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001 Verwaltungsrecht allgemein;Norm
BAO §207 Abs2;Beachte
Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden): 2001/16/0231Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Meinl und die Hofräte Dr. Steiner und Dr. Höfinger als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Zehetner, über die Beschwerden der M in R, vertreten durch Mag. Titius Trunez, Rechtsanwalt in 4150 Rohrbach, Linzer Str. 2, gegen die Bescheide der Finanzlandesdirektion für Oberösterreich vom 26. Februar 2001, Zlen. RV133/1-9/1998 und RV134/1-9/1998, betreffend Grunderwerbsteuer, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Kaufvertrag vom 22. Juli 1986 erwarben die Beschwerdeführerin und ihr Ehegatte ein näher bezeichnetes Grundstück je zur Hälfte. Dieser Kaufvertrag lautet auszugsweise:
"I. Kaufobjekt. ...
II. Kaufpreis und Vergütungen.
Als Gegenleistung für das unter Punkt I. genannte Kaufobjekt verpflichtet (verpflichten) sich der (die) Käufer, folgende Leistungen zu erbringen:
1.) Zahlung eines Kaufpreises von S 625,-- pro m2 Fläche des Kaufobjekts, das sind S 234.375,-- ...
2.)
Einmalige Vergütung ... von S 45.000,--, ...
3.)
Anteilsmäßige Vergütung der allenfalls noch vom Verkäufer geleisteten oder diesem vorgeschriebenen Kosten und Gebühren der Vermessung, Parzellierung, Bauplatzerklärung und Erteilung der Baubewilligung sowie zur Verkehrsaufschließung, in jenem Ausmaß, das sich aus dem Verhältnis der einzelnen Grundflächen zum Gesamtprojekt oder aus der Vorschreibung für die einzelne Wohneinheit selbst ergibt.
...
IV. Bauverpflichtung und Einräumung des Wiederkaufsrechtes.
(1) Alle Grundstücke, die vom Verkäufer als Bauflächen im Rahmen des Projektes "Wohnanlage (...)" abverkauft werden, sollen nun möglichst bald ihrem bestimmungsgemäßen Zweck zugeführt werden, damit das gesamte Siedlungsprojekt dieser Wohnanlage in absehbarer Zeit realisiert ist und Baulücken nicht den Eindruck und die Benützung der Anlage beeinträchtigen.
Der (die) Käufer verpflichtet (verpflichten) sich, auf dem Kaufobjekt jenes Wohnhaus zu errichten, welches in der Gesamtplanung des Architekten Dipl.-Ing. (...), dort vorgesehen ist und für welches die Baubewilligung bereits erwirkt wurde. Der Verkäufer wird dafür sorgen, dass die auf das Kaufobjekt bezughabende Baubewilligung auf den (die) Käufer mit allen Rechten und Pflichten übertragen wird (§ 64 Abs. 1 OÖ Bauordnung).
(2) Kommt (kommen) der (die) Käufer dieser Verpflichtung zur Bezugsfertigstellung innerhalb von acht Jahren ab Abschluss dieses Vertrages nicht nach, hat der Verkäufer das Recht, das Kaufobjekt wieder zurückzukaufen, wobei der Wiederkaufspreis den Ersatz aller einwandfrei nachgewiesenen Geldaufwendungen umfasst, die der (die) Käufer oder deren Rechtsnachfolger zum Erwerb des Grundstückes und zur Errichtung des Wohnhausrohbaues hatte(n), allerdings ohne Wertsicherung und ohne zwischenzeitige Verzinsung. ..."
Die Beschwerdeführerin und ihr Ehegatte beantragten in der beim Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern Linz am 28. Juli 1986 eingelangten Abgabenerklärung wegen der Absicht der Errichtung einer Arbeiterwohnstätte die Grunderwerbsteuerbefreiung gemäß § 4 Abs. 1 Z 2 GrEStG 1955.
Um die Rechtmäßigkeit der beantragten Steuerbefreiung (Arbeiterwohnstätte) zu überprüfen, forderte das Finanzamt die Beschwerdeführerin und ihren Ehegatten mit Vorhalt vom 14. Oktober 1994 auf, zu bestimmten Fragen, wie Bebauung, Nutzfläche sowie Baukosten und Fertigstellung des Reihenhauses, Stellung zu nehmen.
