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32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht;Norm
BAO §21 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und die Hofräte Dr. Hargassner, Dr. Fuchs, Dr. Büsser und Dr. Mairinger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. iur. Mag. (FH) Schärf, über die Beschwerde der UT in W, vertreten durch Mag. Stephan Meusburger, LL.M., Rechtsanwalt in Wien IV, Schwindgasse 6, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland, Berufungssenat Ia, vom 24. Februar 2000, Zl. RV/833-15/08/99, betreffend Einkommensteuer für das Jahr 1997, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die Beschwerdeführerin ist Witwe nach einem im aktiven Berufsleben verstorbenen Rechtsanwalt. Da sie einen Erbverzicht erklärt hatte, wurde sie nicht Erbin ihres Ehemannes. Sie hatte jedoch auf Grund eines von ihrem verstorbenen Ehegatten mit dessen Partner abgeschlossenen Societätsvertrages, welcher für den Todesfall eines Vertragspartners einerseits den Übergang des Unternehmens auf den überlebenden Societätspartner und andererseits Pensionsansprüche der Hinterbliebenen des verstorbenen Vertragspartners vorsah, Anspruch auf die Ausbezahlung einer Witwenpension durch den überlebenden Partner der Societät. Auf Initiative des Partners der Societät kam es nach dem Tode des Ehemannes der Beschwerdeführerin zum Abschluss einer Vereinbarung zwischen der Beschwerdeführerin und dem Societätspartner, mit welcher sämtliche Pensionsansprüche der Beschwerdeführerin gegenüber dem Societätspartner durch Zahlung eines Betrages von insgesamt S 5,000.000,-- abgefunden wurden.
Gegen die Besteuerung des ihr im Streitjahr zugeflossenen Abfindungsbetrages nach dem vollen Einkommensteuertarif erhob die Beschwerdeführerin Berufung mit dem Vorbringen, die Bestimmung des § 25 EStG 1988 enthalte eine Aufzählung, welche unschwer erkennen lasse, dass der Gesetzgeber nahezu alle denkbaren Pensions- bzw. Witwenbezüge als Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit fingiere, deren Abfindung jeweils nach § 67 Abs. 8 EStG 1988 begünstigt zu besteuern wäre. Weshalb im Wege der Gesetzesanalogie die gleiche Begünstigung nicht auch der Abfindung der Pensionsansprüche der Beschwerdeführerin zukommen solle, sei nicht einsichtig. Die unterschiedliche Besteuerung von Einkünften aus selbständiger und nichtselbständiger Arbeit stelle keinen sachlich gerechtfertigten Grund für die Versagung der steuerlichen Begünstigung des § 67 Abs. 8 EStG 1988 für die Abfindung der Pensionsansprüche der Beschwerdeführerin dar, weil diese, wiewohl sie keine Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit bezogen habe, jedenfalls auch keine Einkünfte aus selbständiger Arbeit erzielt habe. Darüber hinaus sei der Fall der Beschwerdeführerin auch der Bestimmung des § 37 Abs. 5 EStG 1988 vergleichbar, nach welcher außerordentliche Einkünfte aus Betriebsveräußerungen u.a. dann mit dem Hälftesteuersatz zu versteuern seien, wenn der Anlass für die Aufdeckung der stillen Reserven bzw. die Realisierung von zusammengeballten Einkünften im Tod des Erblassers liege. Wirtschaftlich gesehen sei die Abschichtung des Kanzleiwertes nur in Form der Pensionszusagen an die Partner bzw. deren überlebende Ehegattinnen und Kinder vorgesehen gewesen, weshalb ein direkter Zusammenhang zwischen der Pensionsabfindung und einer Veräußerung im Sinne des § 37 Abs. 5 EStG 1988 gegeben sei.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung der Beschwerdeführerin dahin Folge, dass sie im Sinne der Bestimmung des § 37 Abs. 2 Z. 2 EStG 1988 bei der Ermittlung der Einkommensteuer für das Jahr 1997 lediglich ein Drittel des zugeflossenen Abfindungsbetrages im Rahmen der selbständigen Einkünfte ansetzte. Eine Anwendung der Bestimmung des § 67 Abs. 8 EStG 1988 lehnte die belangte Behörde unter Hinweis auf verwaltungsgerichtliche Judikatur mit der Begründung ab, dass diese Regelung nur für die Bemessung der Einkommensteuer bei Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit anwendbar sei. Dass die Rentenabfindung sowie die Rente selbst Einkünfte aus selbständiger Arbeit darstellten, sei nicht strittig, weshalb § 67 EStG 1988 nicht zu Anwendung kommen könne. Bei den im § 25 EStG 1988 aufgezählten Pensionsansprüchen handle es sich ausnahmslos um solche, die ihre Grundlage in bundes- oder landesgesetzlichen Regelungen hätten, während der Pensionsanspruch der Beschwerdeführerin sich als Anspruch auf eine zivilrechtlich vereinbarte Versorgungsrente darstelle. Die Unterschiedlichkeit einer Behandlung von gesetzlich festgesetzten Pensionen einerseits und frei vereinbarten Rentenbezügen andererseits ergebe sich aus dem Gesetz, ohne dass die dabei vorzufindenden Regelungsdifferenzen als unsachlich zu beurteilen wären. Eine Besteuerung der Pensionsabfindung der Beschwerdeführerin nach § 37 Abs. 1 i.V.m. Abs. 5 EStG 1988 komme nicht in Betracht, weil die Beschwerdeführerin die Erbschaft gar nicht angetreten und deshalb auch keine Möglichkeit bekommen habe, einen ererbten Betrieb oder Anteil an einem Betrieb zu veräußern. Im abgeschlossenen Societätsvertrag sei eine Veräußerung auch gar nicht vorgesehen, es werde vielmehr dem scheidenden Partner bzw. dessen Hinterbliebenen eine Versorgungsrente eingeräumt, mit welcher vertragsmäßigen Konstruktion die steuerrechtlichen Folgen einer Veräußerung offenbar vermieden werden sollten, weshalb der diesbezügliche Einwand ins Leere gehe.
