TE UVS Tirol 2003/05/20 2003/26/014-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 20.05.2003
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat in Tirol entscheidet durch sein Mitglied Mag. Franz Schett über die Berufung der Gemeinde F., Gemeindeamt, Bergstraße, 6122 Fritzens, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck vom 05.02.2003, Zl 3.1-689/00-A/14, betreffend die gewerbebehördliche Genehmigung einer Betriebsanlagenänderung, gemäß § 67h iVm § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG) wie folgt:

Die Berufung wird als unzulässig zurückgewiesen.

Text

Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck vom 10.08.2000, Zl 3.1-689/00, wurde der M.S.GmbH, 6112 Wattens, gemäß § 77 Abs 1 und § 74 Abs 2 GewO 1994 iVm § 93 Abs 2 ArbeitnehmerInnenschutzgesetz die gewerbebehördliche Genehmigung für die Errichtung und den Betrieb einer Tankstelle auf Gst. xxxx/y KG Fritzens nach Maßgabe der vorgelegten Pläne und sonstigen Unterlagen unter diversen Auflagen erteilt. Gegen diesen Bescheid wurde laut erstinstanzlichem Akt keine Berufung erhoben.

Mit Eingabe vom 04.11.2002 hat die M.S.GmbH die Erteilung der gewerberechtlichen Genehmigung für eine Änderung der betreffenden Betriebsanlage durch Errichtung einer Linksabbiegespur, Erweiterung des LKW-Parkplatzes und Versickerung der Oberflächenwässer über Humusmulden beantragt. Über diesen Antrag wurde am 11.12.2002 eine mündliche Verhandlung durchgeführt. Im Zuge dieser mündlichen Verhandlung hat sich die Gemeinde F. vertreten durch den Bürgermeister, gegen die Erteilung der Änderungsgenehmigung ausgesprochen und dabei ausgeführt, dass der derzeitige Zustand aus Sicht der Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs unhaltbar sei. Durch den großen Zuzug von LKWs von der Autobahn komme es laufend zu Verkehrsbehinderungen. Die Gemeinde erkläre sich mit der beantragten planlichen Darstellung nicht einverstanden, da die bevorstehende Gehsteigverlängerung nicht berücksichtigt sei und diese in der zukünftigen Planung Beachtung finden müsse. Jedwede Erweiterung der Frequenz führe zwangsläufig zu einer Zunahme der Beschwerden und könne von der Gemeinde nicht unterstützt werden. Es müsse eine Regelung der Grundstücksfrage mit der W. GmbH sowie des Missstandes bei der Ausfahrt gefunden werden. Die Gemeinde erwarte baldigst eine schriftliche Einverständniserklärung der W. GmbH.

Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck vom 05.02.2003, Zl 3.1-689/00-A/14, wurde der M.S.GmbH die gewerbebehördliche Genehmigung zur Änderung der betreffenden Betriebsanlage nach Maßgabe der einen wesentlichen Bestandteil des Bescheides bildenden Pläne und sonstigen Unterlagen unter diversen Auflagen erteilt. Gegen den Genehmigungsbescheid hat die Gemeinde F. Berufung an den Unabhängigen Verwaltungssenat erhoben und dabei Folgendes vorgebracht:

?1. In den genehmigten planlichen Unterlagen ist die Weiterführung des Gehsteiges entlang der Gp. 1226/2 nicht berücksichtigt.

2. Die Lkw-Ausfahrt aus der Tankstelle ist auch bei der neuen Planung nur dann möglich, wenn beide Fahrspuren der Ortszufahrt benützt werden. Es fehlt bis heute die Zustimmung der Grundeigentümer (Fa. W. und A.A., dass die im vorgelegten Plan enthaltenen Maßnahmen tatsächlich ausgeführt werden können.

3. Die im Einreichplan ausgewiesenen Lkw-Parkplätze sind teilweise nicht Lkw-tauglich und stellen daher nur eine Alibimaßnahme dar.

4. Dass es, wie im Bescheid angeführt, auf der Zufahrt zur Tankstelle nur zu kleineren Stauungen kommt, entspricht nicht der Tatsache. Die Stauungen sind teilweise ca 750 m lang und reichen bis zum Kreisverkehr bei der Autobahnausfahrt in Wattens zurück (siehe dementsprechenden Bericht des Gendarmerieposten Wattens).

