Der Unabhängige Verwaltungssenat in Tirol entscheidet durch sein Mitglied Dr. Alfred Stöbich über die Berufung des Herrn K. O. Sch., D-73655 Plüderhausen, , gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Reutte vom 05.09.2002, Zl VA-118-2002, wie folgt:
Gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG) iVm den §§ 24, 51, 51c und 51e Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG) wird
a) der Berufung in Bezug auf die Fakten 1., 2. und 6. Folge gegeben und das Verwaltungsstrafverfahren insoweit gemäß § 45 Abs 1 Z 3 VStG (bezüglich der Fakten 1. und 6.) und § 45 Abs 1 Z 2 VStG (bezüglich des Faktums 2.) eingestellt.
b) die Berufung hinsichtlich der Fakten 3., 4. und 5. als unbegründet abgewiesen.
Gemäß § 64 Abs 1 und 2 VStG hat der Berufungswerber einen Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens in Höhe von 20 % der verhängten Strafen, das sind zum Faktum 3. Euro 150,-- und zu den Fakten 4. und 5. jeweils Euro 30,--, insgesamt somit Euro 210,--, zu bezahlen.
Der Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses wird insoweit präzisiert, als die Strafe in Bezug auf das Faktum 3. gemäß § 37 Abs 1 iVm § 37 Abs 3 Z 1 FSG verhängt wird und in Bezug auf das Faktum
5. sprachlich verbessert "als es beim ersten Satz, vorletzter Halbsatz" heißen muss: "dass beim betroffenen Fahrzeug der nachangeführte Reifen verwendet wurde."
Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde dem Berufungswerber
Folgendes vorgeworfen:
"Tatzeit: 06.07.2002 um 21.30 Uhr
Tatort: B179 km 21.150
Fahrzeug: Personenkraftwagen, AA XXXX
1. Sie haben das angeführte Fahrzeug in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand gelenkt. Der Test am geeichten Alkomaten ergab einen Alkoholgehalt der Atemluft von 0,56 mg/l.
2. Sie sind mit einem Verkehrsunfall in ursächlichem Zusammenhang gestanden und haben an der Sachverhaltsfeststellung nicht mitgewirkt, da sie es durch Verlassen der Unfallstelle unmöglich gemacht haben, ihre körperliche und geistige Verfassung zum Unfallszeitpunkt festzustellen. Änderung des Gesetzestextes: siehe Tatbeschreibung!!!
3. Sie waren nicht im Besitz einer von der Behörde erteilten Lenkberechtigung der betreffenden Klasse oder Unterklasse.
4. Sie haben sich als Lenker, obwohl es ihnen zumutbar war, vor Antritt der Fahrt nicht davon überzeugt, dass das von ihnen verwendete Fahrzeug den Vorschriften des § 102 Abs 1 KFG iVm der angeführten Gesetzesstelle des Kraftfahrgesetzes entspricht, da festgestellt wurde, dass beim betroffenen Fahrzeug der Reifen in der Mitte der Lauffläche (3/4 der Laufflächenbreite) nicht mehr die erforderliche Profiltiefe von 1,6 mm aufwies. Position des Reifens:
links hinten.
5. Sie haben sich als Lenker, obwohl es ihnen zumutbar war, vor Antritt der Fahrt nicht davon überzeugt, dass das von ihnen verwendete Fahrzeug den Vorschriften des § 102 Abs 1 KFG iVm der angeführten Gesetzesstelle des Kraftfahrgesetzes entspricht, da festgestellt wurde, dass beim betroffenen Fahrzeug den nachangeführten Reifen verwendet, obwohl die Verwendung von Reifen, die mit freiem Auge sichtbare, bis zum Unterbau des Reifens reichende Risse oder Ablösungen des Laufbandes oder der Seitenbänder aufweisen, verboten ist. Position des Reifens: rechts hinten; Art der Beschädigung: Leinwand und Drahtgebinde mit freiem Auge sichtbar.
6. Sie haben infolge nicht richtig gewählter Fahrgeschwindigkeit einen Verkehrsunfall verursacht. Sie sind von der Fahrbahn abgekommen."
Dadurch habe der Berufungswerber folgende Rechtsvorschriften verletzt:
1.
§ 99 Abs 1b iVm § 5 Abs 1 StVO
2.
3.
§ 37 Abs 1 FSG iVm § 1 Abs 3 FSG
4.
§ 7 Abs 1 KFG iVm § 4 Abs 4 KDV
5.
