Der Unabhängige Verwaltungssenat in Tirol entscheidet durch sein Mitglied Dr. Alois Huber über die Berufung des G. G., D-Augustusburg, gegen
I. das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck vom 27.02.2002, Zl. OP-1256-2001,
II. den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck vom 17.4.2003, Zl. OP-1256-2001, betreffend die Verhängung einer Ordnungsstrafe in der Höhe von Euro 200,00,wie folgt:
I. (Berufung gegen Straferkenntnis):
Gemäß § 66 Abs 4 AVG in Verbindung mit § 24 VStG wird der Berufung Folge gegeben, dass erstinstanzliche Straferkenntnis behoben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 1 VStG eingestellt. II. (Berufung gegen Verhängung der Ordnungsstrafe in der Höhe von Euro 200,00):
Gemäß § 66 Abs 4 AVG wird die über den Beschuldigten verhängte Ordnungsstrafe in der Höhe von Euro 200,00 auf Euro 120,00 herabgesetzt.
Der Spruch des erstinstanzlichen Bescheides wird insoferne präzisiert, als der ?Schriftsatz vom 11.2.2002? mit Telefax vom 10.2.2002 erfolgte und der ?Schriftsatz vom 27.5.2002? mit 23.5.2002 datiert ist sowie die Wortfolge ?und 23.06.2002? zu entfallen hat.
Mit dem erstinstanzlichen Straferkenntnis vom 27.2.2002 wurde dem Beschuldigten spruchgemäß nachstehender Sachverhalt zur Last gelegt:
?Der Beschuldigte, G. G., geb. am XY, hat als Lenker des auf die Firma K. M. Intern. Transporte Trans-Euroline, Gewerbegebiet Süd 16 zugelassenen Sattelkraftfahrzeuges, bestehend aus dem Sattelzugfahrzeug mit dem amtlichen Kennzeichen MEK-XY (D) und dem Sattelanhänger, am 27.09.2001 von Italien kommend eine ökopunktepflichtige Transitfahrt durch das Gebiet der Republik Österreich nach Deutschland durchgeführt und dabei weder ein ordnungsgemäß ausgefülltes Einheitsformular noch eine österreichische mit gültigen und ordnungsgemäß entwerteten Ökopunkten versehene Bestätigung der Entrichtung von Ökopunkten für die betreffende Fahrt mitgeführt, wie anlässlich einer Kontrolle durch Bedienstete der Zollwachabteilung Brenner/MÜG am 27.09.2001 um
20.45 Uhr, auf der A13 an der Hauptmautstelle Schönberg i.St. bei km 10,8 im Gemeindegebiet von Schönberg i. St. festgestellt wurde.
Bei der den Kontrollorganen vorgelegten und mit 5 Ökopunkten versehenen Ökokarte mit der Nummer XY waren die angebrachten Ökopunktemarken (Rückseite und Klebefläche) bereits wiederverwendet und die Ökokarte weist ebenfalls Spuren der Wiederverwendung auf.?
Dem Beschuldigten wurde eine Verwaltungsübertretung nach § 23 Abs 2 des Güterbeförderungsgesetzes, BGBl. Nr. 593/1995 in der Fassung der Novelle BGBl. I Nr. 106/2001 in Verbindung mit Art 1 Abs 1 lit a und lit b sowie Art 2 Abs 1 und 2 der Verordnung EG Nr. 3298/94 vom 21.12.1994 in der Fassung der Verordnungen Nr. 1524/96, Nr. 609/2000 und Nr. 2012/2000 zur Last gelegt. Über den Beschuldigten wurde eine Geldstrafe in der Höhe von Euro 180,00, im Uneinbringlichkeitsfalle eine Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von 2 Tagen und 12 Stunden, verhängt.
Gegen dieses Straferkenntnis wurde fristgerecht berufen.
