TE UVS Wien 2003/06/13 07/A/03/8282/2001

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Veröffentlicht am 13.06.2003
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat Wien hat durch sein Mitglied Dr. Wilfert über die Berufung des Herrn Christian U, vertreten durch Rechtsanwalt, gegen das Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien, Magistratisches Bezirksamt für den 6./7. Bezirk, vom 10.08.2001, Zahl MBA 6/7 - S 4775/01, wegen Übertretung des Ausländerbeschäftigungsgesetzes, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 13.6.2003, entschieden:

Gemäß § 66 Abs 4 AVG wird der Berufung Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 1 VStG eingestellt.

Gemäß § 65 VStG hat der Berufungswerber keinen Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens zu leisten.

Text

1. Das angefochtene Straferkenntnis hat folgenden Spruch:

?Sie haben es als zur Vertretung nach außen Berufener, nämlich als handelsrechtlicher Geschäftsführer (§ 9 Abs 1 VStG) der P-GmbH zu verantworten, daß diese Gesellschaft mit Sitz in Wien, P-gasse, als Arbeitgeber am 20.03.2001 im Gastgewerbebetrieb in der Betriebsart einer Bar in Wien, R-zeile, Lokal ?M" entgegen dem § 3 des Ausländerbeschäftigungsgesetzes eine ausländische Arbeitskraft, nämlich Faru Ge, Staatsangehörigkeit: Ungarn, als Tänzerin beschäftigt hat, obwohl für diese Person weder eine Beschäftigungsbewilligung erteilt, noch eine Anzeigebestätigung oder eine Arbeitserlaubnis oder ein Befreiungsschein ausgestellt wurde.

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:

§ 28 Abs 1 Z 1 lit a in Verbindung mit § 3 Abs 1 des Ausländerbeschäftigungsgesetzes BGBl. Nr. 218/75, in der geltenden Fassung

Wegen dieser Verwaltungsübertretung wird über Sie folgende Strafe verhängt:

Geldstrafe von ATS 16.000,--, falls diese uneinbringlich ist, Ersatzfreiheitsstrafe von 1 Woche, 1 Tag, gemäß § 28 Abs 1 Z 1 Schlußsatz 1. Strafsatz des zitierten Gesetzes

Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes (VStG) zu zahlen:

ATS 1.600,-- als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, d.s. 10% der Strafe.

Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten) beträgt daher ATS 17.600,-- (1.279,04 EUR). Außerdem sind die Kosten des Strafvollzuges zu ersetzen.

Gesamtsumme daher Schilling 17.600,--"

Gegen dieses Straferkenntnis richtet sich die Berufung vom 11.9.2001, in welcher der Berufungswerber die Begehung der ihm zur Last gelegten Verwaltungsübertretung bestreitet. Mit Schriftsatz vom 4.10.2001 erstattete das Arbeitsinspektorat für Bauarbeiten als Partei eine Stellungnahme und beantragte, der Berufung keine Folge zu geben.

2. In der Angelegenheit fand am 13.6.2003 eine öffentliche mündliche Verhandlung vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat Wien statt, zu der die Verfahrensparteien trotz ordnungsgemäßer Ladung nicht erschienen sind.

In der Verhandlung wurde der Meldungsleger zeugenschaftlich einvernommen. Eine Einvernahme der verfahrensgegenständlichen Ausländerin war nicht möglich, da diese unbekannten Aufenthaltes ist.

3. Die Berufung ist begründet.

Gemäß § 3 Abs 1 AuslBG darf ein Arbeitgeber, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, einen Ausländer nur beschäftigen, wenn ihm für diesen eine Beschäftigungsbewilligung oder Entsendebewilligung erteilt oder eine Anzeigebestätigung oder eine EU-Entsendebestätigung ausgestellt wurde oder wenn der Ausländer eine für diese Beschäftigung gültige Arbeitserlaubnis oder einen Befreiungsschein besitzt.

