TE UVS Tirol 2003/08/18 2002/12/081-9

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Veröffentlicht am 18.08.2003
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat in Tirol entscheidet durch den Stellvertretenden Vorsitzenden Dr.Siegfried Denk über die Maßnahmenbeschwerde der Fa. S. Speditions GmbH, XY, vertreten durch Dr. M. H., Rechtsanwalt in XY, wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt durch die Bezirkshauptmannschaft Kufstein wie folgt:

 

I.

 

Gemäß § 67c Abs 3 AVG iVm Art 129a Abs 1 Z 2 B-VG wird der Antrag der Beschwerdeführerin, den angefochtenen Verwaltungsakt, nämlich das Abbuchen von Ökopunkten für das Fahrzeug mit dem Kennzeichen XY am 27.6.2002, für rechtswidrig zu erklären, als unbegründet abgewiesen.

 

II.

 

Gemäß § 79a AVG iVm der UVS-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr 334/2003, wird dem Antrag der belangten Behörde (Bezirkshauptmannschaft Kufstein) auf Kostenersatz in folgendem

Unfang stattgegeben:

 

Vorlageaufwand: Euro 51,50

Schriftsatzaufwand: Euro 220,30

Verhandlungsaufwand: Euro 275,30

zusammen: Euro 547,10

 

Die Beschwerdeführerin hat den Geldbetrag von Euro 547,10 an die belangte Behörde (Bezirkshauptmannschaft Kufstein) innerhalb von 2 Wochen nach Zustellung dieses Bescheides bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

 

III.

 

Der Antrag der Beschwerdeführerin, ihr Aufwandersatz zu leisten, wird als unbegründet abgewiesen.

Text

Die Beschwerdeführerin brachte die mit 3.7.2002 datierte Beschwerde, welche am 9.7.2002 beim Unabhängigen Verwaltungssenat in Tirol eingelangt ist, ein und führte darin folgendes aus:

 

"I.Sachverhalt:

 

Am 27.6.2002 fuhr Herr K. B. mit dem von ihm gelenkten LKW Kennzeichen XY gegen 21.10 Uhr in XY auf der Inntalautobahn nach Österreich ein. Hiebei war das Ecotag-Gerät auf grün eingestellt, da die gegenständlich transportierte Ladung in 6114 Weer vom Fahrzeug abgeladen werden sollte.

 

Bei der Anhaltung des Fahrzeuglenkers K. B. an der Kontrollstelle Kundl am 27.6.2002 durch den Bediensteten Bez.lnsp. P., Organ des Hauptzollamtes Innsbruck, teilte dieser vorbezeichnete Zollwachabteilungsbediensteter bei der Kontrolle mit, dass das gegenständliche Abladen in 6114 Weer keine Befreiung von Ökopunkten mehr darstelle, erstattete eine Anzeige und führte rechtswidrig um

21.41 Uhr bzw 21.47 Uhr, 27.6.2002, eine Abbuchung von Ökopunkten für das gegenständliche Fahrzeug mit dem amtlichen Kennzeichen XY durch.

 

II. Begründung der Rechtswidrigkeit:

 

Gemäß Art 14 der Verordnung (EG) Nr 1524 idgF der Kommission führt ein Fahrzeug, das in Österreich eine vollständige Ladung absetzt oder aufnimmt, ungeachtet der Strecke, über die die Einreise nach Österreich oder die Ausreise erfolgt, eine bilaterale Fahrt durch und ist somit von der Entrichtung von Ökopunkten befreit.

 

Der Bedienstete Bez.lnsp. P. hätte gegenständlich den Sachverhalt lediglich zur Anzeige bringen dürfen, jedoch hätte er nicht eigenmächtig und rechtswidrig die Abbuchung von Ökopunkten für das gegenständliche Fahrzeug mit dem amtlichen Kennzeichen XY durchführen dürfen.

 

Die Abbuchung von Ökopunkten für das gegenständliche Fahrzeug mit dem amtlichen Kennzeichen XY ist als Ausübung verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt und als rechtswidrig zu qualifizieren. Für diesen Akt des Bediensteten der Zollwachabteilung fehlt jede gesetzliche Grundlage.

 

Durch diese rechtswidrige Abbuchung von Ökopunkten ist die Beschwerdeführerin in ihren gesetzlich gewährleisteten Rechten verletzt worden.

