Der Unabhängige Verwaltungssenat Wien hat durch sein Mitglied Mag. Fritz über die Berufung des Herrn Jovica Ra, vertreten durch Rechtsanwältin, gegen das Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien, Magistratisches Bezirksamt für den 12. Bezirk, vom 3.2.2003, Zl. MBA 12 - S 7274/01, betreffend Übertretungen des Arbeitskräfteüberlassungsgesetzes, entschieden:
I) Gemäß § 66 Abs 4 AVG wird der hinsichtlich der Spruchpunkte I)
1.) und 2.) auf die Bekämpfung der Strafhöhe eingeschränkten Berufung insofern Folge gegeben, als die Geldstrafen von je 105,-- Euro auf je 35,-- Euro (zusammen 350,-- Euro) und die für den Fall der Uneinbringlichkeit festgesetzten Ersatzfreiheitsstrafen von je 18 Stunden auf je 8 Stunden (zusammen 80 Stunden) herabgesetzt werden.
Dementsprechend verringert sich der erstinstanzliche Kostenbeitrag zu den Spruchpunkten I) 1.) und 2.) gemäß § 64 Abs 2 VStG von je 10,50 Euro auf je 3,50 Euro (zusammen 35,--). II) Im Übrigen wird der Berufung, soweit sie sich gegen die Spruchpunkte I) 3.) und II) 1.) bis 3.) richtet, Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis hinsichtlich der dem Berufungswerber zur Last gelegten Übertretungen des § 13 AÜG (Punkt I) 3.)), des § 20 Abs 2 Z 1 AÜG (Punkt II) 1.)), des § 20 Abs 2 Z 2 AÜG (Punkt II) 2.)) und des § 20 Abs 2 Z 3 AÜG (Punkt II) 3.)) einschließlich des damit verbundenen Kostenausspruches aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren in diesen Punkten gemäß § 45 Abs 1 Z 3 VStG eingestellt.
Gemäß § 65 VStG wird dem Berufungswerber kein Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens auferlegt.
zu I) und II)
Der Berufungswerber (Bw) ist unbestrittenermaßen handelsrechtlicher Geschäftsführer der V-GmbH mit dem Sitz in Wien und gemäß § 9 Abs 1 VStG als zur Vertretung nach außen berufenes Organ für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften verantwortlich.
Der Magistrat der Stadt Wien, Magistratisches Bezirksamt für den
12. Bezirk, richtete mit Datum 3.2.2003 an den Bw ein Straferkenntnis, dessen Spruch wie folgt lautet:
?Sie haben als handelsrechtlicher Geschäftsführer und somit zur
Vertretung nach aussen Berufene im Sinne des
§ 9 Verwaltungsstrafgesetzes 1991 (VStG) der V-GmbH zu
verantworten, dass diese Gesellschaft, ohne im Besitz einer
Gewerbeberechtigung zu sein, als Überlasser im Sinne des § 3 Abs
1 und 2 Arbeitskräfteüberlassungsgesetz BGBl.I Nr.120/1999 idgF
(AÜG) mit Sitz in Wien, R-gasse
die unten genannten Arbeitskräfte in den genannten Zeiträumen an
die Fa. K-GmbH, in K, M-weg überlassen hat, ohne
I)
1.) einen Dienstzettel gemäß § 11 Abs 1 und Abs 4 AÜG,
2.) eine Mitteilung gemäß § 12 AÜG und
3.) Aufzeichnungen über die Überlassung von Arbeitskräften
gemäß § 13 AÜG auszustellen beziehungsweise zu führen
T Zsola SV 4405 041175 09.07.01 - lfd.
D Jarosaw SV 856 200577 16.07.01 - lfd.
R Lubisa SV 4483 160647 21.05.01 - 06.07.01
J Branko SV 5777 311257 21.05.01 - 06.07.01
Do Divina SV 4822 220844 01.03.01 - 18.05.01
II. ihrer Auskunftspflicht gemäß § 20 Abs 2 Z 1 und 2 AÜG insoweit
nicht nachgekommen ist, als
1.) dem Bundessozialamt für Wien, Niederösterreich und Burgenland die Namen der überlassenen Arbeitskräfte nicht bekanntgegeben, wurden und
2.) dem Bundessozialamt für Wien, Niederösterreich und Burgenland keine für die Überprüfung notwendigen Unterlagen über Stundenaufzeichnungen zur Einsicht vorgelegt wurden.
3.) dem Bundessozialamt für Wien, Niederösterreich und Burgenland die Anfertigung von Abschriften, Auszügen oder Ablichtungen dieser Unterlagen verwehrt wurden.
Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:
zu I. 1.) § 11 Abs 1 und 4, 2.) § 12 und 3.) § 13 Arbeitskräfteüberlassungsgesetz BGBl. I Nr.120/1999 idgF (AÜG) in Verbindung mit § 22 Abs 1 Z 2 lit b, c und d leg cit zu II. 1.) § 20 Abs 2 Z 1 und 2.) § 20 Abs2 Z 2 und 3) § 20 Abs 2 Z 3
Arbeitskräfteüberlassungsgesetz BGBl.I Nr. 120/1999 idgF (AÜG) in Verbindung mit § 22 Abs 1 Z 3 lit a, b und c leg cit Wegen dieser Verwaltungsübertretungen werden über Sie folgende Strafen verhängt:
ad 1) 5 mal je EUR 105,--, d.s. EUR 525,-- oder Ersatzfreiheitsstrafe von je 18 Stunden, d.s. 90 Stunden ad 2) 5 mal je EUR 105,--, d.s. EUR 525,-- oder Ersatzfreiheitsstrafe von je 18 Stunden, d.s. 90 Stunden ad 3) 5 mal je EUR 105,--,d.s. EUR 525,-- oder Ersatzfreiheitsstrafe von je 18 Stunden, d.s. 90 Stunden
ad II 1) 5 mal je EUR 105,--, d.s. EUR 525,-- oder Ersatzfreiheitsstrafe von je 18 Stunden, d.s. 90 Stunden ad II 2) 5 mal je EUR 105,--, d.s. EUR 525,-- oder Ersatzfreiheitsstrafe von je 18 Stunden, d.s. 90 Stunden ad II 3) 5 mal je Eur 105,--, d.s. EUR 525,-- oder Ersatzfreiheitsstrafe von je 18 Stunden, d.s. insgesamt 90 Stunden d. s. insgesamt EUR 2.625,-- oder Ersatzfreiheitsstrafe von 450 Stunden (18 Tage, 18 Stunden)
gemäß ad I) § 22 Abs 1 Ziffer 2 lit b, c und d AÜG
ad II) § 22 Abs 1 Ziffer 3 lit a, b und c leg cit in Verbindung mit
§ 9
Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG 1991)
Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes
(VStG) zu zahlen:
EUR 262,50 als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, d.s. 10% der Strafe.
Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten) beträgt daher EUR 2.887,50.
Außerdem sind die Kosten des Strafvollzuges zu ersetzen."
Zur Begründung dieses Straferkenntnisses führte die Erstbehörde nach Wiedergabe der maßgeblichen Rechtslage und der Rechtfertigung des Bw näher aus, dass unter Heranziehung von ihr näher angeführter rechtlicher Beurteilungskriterien von einer Arbeitskräfteüberlassung auszugehen sei. Das AÜG sei ein Schutzgesetz betreffend die Arbeits- und Sozialrechte der Dienstnehmer in einer für das betroffene Personal besonders schwierigen und belasteten Arbeitssituation, in welcher oftmals unter Umgehung arbeits- und sozialrechtlicher Standards der wirtschaftliche Vorteil von Unternehmen zu Lasten der Arbeitnehmer gesucht werde. Es könne daher nicht grundsätzlich darum gehen, ein Gewerberecht vom anderen abzugrenzen, sondern darum, gefährdeten Dienstnehmern einen umfassenden rechtlichen und faktischen Schutz zu gewährleisten. Daher seien die Bestimmungen des AÜG immer dort anzuwenden, wenn in besonderen Arbeitssituationen Zweifel im Hinblick auf das rechtliche Wohl der Arbeitnehmer gerechtfertigt erscheinen und die Auslegungsbestimmungen des AÜG eine dementsprechende Schlussfolgerung zuließen; dieser Schutzzweck sei auch einer bloßen gewerberechtlichen Auslegung voranzustellen. Betreffend die Nichtauslegung (gemeint offenbar: Nichtausstellung) von Mitteilungen gemäß § 12 AÜG seien die Dienstnehmer in ihren Rechten einer konkreten Gefährdung ausgesetzt gewesen, weil es ihnen dadurch nicht möglich gewesen sei, arbeitsrechtliche Vorteile, welche durch das AÜG allenfalls eingeräumt würden, festzustellen und in Anspruch zu nehmen. Im Übrigen legte die Erstbehörde ihre Strafzumessungsgründe dar.