Nach § 28 Abs 1 Z 1 lit a AuslBG begeht, soferne die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet, eine Verwaltungsübertretung und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde zu bestrafen, wer entgegen dem § 3 einen Ausländer beschäftigt, für den weder eine Beschäftigungsbewilligung (§§ 4 und 4c) erteilt noch eine Anzeigebestätigung (§ 3 Abs 5) oder eine Arbeitserlaubnis (§ 14a) oder ein Befreiungsschein (§§ 15 und 4c) ausgestellt wurde, ... bei unberechtigter Beschäftigung von höchstens drei Ausländern für jeden unberechtigt beschäftigten Ausländer mit Geldstrafe von ATS 10.000,-- bis zu ATS 60.000,--, im Falle der erstmaligen und weiteren Wiederholung von ATS 20.000,-- bis zu ATS 120.000,--, bei unberechtigter Beschäftigung von mehr als drei Ausländern für jeden unberechtigt beschäftigten Ausländer mit Geldstrafe von ATS 20.000,-- bis zu ATS 120.000,--, im Falle der erstmaligen und weiteren Wiederholung von ATS 40.000,-- bis zu ATS 240.000,--. Das gegenständliche Verwaltungsstrafverfahren gründet sich auf eine Anzeige der Bundespolizeidirektion Wien vom 26.3.2001, wonach anlässlich einer Kontrolle des Lokales ?M" am 20.3.2001 um 23.30 Uhr die verfahrensgegenständliche Ausländerin in dem Lokal in dürftiger Kleidung angetroffen worden sei. In dem Lokal habe sich im Anschluss an den Barraum ein Separee mit Bett befunden. Auf Grund der Rechtfertigung der Ausländerin sei anzunehmen gewesen, dass diese in dem Lokal auf Kunden warte und dann die Prostitution anbahne und dieser auch nachgehe. Die das Lokal betreibende P-GesmbH, deren handelsrechtlicher Geschäftsführer der Berufungswerber ist, habe die erforderliche Infrastruktur zur Verfügung gestellt und von den entgeltlichen Diensten einen aliquoten Anteil einbehalten.

Der Berufungswerber bestreitet eine Beschäftigung der verfahrensgegenständlichen Ausländerin.

Einsicht genommen wurde in den beigeschafften fremdenpolizeilichen Akt Zl. III -1057867/FrB/03, worin sich jedoch keine über das erstinstanzliche Verfahren hinausgehende Sachverhaltsfeststellungen finden.

Der Meldungsleger gab in der mündlichen Verhandlung vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat Wien zeugenschaftlich an, er könne sich an die Erhebung noch erinnern. Er habe eine Kontrolle im gegenständlichen Lokal durchgeführt. Dabei habe er festgestellt, dass die gegenständliche Ausländerin dort als Geheimprostituierte arbeite. Sie habe zu ihrer Rechtfertigung zwar behauptet, sie arbeite als Tänzerin, dies habe er auf Grund der sonstigen Umstände aber nicht geglaubt. Feststellungen über Modalitäten der Bezahlung, z.B. wer die Preise festsetzt, an wen bezahlt wird und was die Ausländerin abliefern musste, konnten nicht getroffen werden. Wahrnehmungen darüber, ob die Ausländerin in Räumen des Lokals Privatkleidung oder persönliche Gegenstände aufbewahrt hat, konnten keine getroffen werden. Auch Feststellungen darüber, ob es eine Art Diensteinteilung gab oder Anwesenheitspflicht herrschte, seien nicht möglich gewesen.

Der Unabhängige Verwaltungssenat Wien hat erwogen:

Aus § 2 Abs 2 und Abs 3 AuslBG folgt, dass der Begriff "Beschäftigung" im AuslBG nicht nur Arbeitsverhältnisse umfasst, und dass unter Arbeitgeber nicht nur der Partner eines Arbeitsvertrages zu verstehen ist. Die Verpflichtung zur Einholung einer Beschäftigungsbewilligung vor der Beschäftigung eines Ausländers trifft daher nach § 3 Abs 1 AuslBG auch einen "Werkvertragsgeber", wenn die Grundlage für den Vertrag nicht in gewerberechtlichen oder sonstigen Normen liegt und der Werkvertrag so beschaffen ist, dass der "Werkvertragsnehmer" zwar nicht in der Frage seiner persönlichen, aber in der Frage der wirtschaftlichen Abhängigkeit einem Arbeitnehmer nahezu gleichkommt (vgl. dazu das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 2.9.1993, Zl. 92/09/0322, und die dort angeführte Vorjudikatur). Das Rechtsverhältnis einer arbeitnehmerähnlichen Person zu ihrem Auftraggeber kann auch ein Werkvertragsverhältnis, aber auch ein so genannter "freier Dienstvertrag" sein. Gegenstand der Verpflichtung im Rahmen eines arbeitnehmerähnlichen Verhältnisses kann demgemäß jede Art von Arbeitsleistung sein; die Rechtsnatur der Vertragsbeziehungen zwischen der arbeitnehmerähnlichen Person und dem Arbeitsempfänger ist nicht entscheidend.

