Der Unabhängige Verwaltungssenat in Tirol entscheidet durch sein Mitglied Mag. Albin Larcher über die Berufung des Herrn C. K., 6432 Sautens, vertreten durch Dr. Günter Z., Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Imst vom 15.05.2003, Zl VA-557-2003, nach durchgeführter mündlicher öffentlicher Verhandlung wie folgt:
Gemäß § 66 Abs 4 AVG iVm §§ 24, 51, 51c und 51e VStG wird der Berufung insofern Folge gegeben, als die Übertretung gemäß § 5 Abs 1 StVO festgestellt, jedoch die Strafnorm gemäß § 99 Abs 1a gegen die Strafnorm des § 99 Abs 1b StVO ausgetauscht und die Geldstrafe mit EUR 650,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 8 Tage) neu festgesetzt wird. Gemäß § 64 VStG wird der Beitrag zu den Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens mit EUR 65,-- neu festgesetzt
Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde dem Berufungswerber zur Last gelegt, er habe am 25.03.2003 im Ortsgebiet von Rum, den PKW der Marke Mercedes-Benz, KU-XXXX auf der Steinbockallee vor dem Haus Nr 21, im Bereich KIKA, gelenkt, obwohl er sich in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befunden habe. Der bei ihm gemessene Atemluftalkoholgehalt habe 0,64 mg/l betragen. Dadurch habe der Beschuldigte eine Verwaltungsübertretung nach § 99 Abs 1a iVm § 5 Abs 1 StVO begangen wofür über ihn gem § 99 Abs 1a StVO eine Geldstrafe von EUR 872,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 12 Tage) unter gleichzeitiger Festsetzung der Verfahrenskosten verhängt wurde. Gegen dieses Straferkenntnis wurde fristgerecht Berufung erhoben. Der Berufungswerber führt hierzu im Wesentlichen aus, er habe bereits in seiner Rechtfertigung vom 07.04.2003 vorgebracht, dass er am 25.03.2003 von Deutschland kommend seine Fahrt in Hall unterbrochen habe und dort zwischen 20:45 und 22:30 Uhr drei kleine und drei große Bier konsumiert. Der Berufungswerber habe dabei nie von einem Sturztrunk gesprochen. Nach der Judikatur des VwGH stehe dem Beschuldigten gegen das Messergebnis nur das Beweismittel der Blutuntersuchung offen, er könne aber den Beweis einer relevanten Veränderung des Blut- bzw Atemalkoholgehalts zwischen dem Lenken einerseits und dem Messzeitpunkt andererseits, ohne Beweismittelbeschränkung durch jedes Beweismittel erbringen. Das von der Erstbehörde zu Grunde gelegte Umrechnungsverhältnis 1:2 von Atemalkohol und Blutalkoholuntersuchung sei falsch. Als Umrechnungsfaktor sei vielmehr ein Wert von 1,7 anzunehmen, da die Resorption noch nicht abgeschlossen war. Die Resorption müsse auch berücksichtigt werden, wenn von einem Messzeitpunkt auf die Alkoholkonzentration zu einem zurückliegenden Zeitpunkt Bezug genommen werden soll. Richtigerweise wäre daher auf Grund der Trinkverantwortung des Berufungswerbers und des gerichtsmedizinischen Gutachtens des Sachverständigen Dr. Paul U. davon auszugehen gewesen, dass zum Zeitpunkt der Anhaltung die 1,2 Promille-Grenze beim Berufungswerber weder erreicht, noch überschritten war, sodass er lediglich iSd § 99 Abs 1b StVO bestraft werden hätte dürfen. Es werde somit die Anberaumung einer mündlichen Berufungsverhandlung sowie die Ladung des Beschuldigten und des Sachverständigen Dr. Paul U. ausdrücklich beantragt.