In seiner gegen dieses Straferkenntnis innerhalb offener Frist erhobenen (vollen) Berufung führte der ? anwaltlich vertretene - Bw näher aus, dass seiner Ansicht nach von einem Werkvertrag und nicht von einer Arbeitskräfteüberlassung auszugehen sei. Es seien somit die Bestimmungen des AÜG nicht anzuwenden und habe er die ihm zur Last gelegten Verwaltungsübertretungen nicht begangen. Auch seien die über ihn verhängten Geldstrafen bei weitem überhöht und nicht schuld- und tatangemessen. Der Unabhängige Verwaltungssenat Wien führte am 5.5.2003 eine öffentliche mündliche Verhandlung durch, an der Herr Mag. Gero D (für Rechtsanwältin Mag. Dr. W) als Vertreter des Bw (der Bw ist zur Verhandlung nicht erschienen) teilnahm. Im Zuge einer Parteieneinvernahme beim Unabhängigen Verwaltungssenat Wien am 28.5.2003, zu welcher Herr Mag. Gero D (für Frau Mag. Dr. W) als Vertreter des Bw erschienen war, wurde die Berufung zu den Punkten I) 1.) und 2.) auf die Bekämpfung der Strafhöhe eingeschränkt, wobei um milde Strafen ersucht wurde. In den übrigen Punkten blieb der BwV bei seinem Antrag auf Einstellung des Verfahrens.
Der Unabhängige Verwaltungssenat Wien hat erwogen:
Die hier anzuwendenden Bestimmungen des AÜG lauten wie folgt:
?Vertragliche Vereinbarungen
§ 11. (1) Der Überlasser darf eine Arbeitskraft an einen Dritten nur nach Abschluss einer ausdrücklichen Vereinbarung überlassen, die unabhängig von der einzelnen Überlassung insbesondere folgende Bedingungen zwingend festzulegen hat:
1. die Höhe des Entgeltes, die Zahlungstermine und die Urlaubsansprüche;
2. ein bestimmtes zeitliches Ausmaß der Arbeitsverpflichtung und die Gründe für eine allfällige Befristung;
3.
die Kündigungsfristen;
4.
die voraussichtliche Art der Arbeitsleistung;
5.
die Bundesländer oder die Staaten, in denen die überlassene Arbeitskraft beschäftigt werden soll.
(2) Verboten sind insbesondere Bedingungen, welche
1. den Anspruch auf Arbeitsentgelt auf die Dauer der Beschäftigung im Betrieb des Beschäftigers einschränken;
2. die Arbeitszeit wesentlich unter dem Durchschnitt des zu erwartenden Beschäftigungsausmaßes festsetzen oder ein geringeres Ausmaß der Arbeitszeit für überlassungsfreie Zeiten festlegen;
3. bei vereinbarter Teilzeitbeschäftigung dem Arbeitgeber das Recht zur Anordnung von regelmäßiger Mehrarbeit einräumen;
4.
das Arbeitsverhältnis ohne sachliche Rechtfertigung befristen;
5.
die Verfalls- oder Verjährungsvorschriften verkürzen;
6.
die überlassene Arbeitskraft für die Zeit nach dem Ende des Vertragsverhältnisses zum Überlasser, insbesondere durch Konventionalstrafen, Reugelder oder Einstellungsverbote, in ihrer Erwerbstätigkeit beschränken.
(3) Vereinbarungen, die sonstige Konventionalstrafen oder Reugeld vorsehen, sind nur insoweit zulässig, als sie nicht nach Gegenstand, Zeit oder Ort und im Verhältnis zu dem geschäftlichen Interesse, das der Überlasser an der Einhaltung der jeweiligen vertraglichen Verpflichtungen hat, eine unbillige finanzielle Belastung der überlassenen Arbeitskraft bewirken.
(4) Über die Vereinbarung ist der Arbeitskraft ein Dienstzettel auszustellen, der die in Abs 1 Z 1 bis 5 genannten Angaben enthalten muss. Weiters muss der Dienstzettel zum Ausdruck bringen, ob das Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungsgesetz und das Bauarbeiter-Schlechtwetterentschädigungsgesetz zur Anwendung kommen. Verweigert der Überlasser die Ausstellung des Dienstzettels oder entspricht dieser nicht der Vereinbarung, so ist die Arbeitskraft nicht verpflichtet, der Überlassung Folge zu leisten.
Mitteilungspflichten
§ 12. (1) Der Überlasser ist verpflichtet, der Arbeitskraft vor jeder
Beschäftigung in einem anderen Betrieb die für die Überlassung wesentlichen Umstände, insbesondere den Beschäftiger, die voraussichtliche Arbeitszeit der überlassenen Arbeitskraft im Betrieb des Beschäftigers und das Entgelt, das für die Dauer der Überlassung gebührt, mitzuteilen und ehestmöglich schriftlich zu bestätigen.
(2) Bei Endigung der Gewerbeberechtigung hat der Überlasser unverzüglich jede überlassene Arbeitskraft und jeden Beschäftiger nachweislich schriftlich zu informieren.
Aufzeichnungen
§ 13. (1) Der Überlasser hat ab Aufnahme der Überlassungtätigkeit (Anm.: richtig: Überlassungstätigkeit) laufend Aufzeichnungen über die Überlassung von Arbeitskräften zu führen.
