Der Unabhängige Verwaltungssenat in Tirol entscheidet durch sein Mitglied Dr. Alexander Hohenhorst über die Berufung des Herrn F. E., vertreten durch Herrn Rechtsanwalt Dr. Simon B., 6370 Kitzbühel, vom 19.05.2003, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Kitzbühel vom 30.04.2003, Zl VK-4598-2002, betreffend Übertretung der StVO wie folgt:
Gemäß § 66 Abs 4 AVG iVm den §§ 24 und 51 VStG wird der Berufung Folge gegeben, das Straferkenntnis behoben und das Verfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 1 VStG eingestellt.
Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde dem Berufungswerber zur Last gelegt, er habe am 07.02.2002 gegen 23.00 Uhr in Oberndorf i.T. auf der B161, Strkm. 31,20, in Bezug auf den Pkw KB-XXXX es unterlassen, nach einem Verkehrsunfall, mit dem sein Verhalten am Unfallort in ursächlichem Zusammenhang stand, an der Feststellung des Sachverhaltes mitzuwirken, weil er den Versuch unternommen habe, die Unfallstelle zu Fuß zu verlassen, weshalb er gegen § 4 Abs 1 lit c und § 99 Abs 2 lit a StVO verstoßen habe.
Gemäß § 99 Abs 2 lit a StVO wurde deswegen über ihn eine Geldstrafe in der Höhe von Euro 36,-- (im Nichteinbringungsfall 12 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe) verhängt. Seine Beitragspflicht zu den Kosten des erstinstanzlichen Strafverfahrens wurde mit Euro 3,60 bestimmt.
Dagegen richtet sich die fristgerechte und zulässige Berufung, in der vorgebracht wird, dass der Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses geradezu widersinnig sei. Wie sich aus dem Akt ergebe, hat der Beschuldigte sehr wohl an der Feststellung des Sachverhaltes mitgewirkt; Feststellungen, inwiefern er nicht mitgewirkt haben soll, seien dem angefochtenen Bescheid nicht zu entnehmen. Inwiefern ein Versuch, die Unfallstelle zu Fuß zu verlassen, die Mitwirkung an der Feststellung des Sachverhaltes vereiteln sollte, sei unerklärlich. Tatsächlich habe der Beschuldigte gar nie versucht, die Unfallstelle zu Fuß zu verlassen. Selbst wenn ein Versuch angenommen werden könnte, sei Strafbarkeit nicht gegeben. Es fehle im Spruch auch das Tatbildmerkmal, dass der Beschuldigte ein Fahrzeug gelenkt hätte. Es werde deshalb der Antrag gestellt, den bekämpften Bescheid zu beheben und das Verfahren einzustellen.
Die Berufungsbehörde hat hiezu wie folgt erwogen:
Gemäß § 4 Abs 1 lit c StVO haben alle Personen, deren Verhalten am Unfallort mit einem Verkehrsunfall in ursächlichem Zusammenhang steht, an der Feststellung des Sachverhaltes mitzuwirken. Ein Verstoß gegen diese Bestimmung liegt beim Verlassen der Unfallstelle vor Eintreffen der von einem Unfallbeteiligten herbeigerufenen Polizei- oder Gendarmerie vor (VwGH 25.03.1994, ZVR 1995/66). Entfernt sich ein an einem Verkehrsunfall beteiligter Kraftfahrzeuglenker vorerst von der Unfallstelle, so verstößt er nicht gegen die Verpflichtung zur Mitwirkung an der Sachverhaltsfeststellung gemäß § 4 Abs 1 lit c StVO, wenn er rechtzeitig vor dem Entfernen der Polizeibeamten wieder dorthin zurück kehrt (VwGH 15.05.1990, ZVR 1991/60).
Aus den im Rahmen des erstinstanzlichen Verfahrens einvernommenen Zeugen ergibt sich übereinstimmend, dass Herr E. J. und Herr A. V. sich dem Beschuldigten in den Weg stellten, als dieser von der Unfallstelle weg ging. Daraufhin blieb er stehen und ging wieder zurück, wobei er zu Fall kam. Beim Eintreffen der Gendarmerie war der Berufungswerber am Unfallort anwesend. Es ergeben sich aus dem Akt keine Hinweise, dass er an der Mitwirkung des Sachverhaltes nicht mitgewirkt hätte. Der Berufungswerber versuchte nach übereinstimmenden Angaben der Zeugen, die Unfallstelle zu verlassen, gab diesen Versuch jedoch durch das sich in den Weg stellen zweier Zeugen wieder auf.
Gemäß § 8 Abs 1 VStG unterliegt der Strafe, wer vorsätzlich eine zur wirklichen Ausübung führende Handlung unternimmt, sofern eine Verwaltungsvorschrift den Versuch einer Verwaltungsübertretung ausdrücklich für strafbar erklärt. Der Versuch ist also nur strafbar, wenn die anzuwendende Verwaltungsvorschrift das ausdrücklich bestimmt, siehe zB § 23 Abs 2 Devisengesetz, § 134 Abs 1 KFG, § 99 Abs 5 StVO, § 51 Abs 1 Waffengesetz. § 4 Abs 1 StVO enthält jedoch keine derartige Bestimmung. Ein Versuch unterliegt demnach hinsichtlich der dort normierten Verpflichtungen keiner Strafe.
Gemäß § 45 Abs 1 Z 1 VStG hat die Behörde die Einstellung eines Verwaltungsstrafverfahrens zu verfügen, wenn die dem Beschuldigten zur Last gelegte Tat keine Verwaltungsübertretung bildet.