Dieser Berufung kommt aus folgenden Gründen Berechtigung zu:
In der Anzeige der Zollwachabteilung Brenner/MÜG vom 29.10.2001 zu Zl. 8 WB/01343/2001, ist ausgeführt, dass der Beschuldigte am 27.09.2001 um 20.45 Uhr auf der A13, Parkplatz Schönberg-Mautstelle, als Lenker des Sattelkraftfahrzeuges, bestehend aus dem Sattelzugfahrzeug mit dem Kennzeichen MEK-XY und dem Sattelanhänger mit dem Kennzeichen MEK-XY, einer Kontrolle unterzogen worden sei, wobei festgestellt worden sei, dass das Fahrzeug mit Wein und Metallwaren beladen gewesen sei. Eine Überprüfung habe ergeben, dass der Lenker bei der Einfahrt am Brennerpass eine ökopunktebefreite Fahrt deklariert habe, obwohl eine ökopunktepflichtige Transitfahrt vorgelegen sei. Auf Befragen des Lenkers, warum er eine ökopunktebefreite Fahrt deklariert habe, habe der Beschuldigte eine Ökokarte mit 5 Ökopunkten vorgewiesen. Bei der Überprüfung der 5 Ökopunkte sei festgestellt worden, dass die Ökopunkte, Spuren der Wiederverwendung aufgewiesen hätten und schon verwendet worden seien. Laut Angaben des Lenkers habe er diese Ökokarte mit den aufgeklebten 5 Ökopunkten so bei der Firma erhalten. Nach Abbuchung der Ökopunkte habe der Lenker die Fahrt um 21.50 Uhr nach Deutschland durchführen können.
Unter Rechtfertigung des Angezeigten scheint auf, dass dieser angegeben hat, dass er über Auftrag seines Chefs das Ecotag-Gerät auf grün schalten hätte müssen und diese Ökokarte verwendet habe. Diese Ökokarte mit den 5 Marken habe er so von der Firma bekommen und habe die Karte vor der Einfahrt am Brenner ausgefüllt und habe gedacht, dass alles in Ordnung sei. Die Marken seien schon auf der Karte aufgeklebt gewesen und habe er auch nicht geschaut, ob sie schon einmal aufgeklebt gewesen seien.
Die bei der Kontrolle vorgelegte Ökokarte wurde der Anzeige im Original beigeschlossen. Dieser Ökokarte mit der Nr. XY, datiert mit 27.09.2001, lässt sich entnehmen, dass darauf 5 Ökopunkte aufgeklebt sind. Die Ökokarte wurde laut Stempelaufdruck mit der beim Grenzübergang befindlichen Stempelmaschine (um 20.42 Uhr) entwertet. Die Ökopunkte selbst sind durchgestrichen. Dass die auf der Ökokarte befindlichen Ökopunkte bereits für eine Fahrt zuvor verwendet worden sind, ergibt sich nicht mit der für ein Strafverfahren erforderlichen Sicherheit, sodass im Zweifel nicht davon ausgegangen werden kann, dass eine nicht ordnungsgemäße Entwertung der Ökopunkte (bzw. eine unzulässige Wiederverwertung der Ökokarte) vorliegen würde. Diesbezüglich ist auszuführen, dass in der Anzeige selbst davon die Rede ist, dass (lediglich) ?Spuren der Wiederverwendung? vorliegen würden.
Da somit die dem Beschuldigten zur Last gelegte Verwaltungsübertretung nicht mit der für ein Verwaltungsstrafverfahren erforderlichen Sicherheit feststellbar war, war der Berufung gegen das erstinstanzliche Straferkenntnis Folge zu geben, das Straferkenntnis zu beheben und diesbezüglich das Vewaltungsstrafverfahren einzustellen.
Anders verhält es sich mit der über den Beschuldigten (betreffend dieses Verwaltungstrafverfahren) verhängten Ordnungsstrafe. Mit dem ebenfalls bekämpften Bescheid der Erstbehörde wurde gemäß § 34 Abs 3 AVG aufgrund beleidigender Schreibweise im Schriftsatz vom 11.2.2002, 27.5.2002 und 23.6.2002 eine Ordnungsstrafe in der Höhe von Euro 200,00 verhängt.