(2) Die Aufzeichnungen haben zu enthalten:
1. Namen, Geburtsdaten, Geschlecht und Staatsbürgerschaft der überlassenen Arbeitskräfte, gegliedert nach Arbeitern und Angestellten,
2. Namen der Beschäftiger und deren gesetzliche Interessenvertretung, bei Zugehörigkeit zur Landeskammer der gewerblichen Wirtschaft auch deren zuständige Fachgruppe,
3. Beginn und Ende der Überlassungen für jede überlassene Arbeitskraft.
(3) Der Überlasser hat die Aufzeichnungen gemäß Abs 2 sowie die Ausfertigungen der Dienstzettel gemäß § 11 Abs 4 und der Mitteilungen gemäß § 12 bis zum Ablauf von drei Jahren nach der letzten Eintragung aufzubewahren.
(4) Der Überlasser hat der zuständigen Gewerbebehörde einmal jährlich zum Stichtag Ende Juli folgende Daten, geordnet nach den gesetzlichen Interessenvertretungen und Fachgruppen der Beschäftiger, zu übermitteln:
1. Anzahl der überlassenen Arbeitskräfte, gegliedert nach Geschlecht, Staatsbürgerschaft, Arbeitern und Angestellten,
2.
Anzahl der Beschäftiger,
3.
Anzahl der laufenden Überlassungen, gegliedert nach ihrer bisherigen Dauer in solche bis einen Monat, bis drei Monate, bis sechs Monate, bis ein Jahr und über ein Jahr.
(5) Der Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit kann geeignete Unternehmen und Einrichtungen mit der Überprüfung und Auswertung der Ergebnisse der Stichtagserhebung gemäß Abs 4 beauftragen.
(6) Der Beschäftiger von aus dem Europäischen Wirtschaftsraum überlassenen Arbeitskräften hat Aufzeichnungen gemäß Abs 2 Z 1 und 3 zu führen, diese Aufzeichnungen sowie Ausfertigungen der schriftlichen Bestätigungen gemäß § 12 Abs 1 bis zum Ablauf von drei Jahren nach der letzten Eintragung aufzubewahren und die Verpflichtungen gemäß Abs 4 Z 1 und 3, geordnet nach Staaten, zu erfüllen.
Überwachung und Auskunftspflicht
§ 20. (1) Der Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit und die Gewerbebehörden sowie hinsichtlich der dem Arbeitnehmerschutz dienenden Bestimmungen die Arbeitsinspektorate und die sonst zur Wahrnehmung des Arbeitnehmerschutzes berufenen Behörden und hinsichtlich der sozialversicherungsrechtlichen Bestimmungen die Träger der Sozialversicherung sind zuständig, die Einhaltung der Vorschriften dieses Bundesgesetzes zu überwachen.
(2) Die Überlasser und die Beschäftiger von Arbeitskräften haben den im Abs 1 genannten zuständigen Behörden und Sozialversicherungsträgern auf deren Verlangen
1.
alle für eine Überprüfung erforderlichen Auskünfte zu erteilen,
2.
die hiefür benötigten Unterlagen zur Einsicht vorzulegen und
3.
die Anfertigung vollständiger oder auszugsweiser Abschriften oder Ablichtungen der Unterlagen zu gestatten.
(3) Die Überlasser und die Beschäftiger haben den im Abs 1 genannten zuständigen Behörden und Sozialversicherungsträgern Zutritt zum Betrieb und Einsicht in alle die Arbeitskräfteüberlassung
betreffenden Unterlagen zu gewähren.
(4) Die Verpflichtungen gemäß Abs 2 und 3 bestehen auch gegenüber vom Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit gemäß § 13 Abs 5 beauftragten Unternehmen und Einrichtungen.
Strafbestimmungen
§ 22. (1) Sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet, begeht eine Verwaltungsübertretung und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde zu bestrafen
...
...
2. mit Geldstrafe bis zu 726 ?, im Wiederholungsfall von 360 ? bis zu 1 450 ?, wer
a)
die Erstattung der Anzeige (§ 17) unterlässt,
b)
eine Arbeitskraft ohne Ausstellung eines Dienstzettels, der den Vorschriften des § 11 entspricht, überlässt,
c) die Mitteilungspflichten (§ 12) nicht einhält, wenn dadurch die Gefahr eines Schadens für die Arbeitskraft besteht,
d) die gemäß § 13 zu führenden Aufzeichnungen oder die zu übermittelnden statistischen Daten nicht oder mangelhaft vorlegt;
3. mit Geldstrafe bis zu 726 ?, im Wiederholungsfall von 360 ? bis zu 1 450 ?, wer als Überlasser oder Beschäftiger den zur Überwachung berufenen Behörden und Trägern der Sozialversicherung auf deren Aufforderung
a) die für die Überprüfung der Einhaltung der Bestimmungen des Arbeitskräfteüberlassungsgesetzes erforderlichen Auskünfte nicht erteilt (§ 20 Abs 2 Z 1),
b) die für diese Überprüfung benötigten Unterlagen nicht zur Einsicht vorlegt (§ 20 Abs 2 Z 2),
c) die Anfertigung von Abschriften, Auszügen oder Ablichtungen dieser Unterlagen verwehrt (§ 20 Abs 2 Z 3),
d) den Zutritt zum Betrieb oder die Einsicht in die die Arbeitskräfteüberlassung betreffenden Unterlagen verwehrt (§ 20 Abs 3).
