Der Unabhängige Verwaltungssenat in Tirol entscheidet durch den Vorsitzenden Dr. Gert Ebner über die Berufung des Herrn Dr. K. P. B., XY, gegen das Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Innsbruck vom 19.03.2003, Zl S-23.654/02, wie folgt:
Gemäß § 66 Abs 4 AVG iVm §§ 24, 51, 51c und 51e VStG wird die Berufung als unbegründet abgewiesen.
Gemäß § 64 Abs 1 und 2 VStG wird der Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens in Höhe von 20 Prozent der verhängten Strafe mit Euro 52,00 festgesetzt.
Mit dem angefochtenen Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Innsbruck vom 19.03.2003, Zl S-23.654/02, wurde dem Berufungswerber spruchgemäß nachstehender Sachverhalt zur Last gelegt:
?Sie haben als Lenker des KFZ mit dem behördlichen Kennzeichen I-XY am 01.12.2002 um 22.44 Uhr auf der Inntalautobahn (A-12) bei km 91,499, Gemeindegebiet von Zirl, Richtung Westen, die auf dieser Autobahn in der Zeit von 22.00 Uhr bis 5.00 Uhr erlaubte Höchstgeschwindigkeit von 110 km/h um 47 km/h überschritten.?
Er habe dadurch eine Übertretung nach § 1 der VO BGBl Nr 527/1989 begangen und wurde über ihn gemäß § 99 Abs 3 lit a StVO 1960 eine Geldstrafe in der Höhe von Euro 260,00 sowie ein Beitrag zu den Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens verhängt.
Dagegen erhob der Berufungswerber fristgerecht Berufung, in der er vorbrachte, dass er aufgrund einer Notfallsituation in der Nacht ? und zwar dringlich ? nach Feldkirch habe fahren müssen. Aus der medizinischen Dringlichkeit habe sich die Erhöhung der Geschwindigkeit ergeben. Er verweise weiters auf sein Schreiben vom 29.01.2003, in welchem er vorgebracht hatte, er bestreite nicht, dass er mit überhöhter Geschwindigkeit gefahren sei, aber der Patient Dr. R. B. sei um 21.35 Uhr mit einer Knieinstabilität und fraglicher Gefäßläsion in die Unfallchirurgie des LKH- Feldkirch, wo er als Primar letztverantwortlich sei, eingeliefert worden.
Beweis wurde aufgenommen durch die Einsichtnahme in den erstinstanzlichen Verwaltungsstrafakt .
Der von der Erstbehörde angenommene und dem Straferkenntnis zugrunde gelegte Sachverhalt wird als erwiesen angenommen. Dieser wurde vom Berufungswerber zu keinem Zeitpunkt bestritten.
Bezüglich des Vorbringens des Berufungswerbers, es habe sich um einen Notfall gehandelt, da er dringend zu einem auf der Unfallchirurgie eingelierten Patienten habe fahren müssen, ist Folgendes auszuführen:
Gemäß § 6 VStG ist eine Tat nicht strafbar, wenn sie durch Notstand entschuldigt oder, obgleich sie dem Tatbestand einer Verwaltungsübertretung entspricht, vom Gesetz geboten oder erlaubt ist.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kann unter Notstand nur ein Fall der Kollision von Pflichten und Rechten verstanden werden, in dem jemand sich oder einen anderen aus schwerer unmittelbarer Gefahr einzig und allein dadurch retten kann, dass er eine im allgemeinen strafbare Handlungen begeht (VwGH vom 20. September 1991, Zl 91/02/0097).
Der Berufungswerber brachte nicht vor, welche Art der Behandlung für seinen Patienten so unaufschiebbar gewesen sei und ausschließlich durch ihn habe veranlasst werden können. Die begangene Straftat hätte das einzige Mittel sein müssen, um der schweren unmittelbaren Gefahr zu begegnen. Er stellt auch keinerlei konkrete Behauptungen auf, dass es nicht möglich gewesen wäre, dass die Behandlung durch einen anderen Arzt hätte erfolgen können. Die Tatsache alleine, dass er Primar des LKH- Feldkirch und somit Letztverantwortlicher ist, stellt keinen Entschuldigungsgrund im Sinne des § 6 VStG dar (VwGH vom 25.06.2002, Zl 99/03/070). Es kann insbesondere davon ausgegangen werden, dass sich im LKH Feldkirch auch andere Ärzte befinden, die eine ordnungsgemäße Behandlung durchführen können.
Als Verschuldensform war zumindest Fahrlässigkeit anzunehmen. Der Berufungswerber hat sowohl in objektiver als auch in subjektiver Hinsicht die Verwaltungsübertretung zu verantworten.
Der Unrechtsgehalt der gegenständlichen Verwaltungsübertretung ist nicht unerheblich, da der Schutzzweck der gegenständlichen Verordnung der Lärm- und Abgasvermeidung in der Nacht dient.
Nach § 19 Abs 1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.
Nach § 19 Abs 2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.
Zu den Einkommens,- Vermögens- und Familienverhältnissen des Berufungswerbers wurden keine Angaben gemacht. Es war somit von zumindest ausreichenden Vermögensverhältnissen auszugehen.
Erschwerend war die einschlägige Strafvormerkung zu werten, mildernd war kein Umstand.
Unter Bedachtnahme auf die oben angeführten Strafbemessungsregeln erscheint die von der Erstbehörde verhängte Strafe in Höhe von Euro 260,00 bei einem möglichen Strafrahmen von bis zu Euro 726,00 als schuld- und tatangemessen und notwendig, um den Berufungswerber in Hinkunft von derartigen Verwaltungsübertretungen abzuhalten.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.