§ 7 Abs 1 iVm § 4 Abs 4 KDV
6.
Aufgrund dieser Verwaltungsübertretungen wurden über den Berufungswerber folgende Strafen verhängt:
zu 1. gemäß § 99 Abs 1b StVO Euro 800,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 11 Tage)
zu 2. gemäß § 99 Abs 2 lit a StVO Euro 300,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 4 Tage)
zu 3. gemäß § 37 Abs 3 Z 1 FSG Euro 750,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 10 Tage)
zu 4. gemäß § 134 Abs 1 KFG Euro 150,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 2 Tage)
zu 5. gemäß § 134 Abs 1 KFG Euro 150,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 2 Tage)
zu 6. gemäß § 99 Abs 3 lit a StVO Euro 150,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 2 Tage)
Gleichzeitig wurden Verfahrenskosten festgesetzt.
Dagegen wurde innerhalb offener Frist Berufung erhoben. In der Begründung verwies der Berufungswerber darauf, dass am 30.09.2002 noch eine Gerichtsverhandlung stattfinde und somit der Verdacht einer Doppelbestrafung gegeben sei.
In der Folge wurde seitens der Erstbehörde mit der Vorlage des erstinstanzlichen Aktes bis zum Einlangen des Abwesenheitsurteils des Bezirksgerichtes Reutte vom 03.03.2002, Zl 3 U 93/02 t, zugewartet.
Nach diesem Urteil wurde der Berufungswerber für schuldig erkannt, er habe am 06.07.2002 im Gemeindegebiet von Lermoos auf der Fernpassbundesstraße B179 als Lenker des Pkw mit dem amtlichen Kennzeichen AA-XXXXX (D) infolge mangelnder Aufmerksamkeit im Straßenverkehr, wodurch er in einer Rechtskurve über den rechten Fahrtbahnrand hinausgeriet, über eine Böschung stürzte und nach 71 m im Bachbett des Riegelbaches zum Stillstand kam, wobei seine Beifahrerin P. P. eine Schädelprellung, möglicherweise grenzwertige leichte Gehirnerschütterung mit abklingender vegetativer Symptomatik, eine Prellung im Augenbereich mit Monokelhämatom und eine leichte Prellung im Schultergürtelbereich erlitt, die Genannte fahrlässig leicht am Körper verletzt, nachdem er sich vor der Tat, wenn auch nur fahrlässig durch den Genuss von Alkohol in eine die Zurechnungsfähigkeit nicht ausschließenden Rauschzustand versetzt hatte, obwohl er vorhergesehen hat oder hätte vorhersehen können, dass ihm eine Tätigkeit bevorstehe, deren Vornahme in diesem Zustand eine Gefahr fürs Leben, die Gesundheit oder die körperliche Sicherheit des anderen herbeizuführen oder zu vergrößern geeignet sei.
Der Berufungswerber hat hiedurch begangen das Vergehen der fahrlässigen Körperverletzung nach § 88 Abs 1 und 3 (81 Abs 1 Z 2) StGB und er wird hiefür nach § 88 Abs 3 StGB zu einer Geldstrafe im Ausmaß von 80 Tagessätzen, im Uneinbringlichkeitsfall zu 40 Tagen Ersatzfreiheitsstrafe, sowie gemäß § 389 StPO zum Ersatz der Kosten des Strafverfahrens verurteilt. Die Höhe des einzelnen Tagessatzes wird mit Euro 20,-- bestimmt, sodass die gesamte Geldstrafe Euro 1.600,-- beträgt.
Gemäß § 99 Abs 6 lit c StVO liegt eine Verwaltungsübertretung nicht vor, wenn eine Tat nach diesem Bundesgesetz oder nach den §§ 37 und 37a FSG den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung verwirklicht.
Aus dem erwähnten Urteil des Bezirksgerichtes Reutte ergibt sich, dass das Lenken eines Kraftfahrzeuges in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand ein wesentlicher Aspekt der Bestrafung ist, zumal das Gericht vom Vorliegen besonders gefährlicher Verhältnisse im Sinn des § 81 Abs 1 Z 2 StGB ausgegangen ist. Dem Gerichtsurteil ist auch zu entnehmen, dass im Gegensatz dazu der Umstand, dass der Berufungswerber nie im Besitz einer Lenkberechtigung war, kein Aspekt war, der bei der Bestrafung Berücksichtigung fand.
