Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Salzburg erlässt durch das Einzelmitglied Mag. Thomas Thaller über den Antrag des E auf Wiederaufnahme des mit Berufungsbescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Salzburg vom 28.1.2003, Zahl UVS-7/12.089/4- 2003, rechtskräftig abgeschlossenen Verwaltungsstrafverfahrens der Bezirkshauptmannschaft St. Johann im Pg. (Straferkenntnis vom 6.11.2002, Zahl 30406/369-18845-2002.1) folgendes Erkenntnis:
Gemäß § 69 Abs 1 Z 2 AVG iVm § 24 VStG wird der Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens abgewiesen.
Begründung:
Mit Straferkenntnis vom 6.11.2002, Zahl 30406/369-18845-2002.1 hat die Bezirkshauptmannschaft St. Johann im Pg. dem Beschuldigten zur Last gelegt als Zulassungsbesitzer auf schriftliches Verlangen der Behörde innerhalb von zwei Wochen ab Zustellung keine Auskunft darüber erteilt zu haben, wer am 23.4.2002 um 09:42 Uhr das auf ihn zugelassene näher bezeichnete Kraftfahrzeug auf der A 10 bei Bischofshofen gelenkt habe und über ihn wegen einer Übertretung des § 103 Abs 2 KFG eine Geldstrafe verhängt.
Mit Bescheid vom 28.1.2003, Zahl UVS-7/12.089/4-2003, hat der Unabhängige Verwaltungssenat Salzburg die Berufung des Beschuldigten gegen dieses Straferkenntnis abgewiesen. Dieser Bescheid ist in Rechtskraft erwachsen.
Mit Schriftsatz vom 6.7.2003 beantragt der Beschuldigte die Wiederaufnahme des Strafverfahrens, indem er Folgendes vorbringt:
?Am Montag, den 30.6.2003 hatte ich seit Mai 2002 erstmals mit meinem Neffen, Armin E., fernmündlichen Kontakt. Nach kurzer Sachverhaltsschilderung teilte er mir mit, dass zum fraglichen Zeitpunkt meine Fahrzeug von seiner zwischenzeitlich geschiedenen Ehefrau geführt wurde. Sie ist wieder unter ihrer Heimatanschrift (wie bereits mitgeteilt) wohnhaft.
Beweis: Zeugnis meiner Ehefrau, Margot E.
Mir war bis zu diesem Zeitpunkt weder seine Wohnanschrift, die Arbeitsstelle noch seine persönlichen Umstände bzw. Lebensverhältnisse bekannt. Somit war ich ohne eigenes Verschulden nicht in der Lage, die geforderte Auskunft zu erteilen.
...
Ich bitte, den Vorgang auf Grund neuer Erkenntnisse zu prüfen und das Verfahren einzustellen.?
Der Unabhängige Verwaltungssenat Salzburg stellt hiezu in einer gemäß § 51c VStG durch ein Einzelmitglied zu treffenden Entscheidung Folgendes fest:
§ 69 Abs 1 und 2des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 (AVG), BGBl 51/1991 idgF, lauten:
(1) Dem Antrag einer Partei auf Wiederaufnahme eines durch Bescheid abgeschlossenen Verfahrens ist stattzugeben, wenn ein Rechtsmittel gegen den Bescheid nicht oder nicht mehr zulässig ist und:
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der Bescheid durch Fälschung einer Urkunde, falsches Zeugnis oder eine andere gerichtlich strafbare Handlung herbeigeführt oder sonstwie erschlichen worden ist oder
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neue Tatsachen oder Beweismittel hervorkommen, die im Verfahren ohne Verschulden der Partei nicht geltend gemacht werden konnten und allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens voraussichtlich einen im Hauptinhalt des Spruches anders lautenden Bescheid herbeigeführt hätten, oder
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der Bescheid gemäß § 38 von Vorfragen abhängig war und nachträglich über eine solche Vorfrage von der hiefür zuständigen Behörde (Gericht) in wesentlichen Punkten anders entschieden wurde.
(2) Der Antrag auf Wiederaufnahme ist binnen zwei Wochen bei der Behörde einzubringen, die den Bescheid in erster Instanz erlassen hat. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Antragsteller von dem Wiederaufnahmegrund Kenntnis erlangt hat, wenn dies jedoch nach der Verkündung des mündlichen Bescheides und vor Zustellung der schriftlichen Ausfertigung geschehen ist, erst mit diesem Zeitpunkt. Nach Ablauf von drei Jahren nach Erlassung des Bescheides kann der Antrag auf Wiederaufnahme nicht mehr gestellt werden. Die Umstände, aus welchen sich die Einhaltung der gesetzlichen Frist ergibt, sind vom Antragsteller glaubhaft zu machen.