Die Beschwerdeführerin und ihr Ehegatte übermittelten die vom Architekten entworfenen Baupläne und gaben unter anderem an, die Wohnnutzfläche betrage 129,6 m2.
Mit Bescheid vom 17. November 1997 schrieb das Finanzamt der Beschwerdeführerin ausgehend von den halben Grund- und Baukosten sowie dem halben Architektenhonorar (Bemessungsgrundlage S 761.387,--) Grunderwerbsteuer von S 60.911,-- vor. Mit weiterem Bescheid vom selben Tag schrieb das Finanzamt der Beschwerdeführerin "als Erbin nach" ihrem mittlerweile verstorbenen Ehegatten Grunderwerbsteuer ausgehend von der gleichen Bemessungsgrundlage in gleicher Höhe vor. Begründend führte die Abgabenbehörde in den Bescheiden aus, die Voraussetzungen einer Grunderwerbsteuerbefreiung für eine Arbeiterwohnstätte im Sinne des GrEStG 1955 seien nicht gegeben, weil das fertig gestellte Wohnhaus eine Nutzfläche von mehr als 130m2 aufweise. Den Grundstückskäufern komme die Bauherreneigenschaft für das Gebäude nicht zu, weil die Errichtung der Reihenhausanlage bereits vor dem Grundstückkauf vom Architekten geplant, die von ihm zur Ausführung gelangten Haustypen von ihm entworfen und die Fixpreise für diese Gebäude bereits festgesetzt worden seien. Mit dem mit einer Wohnbaugesellschaft abgeschlossenen Bauorganisationsvertrag hätten die Käufer die im Auftrag des Grundstückseigentümers erwirkte Baubewilligung übernommen und sich in ein vorgeplantes Konzept einbinden lassen. Demnach hätten die Erwerber kein finanzielles Risiko (siehe: Fixpreis), kein bauliches Risiko (siehe: Baudurchführung durch die Wohnbaugesellschaft) und keine wesentliche Einflussnahme auf das vorgeplante Gebäude gehabt. Die Kosten des erweiterten Rohbaues einschließlich des Entgeltes für den planenden Architekten seien daher in die Bemessungsgrundlage für die Grunderwerbsteuer einzubeziehen gewesen.
Mit Schreiben vom 26. November 1997 übermittelte das Finanzamt dem Rechtsvertreter der Beschwerdeführerin die von diesem beantragten Aktenteile in Kopie. Zudem wurden die Begründungen der Bescheide vom 17. November 1997 durch Bekanntgabe der Nutzflächenberechnung ergänzt. Dies erfolgte durch eine dem Schreiben angeschlossene Aufstellung, in der die genaue Bezeichnung und Größe der für die Berechnung herangezogenen Räume aufgeschlüsselt waren. Die Addition der Quadratmeter aller Räume ergab 136,90 m2, davon abgezogen 2 % der Fläche für Verputz (2,74), im Ergebnis somit 134,16 m2 Wohnnutzfläche.