(2) Bei der Bemessung der Höhe der Geldstrafe nach Abs 1 ist insbesondere auf den durch die Überlassung erzielten Ertrag oder sonstigen wirtschaftlichen Vorteil Bedacht zu nehmen."
Ad I) (Spruchpunkte I) 1.) und 2.) des erstinstanzlichen Straferkenntnisses):
Der BwV hat im Zuge einer Parteieneinvernahme am 28.5.2003 die Berufung zu den Punkten I) 1.) und 2.) ausdrücklich auf die Bekämpfung der Höhe der jeweils verhängten Strafe eingeschränkt. Der Schuldspruch des angefochtenen Straferkenntnisses ist daher insoweit bereits in Rechtskraft erwachsen (vgl. das Erkenntnis des VwGH vom 19.6.1991, Zl. 91/03/0004).
Gemäß § 19 Abs 1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.
Gemäß § 19 Abs 2 VStG sind im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.
Dem Bw wurde unter Spruchpunkte I) 1.) und 2.) des angefochtenen Straferkenntnisses zur Last gelegt, er habe es als handelsrechtlicher Geschäftsführer der V-GmbH zu verantworten, dass diese Gesellschaft fünf namentlich genannte Arbeitskräfte während der im Einzelnen näher beschriebenen Zeiträume ohne Ausstellung eines Dienstzettels, der den Vorschriften des § 11 entsprochen hätte und ohne die Mitteilungspflichten (§ 12) einzuhalten, wenn dadurch die Gefahr eines Schadens für die Arbeitskräfte bestehe, der Firma K-GmbH überlassen habe. Der dem gegenständlichen Verfahren zugrunde liegenden Anzeige des Bundessozialamtes Wien, Niederösterreich, Burgenland vom 24.8.2001 war auch eine mit dem Bw aufgenommene Niederschrift (vom 2.7.2001) angeschlossen. Dabei wies er u.a. darauf hin, dass keiner seiner Arbeitnehmer von ihm einen Dienstvertrag oder eine schriftliche Mitteilung erhalten habe. Alle Dienstnehmer würden per Handy über ihren Einsatzort und die dort auszuübende Tätigkeit informiert und bräuchten diese kein Einverständnis geben, weil sie von Anbeginn an über ihren Arbeitsbereich und Arbeitsorte (Springer) mündlich informiert würden. Über eine eigene Betriebsstätte verfüge er nicht, weil seine Dienstnehmer immer bei Fremdfirmen arbeiteten.
Die dem Bw (unter Punkte I) 1.) und 2.) des angefochtenen Straferkenntnisses) zur Last gelegten Taten schädigten in nicht unerheblichem Maße den durch das AÜG bezweckten Schutz der überlassenen Arbeitskräfte (insbesondere in arbeitsvertraglichen, arbeitnehmerschutz- und sozialversicherungsrechtlichen Angelegenheiten) und die beabsichtigte Vermeidung arbeitsmarktpolitisch nachteiliger Entwicklungen. Der objektive Unrechtsgehalt der dem Bw angelasteten Übertretungen des § 11 Abs 1 und 4 AÜG und § 12 AÜG war daher an sich, selbst bei Fehlen sonstiger nachteiliger Folgen, nicht gering. Das Verschulden des Bw konnte nicht als gering eingestuft werden, da weder hervorgekommen ist noch aufgrund der Tatumstände anzunehmen war, dass die Einhaltung der Vorschriften eine besondere Aufmerksamkeit erfordert habe, oder dass die Verwirklichung der Tatbestände aus besonderen Gründen nur schwer hätte vermieden werden können.