 

Es ist ihr hiedurch ein Vermögensschaden zugefügt wurden, da die rechtswidrig abgebuchten Ökopunkte nicht rückerstattet werden.

 

III.Rechtzeitigkeit

 

Die rechtswidrige Abbuchung von Ökopunkten für das gegenständliche Fahrzeug mit dem amtlichen Kennzeichen XY erfolgte am 27.6.2002. Die gegenständliche Beschwerde ist daher innerhalb der Frist von 6 Wochen erstattet worden und ist daher rechtzeitig.

 

Bez.lnsp P. war als Organ des Hauptzollamtes tätig.

 

IV.Anträge:

 

Aufgrund obiger Ausführungen, insbesondere der Verletzung von gesetzlich gewährleisteten Rechten der Beschwerdeführerin durch die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt werden gestellt nachstehende

 

ANTRÄGE

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat in Tirol möge

 

a) den angefochtenen Verwaltungsakt, nämlich das Abbuchen von Ökopunkten für das Fahrzeug mit dem Kennzeichen XY am 27.6.2002, für rechtswidrig erklären

 

b) der belangten Behörde den Ersatz der Kosten in verzeichneter Höhe zu Handen des ausgewiesenen Vertreters binnen 14 Tagen bei sonstigem Zwang aufzuerlegen."

 

In der Gegenschrift vom 20.8.2002 führte die Bezirkshauptmannschaft Kufstein als belangte Behörde folgendes aus:

 

"Die beschwerdegegenständliche Abbuchung der Ökopunkte von Seiten BI G. P. im Zuge einer Anhaltung auf der Kontrollstelle Kundl erfolgte nach Rechtsmeinung der Bezirkshauptmannschaft Kufstein rechtmäßig und gesetzeskonform.

 

Im Zuge einer Kontrolle wurde durch das Zollorgan BI G. P. auf der Kontrollstelle Kundl festgestellt, dass der im Sattelkraftfahrzeug mit dem amtlichen Kennzeichen XY angebrachte Umweltdatenträger (Ecotag) auf ökopunktebefreite Fahrt eingestellt war. Laut CMR Frachtbrief ist als Absender des beförderten Gutes die Firma K. T. GmbH & Co.OHG XY angegeben und als Empfänger die Firma T. B. s.r.l in XY, was eindeutig eine ökopunktepflichtige Transitfahrt von Deutschland nach Italien darstellt. Nach Art 1 lit c des Protokolls Nr 9 zum Beitrittsvertrag über den Straßen- und Schienenverkehr sowie den kombinierten Verkehr in Österreich wird unter Transitverkehr durch Österreich jeder Verkehr durch österreichisches Hoheitsgebiet, bei dem der Ausgangs- und Zielpunkt außerhalb Österreichs liegt, verstanden.

 

Weiters ist auf dem Frachtbrief ein handschriftlicher Vermerk "Ware wird in Weer umgeladen" angeführt.

 

Laut Artikel 14 der VO (EG) Nr 609/2000 der Kommission ist eine Fahrt, bei der das Fahrzeug entweder eine vollständige Ladung in Österreich absetzt oder aufnimmt und im Fahrzeug geeignete Nachweisunterlagen mitgeführt werden, ungeachtet der Strecke, über die die Einreise des Fahrzeuges nach Österreich oder die Ausreise erfolgt, von der Entrichtung der Ökopunkte befreit.

 

Der Verwaltungsgerichtshof betont in seinem Erkenntnis vom 29.05.2001, ZI 2001/03/0116, dass Art 14 der Verordnung (EG) Nr 3298/94 der Kommission in der Fassung der Verordnung (EG) Nr 1524/96 der Kommission in der Fassung der Verordnung (EG) Nr 609/2000 der Kommission zwei Voraussetzungen enthält, unter denen die Fahrt von der Entrichtung der Ökopunkte befreit ist, nämlich dass mit dem Fahrzeug eine vollständige Ladung in Österreich abgesetz oder aufgenommen wird und im Fahrzeug geeignete Nachweisunterlagen mitgeführt werden. In weiterer Folge führt der Verwaltungsgerichtshof aus, dass, selbst wenn man davon ausginge, dass die Fracht vollständig in Österreich "umgeladen" worden sei, dies alleine noch nicht ausreiche, sondern sei es darüber hinaus nach der dargestellten Bestimmung erforderlich, dass darüber im Fahrzeug geeignete Nachweisunterlagen mitgeführt werden.