Gemäß § 34 Abs 2 AVG sind Personen, die die Amtshandlung stören oder durch ungeziemendes Benehmen den Anstand verletzen, zu ermahnen; bleibt die Ermahnung erfolglos, so kann ihnen nach vorausgegangener Androhung das Wort entzogen, ihre Entfernung verfügt und ihnen die Bestellung eines Bevollmächtigten aufgetragen werden oder gegen sie eine Ordnungsstrafe bis
Euro 726,00 verhängt werden.
Gemäß § 34 Abs 3 AVG können die gleichen Ordnungsstrafen von der Behörde gegen Personen verhängt werden, die sich in schriftlichen Eingaben einer beleidigenden Schreibweise bedienen.
Die Erstbehörde führte in der Begründung an, dass mit ?Schriftsatz vom 11.2.2002? der Beschuldigte die Tätigkeit der Behörde wie folgt kommentiert habe:
?Da wo die Vernunft aufhört, da fängt der Wahnsinn an (Gewerbereferat)?.
Diese Wendung findet sich tatsächlich im Telefax vom 10.2.2002, welches den Eingangsstempel vom 11.2.2002 trägt.
Ferner wurde angeführt, dass mit Schriftsatz vom ?27.5.2002? der Beschuldigte wie folgt ausgeführt habe:
?Es ist schon nicht mehr erstaunlich, sondern einfach lächerlich, wie primitiv ihr Amt arbeitet, nicht nur das sie mir diese Strafverfügung doppelt zugestellt haben, sie verstoßen bewusst gegen jede Norm von Anstand und Moral, so habe ich gegen die mir jetzt zugesandte Strafverfügung bereits Widerspruch eingelegt und ich betone erneut, alles was darin steht ist erlogen und falsch, usw?.
Weiters: ?... wie kann man, Bürger eines anderen Staates derart Beleidigen, Verleumden und Belügen, wie tief muss eine Behörde sinken, die zu solchen dummen Maßnahmen greift, usw?.
Weiters: ?Dafür habe ich kein Verständnis mehr, jetzt fordere ich von ihnen Rechtfertigung und für die Lügen und Betrügereien ihres Amtes, usw.?
Diese Ausführungen finden sich tatsächlich im mit Eingangsstempel vom 27.5.2002 versehenen Schreiben des Beschuldigten, welches mit 23.5.2002 datiert ist.
Schließlich hat der Beschuldigte laut erstinstanzlichen Bescheid im Schriftsatz vom 23.6.2002 wie folgt ausgeführt:
?Und dann schreibt Herr A. noch, dass ich in einem verwerflichen Ton eine Stellungnahme abgegeben habe, was erwartet denn dieser Mensch, wenn hier fünf mal gelogen, betrogen, verleumdet und gedroht wird, wenn man von einem Beamten in Uniform am Brenner zu hören bekommt (Wort-wörtlich) ?euch hat Adolf vergessen zu vergasen!!!?
Weiters: ?... aber diesen rassistischen Mist verabscheu ich usw.?
Die angeführten Bemerkungen finden sich tatsächlich im mit 23.6.2002 datierten Schreiben des Beschuldigten an die Erstbehörde. In der Berufung gegen diese Verhängung der Ordnungsstrafe führte der Beschuldigte aus, dass er erwartet habe, dass der Anstand, die Vernunft bei der Erstbehörde gesiegt habe und dass nach den von der Behörde ergangenen Schreiben (welche falsche Beschuldigungen, Verleumdungen, unwahre Angabe usw. enthalten hätten) eigentlich eine Entschuldigung von der Behörde zu erwarten sei, wobei das Resultat jedoch nicht Vernunft, sondern ein neuer Machtkampf entbrannt sei. Statt einer Entschuldigung sei ein neuerlicher Strafbescheid ergangen. Es sei auch wohl ein Wahnsinn, wenn eine Behörde Anschuldigungen äußere, obwohl bestätigende Dokumente vorhanden seien; Dokumente durch einen Stempel der Zollwachabteilung Brenner, die aber angeblich nicht vorgewiesen hätten werden können. Sei es nicht unmoralisch, wenn Widerspruch ignoriert werde und wenn man wiederholt falsche Anschuldigungen und Verleumdungen an einen Bürger eines anderen Staates sende, auch wenn dies ein Kraftfahrer sage; sei es nicht ein Verstoß gegen jedes Recht, wenn man fünfmal falsche Angaben, Verleumdungen und falsche Beschuldigungen erhalte und unnötige Kosten dadurch auflaufen würden. Wo seien Moral und Gesetz, wenn man beleidigt werde. In der Bescheidbegründung seien wortwörtlich die Äußerungen eines Beamten (Zollwachebeamter) angeführt. Zudem sei auch auf Dienstaufsichtsbeschwerden nicht geantwortet worden. Der Beschuldigte könnte noch sehr viele Details anführen, aber dies sei nicht ausreichend. Er habe sich all die Zeit zurück gehalten, da er an das Gute im Menschen glaube, wobei dies aber vergebene Zeit gewesen sei. Der Beschuldigte müsse von seiner Seite nunmehr Maßnahmen ergreifen, da er diese Beleidigungen, falsche Anschuldigungen und Verleumdungen nicht mehr hinnehmen könne.