In den Berufungen gegen die Bescheide wurde vorgebracht, erst nach genauerem Studium des Akteninhaltes ergebe sich durch die handschriftlichen Vermerke auf den Bauplänen der Hinweis, dass der Balkon von 7,27 m2 als "Loggia" zur Wohnnutzfläche hinzugezählt werde. Dieser Begründungsmangel stelle einen wesentlichen Verfahrensmangel dar. Aus den im Akt befindlichen Bauplänen errechne sich (ohne Berücksichtigung des Balkons) eine Wohnnutzfläche von 129,63 m2 (bzw. 127,03 m2 ohne Innenputz). Der Verwaltungsgerichtshof habe in seinem Erkenntnis vom 11. April 1994, Zl. 90/16/0038, klar ausgesprochen, dass ein offener Balkon nicht einer Loggia (als zumindest fünfseitig umbauter Raum mit einer freien Öffnung) gleichgesetzt werden könne. Aus den im Akt befindlichen Bauplänen lasse sich nicht verlässlich klären, ob der Balkon als "Loggia" anzusehen sei. Zum einen bestehe der Fußboden des Balkons aus in geringen Abständen nebeneinander verlegten Balken, sodass von einer für Wohnzwecke geeigneten Wohnfläche nicht die Rede sein könne. Zum anderen sei die vermeintlich "fünfte" Umschließung in Wahrheit keine Holzdecke, sondern die Dachschräge des Unterdachs. Von einer "Raumumschließung" könne nicht gesprochen werden. Selbst im Falle der Überschreitung der Wohnnutzfläche und damit erfolgter Aufgabe des steuerbegünstigten Zweckes der Errichtung einer Arbeiterwohnstätte sei auch bei der "Gebührenbemessung" auf die Rechtslage im Zeitpunkt des "Erwerbsvorganges", hier also dem 22. Juli 1986 abzustellen. Zu diesem Zeitpunkt seien vom Begriff der Gegenleistung des § 11 Abs. 1 Z 1 GrEStG 1955 Leistungen an einen Bauorganisator im Rahmen eines "Bauherrenmodells", welche erst seit dem hg. Erkenntnis vom 27. Juni 1991, Zl. 90/16/0169, der Grunderwerbsteuer unterlägen, nicht erfasst. Daher wären nur die Grundkosten von S 279.374,-- als Bemessungsgrundlage heranzuziehen. Der Beschwerdeführerin komme auch deshalb Bauherreneigenschaft zu, weil die Reihenhausanlage in ihrer Gesamtheit vom Architekten zwar geplant und in Häuserkategorien mit typischen Grundrissen und Raumaufteilungen entworfen aber zur Ausführung nur vorgeschlagen worden sei. Auf einem Merkblatt sei neben Hinweisen betreffend Sonderwünsche auch zum Thema Änderungen der außen sichtbaren Bauteile Stellung genommen worden. Daher seien zahlreiche Möglichkeiten zur baulichen Gestaltung offen gestanden. Verwiesen werde auf Änderungen bei bestimmten Haustypen der Siedlung, Änderungen der Fensteranzahl sowie Änderungen bzw. Neueinreichung von Bauplänen bei anderen Reihenhäusern. Nach Punkt 2. des Bauorganisationsvertrages sei der Auftrag auf Rechnung und Gefahr des Auftraggebers erfolgt. Da die Käufer auf Grund der Auftragserteilung an den Bauunternehmer (Generalunternehmer) unmittelbar aus dem Bauvertrag berechtigt und verpflichtet worden seien, hätten ausschließlich diese das Baurisiko getragen. Außerdem hätten sie auch das finanzielle Risiko getragen, weil für die Errichtung des erweiterten Rohbaus ein Pauschalpreis inklusive Mehrwertsteuer vereinbart worden sei, nach den für das Bauvorhaben vereinbarten Ö-Normen ein Pauschalpreis kein Fixpreis sei und auch durch gesetzliche Maßnahmen ausgelöste Preisunterschiede, wie zB die Erhöhung des Mehrwertsteuersatzes vom Auftraggeber zu tragen seien. Überdies sei der S 22.350,-- übersteigende Anteil an der festgesetzten Grunderwerbsteuer verjährt, weil im ordnungsgemäß angezeigten Kaufvertrag im Punkt IV. deutlich auf ein vorhandenes Siedlungsprojekt Bezug genommen worden sei. Das von der Abgabenbehörde grunderwerbsteuerlich erfasste Bauherrenmodell sei ihr schon damals bekannt gewesen und habe daher zumindest bezüglich der Bauherreneigenschaft und damit der Einbeziehung der Bau- und Architektenkosten des erweiterten Rohbaues in die Bemessungsgrundlage die Verjährungsfrist gemäß § 208 Abs. 2 BAO zu laufen begonnen.