 

Das Bundesministeriums für Verkehr, Innovation und Technologie vertritt folgende Rechtsmeinung (gem. Schreiben BMVIT vom 22. Juli 2002, GZ 140.702/8-IIA/4/02):

Hinsichtlich des Umladens bzw der Frage, ob ein Absetzen oder eine Aufnahme einer Ladung in Österreich im Sinne des Artikel 14 der Verordnung (EG) Nr 609/2000 und somit eine ökopunktebefreite Fahrt vorliegt oder nicht, wird darauf hingewiesen, dass bei der Beurteilung, ob eine Fahrt als ökopunktepflichtige Transitfahrt zu qualifizieren ist oder nicht, insbesondere zu prüfen sein wird, ob das Vorliegen eines Transitverkehres unterlaufen werden soll. In diesem Zusammenhang ist auf den das Gemeinschaftsrecht beherrschenden Grundsatz der Effektivität zu verweisen. Bei der Beurteilung, ob eine Transtifahrt vorliegt oder nicht, ist somit die Gesamtheit aller Umstände zu beurteilen.

 

Nach Rechtsmeinung der Abteilung Gewerberecht, des Amtes der Tiroler Landesregierung kann daher nur dann von einem Absetzen der vollständigen Ladung in Österreich im Sinne des Art 14 der Verordnung (EG) Nr 609/2000 gesprochen werden, wenn die gesamte Ladung in Österreich verbleibt. Würde man auch das "vollständige Umladen" als Absetzen der Ladung und somit als bilaterale Fahrt verstehen, so würde dies dem oben geschilderten Sinn und Zweck der im primärrechtlichen Rang stehenden Regelungen in dem den EU-Beitrittsakten beigefügten Protokoll Nr 9 über den Straßen- und Schienenverkehr sowie den kombinierten Verkehr in Österreich, BGBI. Nr 45/1995 - mit dem die wesentlichen Regelungen des Transitabkommens, BGBl. Nr 823/1992 übernommen wurden, widersprechen.

 

Die Kommission hat in ihrem Bericht vom 22.12.2000 (Bericht der Kommission an den Rat über den Straßengütertransitverkehr durch Österreich Komm/2000/0862) an den Rat das Umladen als eindeutige Umgehung angesehen.

 

Da es sich im gegenständlichen Fall somit ganz klar um eine ökopunktepflichtige Transitfahrt handelt, war das Ecotag-Gerät, wie von BI Prückler bei der Kontrolle festgestellt, unberechtigt auf ökopunktebefreite Fahrt eingestellt.

 

Gemäß VO (EG) Nr 1524/96 können die österreichischen Kontrollorgane unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit geeignete Maßnahmen ergreifen, wenn ein Fahrzeug mit einem Umwetdatenträger ausgerüstet ist und das Fahrzeug nicht über die geeigneten Unterlagen verfügt zum Nachweis darüber, dass

es sich um eine Fahrt gemäß Anhang C handelt, für die keine Ökopunkte benötigt werden;

oder geeigente Unterlagen aus denen hervorgeht, dass es sich nicht um eine Transitfahrt handelt und, wenn das Fahrzeug mit einem Umweltdatenträger ausgestattet ist, dass dieser für diesen Zweck eingestellt ist.

 

Es wurde deshalb vom Zollorgan G. P., offensichtlich im Einvernehmen mit dem Lenker des Fahrzeuges, der in dieser Eigenschaft gem. § 24 GütbefG als Vertreter des Unternehmens gilt, falls nicht dieser selbst oder ein von ihm bestellter Vertreter bei den Amtshandlungen anwesend ist, die Abbuchung der Ökopunkte auf der Kontrollstelle Kundl vorgenommen. Die Weiterfahrt Richtung Italien konnte dem Lenker anschließend an die Entrichtung der für diese Fahrt notwendigen Ökopunkte gestattet werden.

 

Die Anzeige gegen die Firma S. Spedition GmbH ist am 09.08.2002 bei der Bezirkshauptmannschaft Kufstein eingelangt, das Verwaltungsstrafverfahren wird eingeleitet."

 

In der mündlichen Verhandlung vom 11.2.2003 gab der Zeuge BI G. P. folgendes an:

 

"Ich habe die im Akt erliegende Anzeige vom 12.7.2002 verfasst. Ich kann mich an diesen Vorfall noch sehr gut erinnern.