Beweis wurde aufgenommen durch Einsichtnahme in den erstinstanzlichen Akt, Einholung eines Gutachtens des Sachverständigen Dr. Peter P., Facharzt für gerichtliche Medizin, sowie Einvernahme der beiden Sachverständigen Dr. U. und Dr. P., des Beschuldigten sowie der Zeugen Albert U., RI Thomas A. und GI Gottfried G. in der öffentlichen mündlichen Verhandlung am 24.06.2003.
Nach Durchführung des Beweisverfahrens steht nachstehender Sachverhalt als erwiesen fest:
Am Abend des 25.03.2003 fuhr der Beschuldigte C. K. mit dem PKW KU-XXXXX von Nürnberg kommend nach Hause. Nach einem kurzen Zwischenstopp in seinem Büro in Kirchbichl traf er gegen 20:45 Uhr in Hall i.T im Gasthof Goldener Engel mit einem Mitarbeiter, dem Zeugen A. zusammen. Bis zum Verlassen des Gasthauses um etwa 22:30 Uhr, konsumierte der Beschuldigte dann insgesamt drei kleine (0,3 l) und drei große (0,5 l) Bier sowie ein Gulasch. Anschließend fuhr er die Inntalautobahn in Fahrtrichtung Innsbruck entlang. Bei km 0,69 wurde von Gendarmeriebeamtem eine Geschwindigkeitsmessung vorgenommen. Die Zeugen RI Thomas A. und GI Gottfried G. standen hierzu mit ihrem PKW auf dem Pannenstreifen in Fahrtrichtung des Beschuldigten, und visierten bei laufendem Motor die herannahenden Fahrzeuge mit einer Lasermesspistole durch das Seitenfenster nach hinten an. Als der Beschuldigte in den Messbereich kam, ertönte ein - bei erhöhter Geschwindigkeit automatisch abgegebenes - akustisches Signal der Laserpistole, woraufhin RI A. sofort das Blaulicht des Gendarmeriefahrzeuges einschaltete. Der Beschuldigte, der inzwischen km 0,69 passierte, reagierte zunächst mit einer kurzen Bremsung auf das Blaulicht, fasste dann aber umgehend den Beschluss die Fahrt fortzusetzen und fuhr in der Hoffnung sich einem möglichen Alkomattest entziehen zu können, bei Innsbruck-Ost von der Inntalautobahn ab. Die Beamten nahmen unverzüglich die Verfolgung auf, das Blaulicht blieb in weiterer Folge ohne Unterbrechung aktiviert. Bei erster Gelegenheit verließ der Beschuldigte die Autobahnabfahrt nach rechts in Richtung Industriezone Rossau und lenkte seinen PKW über den dort befindlichen Kreisverkehr nach Rum. Die Gendarmeriebeamten hatten ständig Sichtkontakt und holten kontinuierlich auf, mussten dafür allerdings mit einer Geschwindigkeit von bis zu 100 km/h fahren und jede sich bietende Möglichkeit den Weg zu verkürzen, etwa durch links-Einfahren in den Kreisverkehr, in Anspruch nehmen. Die Fahrgeschwindigkeit des Beschuldigten war nicht feststellbar. S
chließlich nahm der Beschuldigte nach Überquerung des Inn über die Brücke am Baggersee, die Aussichtslosigkeit seines Fluchtversuchs zur Kenntnis, fuhr von der Steinbockallee aus freiwillig auf den Parkplatz der Firma KIKA ab und brachte dort seinen PKW zum Stillstand. Unmittelbar danach, gegen 22:45 Uhr, forderte RI A. ihn auf Grund der eindeutigen Alkoholisierungssymptome auf sich einem Alkomattest zu unterziehen. Die erste Untersuchung der Atemluft wurde um 23:06 Uhr durchgeführt und ergab einen Messwert von 0,64 mg Alkohol pro Liter Atemluft. Die um 23:07 durchgeführte Kontrollmessung bestätigte dieses Ergebnis. Unter Berücksichtigung des konkreten Alkoholabfalls von 0,26 Promille entsprechen 0,64 mg/l Atemalkoholgehalt etwa 1,14 Promille Blutalkoholgehalt. Die Berufungsbehörde sieht zunächst keinen Grund, die Angaben des Berufungswerbers betreffend seines Aufenthaltes in einem Gasthaus in Hall i.T. in Zweifel zu ziehen. Sie korrespondieren auch im Wesentlichen mit den Aussagen des Zeugen A. U., der seine Aussagen in der mündlichen Verhandlung am 24.06.2003 im Übrigen unter strafrechtlich sanktionierter Wahrheitspflicht tätigte, was seine Glaubwürdigkeit ebenfalls erhöht. Einerseits bestätigte er die Trinkverantwortung des Beschuldigten, wonach dieser insgesamt drei kleine und drei große Bier konsumierte und dazu auch eine Mahlzeit einnahm, andererseits den Zeitraum in dem dieser Konsum stattgefunden hat.