Mit Berufungsvorentscheidungen wies das Finanzamt die Berufungen als unbegründet ab. Dies mit der Begründung, das Wohnbauförderungsgesetz nehme offene Balkone und Terrassen ausdrücklich von der Nutzflächenberechnung aus, eine Loggia sei im Hinblick auf den raumbildenden Charakter aber zur Nutzfläche zu rechnen. Zum Unterschied von einem offenen Balkon, der an die Hausfront angesetzt sei und über den Gebäudeteil hinausrage, sei eine Loggia in das Gebäude eingeschnitten und zumindest von fünf Seiten umbaut. Dabei sei ohne Bedeutung, ob die Begrenzung nach oben durch eine Massivdecke erfolge oder - wie im gegenständlichen Fall - die obere Begrenzung durch einen Dachvorsprung gebildet werde. Es sei unbeachtlich, ob der Boden der Loggia in Massivbauweise errichtet werde oder aus in geringen Abständen nebeneinander verlegten Balken. Unter Einbeziehung der Fläche der Loggia sei das höchstzulässige Nutzflächenausmaß von 130 m2 auch nach Abzug von 2 % für Verputz überschritten. Der nicht ohne weiteres erkennbare Zusammenhang gewisser Verträge (Kaufvertrag, Werkvertrag, Bauorganisationsvertrag) sei erst sukzessive im Zuge eines auf die konkrete Problematik gerichteten Ermittlungsverfahrens bekannt geworden und die Behörde habe erst in diesem Zusammenhang davon Kenntnis erlangt, dass beim vorliegenden Wohnhaus das höchstzulässige Nutzflächenausmaß von 130 m2 überschritten worden sei. Verjährung sei somit nicht eingetreten.
Wenn Erwerber an ein bestimmtes, durch Planung des Verkäufers oder eines mit diesem zusammenarbeitenden Organisators vorgegebenes Gebäude gebunden seien, dann sei ein Kauf eines Grundstückes mit herzustellendem Gebäude anzunehmen, selbst wenn über diese Herstellung ein gesonderter Vertrag geschlossen werde. Maßgebend sei, ob Erwerbern ein Recht oder eine Möglichkeit der Einflussnahme auf die Gestaltung des Bauvorhabens oder das Recht wesentlicher Änderungen des Projekts zugestanden sei. Ein Käufer sei nur dann als Bauherr anzusehen, wenn er auf die bauliche Gestaltung des Gesamtprojekts Einfluss nehmen könne. Dem Grundstückkäufer komme die Bauherreneigenschaft für das Gebäude im erweiterten Rohbau nicht zu, weil die Errichtung der Reihenhausanlage bereits vor dem Grundstückkauf vom Architekten geplant, die zur Ausführung gelangten Haustypen von ihm entworfen und die Fixpreise für dieses Gebäude bereits festgesetzt worden seien. Mit Bauorganisationsvertrag, abgeschlossen mit der Gesellschaft für Wohnungsbau habe der Käufer die im Auftrag des Grundstückseigentümers erwirkte Baubewilligung übernommen und sich demnach in ein vorgeplantes Konzept einbinden lassen. Da der Kauf eines Grundstückes mit noch herzustellendem Gebäude erfolgt sei, seien die Baukosten für das Gebäude im erweiterten Rohbau einschließlich Architektenhonorar in die Bemessungsgrundlage für die Festsetzung der Grunderwerbsteuer einzubinden gewesen.
Nach Einbringung von Vorlageanträgen gab die belangte Behörde den Berufungen mit den angefochtenen Bescheiden keine Folge. In den Begründungen dieser Bescheide wurde im Wesentlichen die Begründung der Berufungsvorentscheidungen wiederholt.
Gegen diese Bescheide richten sich die Beschwerden, mit denen sowohl Rechtswidrigkeit des Inhalts als auch Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht wird. Die Beschwerdeführerin erachtet sich in beiden Beschwerden in ihrem Recht, trotz Vorliegens der gesetzlichen Voraussetzungen über die Befreiung von der Grunderwerbsteuer gemäß § 4 Abs. 1 Z 2 GrEStG 1955 Grunderwerbsteuer entrichten zu müssen, verletzt.
Die belangte Behörde legte den Verwaltungsakt vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerden beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die wegen ihres persönlichen und sachlichen Zusammenhanges zur gemeinsamen Beratung und Entscheidung verbundenen Beschwerden erwogen:
Die Beschwerdeführerin ist als Witwe ihres verstorbenen Ehegatten auf Grund der Einantwortung des Hälftegrundstückes samt dem zugehörenden Gebäude (Einantwortungsurkunde vom 17. Juni 1998) Gesamtrechtsnachfolgerin ihres verstorbenen Ehegatten und damit - soweit im Beschwerdefall von Bedeutung - in die Rechtsposition des Ehegatten eingetreten. Die Vorschreibung der Grunderwerbsteuer erfolgte mit zwei Bescheiden (einer an die Beschwerdeführerin und einer an die Beschwerdeführerin "als Erbin"), in denen jeweils die halbe Bemessungsgrundlage angesetzt wurde. Eine Rechtswidrigkeit der angefochtenen Bescheide aus dem Grund, weil nicht ein einziger Bescheid über die gesamte Bemessungsgrundlage vorgeschrieben wurde, ist nicht gegeben.