 

Am 27.6.2002 hatte ich laut Dienstauftrag mit zwei anderen Kollegen an der Kontrollstelle Kundl von 19.00 Uhr bis 07.00 Uhr früh den Dienst zu verrichten. Laut dem Ausdruck aus dem elektronischen Ökopunktesystem hatte der Fahrer eine ökopunktebefreite Transitfahrt deklariert. Es wurde daher um 21.41 Uhr eine Kontrolle durchgeführt. Auch die Ladung wurde überprüft. Dabei wurde festgestellt, dass die Ware zu einer Firma geliefert wurde, die in Italien ihren Sitz hat. Bei der Kontrolle des CMR-Frachtbriefes wurde festgestellt, dass die Ladung in XY geladen worden war. Sie war für Italien bestimmt. Am Frachtbrief bei Punkt 13 war vermerkt, dass die Ware in Weer umgeladen werden sollte. Wer diesen Vermerk gemacht hat, weiß ich nicht. Aufgrund der Weisung, welche von der Tiroler Landesregierung erlassen worden ist, dass eine Ladung nur dann ökopunktebefreit ist, wenn die Ware für Österreich bestimmt ist oder eine Be- oder Weiterverarbeitung in Österreich erfolgt. Aufgrund dieser Überprüfung wurde dem Fahrer mitgeteilt, dass dies nicht statthaft wäre. Es wurde ihm mitgeteilt, dass eine ökopunktepflichtige Fahrt zu deklarieren gewesen wäre. Wir überprüften dann noch das Gerät, ob Frächter oder Fahrzeug gesperrt war. Da keine Sperre aufschien, wurde dem Fahrer mitgeteilt, dass wir eine ökopunktepflichtige Fahrt deklarieren und gegen ihn eine Anzeige erstattet wird. Es wurde ihm mitgeteilt, dass er dann die Fahrt ohne Probleme fortsetzen könne. Um 21.00 Uhr etwas konnte dann der Fahrer weiterfahren.

 

Wenn ich gefragt werde, ob ich gegen den Fahrer oder die Firma S. eine verwaltungsbehördliche Befehls- und Zwangsgewalt angewendet habe, so gebe ich an, ich habe nur das gemacht, was in der Dienstanweisung steht. Ich habe lediglich die Ökopunkte abgebucht.

 

Der Fahrer war bei uns in der Kabine. Ich hatte persönlichen Kontakt mit ihm. Der Fahrer hat uns gegenüber keine Anstalten gemacht, dass er mit dem Abbuchen der Ökopunkte nicht einverstanden wäre.

 

Diese Vorgangsweise wurde deshalb gewählt, um dem Fahrer entgegenzukommen, dass er keine längere Standzeit hat. Hätte sich der Fahrer nicht einverstanden erklärt, dann hätte der Fahrer nicht weiterfahren dürfen.

 

Wir haben dann von der Firma K. Kontrollzertifikat angefordert. Dabei wurde festgestellt, dass das gegenständliche Fahrzeug um 07.00 Uhr etwas am Brenner ausgefahren ist.

 

Auf die Fragen des Rechtsvertreters gebe ich folgendes an:

 

Wir haben dem Fahrer gesagt, wenn wir die Ökopunkte abbuchen, dann kann er weiterfahren. Damit hat sich der Fahrer einverstanden erklärt, er hat dagegen keinen Einspruch erhoben. Ich habe ihm auch gesagt, wenn er nicht abbuchen würde, dann dürfe er nicht weiterfahren bzw er müsste dann eine CEMT-Genehmigung vorlegen oder die Papierpunkte erlegen."

 

In der mündlichen Verhandlung vom 25.3.2003 führte der handelsrechtliche Geschäftsführer der Fa. S. Speditions GmbH H. S. folgendes aus:

 

"Ich bekenne mich der darin mir angelasteten Verwaltungsübertretung für nicht schuldig.

 

Ich habe bei der gegenständlichen Fahrt Herrn B. angewiesen, dass er nicht im Transit fahren soll, weil es sich dabei um keine Transitfahrt handelt. Ich verweise diesbezüglich auf Art. 14 der EG-Verordnung, weil die Ware in Weer umgeladen worden ist bzw abgeladen worden wäre.

