Index
E3L E09301000;Norm
31977L0388 Umsatzsteuer-RL 06te;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und die Hofräte Dr. Hargassner, Dr. Fuchs, Dr. Büsser und Dr. Mairinger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. iur. Mag. (FH) Schärf, über die Beschwerde des JH in W, vertreten durch Dr. Bernhard Weissborn, Rechtsanwalt in Wien II, Praterstraße 68, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom 30. Oktober 1997, Zl. RV/185-07/03/97, betreffend Festsetzung von Säumniszuschlägen, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid vom 9. Mai 1997 setzte das Finanzamt gegenüber dem Beschwerdeführer, einem Steuerberater, unter Berufung auf die §§ 217 bis 221 BAO einen Säumniszuschlag von der Umsatzsteuervorauszahlung für den Kalendermonat Februar 1997 mit der Begründung fest, der Beschwerdeführer habe die Umsatzsteuervorauszahlung für den Kalendermonat Februar 1997 nicht bis zum Fälligkeitstag am 17. März 1997 entrichtet.
In seiner gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung räumte der Beschwerdeführer ein, die Umsatzsteuervorauszahlung für den Kalendermonat Februar 1997 nicht bis zum 17. März 1997 entrichtet zu haben, machte jedoch geltend, dass die betroffene Umsatzsteuervorauszahlung im Grunde des § 21 Abs. 1 UStG 1994 erst am 15. April 1997 fällig gewesen sei. Das Finanzamt habe in der Beurteilung des Fälligkeitstages der Umsatzsteuervorauszahlung offensichtlich die Bestimmung des § 21 Abs. 1a UStG 1994 angewendet, wogegen der Beschwerdeführer sich zur Wehr setze. Über die Vorverlegung des Fälligkeitszeitpunktes der Umsatzsteuervorauszahlungen sei dem Beschwerdeführer trotz eines dahin gerichteten Begehrens kein Bescheid zugestellt worden. Weder die seinerzeitige Mitteilung der Höhe der Sondervorauszahlung nach § 21 Abs. 1a UStG 1994 habe Bescheidqualität aufgewiesen, noch der vom Finanzamt gesehene Rechtsfolgeneintritt einer Vorverlegung der Fälligkeitszeitpunkte der Umsatzsteuervorauszahlungen sei bescheidmäßig ausgesprochen worden. Dies sei im Grunde des § 92 BAO aber geboten. Es verletze die Bestimmung des § 21 Abs. 1a UStG 1994 den Beschwerdeführer unter mehrfachen Gesichtspunkten in verfassungsrechtlich gewährleisteten Rechten.
Mit Bescheid des Finanzamtes vom 9. Juni 1997 wurde gegenüber dem Beschwerdeführer ein Säumniszuschlag von der Umsatzsteuervorauszahlung für den Kalendermonat März 1997 mit der Begründung festgesetzt, dass der Beschwerdeführer diese Abgabenschuld nicht bis 15. April 1997 entrichtet habe. Mit Datum vom 9. Juli 1997 erging ein solcher Bescheid hinsichtlich der Umsatzsteuervorauszahlung für den Kalendermonat April 1997 wegen des Unterbleibens einer Entrichtung dieser Abgabenschuld bis zum 15. Mai 1997. Auch gegen diese beiden Bescheide berief der Beschwerdeführer mit der bereits dargestellten Argumentation.
Nach dem Ergehen abweisender Berufungsvorentscheidungen durch das Finanzamt und entsprechenden Anträgen des Beschwerdeführers auf Entscheidung über seine Berufungen durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz wurden mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid die Berufungen des Beschwerdeführers gegen die Festsetzung der Säumniszuschläge mit der Begründung abgewiesen, der Beschwerdeführer habe die am 16. Dezember 1996 fällig gewesene Umsatzsteuersondervorauszahlung erst am 10. Jänner 1997 entrichtet, weshalb die gemäß § 21 Abs. 1a UStG 1994 zwingend angeordnete Sanktion der Vorverlegung der Fälligkeitstage für die Voranmeldungszeiträume des Jahres 1997 eingetreten sei. Im Ergebnis der Vorverlegung der Fälligkeitstage der Umsatzsteuervorauszahlungen seien diese nicht am Fälligkeitstag entrichtet worden, weshalb das Finanzamt die Säumniszuschläge zu Recht festgesetzt habe. Die belangte Behörde habe die dem Rechtsbestand angehörende Bestimmung des § 21 Abs. 1a UStG 1994 ungeachtet der gegen sie vom Beschwerdeführer vorgetragenen verfassungsrechtlichen Bedenken anzuwenden. Eine bescheidmäßige Feststellung des Fälligkeitstages einer Abgabe sei in den Abgabenvorschriften nicht vorgesehen.
Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, welcher deren Behandlung jedoch mit seinem Beschluss vom 30. November 1999, B 3029/97, abgelehnt und sie gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten hat. Vor diesem Gerichtshof macht der Beschwerdeführer einen Verstoß der Bestimmung des § 21 Abs. 1a UStG 1994 gegen das Gemeinschaftsrecht geltend und rügt das Unterbleiben eines bescheidmäßigen Abspruches über die Vorverlegung der Fälligkeitstermine der Umsatzsteuervorauszahlungen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Wird eine Abgabe nicht spätestens am Fälligkeitstag entrichtet, so tritt nach § 217 Abs. 1 BAO mit Ablauf dieses Tages die Verpflichtung zur Entrichtung eines Säumniszuschlages ein, soweit der Eintritt dieser Verpflichtung nicht gemäß Abs. 2 bis 6 oder § 218 hinausgeschoben wird.
§ 21 Abs. 1 UStG 1994 bestimmt, dass der Unternehmer spätestens am 15. Tag (Fälligkeitstag) des auf einen Kalendermonat (Voranmeldungszeitraum) zweitfolgenden Kalendermonates eine Voranmeldung bei dem für die Einhebung der Umsatzsteuer zuständigen Finanzamt einzureichen hat, in der er die für den Voranmeldungszeitraum zu entrichtende Steuer (Vorauszahlung) oder den auf den Voranmeldungszeitraum entfallenden Überschuss unter entsprechender Anwendung des § 20 Abs. 1 und 2 und des § 16 selbst zu berechnen hat. Die Voranmeldung gilt als Steuererklärung. Als Voranmeldung gilt auch eine berichtigte Voranmeldung, sofern sie bis zu dem im ersten Satz angegebenen Tag eingereicht wird. Der Unternehmer hat eine sich ergebende Vorauszahlung spätestens am Fälligkeitstag zu entrichten. Die Vorauszahlung und der Überschuss sind Abgaben im Sinne der Bundesabgabenordnung.
Die durch die Novelle BGBl. 1996/201 geschaffene Vorschrift des § 21 Abs. 1a UStG 1994 regelt die Umsatzsteuersondervorauszahlung und bestimmt in ihrem ersten Unterabsatz, dass bei einem monatlichen Voranmeldungszeitraum der Unternehmer bis zum 15. Dezember eines jeden Kalenderjahres überdies eine Sondervorauszahlung in Höhe von einem Elftel der Summe der entrichteten bzw. vorangemeldeten oder festgesetzten Vorauszahlungen abzüglich der Überschüsse für September des vorangegangenen Kalenderjahres bis August des laufenden Kalenderjahres zu entrichten hat. Der vierte Unterabsatz des § 21 Abs. 1a UStG 1994 hat folgenden Wortlaut:
"Dem Unternehmer ist die Höhe der Sondervorauszahlung vor deren Fälligkeitstag mitzuteilen. Wird der mitgeteilte Betrag nicht bis zum Fälligkeitstag entrichtet, so ist für die Voranmeldungszeiträume des folgenden Kalenderjahres der Fälligkeitstag (Abs. 1 erster Satz) der 15. Tag des auf den Voranmeldungszeitraum folgenden Kalendermonates."
Erledigungen einer Abgabenbehörde sind nach § 92 Abs. 1 BAO als Bescheide zu erlassen, wenn sie für einzelne Personen
a)
Rechte oder Pflichten begründen, abändern oder aufheben oder
b)
abgabenrechtlich bedeutsame Tatsachen feststellen, oder
c)
über das Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses absprechen.