Die Erstbehörde hat zur Begründung der von ihr verhängten Strafhöhen auf verwaltungsstrafrechtliche Vorstrafen hingewiesen, die als erschwerend zu werten gewesen seien. Wie einem im erstinstanzlichen Verwaltungsstrafakt aufliegenden Vorstrafenverzeichnis (AS 51) entnommen werden kann, hat der Bw zur Tatzeit eine rechtskräftige Verwaltungsvormerkung (zur Zl. S/00/01995/00 wegen einer Übertretung des Wiener Feuerpolizei- und Luftreinhaltegesetzes) aufgewiesen, die jedoch nicht als einschlägig zu bezeichnen ist und somit auch nicht als erschwerend bei der Strafbemessung berücksichtigt hätte werden dürfen. Eine weitere auf dem Vorstrafenverzeichnis aufscheinende Vormerkung (wegen Übertretung des AuslBG) konnte schon deshalb nicht Berücksichtigung finden, weil als Rechtskraftdatum der ?29.8.2002" aufscheint und daher zur Tatzeit noch gar nicht rechtskräftig gewesen ist (und daher auch keinesfalls als Erschwerungsgrund gewertet hätte werden dürfen). Im vorliegenden Fall waren somit weder Erschwerungs- noch Milderungsgründe zu berücksichtigen (es war eine Unbescholtenheit des Bw nicht als mildernd zu werten, weil er ? wie erwähnt ? eine ? wenn auch nicht einschlägige ? Vormerkung zur Tatzeit aufgewiesen hat).
Hinsichtlich der Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse ging der Unabhängige Verwaltungssenat Wien von den eigenen Angaben des Bw aus (verheiratet, Einkommen von ca. 971,-- Euro netto monatlich, Vermögen im Gesamtwert von ca. 150.000,-- Euro, Kredit in der Höhe von 150.000,-- Euro, sorgepflichtig für ein Kind).
Unter Bedachtnahme auf diese Strafzumessungsgründe und den bis zu 726,-- Euro reichenden Strafsatz sind die nunmehr verhängten Strafen durchaus angemessen und keineswegs zu hoch. Strafen in dieser Höhe sollten ausreichend sein, um den Bw künftig von strafbaren Handlungen gleicher Art abzuhalten. Gegen eine weitere Strafherabsetzung haben insbesondere auch generalpräventive Überlegungen gesprochen, sollen doch auch andere Personen wirksam davon abgehalten werden, Arbeitskräfte ohne Ausstellung eines Dienstzettels und ohne Einhaltung der Mitteilungspflichten zu überlassen.
Zu II) (Spruchpunkte I) 3.) und II) 1.) bis 3.) des angefochtenen Straferkenntnisses):
Dem gegenständlichen Verfahren liegt eine Anzeige des Bundessozialamtes Wien, Niederösterreich, Burgenland vom 24.8.2001 zugrunde. Darin heißt es, der Bw habe es zu vertreten, dass die V-GmbH als Überlasser der Firma K-GmbH (in K) sechs namentlich genannte Arbeitskräfte (die fünf im Spruch des Straferkenntnisses angeführten Arbeitskräfte und ein Paule S) zu bestimmten Zeiten zur Arbeitsleistung zur Verfügung gestellt habe. Das anzeigelegende Bundessozialamt hat von der Firma K-GmbH Anwesenheitslisten von Arbeitskräften der Firma Ra (für die Monate März, April, Mai, Juni und Juli 2001) zur Verfügung gestellt bekommen, wobei zuletzt beim Datum 18.7.2001 Herr T Zolt aufscheint. Wie das anzeigelegende Bundessozialamt zu über dieses Datum hinausgehende Beschäftigungszeiten gelangt ist, lässt sich dem Akteninhalt nicht entnehmen, sondern beruhen diese offenbar ausschließlich auf Vermutungen und ? nicht weiter belegte ? Annahmen des anzeigelegenden Bundessozialamtes. Dass etwa die Erstbehörde in dem - mit 3.2.2003 datierten ? Straferkenntnis auch noch von einer Tätigkeit etwa des Herrn T von ?9.7.01 ? lfd." ausgegangen ist (und es etwa für solche Beschäftigungen im Jahr 2002 schon überhaupt keine Beweismittel gibt), zeigt nur allzu deutlich, dass die Angabe der Tatzeit in der Anzeige mit ?März 2001 bis laufend" (ohne sachverhaltsmäßige Grundlage) wenig sinnvoll erscheint.
