebs- und Verkehrsstatistik zu leisten hätten und daher entsprechend auskunftspflichtig seien. Der Beschuldigte habe damit die Rechtsvorschriften in § 3 Z 1 Straßen- und Schienengüter-verkehrsstatistikgesetz, BGBl Nr 142/1983, und §§ 8 und 17 Straßen- und Schienenverkehrs-statistik-Verordnung, BGBl Nr 393/1995, verletzt. Über diesen wurde daher gemäß § 23 Abs 1 Z 7 Güterbeförderungsgesetz eine Geldstrafe in der Höhe von Euro 365,--, Ersatzfreiheitsstrafe 5 Tage, verhängt.
Dagegen hat der Beschuldigte fristgerecht Berufung erhoben und darin ausgeführt, er habe die Meldungen an die Statistik Austria im Oktober 2002, und zwar in der zweiten Kalenderwoche, abgeschickt. Lediglich aufgrund eines Versehens des Buchhalters sei in einem vorangegangenen Schreiben eine Versendung in der 36. Kalenderwoche angeführt worden. Aus diesem Grund habe er die Mahnungen der Statistik Austria nicht erwidert.
Die Berufungsbehörde hat wie folgt erwogen:
Gemäß § 66 Abs 4 AVG hat die Berufungsbehörde, außer dem in Abs 2 erwähnten Fall, sofern die Berufung nicht als unzulässig oder verspätet zurückzuweisen ist, immer in der Sache selbst zu entscheiden. Sie ist berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung (§ 60) ihre Anschauung an die Stelle jener der Unterbehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern. Diese Bestimmung ist nach § 24 VStG auch im Verwaltungsstrafverfahren anzuwenden. Nach § 1 Straßen- und Schienenverkehrsstatistikgesetz, BGBl Nr 142/1983, hat das Österreichische Statistische Zentralamt statistische Erhebungen über den Stand, die Entwicklung und die Leistungen des Straßen- und Schienenverkehrs durchzuführen. Gemäß § 2 Z 1 leg cit sind Gegenstand der Erhebungen unter anderem die Betriebs-, Verkehrs- und Transportleistungen im Bereich des Güterverkehrs.
Nach § 3 Z 1 leg cit sind die in- und ausländische gewerbsmäßige Beförderungen von Gütern oder Beförderung von Gütern im Werksverkehr betreibenden Unternehmer zur Auskunftserteilung und Mitwirkung bei statistischen Erhebungen im Sinne dieses Bundesgesetzes verpflichtet.
Gemäß § 11 leg cit hat der Bundesminister für Verkehr durch Verordnung entsprechende Anordnungen ua auch über die Art, die Form und den Umfang der Durchführung der Erhebungen, der Auswertung und der Datenübermittlung zu treffen.
Mit der Straßen- und Schienengüterverkehrsstatistik-Verordnung, BGBl Nr 393/1995, welche sich laut Präambel auf die §§ 7, 11 und 12 des Straßen- und Schienenverkehrsstatikgesetzes, BGBl Nr 142/1983, und auf § 15 Abs 3 des Güterbeförderungsgesetzes in der zum Zeitpunkt der Verordnungserlassung geltenden Fassung stützt, hat der Bundesminister für öffentliche Wirtschaft und Verkehr das Verfahren hinsichtlich dieser statistischen Erhebungen geregelt. Gemäß § 2 dieser Verordnung sind die Angaben für die Bestands-, Betriebs- und Verkehrsstatistik für den jeweiligen Berichtszeitraum anzumelden. Der Berichtszeitraum ist jener Zeitraum, für den der Erhebungsadressat seine statistischen Berichte abzugeben hat. Er wird vom Österreichischen Statistischen Zentralamt im Rahmen der Festlegung der Erhebungsform im Sinne des § 9 bekanntgegeben und beträgt pro betriebspflichtigem Unternehmen höchstens eine Woche im Vierteljahr.
Nach § 8 der Verordnung sind auskunftspflichtig alle österreichischen Unternehmen, die Güterbeförderungen auf der Straße durchführen.
Gemäß § 11 Abs 1 der Verordnung sind die Erhebungsformulare vorschriftsgemäß auszufüllen und dem Österreichischen Statischen Zentralamt unmittelbar nach Ablauf des Berichtszeitraumes, die Frachtbriefe nach Nummern geordnet, zu übersenden.
Nach § 17 der Verordnung begeht eine Verwaltungsübertretung im Sinne des § 16 Abs 1 Z 6 Güterbeförderungsgesetz, wer seiner Auskunftspflicht nicht, unvollständig oder nicht zeitgerecht nachkommt. Der hier zitierte § 16 Abs 1 Z 6 Güterbeförderungsgesetz entspricht nach der Wiederverlautbarung des Güterbeförderungsgesetzes und aufgrund der zwischenzeitlich erfolgten mehrfachen Novellierung desselben nunmehr dem § 23 Abs 1 Z 7.
Gemäß § 22 Abs 1 Bundestatistikgesetz 2000, BGBl I Nr 136/2001, wird das Österreichische Statistische Zentralamt mit dem Inkrafttreten dieses Bundesgesetzes als Anstalt öffentlichen Rechts des Bundes mit dem Namen Bundesanstalt ?Statistik Österreich? errichtet. Nach § 22 Abs 3 leg cit hat die Bundestanstalt ihren Sitz in Wien und besitzt Rechtspersönlichkeit.