Hinsichtlich der weiteren Geschehnisse ist dem Berufungswerber aber jede Glaubwürdigkeit abzusprechen. Der Gendarmeriebeamte RI A. führte schlüssig und nachvollziehbar aus, dass er unverzüglich nach Wahrnehmung des dualen Tones, welchen die Lasermesspistole bei überhöhter Geschwindigkeit automatisch abgibt, das Blaulicht einschaltet. Geht man davon aus, dass sich der betreffende PKW dann noch im Messbereich, somit ungefähr auf Höhe des Gendarmeriefahrzeugs befunden hatte, muss das Blaulicht bei der Passierung des Messstandortes schon zu sehen sein. Aus diesem Grund hat die Berufungsbehörde keinerlei Zweifel an der Richtigkeit der Aussage des GI G., der sehen konnte, dass der Beschuldigte mit einer kurzen Bremsung auf das Blaulicht reagierte, dann aber sofort seine Fahrt fortsetzte. Der Beschuldigte ist dann bei nächster Gelegenheit von der Autobahn abgefahren und hat sogleich das Industriegebiet Rossau anvisiert. Dieses ist bekanntermaßen schlecht ausgeleuchtet und mit einer Vielzahl an Abbiegemöglichkeiten bzw Quer- und Seitenstraßen versehen, wobei der Beschuldigte im Übrigen auch selbst einräumte sich in der Rossau gut auszukennen. Gerade in der konkreten Situation des Beschuldigten, der ob der deutlichen Geschwindigkeitsüberschreitung und in Gewissheit seines Alkoholkonsums und den daraus resultierenden Symptomen im Falle einer Anhaltung mit einem Alkomattest rechnen musste, stellt dieser Fluchtversuch des Beschuldigten eine lebensnahe Reaktion dar. Seine ins Treffen geführten Angaben, wonach er noch einmal zurück nach Hall fahren wollte, um seinem Mitarbeiter noch Unterlagen zu bringen, die er bei ihrem Treffen zuvor vergessen hatte, sind wenig glaubwürdig, da er diesem Fall wohl jedenfalls zuvor telefonisch Kontakt mit dem Zeugen U. aufgenommen hätte und dieser zu den angeblich vergessenen Unterlagen auch keinerlei Angaben machen konnte. Im Übrigen wäre es auch völlig unüblich über die Industriezone Rossau und die Brücke am Baggersee, nach Neurum bzw Hall zu gelangen, zumal der Beschuldigte diese Brücke au ch gar nicht befahren hätte dürfen. Schließlich ist auch unglaubwürdig, dass der Berufungswerber während der gesamten Fahrt nicht das Blaulicht des aufschließenden Gendarmeriefahrzeuges wahrnehmen habe können, da ein solches Lichtsignal gerade in der Nacht besonders weit reicht und auffällig ist.