Zunächst ist festzustellen, dass unter Zugrundelegung der Angaben des Beschuldigten der Wiederaufnahmeantrag rechtzeitig gestellt wurde. Demnach habe der Beschuldigte am 30.6.2003 (Telefongespräch mit seinem Neffen Armin E.) von dem Wiederaufnahmegrund Kenntnis erlangt. Von diesem Zeitpunkt an ist der Antrag binnen zwei Wochen bei der Behörde einzubringen, die den Bescheid in erster Instanz erlassen hat. Ursprünglich hat der Beschuldigte den Antrag direkt beim Unabhängigen Verwaltungssenat Salzburg, somit nach dem Wortlaut des Gesetzes nicht bei der richtigen Behörde, eingebracht. Den Anforderungen des Gesetzes wurde jedoch durch Übermittlung des Wiederaufnahmeantrages an die Bezirkshauptmannschaft St. Johann/Pg. mit Eingangsdatum 9.7.2003 Genüge getan und somit wurde die Frist von zwei Wochen eingehalten.
Zur Prüfung des Wiederaufnahmeantrages war § 69 Abs 1 Z 2 AVG heranzuziehen, denn Hinweise auf die Herbeiführung des Bescheides durch eine gerichtlich strafbare Handlung oder auf eine Erschleichung (Z 1 der o.a. Norm) oder auf das Vorliegen einer Vorfrage nach § 38 AVG (Z 3 der o.a. Norm) ergaben sich nicht und wurden auch nicht behauptet.
Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (z.B. GZ 95/20/0672 vom 18.12.1996) kann der Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens nach § 69 Abs 1 Z 2 AVG nur auf solche Tatsachen und Beweismittel gestützt werden, die erst nach Abschluss eines Verfahrens hervorgekommen sind und deshalb von der Partei ohne ihr Verschulden nicht geltend gemacht werden konnten. Es muss sich also um Tatsachen und Beweismittel handeln, die beim Abschluss des wiederaufzunehmenden Verfahrens schon vorhanden waren, deren Verwertung der Partei aber ohne ihr Verschulden erst nachträglich möglich wurde (?nova reperta?). Die Judikatur des VwGH weist jedoch darauf hin, dass in diesem Wiederaufnahmegrund auch ausdrücklich festgelegt ist, dass die Wiederaufnahme nur dann in Betracht kommt, wenn der Wiederaufnahmegrund allein oder iVm dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens voraussichtlich einen im Hauptinhalt des Spruchs anders lautenden Bescheid herbeigeführt hätte (z.B. GZ 94/19/0458 vom 31.8.1995).
Nach seinen Angaben habe der Beschuldigte erst am 30.6.2003 von seinem Neffen Armin E. erfahren, dass zum Tatzeitpunkt das Fahrzeug von dessen Ehefrau gelenkt worden sei. Aus diesem Grund sei er seiner Ansicht nach ohne eigenes Verschulden nicht in der Lage gewesen, die Lenkerauskunft zu erteilen.
Dabei verkennt der Beschuldigte jedoch, dass das Wissen darüber, wer das Tatfahrzeug zum Tatzeitpunkt gelenkt hat, keineswegs nötig ist, um eine Lenkeranfrage ordnungsgemäß zu beantworten. § 103 Abs 2 KFG normiert dass, falls die Auskunft über den Lenker des Fahrzeuges nicht vom Zulassungsbesitzer selbst gegeben werden kann, er der Behörde die Person zu benennen hat, die diese Auskunft erteilen kann. Diese Person trifft dann die Auskunftspflicht. In der an den Beschuldigten gerichteten Lenkererhebung der Bezirkshauptmannschaft St. Johann/Pg. wird auf die Alternativmöglichkeit der Bekanntgabe einer Auskunftsperson ausdrücklich hingewiesen.
Wenn also der Beschuldigte im Wiederaufnahmeantrag angibt, erst jetzt erfahren zu haben, wer das Fahrzeug gelenkt hat, so ist dies unerheblich und kann keinen Wiederaufnahmegrund darstellen. Nach Ansicht der Berufungsbehörde ist es dem Beschuldigten zum Zeitpunkt seiner Lenkerauskunft (14.9.2002) jedenfalls möglich gewesen, zumindest die Person bekannt zu geben, der er damals sein Fahrzeug überlassen hat (offensichtlich sein Neffe) und welche die Auskunft in weiterer Folge hätte erteilen hätte können. Es wäre ihm daher schon damals möglich gewesen, die Lenkeranfrage durch Bekanntgabe einer bestimmten Auskunftsperson ordnungsgemäß zu beantworten. Dies wurde jedoch von ihm unterlassen, sodass von einem fehlenden Verschulden seinerseits an der Geltendmachung der neu hervorgekommene Tatsache im Sinne des § 69 Abs 1 Z 2 AVG nicht gesprochen werden kann.
Die Voraussetzungen für eine Wiederaufnahme des Verfahrens liegen daher nicht vor, weshalb der vorliegende Antrag abzuweisen ist.