Für das gegenständliche Verfahren bedeutet dies, dass die verwaltungsbehördliche Bestrafung wegen einer Übertretung nach § 99 Abs 1b iVm § 5 Abs 1 StVO (Faktum 1.) wegen des Verstoßes gegen das Doppelbestrafungsverbot zu beheben war. Da das Lenken ohne Lenkberechtigung nicht Gegenstand der gerichtlichen Bestrafung war (und auch nicht sein musste) liegt diesbezüglich kein Verstoß gegen das Doppelbestrafungsverbot vor und erweist sich insoweit der Einwand des Berufungswerbers als ungerechtfertigt.
In Bezug auf das Faktum 2. ist festzuhalten, dass der diesbezüglich festgehaltene Schuldspruch im Widerspruch zu den Ausführungen in der Anzeige des Gendarmerieposten Lermoos steht. In dieser ist nämlich unter der Rubrik "Tatbeschreibung", auf welche auch im gegenständlichen Schuldvorwurf verwiesen wird, festgehalten, dass der Berufungswerber im Zuge der Unfallsaufnahme vor Ort gegenüber den erhebenden Beamten bewusst falsche Angaben gemacht habe. Er sei alkoholisiert und nicht im Besitz eines gültigen Führerscheins gewesen. Aus diesem Grund habe er angegeben, dass seine Freundin den Pkw gelenkt und den Unfall verursacht habe. Die Freundin, P. B., auf die das Fahrzeug zugelassen sei, habe die Unfallstelle in einem ihm unbekannten deutschen Pkw verlassen.
Daraus ergibt sich, dass der Berufungswerber wohl an der Unfallstelle verblieben ist und weiters, dass seine körperliche Verfassung zum Unfallszeitpunkt zumindest insoweit festgestellt werden konnte, als mittels einer Alkomatmessung (um 22.12 Uhr bzw 22.13 Uhr, somit ca 40 Minuten nach dem Unfallszeitpunkt) das Vorliegen einer Alkoholbeeinträchtigung nachgewiesen wurde.
Was die Fakten 4. und 5. betrifft, so ist lediglich auszuführen, dass die mangelhafte Bereifung nicht Gegenstand der gerichtlichen Bestrafung war und somit kein Verstoß gegen das Doppelbestrafungsverbot vorliegt.
In Bezug auf das Faktum 6. ist festzuhalten, dass der Schuldvorwurf dem Konkretisierungsgebot des § 44a Abs 1 Z 1 VStG nicht entspricht. Der Schuldvorwurf enthält etwa keinerlei Feststellungen darüber, welche Geschwindigkeit zulässig gewesen wäre und welche Geschwindigkeit der Berufungswerber eingehalten hat. Auch dem Gerichtsurteil ist diesbezüglich nichts Genaueres zu entnehmen. Darin ist diesbezüglich lediglich ausgeführt, dass der Berufungswerber, als er das Fahrzeug lenkte, im Blut einen Alkoholpegel von 1,12 bis 1,14 %o aufgewiesen hat und aufgrund dieser Alkoholisierung mit dem Fahrzeug in einer lang gezogenen Rechtskurve ins Schleudern und über den rechten Fahrbahnrand hinaus geraten ist.
In Bezug auf die Strafhöhe betreffend die Fakten 3., 4. und 5. ist auszuführen, dass die vom Berufungswerber missachteten Bestimmungen im hohen Ausmaß der öffentlichen Sicherheit dienen. Der Berufungswerber hat diesen Bestimmungen in erheblicher Weise zuwider gehandelt. In subjektiver Hinsicht ist in Bezug auf das Lenken ohne Lenkberechtigung Vorsatz anzunehmen, in Bezug auf das Vorliegen der Fahrzeugmängel Fahrlässigkeit.
Der Berufungswerber weist laut Gerichtsurteil zwei weitere Vorstrafen auf, ua auch wegen vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis. Milderns war nichts. Unter Bedachtnahme auf diese Strafzumessungskriterien erweisen sich die über den Berufungswerber verhängten Geldstrafen nicht als unangemessen hoch und lassen sich auch mit den vom Gericht festgestellten Einkommens- und Vermögensverhältnissen (monatliches Einkommen Euro 1.000,-- bis Euro 1.200,--, Schulden in Höhe von ca Euro 4.000,--, keine Sorgepflichten) in Einklang bringen.
Es war daher wie im Spruch ausgeführt zu entscheiden.