Die Feststellungen zur Verfolgung des Beschuldigten durch die Gendarmeriebeamten, beruhen auf deren Aussagen, welche im Wesentlichen schlüssig und frei von Widersprüchen sind. Insbesondere konnten sie auch glaubhaft versichern, dass es ihnen nicht möglich ist, hinreichende Angaben zur Fahrgeschwindigkeit des Beschuldigten-PKW zu machen.
Der Alkomattest wurde mit einem geeichten Messgerät durchgeführt. Das Messergebnis stimmt mit jenem des Kontrolltestes exakt überein und wurde vom Berufungswerber auch nicht in Abrede gestellt. Zur Umrechnung des Atemalkoholgehalts in Blutalkoholgehalt ist festzuhalten, dass sich die beiden Sachverständigen entgegen ihren schriftlichen Gutachten, die in wesentlichen Punkten different waren, in der mündlichen Verhandlung auf einen Blutalkoholgehalt von 1,14 Promille einigten. Ausgehend von der Alkoholmenge und einem daraus resultierenden theoretisch möglichen Blutalkoholgehalt von 1,4 Promille, ergibt sich dieser Wert bei einem Alkoholabfall von 0,26 Promille unter Zugrundelegung eines Zeitraumes von zwei Stunden. Beide Sachverständige gaben im Zuge der mündlichen Erörterung ihrer Gutachten schließlich an, dass sich die angegebene Trinkverantwortung mit dem vorliegenden Alkomatergebnis in Einklang bringen lässt und zumindest nicht im Widerspruch zueinander steht.
In rechtlicher Hinsicht ergibt sich daraus Folgendes:
Gem § 99 Abs 1b begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe von EUR 581,-- bis EUR 3.633,--, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Arrest von einer bis sechs Wochen, zu bestrafen, wer in einem durch Alkohol oder Suchtgift beeinträchtigten Zustand ein Fahrzeug lenkt oder in Betrieb nimmt. Gem § 5 Abs 1 StVO darf, wer sich in einem durch Alkohol oder Suchtgift beeinträchtigten Zustand befindet, ein Fahrzeug weder lenken noch in Betrieb nehmen. Bei einem Alkoholgehalt des Blutes von 0,8 g/l (0,8 Promille) oder darüber oder bei einem Alkoholgehalt der Atemluft von 0,4 mg/l oder darüber gilt der Zustand einer Person jedenfalls als von Alkohol beeinträchtigt.
Ausgehend von den getroffenen Feststellungen lenkte der Beschuldigte ein Fahrzeug mit einem Blutalkoholgehalt von 1,14 Promille und war insofern jedenfalls in einem von Alkohol beeinträchtigtem Zustand. Da die 1,2 Promille-Grenze demnach aber nicht erreicht wurde, vermag auch eine Bestrafung nach § 99 Abs 1a StVO nicht in Betracht zu kommen.
Nach § 19 Abs 1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.
Nach § 19 Abs 2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.
Der Unrechtsgehalt der gegenständlichen Verwaltungsübertretung ist erheblich, da durch sie Bestimmungen, welche der Sicherheit der Verkehrsteilnehmer sowie dem Schutz des Lenkers selbst dienen, verletzt wurden.
Mildernd war die Unbescholtenheit des Beschuldigten, erschwerend war der Versuch des Beschuldigten sich dem Alkomattest zu entziehen. Als Verschuldensgrad kommt Fahrlässigkeit in Betracht.
In Abwägung der Strafzumessungskriterien und angesichts des für die gegenständliche Übertretung vorgesehenen Strafrahmens (gem § 99 Abs 1b StVO von EUR 581,-- bis zu EUR 3.633,--) erachtet die Berufungsbehörde die nunmehr festgesetzte Geldstrafe in Höhe von EUR 650,-- als schuld- und tatangemessen sowie ausreichend um den Beschuldigten in Zukunft von weiteren Verstößen gleicher Art abzuhalten.
Sie ist im Übrigen auch mit den Vermögensverhältnissen des Berufungswerbers in Einklang zu bringen.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.