5. Zur Bearbeitung des Bauansuchens wurde die Fa. S.GmbH aufgefordert, gem § 21 Abs 2 TBO die Zustimmungserklärung der Grundeigentümer vorzulegen. Diese Zustimmung wurde bis heute nicht vorgelegt bzw fehlt bis heute noch. Daraus muss geschlossen werden, dass die Fa. S. nur auf Zeitgewinn arbeitet, da die im genehmigten Plan dargestellten Maßnahmen zur Errichtung einer Abbiegespur gar nicht möglich sind, da die Voraussetzungen (Grund) dafür fehlen.?

 

Die Berufungsbehörde hat wie folgt erwogen:

 

Gemäß § 67h Abs 1 GewO 1994 gilt in den Angelegenheiten des § 67a Abs 1 Z 1 der § 66 mit der Maßgabe, dass der unabhängige Verwaltungssenat dann gemäß § 66 Abs 4 in der Sache zu entscheiden hat, wenn die belangte Behörde dem nicht bei der Vorlage der Berufung unter Bedachtnahme auf die wesentliche Vereinfachung oder Beschleunigung des Verfahrens widerspricht.

Ein Ausschluss der Befugnis zur Sachentscheidung ist nicht erfolgt. Nach § 66 Abs 4 AVG hat die Berufungsbehörde außer dem in Abs 2 erwähnten Fall, sofern die Berufung nicht als unzulässig oder verspätet zurückzuweisen ist, immer in der Sache selbst zu entscheiden. Sie ist berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung (§ 60) ihre Anschauung an die Stelle jener der Unterbehörden zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern.

Die Berufungsbehörde ist zu einer inhaltlichen Auseinandersetzung mit dem Berufungsvorbringen also nur dann befugt, wenn die Berufung fristgerecht bei der Behörde einlangt und diese zulässigerweise erhoben wird. Unzulässig ist eine Berufung insbesondere dann, wenn die als Berufungswerber auftretende Person zur Einbringung der Berufung nicht legitimiert ist.

 

Im vorliegenden Fall war daher zunächst zu prüfen, ob der Gemeinde F. hinsichtlich des von ihr angefochtenen Genehmigungsbescheides ein Berufungsrecht zukommt. Die für die Beurteilung dieser Frage maßgeblichen Bestimmungen der Gewerbeordnung 1994 lauten wie folgt:

 

?§ 359

(1) Im Bescheid, mit dem die Errichtung und der Betrieb einer Anlage genehmigt werden, sind die allenfalls erforderlichen Auflagen anzuführen. ?

(2) ?.

(3) ?.

(4) Das Recht der Berufung steht außer dem Genehmigungswerber den Nachbarn zu, die Parteien sind. Das Berufungsrecht der Arbeitsinspektorate wird hiedurch nicht berührt.

 

 

§ 75

(1) ?.

(2) Nachbarn im Sinne dieses Bundesgesetzes sind jene Personen, die durch die Errichtung, den Bestand oder den Betrieb einer Betriebsanlage gefährdet oder belästigt oder deren Eigentum oder sonstige dingliche Rechte gefährdet werden könnten. Als Nachbarn gelten nicht Personen, die sich vorübergehend in der Nähe der Betriebsanlage aufhalten und nicht im Sinne des vorherigen Satzes berechtigt sind. Als Nachbarn gelten jedoch die Inhaber von Einrichtungen, in denen sich, wie etwa in Beherbergungsbetrieben, Krankenanstalten und Heimen, regelmäßig Personen vorübergehend aufhalten, hinsichtlich des Schutzes dieser Personen und die Erhalter von Schulen hinsichtlich des Schutzes der Schüler, der Lehrer und der sonst in Schulen ständig beschäftigten Personen. ?.

§ 355

Die Gemeinde ist im Verfahren zur Genehmigung einer Betriebsanlage zum Schutz der öffentlichen Interessen im Sinne des § 74 Abs 2 Z 2 bis 5 im Rahmen ihres Wirkungsbereiches zu hören.?