Über die gegen diesen Bescheid erhobene, dem Verwaltungsgerichtshof vom Verfassungsgerichtshof mit Beschluss vom 14. Dezember 2000, B 742/00, nach Ablehnung ihrer Behandlung abgetretene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof erwogen:
Die Beschwerdeführerin reklamiert auch vor dem Verwaltungsgerichtshof eine Besteuerung des ihr zugeflossenen Abfindungsbetrages nach § 67 Abs. 8 EStG 1988 und führt hiezu ins Treffen, dass die belangte Behörde zu Unrecht davon ausgegangen sei, die Rente und deren Abfindung seien als Einkünfte aus selbständiger Arbeit zu qualifizieren. Einkünfte aus selbständiger Arbeit als Rechtsanwalt könnten nämlich nur von eingetragenen Rechtsanwälten erzielt werden. Witwen verstorbener Rechtsanwälte, die selbst keine Rechtsanwältinnen seien, könnten zwar Gesellschafter einer Rechtsanwaltsgesellschaft sein, die Rechtsanwaltschaft jedoch nicht persönlich ausüben und deshalb auch keine Einkünfte aus selbständiger Arbeit als Rechtsanwalt erzielen.
Mit diesem Vorbringen lässt die Beschwerdeführerin die Bestimmung des § 32 Z. 2 EStG 1988 außer Acht, nach deren erstem Teilstrich zu den Einkünften im Sinne des § 2 Abs. 3 Einkünfte aus einer ehemaligen betrieblichen Tätigkeit im Sinne des § 2 Abs. 3 Z. 1 bis 3 auch beim Rechtsnachfolger gehören. Einkünfte aus einer ehemaligen Tätigkeit sind auch dann zu erfassen, wenn sie nicht der Steuerpflichtige bezieht, der die ehemalige Tätigkeit ausgeübt hat, weil das Gesetz nicht die Fortsetzung der Tätigkeit, sondern bloß eine Rechtsnachfolge im Bezug der Einkünfte mit der Wirkung verlangt, dass die nachträglichen Einkünfte beim Rechtsnachfolger Einkünfte der Einkunftsart bilden, die auch für den Erblasser maßgebend gewesen wäre (siehe die bei Doralt, EStG4, § 32, Tz 92 ff, angeführten Nachweise). Rechtsnachfolge im Sinne des § 32 Z. 2 EStG 1988 ist nicht bloß Gesamtrechtsnachfolge (siehe Quantschnigg/Schuch, Einkommensteuer-Handbuch, Tz 13 zu § 32 EStG 1988, sowie Doralt, a.a.O., § 32 Tz 94), sondern Nachfolge im Bezug der Einkünfte auf Grund welchen zivilrechtlichen Titels auch immer.
Darüber hinaus ist der Beschwerdeführerin zu erwidern, dass der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung die Auffassung vertritt, dass die Bestimmung des § 67 EStG 1988 sowohl wegen ihrer Stellung in dem mit "Steuerabzug vom Arbeitslohn (Lohnsteuer)" überschriebenen 5. Teil des Einkommensteuergesetzes als auch wegen ihrer auf Lohnzahlung abstellenden Formulierungen nur auf Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit Anwendung finden kann (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 20. Februar 1997, 95/15/0079, vom 23. Oktober 1997, 96/15/0244, und vom 28. Mai 1998, 98/15/0021, jeweils mit weiteren Nachweisen). Dass sich die Pensionsabfindung der Beschwerdeführerin mit von ihr etwa erzielten Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit in Zusammenhang bringen ließe, hat die Beschwerdeführerin zu keiner Zeit behauptet, sondern das Gegenteil in ihrer Berufung ausdrücklich zugestanden. Für die von der Beschwerdeführerin gewünschte Besteuerung ihrer Pensionsabfindung nach § 67 EStG 1988 lässt sich damit auch mit dem Hinweis auf die Bestimmung des § 25 leg. cit. nichts gewinnen, welche von Einkünften aus einer Einkunftsart handelt, aus welcher die Beschwerdeführerin mit der ihr zugeflossenen Pensionsabfindung Einkünfte nun einmal nicht bezogen hat.