 

Wenn mir der im Akt erliegende Lieferschein vorgehalten wird, so gebe ich dazu folgendes an:

 

Es ist richtig, dass die Ware von Deutschland nach Italien transportiert worden ist bzw werden hätte sollen. Diese Ware ist aber dann in Weer nicht mehr abgeladen worden. Herr Babel wurde in Kundl angehalten. Nach der Anhaltung fuhr er auf unseren Parkplatz nach Weer und ist am nächsten Tag dann weitergefahren. In dieser Zeit hat keine Umladung stattgefunden. Ich habe deshalb eine Umladung nicht mehr veranlasst, weil in Kundl bei der Anhaltung wurden ja Ökopunkte abgebucht. Zuerst war geplant, dass Herr B. bis Weer fährt, dort den Anhänger stehen lässt und einen anderen Auflieger, der in Österreich geladen wurde, aufnimmt und weiterfährt. Aufgrund der Abbuchung der Ökopunkte habe ich das in diesem Fall aber nicht so veranlasst. Die Ware ist dann in einem Zug durchtransportiert worden.

 

Hinsichtlich des Strafverfahrens werden an Herrn Herbert Stöckl keine weiteren Fragen mehr gerichtet.

 

Hinsichtlich der Maßnahmenbeschwerde gibt der Beschwerdeführer H. S. folgendes an:

 

Ich fühle mich durch das Abbuchen der Ökopunkte in meinen Rechten verletzt. Ich bin der Meinung, man hätte mir diese Ökopunkte nicht abbuchen dürfen. Ich verweise diesbezüglich auf den Lieferschein in dem steht, dass die Ware in Weer umgeladen werden sollte. Allein aufgrund des Hinweises im Lieferschein hätten die Ökopunkte nicht abgebucht werden dürfen. Ich verweise diesbezüglich auf die Beilagen zur Stellungnahme des Hauptzollamtes Innsbruck vom 8.8.2002, Seite 2 (Äußerung von Herrn G. B. betreffend Rückbuchung der Ökopunkte). Diese Stellungnahme ist nämlich total falsch, denn wenn einmal Punkte abgebucht sind, bekommen wir keine mehr retour. Daher bin ich der Meinung, dass das Abbuchen an sich eine Zwangsmaßnahme ist.

 

Auf die Fragen meines Rechtsvertreters gebe ich folgendes an:

 

Mein Fahrer B hat mich angerufen, dass er in Kundl steht und Probleme mit dem Zoll hätte, die hätten einfach abgebucht. Ich weiß nicht, was Herrn B. angedroht worden ist, ich weiß insbesondere nicht, ob ihm gesagt worden ist, wenn nicht abgebucht werden würde, dann könnte er nicht weiterfahren. Ich war bei der Amtshandlung selbst nicht dabei."

 

Der Zeuge K. W. B. gab folgendes zu Protokoll:

 

"Ich bin mir bewusst, dass gegen mich bei der Bezirkshauptmannschaft Kufstein ein Strafverfahren eingeleitet worden ist, ich sage aber trotzdem aus.

 

Ich nehme zur Kenntnis, dass es sich im ersten Fall um jenen Vorfall vom 27.6.2002 handelt.

 

Dazu gebe ich folgendes an:

 

Ich erinnere mich an den gegenständlichen Vorfall noch. Wenn mir die Anzeige der Zollwachabteilung Kufstein/MÜG vom 12.7.2002, Zl 8WD/00551/2002, vorgehalten wird, so gebe ich an, dass diese im Wesentlichen richtig ist. Ich möchte diese jedoch wie folgt präzisieren bzw ergänzen:

 

Bevor ich in das Zollgebäude hineingegangen bin, wollte der diensthabende Beamte von mir die CEMT-Genehmigung sehen. Ich habe zu ihm gesagt, ich habe die CEMT-Genehmigung nicht, ich habe die EU-Genehmigung. Ein Beamter hat das durchgelesen und hat gesagt, was er damit soll. Ich habe darauf hin nichts gesagt. Ich musste noch zum Parkplatz fahren, habe meine Papiere genommen und bin dann in das Zollgebäude hineingegangen. Es waren in diesem Raum dann noch ein Beamter und dieser Beamte hat dann an einem Gerät etwas vorgenommen und hat dann gesagt, er hätte die Ökopunkte abgebucht. Der Beamte sagte mir, es wäre nun abgebucht und ich könne ohne weiteres im Transit weiterfahren.