Der auf den Beschwerdefall noch anzuwendende § 4 GrEStG 1955 lautete auszugsweise:
"(1) Von der Besteuerung sind ausgenommen:
... 2. beim Arbeiterwohnstättenbau
a) der Erwerb eines Grundstückes zur Schaffung von Arbeiterwohnstätten,
b) der erste Erwerb einer geschaffenen oder vom Veräußerer zu schaffenden Arbeiterwohnstätte durch eine Person, die die Wohnstätte als Eigenheim übernimmt,
...
(2) ... Die im Abs. 1 Z. 1 bis 4 und Z. 7 bezeichneten Erwerbsvorgänge unterliegen der Steuer, wenn der begünstigte Zweck innerhalb von acht Jahren aufgegeben wird."
Gemäß § 17 Z 4 GrEStG 1955 sind Steuerschuldner bei allen übrigen Erwerbsvorgängen die am Erwerbsvorgang beteiligten Personen.
Nach § 18 Abs. 3 Z 5 leg. cit. ist die Abgabenerklärung nach Abs. 1 binnen zwei Wochen auch dann vorzulegen, wenn einer der im § 4 Abs. 2 oder § 9 Abs. 2 angeführten Tatbestände eintritt.
Die Verjährungsfrist für die Grunderwerbsteuer beträgt gemäß § 207 Abs. 2 BAO fünf Jahre.
Gemäß § 208 Abs. 2 BAO beginnt die Verjährung des Rechtes auf Festsetzung der Grunderwerbsteuer in den Fällen, in denen der dieser Abgabe unterliegende Erwerbsvorgang nicht ordnungsgemäß angezeigt wird, nicht vor Ablauf des Jahres, in dem die Abgabenbehörde von dem Erwerbsvorgang Kenntnis erlangt; dies gilt sinngemäß auch für die gemäß § 18 Abs. 3 GrEStG 1955 zu erklärenden Umstände. Ordnungsgemäß angezeigt heißt in diesem Zusammenhang zeitgerecht, richtig, vollständig und bei der zuständigen Behörde angezeigt (vgl. das hg Erkenntnis vom 17. Mai 2001, Zl. 98/16/0256).
Werden Abgabenbefreiungen (insbesondere solche nach § 4 GrEStG 1955) in Anspruch genommen, so entsteht die Abgabenschuld für diesen Erwerbsvorgang erst dann, wenn der begünstigte Zweck innerhalb einer vorgesehenen Frist aufgegeben oder innerhalb einer Frist ab dem Erwerbsvorgang (zumeist acht Jahre) die entsprechenden Bedingungen nicht erfüllt werden. Ab diesen Zeitpunkten der Aufgabe der begünstigten Zwecke, des Fristablaufs ohne Erfüllung von Bedingungen, entsteht die Abgabenschuld und die Verjährung beginnt erst ab diesem Zeitpunkt zu laufen, wobei aber dann, wenn die entsprechenden Abgabenerklärungen, Anzeigen, Anmeldungen über diesen Sachverhalt nicht erstattet wurden, nach § 208 Abs. 2 BAO die Verjährungsfrist erst ab dem Zeitpunkt des Erlangens der Kenntnis der Behörde von der Nichterfüllung des begünstigten Zweckes, der Nichterfüllung der gesetzlichen Bedingungen zu laufen beginnt (vgl. Stoll, BAO-Kommentar, 2181).