Des Weiteren trägt die Beschwerdeführerin auch vor dem Verwaltungsgerichtshof die Auffassung vor, nach den Grundsätzen des wahren wirtschaftlichen Gehalts der geschäftlichen Transaktion hätte eine Besteuerung der von ihr bezogenen Pensionsabfindung nach der Bestimmung des § 37 Abs. 1 i.V.m. Abs. 5 EStG 1988 erfolgen müssen. Komme die Zahlung der Rentenabfindung durch den verbleibenden Kanzleipartner des verstorbenen Ehegatten doch wirtschaftlich dem Ergebnis einer Betriebsveräußerung gleich.
Auch dieses Argument ist nicht geeignet, eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzuzeigen. Läuft das von der Beschwerdeführerin vorgetragene Ansinnen doch im Ergebnis darauf hinaus, der Besteuerung einen anderen Sachverhalt als den zu Grunde zu legen, der vorlag. Die Beschwerdeführerin konnte (auch) nach dem Inhalt des Societätsvertrages nie Betriebsinhaberin werden; sie hat keinen Betrieb veräußert, sondern eine Pensionsabfindung erhalten. Wirtschaftliche Betrachtungsweise als Methode zur Erfassung des wahren wirtschaftlichen Gehalts hinter der äußeren Erscheinungsform eines Sachverhaltes (§ 21 Abs. 1 BAO) kann nicht dazu führen, an die Stelle eines real verwirklichten abgabenrechtlich relevanten Sachverhaltes (Zufluss einer Pensionsabfindung) einen real nicht verwirklichten, abgabenrechtlich mit anderen Auswirkungen ausgestatteten Sachverhalt (Betriebsveräußerung) nur deswegen zu setzen, weil dies für einen der Partner des Steuerschuldverhältnisses vorteilhafter wäre. Die tatsächlich verwirklichten und nicht fiktive Sachverhalte sind zu besteuern (vgl. etwa die hg. Erkenntnisse vom 30. September 1999, 99/15/0106, 0107, und vom 11. Mai 1993, 92/14/0229).
Dass das Fehlen einer gesetzlichen Bestimmung über eine begünstigte Besteuerung solcher Pensionsabfindungen, die nicht aus einer nichtselbständigen Tätigkeit resultieren, eine der Schließung durch Analogie im Wege verfassungskonformer Interpretation bedürftige planwidrige Lücke des Gesetzes darstelle, wie die Beschwerdeführerin meint, vermag der Verwaltungsgerichtshof schon angesichts der von der belangten Behörde vorgenommenen Subsumtion der Pensionsabfindung der Beschwerdeführerin unter die Bestimmung des § 37 Abs. 2 Z. 2 EStG 1988 nicht zu erkennen. Auf den im Beschwerdefall ergangenen Ablehnungsbeschluss des Verfassungsgerichtshofes ist die Beschwerdeführerin zudem im gegebenen Zusammenhang zu verweisen.
Als Verfahrensrüge macht die Beschwerdeführerin geltend, dass die belangte Behörde es verabsäumt habe, jene Sachverhaltsfeststellungen zu treffen, aus denen rechtlich hätte gefolgert werden müssen, die der Beschwerdeführerin zugeflossene Pensionsabfindung sei den Einkünften aus Kapitalvermögen zuzuordnen. Dieses - im Kontext des Beschwerdevorbringens und des Akteninhaltes etwas überraschend anmutende - Vorbringen zeigt eine der Beschwerdeführerin widerfahrene Rechtsverletzung aber deswegen nicht auf, weil die Beschwerdeführerin jegliche Begründung und Erläuterung jener Überlegungen unterlässt, auf Grund deren die Behörde den der Beschwerdeführerin zugeflossenen Abfindungsbetrag den Einkünften aus Kapitalvermögen hätte unterstellen sollen, und darüber hinaus auch nicht zu erklären versucht, inwiefern eine Unterstellung der zugeflossenen Pensionsabfindung unter die nunmehr gewünschte Einkunftsart ihre steuerliche Rechtsposition günstiger als im angefochtenen Bescheid hätte gestalten können.
Die Beschwerde erwies sich somit als unbegründet und war deshalb gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am 17. Oktober 2001
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2001:2001130009.X00Im RIS seit
05.03.2002Zuletzt aktualisiert am
17.07.2009