 

Die Abbuchung erfolgte ohne dass ich das wusste. Zu mir wurde nicht gesagt, dass ich nicht weiterfahren dürfte, wenn ich damit nicht einverstanden wäre, dass abgebucht würde. Die Abbuchung erfolgte ohne mein Wissen. Nach der Abbuchung bin ich weitergefahren. Die ganze Amtshandlung hat ca 20 bis 40 Minuten gedauert, ich kann das heute nicht mehr sagen. Man hat mir nur gesagt, dass eine Anzeigeerstattung erfolgen würde.

 

Auf die Fragen der Vertreterin der Bezirkshauptmannschaft Kufstein gebe ich folgendes an:

 

Die geplante Umladung in Weer hätte so vonstatten gehen sollen, dass ich zum Parkplatz nach Weer gefahren wäre, dann wäre die Ware abgeladen worden und in eine Halle gestellt worden. Ich hätte dann die Ladung von Österreich aufgenommen, die schon in der Halle bereitgestanden ist. Am nächsten Tag wäre ich dann nach meiner Pause nach Italien weitergefahren. Ich hätte dann bei meiner Weiterfahrt eine andere Ladung zu transportieren gehabt. Es wäre also der gleiche Auflieger gewesen. Der Frachtbrief ist von mir ausgestellt worden, denn ich muss den Frachtbrief in Deutschland ja selbst ausstellen. Wenn ich gefragt werde, warum ich den Anhänger nicht angegeben habe, so besteht die Möglichkeit, dass ich das vergessen habe.

 

Auf die Fragen meines Rechtsvertreters gebe ich folgendes an:

 

Meine dienstliche Anweisung, die ich von Herrn H. S. erhalten habe, war, dass ich zum Parkplatz in Weer fahren sollte. Dort sollte dann umgeladen werden. Ich bin darüber aufgeklärt worden, wie man einen Frachtbrief ausfüllen muss. Herr S. hat mich auch über die Bedeutung des ECO-TAG-Gerätes belehrt und eingeschult."

 

Aus dem Ermittlungsverfahren ergibt sich folgender entscheidungswesentlicher Sachverhalt:

 

Am 27.6.2002 fand eine Zollkontrolle auf der Autobahn A 12 beim Parkplatz Kontrollstelle Kundl bezüglich des Sattelkraftfahrzeuges, bestehend aus dem Sattelzugfahrzeug mit dem Kennzeichen XY und dem Sattelanhänger mit dem Kennzeichen XY. Dieses Sattelkraftfahrzeug wurde von Herrn K. W. B. gelenkt. Es ist auf die Fa. S.Spedition GmbH zugelassen. Aus dem Frachtbrief ergibt sich, dass Absender die K. T. GmbH & Co OHG in  XY und der Empfänger die T. B. S.R.L. XY, ist. Unter Punkt 13 (Anweisung des Absenders) ist der handschriftliche Vermerk enthalten: "Ware wird in Weer umgeladen". Den Frachtbrief hat der Zeuge K. W. B. ausgefüllt. Aus der Stellungnahme des Bundesministeriums für Verkehr, Innovation und Technologie (Fa. K.) ergibt sich, dass die Fahrt am 28.6.2002 um 07.36 Uhr über den Brennerpass nach Italien weitergeführt wurde, ohne dass die Fracht umgeladen worden wäre. Bei der Kontrolle stimmte der Zeuge K. W. B. als Lenker zu, dass Ökopunkte abgebucht werden, damit er weiterfahren könne.

 

Dieser Sachverhalt ist rechtlich wie folgt zu beurteilen:

 

Geht man von der Tatsache aus, dass der Zeuge K. W. B. der Abbuchung der Ökopunkte freiwillig zugestimmt hat, so kann von keinen Zwangsmaßnahmen gesprochen werden. Aufgrund der Aussagen des diensthabenden Beamten ist von Freiwilligkeit auszugehen. Das deckt sich auch mit dem faktischen Verhalten des Lenkers K.W. B.. Die Aussage des diensthabenden Beamten ist glaubwürdig, die des Lenkers ist als Schutzbehauptung zu qualifizieren (siehe zur Freiwilligkeit insbesonders VwGH 14.9.2001, Zl 98/02/0136).