Die Angaben, auf Grund derer das Finanzamt prüfen konnte, ob die Voraussetzungen für eine Grunderwerbsteuerbefreiung im Sinne des § 4 Abs. 1 Z 2 GrEStG 1955 vorlagen, wurden vom Beschwerdevertreter erst mit 14. November 1994, dem Zeitpunkt des Einlangens der Baupläne beim Finanzamt gemacht. Erst durch diese Angaben war der Erwerbsvorgang vollständig und somit ordnungsgemäß im Sinne des § 208 Abs. 2 BAO angezeigt (vgl. auch die hg Erkenntnisse vom 28. April 1994, Zl. 93/16/0194 und vom 12. April 1995, Zl. 93/16/0031), wodurch die Verjährungsfrist des § 207 Abs. 2 BAO erst mit Ablauf des Jahres 1994 zu laufen begann. Aus diesem Grund ist im Beschwerdefall keine Festsetzungsverjährung eingetreten.
Wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung ausgeführt hat, darf eine Arbeiterwohnstätte im Sinne des § 4 Abs. 1 Z. 2 lit a GrEStG 1955, den Wohnbauförderungsrichtlinien folgend, eine Nutzfläche von 130 m2 nicht überschreiten. Der begünstigte Zweck (Absicht der Errichtung einer Arbeiterwohnstätte) wird mit der Einreichung von Plänen für ein Einfamilienhaus mit einer Wohnnutzfläche von mehr als 130 m2 bei der Baubehörde aufgegeben. Die damit eingetretene Steuerpflicht nach § 4 Abs. 2 GrEStG 1955 kann durch eventuelle nachträgliche Erklärungen bzw. Änderungen der Pläne mit dem Ziel, damit eine Wohnnutzfläche von 130 m2 nicht zu überschreiten, nicht mehr beseitigt werden (vgl. das hg Erkenntnis vom 28. September 2000, Zl. 97/16/0291).
Die in den Beschwerden vorgenommenen Berechnungen, die nicht von den in den Bauplänen angegebenen Flächenmaßen ausgehen, sind daher nicht maßgeblich.
Die Beschwerdeführerin wendet sich, wie schon im Verwaltungsverfahren, gegen die Einbeziehung der in den Bauplänen als "Balkon" und von der Abgabenbehörde als "Loggia" bezeichneten Fläche von 7,27 m2 in die Wohnnutzfläche und vertritt die Auffassung, es handle sich bei der in Rede stehenden Fläche um einen offenen Balkon, der nach der Rechtssprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. das hg. Erkenntnis vom 11. April 1991, Zl. 90/16/0038) nicht zur Wohnnutzfläche zu zählen sei, weil die fünfte Umschließung keine Holzdecke, sondern die Dachschräge des Unterdachs sei und der Fußboden aus in geringen Abständen nebeneinander verlegten Balken bestehe.
Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zählt die Bodenfläche einer Loggia (zumindest fünfseitig umbauter Raum mit einer freien Öffnung, der nicht über die Baufluchtlinie vorkragt) zur Wohnnutzfläche einer Arbeiterwohnstätte (vgl. das hg. Erkenntnis vom 20. Februar 1992, Zl. 90/16/0181).
Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass das Dach nach den hier maßgeblichen Bauplänen über die strittige Fläche hinausragt und damit auch dann ein fünfseitig umschlossener Raum und kein offener Balkon vorliegt, wenn die Decke durch die Dachschräge des Hauses gebildet wird. Auf die Beschaffenheit des Fußbodens kommt es nicht an, sofern dieser als solcher verwendet werden kann. Dies wird nicht bestritten. Die Behörde durfte daher den im Plan als "Balkon" bezeichneten Raum mit einem Flächenmaß von 7,27 m2 zu Recht als "Loggia" in die Berechnung der Wohnnutzfläche einbeziehen. Die Wohnnutzfläche von 130 m2 wurde daher überschritten.
Durch Überreichung des Bauansuchens und des Bauplanes wurde nach außen dokumentiert, dass die Absicht, ein Einfamilienhaus mit einer Nutzfläche unter 130 m2 zu errichten, nicht mehr bestehe und damit die Steuerbefreiung verwirkt.
Der von der Beschwerdeführerin gerügte Begründungsmangel liegt nicht vor. In den angefochtenen Bescheiden wird hinsichtlich der Gründe für die Einbeziehung der in den Bauplänen als "Balkon" bezeichneten Fläche in die Gesamtfläche auf die Begründung der Berufungsvorentscheidung verwiesen. Schon in der Berufung wurde die Decken- und Fußbodenbeschaffenheit von der Beschwerdeführerin dargestellt und in der Berufungsvorentscheidung wurde in der Begründung ausgeführt, dass auch bei dieser Beschaffenheit der Decke und des Fußbodens von einer Loggia auszugehen sei.