In der Anzeige ist festgehalten worden, dass die Firma V-GmbH der Aufzeichnungspflicht gemäß § 13 AÜG und der Auskunftspflicht gemäß § 20 Abs 2 AÜG nicht nachgekommen sei. Der Anzeige kann auch entnommen werden, dass am 2.7.2001 die Firma V-GmbH in Wien, R-gasse vom Bundessozialamt Wien, Niederösterreich, Burgenland kontrolliert worden sei. Eine mit dem Bw aufgenommene Niederschrift war der Anzeige angeschlossen. Dieser habe eine Liste seiner Beschäftigerbetriebe und eine Dienstnehmerliste übergeben. Er sei dann aufgefordert worden, dem Bundessozialamt die Namen der an die Firma K-GmbH überlassenen Arbeitskräfte bis 5.7.2001 bekannt zu geben. Nachdem die Firma dieser Aufforderung nicht nachgekommen sei, sei sie nochmals angeschrieben worden, dies bis zum 17.8.2001 nachzuholen. Daraufhin sei die Firma K-GmbH aufgefordert worden, die Dienstnehmerliste der überlassenen Arbeitskräfte der Firma V-GmbH sowie die dazugehörigen Fakturen zu übermitteln. In dem der Anzeige angeschlossen gewesenen Schreiben des Bundessozialamtes Wien, Niederösterreich, Burgenland vom 9.8.2001 wurde ?Fr. Ra" aufgefordert, die überlassenen Dienstnehmer bei der Firma K-GmbH namentlich zu nennen und die dazugehörigen Stundenaufzeichnungen der überlassenen Arbeitskräfte bis zum 17.8.2001 zu übermitteln. In einem AV vom 23.8.2001 ist dann festgehalten worden, dass das Bundessozialamt sich veranlasst sieht, eine Anzeige wegen Auskunftsverweigerung und Verletzung der §§ 11, 12 und 13 zu erstatten, nachdem die Firma Ra GmbH die Frist ohne Übermittlung der Unterlagen verstreichen habe lassen.
Mit Schreiben vom 15.11.2001 wurde der Bw aufgefordert, sich zum Vorwurf, gegen näher angeführte Vorschriften des AÜG verstoßen zu haben, zu rechtfertigen (die dem Bw zur Last gelegten Taten wurden gleichlautend umschrieben wie im angefochtenen Straferkenntnis). In seiner Rechtfertigung vom 3.12.2001 führte der Bw näher aus, dass seiner Ansicht nach die V-GmbH nicht Überlasser sei und somit die ihm angelasteten Verwaltungsübertretungen nach dem AÜG nicht vorliegen. Mit Schreiben vom 25.2.2002 ersuchte die Erstbehörde das Bundessozialamt Wien, Niederösterreich, Burgenland um Stellungnahme zur Rechtfertigung des Beschuldigten. In seiner Stellungnahme vom 28.5.2002 führte das Bundessozialamt Wien, Niederösterreich, Burgenland näher aus, dass von einer Arbeitskräfteüberlassung auszugehen sei, wobei alle im Strafantrag angeführten Beweismittel für die Absicherung des nicht bestrittenen Sachverhaltes als ausreichend erscheinen.
Der Bw wurde dann im angefochtenen Straferkenntnis unter den Spruchpunkten I) 3.) und II) 1.) bis 3.) Übertretungen des § 13 AÜG, des § 20 Abs 2 Z 1, § 20 Abs 2 Z 2 und § 20 Abs 2 Z 3 AÜG schuldig erkannt, wobei die Erstbehörde die von ihr verhängte Strafe in diesen Fällen jeweils um die Zahl der von ihr festgestellten
an die Firma K-GmbH überlassenen Arbeitskräfte multiplizierte und somit im Ergebnis in diesen Punkten zu einer Gesamtstrafe von 2.100,-- Euro gelangt ist. Eine Begründung für diese ? rechtswidrige ? Strafenkumulation ist der Magistrat der Stadt Wien im angefochtenen Straferkenntnis freilich schuldig geblieben. Gemäß § 13 Abs 1 AÜG hat der Überlasser laufend
Aufzeichnungen über die Überlassung von Arbeitskräften zu führen, wobei es im § 22 Abs 1 Z 2 lit d AÜG unter Strafe gestellt ist, wenn die gemäß § 13 zu führenden Aufzeichnungen nicht oder mangelhaft vorgelegt werden. Nach § 20 Abs 2 hat u.a. der Überlasser auf Verlangen (hier: des Bundessozialamtes Wien, Niederösterreich, Burgenland) nach Z 1 alle für eine Überprüfung erforderlichen Auskünfte zu erteilen, nach Z 2 die hiefür benötigten Unterlagen zur Einsicht vorzulegen und nach Z 3 die Anfertigung vollständiger oder auszugsweiser Abschriften oder Ablichtungen der Unterlagen zu gestatten. Schon der Wortlaut der hier in Rede stehenden Verwaltungsvorschriften gibt überhaupt keine Grundlage dafür, bei Vorliegen einer zu ahndenden Straftat nicht bloß eine Geldstrafe (Ersatzfreiheitsstrafe) für jede als erwiesen angenommene Übertretung zu verhängen, sondern die Strafe mit der Zahl der überlassenen Arbeitskräfte zu multiplizieren. In diesen Fällen liegt eine inhaltliche Rechtswidrigkeit darin, dass der Magistrat der Stadt Wien hinsichtlich des Beschuldigten die Begehung von jeweils fünf Übertretungen angenommen hat, weil Aufzeichnungen nicht ausgestellt bzw. geführt bzw. der Auskunftspflicht nicht nachgekommen worden sei. In diesem Zusammenhang ist auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hinzuweisen, wonach etwa bei Fehlen von Aufzeichnungen (die nach dem AZG oder dem KJBG gefordert werden) hinsichtlich mehrerer Arbeitnehmer nur eine Übertretung z. B. des § 26 Abs 1 AZG vorliegt (vgl. die Erkenntnisse vom 9.3.1995, Zl. 93/18/0114 und vom 29.7.1993, Zl. 91/19/0176). Am Rande sei aber bemerkt, dass diese ? gravierende (weil für den Beschuldigten besonders nachteilige) ? Fehlleistung des Magistrates der Stadt Wien vom Unabhängigen Verwaltungssenat Wien als zuständiger Berufungsbehörde saniert hätte werden können.
