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32/02 Steuern vom Einkommen und Ertrag;Norm
EStG 1988 §22 Z2;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und die Hofräte Dr. Fellner, Dr. Hargassner, Mag. Heinzl und Dr. Fuchs als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. iur. Mag. (FH) Schärf, über die Beschwerde der T GmbH in W, vertreten durch Confida Wirtschaftstreuhandgesellschaft mbH in Wien XIX, Reithlegasse 4, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom 17. Jänner 2000, Zl. RV/302- 06/99, betreffend Dienstgeberbeitrag zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen und Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag für den Zeitraum 1.1.1994 bis 31.12.1996, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem angefochtenen Bescheid wurden der Beschwerdeführerin im Instanzenzug für die Jahre 1994 bis 1996 Dienstgeberbeiträge zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen unter Berufung auf § 41 Abs. 1 Familienlastenausgleichsgesetz (im Folgenden kurz: FLAG) sowie Beträge an Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag (Handelskammerumlage) unter Berufung auf § 57 Abs. 7 und 8 des Handelskammergesetzes vorgeschrieben. Begründend wird unter anderem ausgeführt, im Zuge einer Lohnsteuerprüfung im Unternehmen der Beschwerdeführerin sei festgestellt worden, dass der an den mit 56 % an der Gesellschaft beteiligten Geschäftsführer Thomas R. ausbezahlte Bezug je S 2,8 Mio in den Jahren 1994 bis 1996 betragen habe. Hievon seien weder Dienstgeberbeiträge zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen noch Zuschläge zum Dienstgeberbeitrag einbehalten und an das Finanzamt abgeführt worden.
In der Folge wird im Ergebnis die Auffassung vertreten, die Beschäftigung des Geschäftsführers der beschwerdeführenden Gesellschaft weise ungeachtet seiner Beteiligung an der Gesellschaft mit Ausnahme der Weisungsgebundenheit sonst alle Merkmale eines Dienstverhältnisses im Sinne des § 47 Abs. 2 EStG 1988 auf. Ein Unternehmerwagnis liege nicht, eine organisatorische Eingliederung in den Betrieb der Beschwerdeführerin aber schon im Hinblick darauf vor, dass eine juristische Person nur durch das Tätigwerden des Geschäftsführers selbst handlungsfähig werde. Der Geschäftsführer Thomas R. erziele aus der Geschäftsführertätigkeit demnach Einkünfte im Sinne des § 22 Z. 2 Teilstrich 2 EStG 1988, weshalb er im Sinne der Bestimmung des § 41 Abs. 2 FLAG in der ab dem Jahre 1994 anzuwendenden Fassung Dienstnehmer sei. Dies habe die Pflicht der Beschwerdeführerin ausgelöst, von den Bezügen des Geschäftsführers den Dienstgeberbeitrag abzuführen.
In der gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde wird geltend gemacht, dass die Beschäftigung des Geschäftsführers Erich B. "sonst alle Merkmale eines Dienstverhältnisses (§ 47 Abs. 2 EStG 1988)" nicht aufweise. Insbesondere liege eine Eingliederung des Geschäftsführers in den Betrieb nicht, ein Unternehmerwagnis hingegen schon vor.
Den am 20. Dezember 2000 vom Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 140 Abs. 1 B-VG gestellten Antrag auf Aufhebung bestimmter, im gegenständlichen Fall zur Anwendung kommender gesetzlicher Bestimmungen hat der Verfassungsgerichtshof mit Beschluss vom 14. März 2001, G 148/00 u.a., als unzulässig zurückgewiesen, weil er über die vorgetragenen Bedenken bereits in einem anderen Verfahren mit dem Erkenntnis vom 7. März 2001, G 110/00, unter Verweis auf sein Erkenntnis vom 1. März 2001, G 109/00 entschieden hatte.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Im Erkenntnis vom 1. März 2001, G 109/00, hat der Verfassungsgerichtshof den Antrag des Verwaltungsgerichtshofes auf Aufhebung bestimmter, auch im gegenständlichen Fall zur Anwendung kommender gesetzlicher Bestimmungen abgewiesen. Er hat dazu u. a. ausgeführt, dass verschiedene Merkmale eines Dienstverhältnisses, die im Zusammenhang mit einer weisungsgebundenen Tätigkeit Indizien für ein Dienstverhältnis seien, im Fall der - auf die gesellschaftsrechtliche Beziehung zurückzuführenden - Weisungsungebundenheit ihre Unterscheidungskraft verlieren und daher für die Lösung der Frage, ob nach dem Gesamtbild der Verhältnisse die sonstigen Merkmale eines Dienstverhältnisses im Vordergrund stehen, nicht brauchbar sind. Zu den Merkmalen, die in diesem Sinn vor dem Hintergrund der Weisungsungebundenheit ihre Indizwirkung zur Bestimmung des durch eine Mehrzahl von Merkmalen gekennzeichneten Typusbegriffes des steuerlichen Dienstverhältnisses verlieren, gehören vor allem folgende: fixe Arbeitszeit, fixer Arbeitsort, arbeitsrechtliche und sozialversicherungsrechtliche Einstufung der Tätigkeit, Anwendbarkeit typischer arbeitsrechtlicher Vorschriften wie Abfertigungs- und Urlaubsregelung, Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall oder Kündigungsschutz, sowie die Heranziehung von Hilfskräften in Form der Delegierung von bestimmten Arbeiten (vgl. dazu und zu den folgenden Ausführungen insbesondere die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 23. April 2001, 2001/14/0052, 2001/14/0054, und vom 10. Mai 2001, 2001/15/0061, jeweils mwN).