Den vom Beschwerdeführer vorgetragenen Bedenken über einen Verstoß der Bestimmung des § 21 Abs. 1a UStG 1994 gegen das Gemeinschaftsrecht ist zu erwidern, dass sich der Verwaltungsgerichtshof mit der Frage einer Vereinbarkeit der betroffenen Bestimmung mit dem Gemeinschaftsrecht bereits befasst hat und in seinem Erkenntnis vom 29. März 2001, 2000/14/0014, zum Ergebnis gelangt ist, dass mit der Norm des § 21 Abs. 1a UStG 1994 dem Steuerpflichtigen ein Wahlrecht eingeräumt ist, mit welchem er das Risiko, im Wege der Sondervorauszahlung nach § 21 Abs. 1a UStG 1994 eine zu hohe Steuer zu entrichten, jederzeit abwenden kann, sodass ein Verstoß der Regelung des § 21 Abs. 1a UStG 1994 gegen die sechste Richtlinie des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern, 77/388/EWG, auszuschließen ist. Aus den Gründen des hg. Erkenntnisses vom 29. März 2001, 2000/14/0014 (referiert von Zorn in RdW 5/2001, 310 f), auf welche insoweit gemäß § 43 Abs. 2 Satz 2 VwGG verwiesen wird, sieht sich der Gerichtshof auch aus Anlass des vorliegenden Beschwerdefalles nicht dazu veranlasst, an den EuGH mit dem Ersuchen um Vorabentscheidung der betroffenen Frage heranzutreten.
Entgegen der vom Beschwerdeführer vorgetragenen Auffassung war der Eintritt der im letzten Satz der Bestimmung des vierten Unterabsatzes des § 21 Abs. 1a UStG 1994 an das Unterbleiben einer Entrichtung der Umsatzsteuersondervorauszahlung geknüpften Rechtsfolge nicht davon abhängig, dass die Abgabenbehörde einen den Eintritt dieser Rechtsfolge aussprechenden Bescheid erließ. Die Vorverlegung der Fälligkeitstage der Umsatzsteuervorauszahlungen trat als einzige (siehe erneut das hg. Erkenntnis vom 29. März 2001, 2000/14/0014) Rechtsfolge des Unterbleibens einer Entrichtung der Umsatzsteuersondervorauszahlung unmittelbar kraft Gesetzes ein, ohne dass es hiezu eines verwaltungsbehördlichen Rechtsaktes bedurfte. Wie sich die Fälligkeit der Umsatzsteuervorauszahlungen nach Maßgabe der Bestimmungen des § 21 Abs. 1 UStG 1994 ohne behördliches Dazutun unmittelbar aus dem Gesetz ergibt, kann auch für die im Gesetz statuierte Vorverlegung der in § 21 Abs. 1 UStG 1994 normierten Zeitpunkte durch die Ausübung des dem Steuerpflichtigen mit der Regelung des § 21 Abs. 1a UStG 1994 eingeräumten Wahlrechtes in Richtung eines Unterlassens der Entrichtung der Umsatzsteuersondervorauszahlung nichts anderes gelten. Es stellte die Erlassung eines Bescheides der dem Beschwerdeführer vorschwebenden Art auch kein für die Partei notwendiges Mittel zur Verteidigung ihrer Rechte dar. Besteht die einzige Rechtsfolge des Unterbleibens einer Entrichtung der Umsatzsteuersondervorauszahlung in der Vorverlegung der darauf folgenden Fälligkeitstermine der Umsatzsteuervorauszahlungen, dann steht dem Abgabepflichtigen ohnehin die Möglichkeit offen, den Streit über den Eintritt der Vorverlegung der Fälligkeitstermine der Umsatzsteuervorauszahlungen im Wege der Bekämpfung festgesetzter Säumniszuschläge auszutragen. Genau diesen Weg hat der Beschwerdeführer auch beschritten. Hätte er vorgetragen, dass ihm die Höhe der vorangegangenen Sondervorauszahlung vor deren Fälligkeitstag nicht mitgeteilt oder von ihm der mitgeteilte Betrag bis zum Fälligkeitstag entrichtet worden sei, dann hätten sich im Falle der Erweislichkeit eines solchen Vorbringens die festgesetzten Säumniszuschläge als rechtswidrig erwiesen, weil der Beschwerdeführer mangels Eintritts der Rechtsfolge des letzten Satzes des § 21 Abs. 1a UStG 1994 nicht säumig gewesen wäre. Einen solchen Sachverhalt hat der Beschwerdeführer aber nicht vorgetragen, sodass er durch den angefochtenen Bescheid in den geltend gemachten Rechten nicht verletzt worden ist.
Die Beschwerde war somit gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am 17. Oktober 2001
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2001:2000130006.X00Im RIS seit
05.03.2002Zuletzt aktualisiert am
16.07.2012