Entscheidend für die Frage der Arbeitnehmerähnlichkeit ist vielmehr die wirtschaftliche Unselbstständigkeit, wegen welcher sich eine Person, die im Auftrag und für Rechnung einer anderen Person Arbeit leistet, ohne in einem Arbeitsverhältnis zu stehen, in einer einem Arbeitnehmer ähnlichen wirtschaftlichen Abhängigkeit befindet. Der "Arbeitnehmerähnliche" ist nicht persönlich vom Empfänger der Leistung abhängig; seine wirtschaftliche Unselbstständigkeit, die ihn als arbeitnehmerähnlich qualifizieren lässt, ist darin zu erblicken, dass er unter ähnlichen wirtschaftlichen

und sozialen Bedingungen wie ein Arbeitnehmer tätig und daher insofern vom Empfänger der Leistung wirtschaftlich abhängig ist. Es kommt auch nicht darauf an, ob die arbeitnehmerähnliche Person konkret auf die Gegenleistungen aus diesem Rechtsverhältnis zur Bestreitung ihres Lebensunterhaltes angewiesen ist. Was den "organisatorischen" Aspekt ihrer Arbeitnehmerähnlichkeit betrifft, bedarf es der Prüfung, ob das Gesamtbild der Tätigkeit, die diese Person im Auftrag und für Rechnung eines anderen leistet, so beschaffen ist, dass sie trotz fehlender persönlicher Abhängigkeit nicht mehr in der Lage ist, ihre Arbeitskraft, insoweit sie durch das konkrete Rechtsverhältnis in der Verfügung über ihre Arbeitskraft gehindert ist, anderweitig für Erwerbszwecke einzusetzen, sodass sie als unter ähnlichen wirtschaftlichen und sozialen Bedingungen wie der persönlich abhängige Arbeitnehmer tätig ist (siehe z.B. VwGH vom 17.11.1994, Zl. 94/09/0195).

Der Verwaltungsgerichtshof hat auch bereits wiederholt die Ansicht vertreten, dass die Ausübung der Prostitution von Ausländerinnen in einem Nachtclub oder ähnlichen Lokalitäten unter Beteiligung am Umsatz (auch an den verkauften Getränken) auf Grund der wirtschaftlichen Gestaltung des abgeschlossenen Vertrages als Verwendung unter ähnlichen wirtschaftlichen und sozialen Bedingungen wie Arbeitnehmer zu qualifizieren ist (vgl. z.B. VwGH vom 4.4.2001, Zl. 99/09/0156 mit weiteren Judikaturhinweisen). Im vorliegenden Fall ist jedoch auf Grund der vorliegenden Beweisergebnisse das Bestehen eines Beschäftigungsverhältnisses nicht als erwiesen anzusehen. Das bloße Zurverfügungstellen von Infrastruktur zur Ausübung der (Geheim-)Prostitution gegen Bezahlung eines prozentuellen Anteiles an dem, von der Prostituierten von den Kunden erhaltenen Entgelt allein stellt, ohne das Hinzutreten weiterer Umstände, die eine, einem Arbeitnehmer ähnliche wirtschaftliche Abhängigkeit begründen, keine dem Ausländerbeschäftigungsgesetz unterliegende Beschäftigung dar. Feststellungen über die Modalitäten der Bezahlung, die Festsetzung der Preise, über Diensteinteilungen oder Anwesenheitspflicht etc. wurden im erstinstanzlichen Verfahren jedoch nicht getroffen und war dies auch im Verfahren vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat Wien auf Grund der zur Verfügung stehenden Beweismittel nicht mehr möglich. Dass die Ausländerin in dem Lokal als Tänzerin gearbeitet hätte, wurde auch von dem die Erhebungen durchführenden Zeugen auf Grund der Begleitumstände als ledigliche Schutzbehauptung der Ausländerin gegen den Verdacht der Ausübung der Geheimprostitution gewertet und ist daher gleichfalls nicht als erwiesen anzusehen.

Da nach Ausschöpfung aller dem Unabhängigen Verwaltungssenat Wien zur Verfügung stehender Beweismittel die dem Berufungswerber zur Last gelegte Verwaltungsübertretung nicht mit jener, für eine Bestrafung im Verwaltungsstrafverfahren erforderlichen Sicherheit als erwiesen angesehen werden kann, war spruchgemäß zu entscheiden.

Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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