Insgesamt stellt somit das in § 22 Z 2 Teilstrich 2 EStG 1988 für wesentlich beteiligte Gesellschafter normierte Vorliegen der sonstigen Merkmale eines Dienstverhältnisses - abgesehen vom hinzuzudenkenden Merkmal der Weisungsgebundenheit - vor allem auf die Kriterien der Eingliederung in den geschäftlichen Organismus der Kapitalgesellschaft und das Fehlen des Unternehmerwagnisses ab.
Die Eingliederung in den geschäftlichen Organismus des Arbeitgebers ist gegeben, wenn der Steuerpflichtige auf Dauer einen Teil des rechtlichen bzw. wirtschaftlichen Organismus bildet und seine Tätigkeit im Interesse dieses Organismus ausüben muss (vgl. Herrmann/Heuer/Raupach, Kommentar zur Einkommensteuer und Körperschaftsteuer21, § 19 Anm. 72f). Die kontinuierliche und über einen längeren Zeitraum andauernde Erfüllung der Aufgaben der Geschäftsführung spricht für die Eingliederung (vgl. auch dazu das hg. Erkenntnis vom 23. April 2001, 2001/14/0054).
Unternehmerwagnis liegt vor, wenn der Erfolg der Tätigkeit des Steuerpflichtigen weitgehend von der persönlichen Tüchtigkeit, vom Fleiß, von der persönlichen Geschicklichkeit sowie von den Zufälligkeiten des Wirtschaftslebens abhängt und der Steuerpflichtige für die mit seiner Tätigkeit verbundenen Aufwendungen selbst aufkommen muss. Dabei kommt es auf die tatsächlichen Verhältnisse an: Im Vordergrund dieses Merkmales steht, ob den Steuerpflichtigen tatsächlich das Wagnis ins Gewicht fallender Einnahmenschwankungen trifft. Von Bedeutung ist noch das Merkmal der laufenden (wenn auch nicht notwendig monatlichen) Entlohnung. Eine laufende Entlohnung liegt auch dann vor, wenn der Jahresbezug nicht in monatlich gleich bleibenden Monatsbeträgen ausbezahlt wird (vgl abermals das oben zitierte Erkenntnis vom 23. April 2001).
Vor dem Hintergrund dieser in der Rechtsprechung sowohl des Verfassungs- als auch des Verwaltungsgerichtshofes herausgearbeiteten Beurteilung in Bezug auf die Erfüllung der Voraussetzungen des § 22 Z 2 Teilstrich 2 EStG 1988, die unter Hinweis auf § 43 Abs. 2 VwGG auch dem gegenständlichen Beschwerdefall zu Grunde zu legen ist, kann der Verwaltungsgerichtshof nicht finden, dass die belangte Behörde im Beschwerdefall die Betätigung der Geschäftsführerin zu Unrecht als solche iSd § 22 Z 2 Teilstrich 2 EStG 1988 qualifiziert und daraus die Rechtsfolgen hinsichtlich Dienstgeberbeitrag und Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag gezogen hätte. Die für die Eingliederung in den geschäftlichen Organismus der Beschwerdeführerin wesentliche kontinuierliche und über einen längeren Zeitraum andauernde Erfüllung der Aufgaben der Geschäftsführung ist im Beschwerdefall unbestritten geblieben. Ein einnahmenseitiges Unternehmerrisiko ist bei den regelmäßigen Geschäftsführerbezügen von jährlich S 2,8 Mio in den Jahren 1994 bis 1996 nicht zu erkennen. Aber auch ein Risiko ins Gewicht fallender Schwankungen auf der Ausgabenseite wurde von der Beschwerdeführerin nicht dargetan.
Der bloße Umstand unterbliebener Auszahlungen von Geschäftsführervergütungen in den Jahren 1991 und 1992 stellt noch kein ausreichendes Indiz für die Erfolgsabhängigkeit der Vergütungen dar.
Da sich die Beschwerde daher als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs 1 VwGG abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am 17. Oktober 2001
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2001:2001130097.X00Im RIS seit
05.03.2002