 

Geht man jedoch von der Tatsache aus, dass die Abbuchung der Ökopunkte gegen den Willen des Lenkers K. W. B. durchgeführt worden ist, so kann man sehr wohl davon sprechen, dass eine verwaltungsbehördliche Befehls- und Zwangsgewalt gesetzt worden ist. Aufgrund des vorgelegten Frachtbriefes konnte der diensthabende Beamte davon ausgehen, dass es sich um eine Transitfahrt handelt, für die unberechtigterweise keine Ökopunkte entrichtet worden sind.

 

Gemäß § 9 Abs 3 GBefG hat jeder Unternehmer, der veranlasst, dass eine Fahrt durch Österreich durchgeführt wird, für die gemäß der Verordnung (EG) Nr 3298/94, zuletzt geändert durch die Verordnung (EG) Nr 2012/2000, (Ökopunkteverordnung) Ökopunkte zu entrichten sind, dem Fahrer vor Antritt der Fahrt die entsprechende Anzahl von Ökopunkten zu übergeben. Wird ein Umweltdatenträger benützt, hat sich der Unternehmer davon zu überzeugen, dass ausreichend Ökopunkte zur Verfügung stehen und dass der Umweltdatenträger einwandfrei funktioniert. Er hat weiters den Fahrer darüber zu belehren, welche Maßnahmen dieser zur Einhaltung der Ökopunkteverordnung zu treffen hat.

 

Gemäß § 9 Abs 5 GBefG haben die Behörden, in deren örtlichen Wirkungsbereich sich das Kraftfahrzeug befindet, oder die ihr zur Verfügung stehenden Organe der Straßenaufsicht sowie an Grenzübergängen die diesen zugeordneten Organe, die Unterbrechung der Beförderung anzuordnen wenn die Güterbeförderung ohne die im § 7 Abs 1 angeführten Berechtigungen durchgeführt oder wenn gegen unmittelbar anwendbare Vorschriften der Europäischen Union über den Güterverkehr auf der Straße verstoßen wird. Solange die Anordnung der Unterbrechung aufrecht ist, darf das Kraftfahrzeug nur nach den Weisungen der Behörde oder deren Organe in Betrieb genommen werden. Bei drohender Zuwiderhandlung gegen die Anordnung der Unterbrechung oder gegen die Weisungen sind die Behörde und deren Organe berechtigt, die Fortsetzung der Güterbeförderung durch angemessene Zwangsmaßnahmen, wie Abnahme der Fahrzeugschlüssel, Absperren der Fahrzeuge, Anlegen von technischen Sperren und Abstellen an einem geeigneten Ort, zu verhindern. Die Zwangsmaßnahmen sind aufzuheben, wenn der Grund für ihre Anordnung weggefallen ist.

 

Auf den gegenständlichen Fall bezogen bedeutet dies, dass das behördliche Organ berechtigt gewesen ist, die Unterbrechung der Beförderung anzuordnen. Da jedoch dann die Ökopunkte abgebucht worden sind, ist der Grund für angemessene Zwangsmaßnahmen weggefallen.

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat in Tirol teilt die in der Gegenschrift der belangten Behörde vertretene Rechtsansicht. Zusätzlich wird noch auf die Erkenntnisse des VwGH vom 19.3.2003, Zl 2001/03/0059; 11.12.2002, Zl 2001/03/0343; und vom 3.9.2002, Zl 2001/03/0306; verwiesen, die sich insbesondere mit der Auslegung des Art 14 der Verordnung (EG) Nr 3298/94 idgF auseinandersetzen. Im gegenständlichen Fall ist es offenkundig, dass die Verpflichtung zur Entrichtung von Ökopunkten unterlaufen werden sollte.

 

In der gegenständlichen Angelegenheit wurden 2 Verwaltungsstrafverfahren durchgeführt, eines gegen den Lenker K. W. B. (uvs-2003/12/066) und eines gegen den handelsrechtlichen Geschäftsführer der Fa. S. Spedition GmbH, Herrn H. S. (uvs-2003/12/029). Beide Berufungen wurden mit Berufungserkenntnissen gleichem Datums wie die gegenständliche Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

 

Der Kostenzuspruch stützt sich auf § 79a AVG.

 

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte
Massnahmebeschwerde, Abbuchen, Ökopunkte, unbegründet, abgewiesen
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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