Ebenfalls beachtlich sind nachstehende Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsver-fahrensgesetzes 1991 (AVG):

 

?§ 42

(1) Wurde eine mündliche Verhandlung gemäß § 41 Abs 1 zweiter Satz und in einer in den Verwaltungsvorschriften vorgesehenen besonderen Form kundgemacht wird, so hat dies zur Folge, dass eine Person ihre Stellung als Partei verliert, soweit sie nicht spätestens am Tag vor Beginn der Verhandlung bei der Behörde oder während der Verhandlung Einwendungen erhebt. Wenn die Verwaltungsvorschriften über die Form der Kundmachung nichts bestimmen, so tritt die im ersten Satz bezeichnete Rechtsfolge ein, wenn die mündliche Verhandlung gemäß § 41 Abs 1 zweiter Satz und in geeigneter Form kundgemacht wurde. Eine Kundmachungsform ist geeignet, wenn sie sicherstellt, dass ein Beteiligter von der Anberaumung der Verhandlung voraussichtlich Kenntnis erlangt.

(2) Wurde eine mündliche Verhandlung nicht gemäß Abs 1 kundgemacht, so erstreckt sich die darin bezeichnete Rechtsfolge nur auf jene Beteiligten, die rechtzeitig die Verständigung von der Anberaumung der Verhandlung erhalten haben.?

 

Zunächst ist festzuhalten, dass sich nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsge-richtshofes aus § 355 GewO 1994 eine Parteistellung der Gemeinde (und damit ein Berufungsrecht) nicht ableiten lässt. Das in dieser Bestimmung normierte Anhörungsrecht der Gemeinde hinsichtlich bestimmter Schutzinteressen schließt nach Meinung des Gerichtshofes die Annahme einer Parteistellung sogar aus (vgl VwGH 24.01.1989, Zl 88/04/0152 ua).

Es bleibt daher zu prüfen, ob der Gemeinde F. im gegenständlichen Verfahren allenfalls ein Berufungsrecht als Nachbar iSd § 75 Abs 2 GewO 1994 zukommt.

In diesem Zusammenhang ist zunächst zu berücksichtigen, dass nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes § 359 Abs 4 GewO 1994 auch in einem gemäß § 81 GewO 1994 durchzuführenden Verfahren über die Genehmigung der Änderung einer konsentierten Betriebsanlage gilt (vgl VwGH 19.10.1993, Zl 92/04/0267 ua). Dem erstinstanzlichen Akt kann nun ein Hinweis auf eine Nachbarstellung der Gemeinde nicht entnommen werden. Aber selbst wenn man eine solche Nachbarstellung der Gemeinde bejahen würde, hätte die Gemeinde F. nach Ansicht der Berufungsbehörde ihre Parteistellung im gegenständlichen Verfahren und damit das Berufungsrecht jedenfalls verloren.

Die vorzitierte Bestimmung in § 42 Abs 1 und 2 AVG stellt klar, dass im Falle der Durchführung einer mündlichen Verhandlung die Parteistellung der Nachbarn nur bei rechtzeitiger Erhebung zulässiger Einwendungen aufrecht bleibt. Eine Einwendung iSd § 42 Abs 1 AVG liegt dabei dann vor, wenn der Nachbar die Verletzung eines subjektiven Rechtes geltend macht. Dem Vorbringen des Nachbarn muss also entnommen werden können, dass überhaupt die Verletzung eines subjektiven Rechtes behauptet wird, und ferner, welcher Art dieses Recht ist (vgl VwGH 10.12.1991, Zl 91/04/0119 uva). Das heißt, es muss auf einen oder mehrere der im § 74 Abs 2 Z 1, 2, 3 oder 5 GewO 1994, im Falle des § 74 Abs 2 Z 2 leg cit auf einen oder mehrere der dort vorgesehenen Alternativtatbestände (Geruch, Lärm, Rauch, Staub, Erschütterung oder eine ?in anderer Weise? auftretende Einwirkung) abgestellt werden. Der Erhalt der Parteistellung des Nachbarn setzt dabei nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes qualifizierte Einwendungen voraus; ein lediglich allgemein gehaltenes, nicht auf die konkreten Verhältnisse des Beteiligten abgestelltes Vorbringen stellt schon begrifflich keine Behauptung der Verletzung eines subjektiv-öffentlichen Rechtes im Sinne des Rechtsbegriffes einer Einwendung dar (vgl VwGH 21.06.1993, Zl 92/04/0144 ua).