Gegenstand der Beschwerde ist auch die Frage der Bauherreneigenschaft der Beschwerdeführerin.
Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist unter einer Gegenleistung im Sinne des § 11 Abs. 1 Z 1 GrEStG 1955 auch alles zu verstehen, was der Erwerber über den Kaufpreis für das unbebaute Grundstück hinaus aufwenden muss. Erbringt ein Käufer im Hinblick auf die Bebauung eines Grundstückes neben einem als Kaufpreis bezeichneten Betrag weitere Leistungen - an wen auch immer - ist demnach zur Ermittlung der zutreffenden Bemessungsgrundlage auf den Besteuerungsgegenstand zurückzugreifen. Für die Beurteilung ist der Zustand des Grundstückes maßgebend, in dem dieses erworben werden soll; das muss nicht notwendig der im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses gegebene Zustand sein. Gegenstand eines Kaufvertrages kann ohne weiteres auch eine künftige Sache oder eine Sache sein, hinsichtlich welcher zur Erfüllung des Vertrages bestimmte Eigenschaften durch den Verkäufer erst geschaffen werden müssen. Ist der Erwerber an ein bestimmtes, durch Planung des Verkäufers oder eines mit diesem zusammenarbeitenden Organisators vorgegebenes Gebäude gebunden, dann ist ein Kauf eines Grundstückes mit - herzustellendem - Gebäude anzunehmen, selbst wenn über diese Herstellung ein gesonderter Werkvertrag abgeschlossen wird (vgl. das hg. Erkenntnis vom 14. Oktober 1999, Zl. 97/16/0219).
Der Verwaltungsgerichtshof hat zudem in ständiger Rechtsprechung als wesentliches Merkmal der Bauherreneigenschaft nicht nur den Umstand angesehen, dass der Bauherr das Vorhaben plant, bei der Baubehörde als Bauwerber auftritt und die Baubewilligung erwirkt. Entscheidend ist auch, ob dem Abgabepflichtigen ein Recht und eine Möglichkeit der Einflussnahme auf die Gestaltung des Gesamtbauvorhabens oder das Recht zu wesentlichen Änderungen des Projektes zugestanden ist; ein Käufer ist nämlich nur dann als Bauherr anzusehen, wenn er auf die bauliche Gestaltung des Hauses, und zwar auf die Gestaltung der Gesamtkonstruktion Einfluss nehmen kann (vgl. das hg Erkenntnis vom 27. Juni 1994, Zl. 92/16/0196).
Die Beschwerdeführerin vertritt die Auffassung, es seien ihr zahlreiche Möglichkeiten zur baulichen Gestaltung offen gestanden und verweist konkret auf Änderungen bei den bestimmten Haustypen der Siedlung ( z.B. neuer Erker), Änderungen der Fensteranzahl sowie Änderungen bzw. Neueinreichung von Bauplänen bei anderen Reihenhäusern.
Bei diesen von der Beschwerdeführerin angeführten Gestaltungsmöglichkeiten handelt es sich jedoch nicht um wesentliche Änderungen ihres bereits fertig geplanten Reihenhauses. Änderungen der Fensteranzahl sind als nicht wesentlich zu betrachten (vgl. die bei Fellner, Gebühren und Verkehrsteuern, Band II, 3. Teil, Grunderwerbsteuergesetz 1987, Randzahl 92 zu § 5 GrEStG zitierte Rechtsprechung). Die Änderungen bei den Haustypen und die Änderungen bzw. Neueinreichung von Bauplänen bei anderen Reihenhäusern betreffen das nach den Bauplänen geplante Reihenhaus ihres Haustyps nicht. Die Beschwerdeführerin hat nicht einmal behauptet, dass ein von den vorgelegten Plänen abweichender Haustyp zur Ausführung gelangt sei. Mit ihrem Vorbringen hat die Beschwerdeführerin auch nicht dargetan, sie habe auf die Gestaltung der Gesamtkonstruktion Einfluss nehmen können.