Nach Ansicht der Berufungsbehörde ist nun die Auskunftspflicht gemäß § 3 Straßen- und Schienenverkehrsstatistikgesetz iVm §§ 8 und 11 der Straßen- und Schienenverkehrsstatistik-Verordnung erst dann erfüllt, wenn die ausgefüllten und an die Bundesanstalt Statistik Österreich eingesendeten Unterlagen bei dieser Stelle auch einlangen. Erfüllungsort der Verpflichtung ist daher der Sitz der Statistik Österreich, der damit auch Tatort bei Unterlassung der gebotenen Auskunft ist. Die Verwaltungsübertretung wird folglich nicht am Sitz des auskunftspflichtigen Unternehmens, sondern im Sprengel des Magistrates der Stadt Wien begangen (vgl in diesem Zusammenhang die Ausführungen im Erkenntnis des VwGH v. 5. 3.1997, Zl 96/03/0154). Dabei ist insbesondere auch zu berücksichtigen, dass das Straßen- und Schienenverkehrsstatistik-gesetz bzw das Güterbeförderungsgesetz, in welchen die Straßen- und Schienenverkehrs-statistik-Verordnung ihre gesetzliche Grundlage hat, keine dem § 67 Bundesstatistikgesetz 2000 vergleichbare Regelung enthalten. Der offenbar vereinzelt vertretenen Rechtsmeinung, dass es sich beim Straßen- und Schienenverkehrsstatistikgesetz bzw bei der Straßen- und Schienenverkehrsstatistik-Verordnung um leges speciales zum Bundesstatistikgesetz 2000 handelt und das Bundesstatistikgesetz 2000 als lex generalis immer dort gilt, wo die spezielleren Normen keine Sonderbestimmungen enthalten, weshalb die Zuständigkeitsregelung in § 67 Bundesstatistikgesetz 2000 auch für die Verletzung von Meldepflichten nach der Straßen- und Schienenverkehrsstatistik-Verordnung anwendbar sei, wird seitens der Berufungsbehörde nicht beigetreten. Der § 67 Bundesstatistikgesetz 2000 trifft hinsichtlich der örtlichen Zuständigkeit für die Durchführung von Verwaltungsstrafverfahren bei Nichterfüllung der gesetzlichen Auskunftspflichten eine Sonderregelung in der Weise, dass dafür jene Bezirksverwaltungsbehörde zuständig ist, in deren Sprengel der Mitwirkungs- oder Auskunftspflichtige seinen Hauptwohnsitz bzw - bei Fehlen eines solchen - seine n sonstigen Wohnsitz hat. Bei juristischen Personen, Personengesellschaften des Handelsrechtes oder eingetragenen Erwerbsgesellschaften oder Unternehmungen ist auf deren Sitz oder ? bei Fehlen eines solchen ? auf den Ort abzustellen, an dem die Tätigkeit hauptsächlich ausgeübt wird. Dass in § 67 Bundesstatistikgesetz 2000 eine Sonderregelung hinsichtlich der örtlichen Zuständigkeit getroffen wird, stützt zunächst die eingangs vertretene Rechtsansicht, wonach Erfüllungsort für die Erteilung statistischer Auskünfte bzw Tatort bei Verletzung der Auskunftspflicht grundsätzlich dort ist, wo die anfragende Stelle ihren Sitz hat. Andernfalls hätte nämlich keine Notwendigkeit für die Aufnahme dieser ? laut Regierungsvorlage die Entlastung des Magistrats der Stadt Wien bezweckenden - Bestimmung in das Bundesstatistikgesetz 2000 bestanden. Der § 67 Bundesstatistikgesetz 2000 gilt aber nach seinem klaren Wortlaut nur für Bestrafungen gemäß § 66 leg cit, also wegen Verletzung von in der Strafbestimmung konkret bezogenen Mitwirkungs- und Auskunftspflichten nach diesem Gesetz. Der § 17 Straßen- und Schienenverkehrsstatistik-Verordnung enthält hingegen für die Verletzung der in dieser Verordnung vorgesehenen Auskunftspflichten eine eigene Strafbestimmung, wobei auf die Strafnorm in § 16 Abs 1 Z 6 Güterbeförderungsgesetz bzw nunmehr § 23 Abs 1 Z 7 Güterbeförderungsgesetz verwiesen wird. Diese Strafnorm unterscheidet sich dabei von jener in § 66 Bundesstatistikgesetz 2000 sowohl hinsichtlich der Tatbestandsmerkmale als auch hinsichtlich des Strafrahmens. Eine extensive Auslegung des § 67 Bundesstatistikgesetz 2000 dahingehend, dass dieser für die Verletzung sämtlicher statistischer Auskunftspflichten, mithin auch solcher nach der Straßen- und Schienen-verkehrsstatistik-Verordnung, eine Sonderregelung hinsichtlich der örtlichen Zuständigkeit trifft, ist nach Ansicht der gefertigten Behörde verfehlt. Die Grenze möglicher Auslegung bildet der Gesetzeswortlaut. Nur wenn der Wortlaut Zweifel über den Inhalt der Regelung aufkommen läs
st, ist der Inhalt des Gesetzes nach anderen Auslegungsregeln zu ermitteln. Im § 67 Bundesstatistikgesetz 2000 wird aber ? wie erwähnt ? ausdrücklich und in unzweifelhafter Weise nur auf Bestrafungen des § 66 leg cit abgestellt.
Dies bedeutet, dass die Zuständigkeit zur Ahndung von Übertretungen der Straßen- und Schienenverkehrsstatistik-Verordnung nach Ansicht der gefertigten Behörde beim Magistrat der Stadt Wien liegt und die Bezirkshauptmannschaft Lienz mithin für die Erlassung des nunmehr angefochtenen Straferkenntnisses nicht zuständig war. Die Unzuständigkeit der Unterbehörde hat die Berufungsbehörde von Amts wegen wahrzunehmen und den bei ihr bekämpften Bescheid aufzuheben (vgl VwGH 14.03.1995, 92/07/0162 uva).
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.