Die Gemeinde F. wurde laut erstinstanzlichem Akt von der Anberaumung der mündlichen Verhandlung am 11.12.2002 durch die Bezirkshauptmannschaft Innsbruck schriftlich verständigt. Wie sich aus der Verhandlungsschrift ergibt, hat nun die Gemeinde in der mündlichen Verhandlung auf die durch die gegenständliche Anlage bedingte Beeinträchtigung der Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs bzw das Vorliegen von Verkehrsbehinderungen hingewiesen und ihre Befürchtung geäußert, dass jede Erweiterung der Frequenz zu einer Zunahme der Beschwerden führen werde. Weiters wurde bemängelt, dass die von der Gemeinde beabsichtigte Gehsteigverlängerung in der Planung nicht berücksichtigt sei. Schließlich wurde darauf hingewiesen, dass eine Regelung der Grundstücksfrage mit der W. GmbH sowie des Missstandes bei der Ausfahrt gefunden werden müsse. Mit diesem Vorbringen wird nun aber nicht, wie für das Vorliegen einer Einwendung gefordert, die Verletzung subjektiv-öffentlicher Rechte geltend gemacht. Mit dem Hinweis auf die bestehende Verkehrsproblematik behauptet die Gemeinde offenkundig einen Widerspruch des von der Konsenswerberin geplanten Vorhabens zu den Schutzinteressen in § 74 Abs 2 Z 4 GewO 1994. Die Sicherheit, Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs sind aber von der Gewerbebehörde von Amts wegen wahrzunehmen und sind die Nachbarn nicht berechtigt, den Schutz dieser Interessen als subjektiv-öffentliches Recht geltend zu machen. Ebensowenig ist die Gemeinde legitimiert, eine allfällige Betroffenheit von Eigentumsrechten der W. GesmbH als subjektives Recht geltend zu machen. Einem Nachbarn steht nämlich die Wahrnehmung anderer als eigener subjektiv-öffentlicher Rechte nicht zu (vgl VwGH 21.01.1980, Zl 1115/79 ua). Mit dem Vorbringen, die Gemeinde beabsichtige eine Verlängerung des Gehsteiges und sei diese Planung im Projekt nicht hinreichend berücksichtigt, wird nach Ansicht der Behörde ebenfalls kein von der Gewerbebehörde wahrzunehmendes ?Nachbarrecht? dargetan. Zum Hinweis, bei einer Erhöhung der Verkehrsfrequenz sei mit einer Zunahme der Beschwerden zu rechnen, ist zunächst festzuhalten, dass damit nicht in der vom Verwaltungsgerichtshof geforderten detaillierten Weise eine ? von der Gemeinde offenbar gemeinte ? Belästigung iSd § 74 Abs 2 Z 2 GewO 1994 geltend gemacht wird. Wie zuvor ausgeführt, muss der Nachbar konkret anführen, durch welche Einwirkung (Geruch, Lärm etc) er sich belästigt erachtet, andernfalls keine Einwendung im Rechtssinne vorliegt. Weiters ist festzuhalten, dass eine juristische Person, wie sie eine Gemeinde ist, nicht im Sinne des § 74 Abs 2 Z 2 leg cit belästigt sein kann (VwGH 02.10.1989, Zl 87/04/0071). Die Gemeinde ist schließlich auch nicht berechtigt, stellvertretend für die Gemeindebevölkerung eine Betroffenheit der Schutzinteressen iSd § 74 Abs 2 Z 1 und Z 2 leg cit geltend zu machen.

Im Ergebnis ist sohin festzuhalten, dass die Gemeinde F. zur Erhebung einer Berufung gegen den erstinstanzlichen Genehmigungsbescheid nicht legitimiert war. Die Berufung war daher spruchgemäß zurückzuweisen.

Schlagworte
Änderung, Betriebsanlage, Gemeinde, Erhebung, Berufung, legitmiert
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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