Die Beschwerdeführerin und ihr Ehegatte haben das Grundstück zu einem Zeitpunkt gekauft, als nicht nur die Planung für die Reihenhaussiedlung vollständig abgeschlossen war, sondern auch die Baubewilligung gegenüber dem Verkäufer als seinerzeitigem Grundeigentümer und Bauwerber bereits erteilt war. Die Beschwerdeführerin und ihr Ehegatte verpflichteten sich nämlich, auf dem Kaufobjekt jenes Wohnhaus zu errichten, welches in der Gesamtplanung des Architekten vorgesehen war und für welches die Baubewilligung bereits erwirkt worden war (Punkt IV. (1) des Kaufvertrages vom 22. Juli 1986).
Von einer maßgeblichen Einflussnahme auf das Gesamtkonzept kann daher auch aus diesem Grund nicht gesprochen werden. Die Behörde konnte zu Recht davon ausgehen, dass sich die Beschwerdeführerin und ihr Ehegatte in ein Vertragskonzept einbinden ließen, welches sicherstellte, dass nur jene Käufer zum Grundstückserwerb zugelassen werden, die sich zur Ausführung des Planungskonzeptes verpflichteten. Bei Vorliegen eines derartigen Vertragsgeflechtes sind auch die das Baukonzept betreffenden Verträge in den grunderwerbsteuerrechtlichen Erwerbsvorgang einzubeziehen, weil in Wahrheit ein einheitliches Geschäft vorliegt, bei dem die an sich getrennten Vereinbarungen in ihrem Bestand derartig von einander abhängig sind, dass sie miteinander "stehen und fallen" sollen (vgl. das bereits zitierte hg Erkenntnis vom 14. Oktober 1999, Zl. 97/16/0219).
Da die Kriterien für das Vorliegen der Bauherreneigenschaft kumulativ vorliegen müssen (vgl. dazu insbesondere die bei Fellner, a.a.O, unter Rz 90 zu § 5 GrEStG 1987 angeführte hg. Rechtsprechung), braucht nicht mehr weiter darauf eingegangen werden, wer im vorliegenden Fall das Baurisiko und das finanzielle Risiko getragen hat.
Da sich somit der gegenständliche Erwerbsvorgang auf ein letztlich bebautes Grundstück bezogen hat, hat die belangte Behörde zu Recht die Errichtungskosten (Baukosten und Architektenhonorar) bei Bemessung der Gegenleistung miteinbezogen.
Wenn die Beschwerdeführerin die Auffassung vertritt, beim Begriff der Gegenleistung sei auf die Rechtslage am 22. Juli 1986, dem Zeitpunkt des Erwerbsvorganges, abzustellen, und der Begriff der Gegenleistung des § 11 Abs. 1 Z 1 GrEStG 1955 habe Leistungen an einen Bauorganisator nicht erfasst, dann übersieht sie, dass nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ein Käufer auch solche im Hinblick auf die Bebauung eines Grundstückes neben einem als Kaufpreis bezeichneten Betrag weitere erbrachten Leistungen - an wen auch immer - als Gegenleistung nach § 11 Abs. 1 Z 1 GrEStG 1955 in die Bemessungsgrundlage einzubeziehen hat (vgl. z.B. die hg. Erkenntnisse vom 27. Jänner 1999, Zl. 96/16/0142, und vom 14. Oktober 1999, Zl. 97/16/0219). Eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides wurde mit diesem Vorbringen daher nicht aufgezeigt.
Aus den dargestellten Erwägungen war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen. Mit Rücksicht auf die durch die bisherige Rechtsprechung klargestellte Rechtsfrage konnte die Entscheidung in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat getroffen werden.
Von der Durchführung der beantragten mündlichen Verhandlung konnte aus dem Grund des § 39 Abs. 2 Z 6 VwGG abgesehen werden. Da Abgabenangelegenheiten nicht "civil rights" betreffen, war die Durchführung einer mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof auch unter dem Aspekt des Artikels 6 EMRK nicht erforderlich.
Der Ausspruch über den Kostenersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am 17. Oktober 2001
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2001:2001160230.X00Im RIS seit
12.03.2002Zuletzt aktualisiert am
27.10.2008