Die Berufungsbehörde verkennt nicht, dass die, von der Erstbehörde zitierten Eingaben in einem Verwaltungsstrafverfahren gegen den Beschuldigten erfolgten und der Beschuldigte offensichtlich die Meinung vertreten hat, dass der gegen ihn erhobene Strafvorwurf nicht den Tatsachen entspreche. Zweifellos wäre es jedoch in jeder Weise möglich gewesen, sich auch ohne die zitierten Passagen aus den Schreiben des Beschuldigten entsprechend zu verteidigen. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes liegt eine beleidigende Schreibweise vor, wenn eine Eingabe ein unsachliches Vorbringen enthält, das in einer Art gehalten ist, die ein ungeziemendes Verhalten gegenüber der Behörde darstellt (VwGH 2.10.1959, Slg 5067 A ua). Auch die Überzeugung der Partei, ihrer Kritik sei berechtigt, vermag eine beleidigende Schreibweise nicht zu entschuldigen, wobei ein ?animus iniuriandi?, als eine Absicht zu beleidigen, dass Tatbild nicht erfordert (VwGH 21.5.1974, 1762-1764/73). Eine Kritik ist nur dann sachbeschränkt, wenn die Notwendigkeit dieses Vorbringens zum Zweck der entsprechenden Rechtsverfolgung angenommen werden kann (VwGH 8.11.1977, 1807/76).
Aufgrund dieser Umstände kann kein Zweifel daran bestehen, dass die vom Beschuldigen getätigten Äußerungen die Verhängung einer Ordnungsstrafe rechtfertigen.
Dabei ist allerdings anzuführen, dass die Äußerungen im Schreiben vom 23.6.2002 in der Berufung gegen das erstinstanzliche Straferkenntnis aufscheinen, sodass hinsichtlich dieses Schreibens lediglich die Berufungsbehörde, nicht aber die Erstbehörde zuständig gewesen wäre, eine Ordnungsstrafe zu verhängen (VwGH verstärkter Senat 25.3.1987, Slg 12429 A, 3.11.1987, 8704/0141-Abgehen von VwSlg 16.143 A8044 A ua).
Da somit die Erstbehörde, bei der die Berufung lediglich einzubringen gewesen ist, nicht zuständig gewesen ist, hinsichtlich der beleidigenden Äußerungen in diesem Schreiben vom 23.6.2002 eine Ordnungsstrafe zu verhängen, sodass sich die Zuständigkeit, der Erstbehörde lediglich auf die beleidigenden Schreibweisen der beiden ersten Schreiben bezieht, war die Ordnungsstrafe entsprechend herabzusetzen. Mit der nunmehr verhängten Ordnungsstrafe wird den beleidigenden Äußerungen in den beiden ersten Schreiben ausreichend Rechnung getragen. Wie schon angeführt sind Ordnungsstrafen bis zur Höhe von Euro 726,00 zulässig. In Anbetracht dieses ?Strafrahmens? ist die über den Beschuldigten verhängte Ordnungsstrafe mit Euro 120,00 in Anbetracht der beleidigenden Äußerungen angemessen. Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.