Das angefochtene Straferkenntnis war in seinen Spruchpunkten I)
3.) und II) 1.) bis 3.) jedoch aus folgenden, von der Berufung nicht geltend gemachten Gründen, aufzuheben:
Gemäß § 44a Z 1 VStG hat der Spruch, wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erkannt, dass es nach dieser Bestimmung rechtlich geboten ist, die Tat hinsichtlich des Täters und der Tatumstände so genau zu umschreiben, dass
1.) die Zuordnung des Tatverhaltens zur Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale ermöglicht wird,
2.) die Identität der Tat (z.B. nach Ort und Zeit) unverwechselbar feststeht.
Was den vorstehenden Punkt 1.) anlangt, sind entsprechende, d.h. in Beziehung zum vorgeworfenen Straftatbestand stehende, wörtliche Anführungen erforderlich, die nicht etwa durch die bloße paragraphenmäßige Zitierung von Gebots- oder Verbotsnormen ersetzt werden können. Was den vorstehenden Punkt 2.) anlangt, muss
a) im Spruch des Straferkenntnisses dem Beschuldigten die Tat insoweit in konkretisierter Umschreibung zum Vorwurf gemacht werden, dass der Beschuldigte in die Lage versetzt wird, im ordentlichen Verwaltungsstrafverfahren und gegebenenfalls im außerordentlichen Verfahren (Wiederaufnahmeverfahren) auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen, und
b) der Spruch geeignet sein, den Beschuldigten (Bestraften) rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden (VwGH, verstärkter Senat, 13.6.1984, Slg. 11466A).
Gemäß § 31 Abs 1 VStG ist die Verfolgung einer Person unzulässig, wenn gegen sie binnen der Verjährungsfrist von der Behörde keine Verfolgungshandlung (§ 32 Abs 2 und 3) vorgenommen worden ist.
Nach Abs 2 beträgt die Verjährungsfrist bei den Verwaltungsübertretungen der Gefährdung, Verkürzung oder Hinterziehung von Landes- und Gemeindeabgaben ein Jahr, bei allen anderen Verwaltungsübertretungen sechs Monate. Diese Frist ist von dem Zeitpunkt zu berechnen, an dem die strafbare Tätigkeit abgeschlossen worden ist oder das strafbare Verhalten aufgehört hat. Ist der zum Tatbestand gehörende Erfolg erst später eingetreten, so läuft die Frist erst von diesem Zeitpunkt. Nach § 32 Abs 2 VStG ist Verfolgungshandlung jede von einer Behörde gegen eine bestimmte Person als Beschuldigten gerichtete Amtshandlung (Ladung, Vorführungsbefehl, Vernehmung, Ersuchen um Vernehmung, Auftrag zur Ausforschung, Strafverfügung udgl.), und zwar auch dann, wenn die Behörde zu dieser Amtshandlung nicht zuständig war, die Amtshandlung ihr Ziel nicht erreicht oder der Beschuldigte davon keine Kenntnis erlangt hat.
Wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung ausgesprochen hat, unterbricht eine Verfolgungshandlung nur dann die Verjährung, wenn sie sich auf alle der Bestrafung zugrundeliegenden Sachverhaltselemente bezogen hat (vgl. u.a. das Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 19.10.1978, Slg.N.F. Nr. 9664/A und das Erkenntnis vom 19.6.1990, Zl. 89/04/0266). Dabei ist zur Beantwortung der Frage, ob Verjährung im Sinne des § 31 Abs 1 VStG eingetreten ist, von der als erwiesen angenommenen Tat im Sinne des § 44a Z 1 VStG auszugehen (vgl. hiezu u.a. das Erkenntnis vom 19.6.1990, Zl. 89/04/0266) und das dem Beschuldigten zur Last gelegte Handeln unter Berücksichtigung sämtlicher gemäß § 44a Z 1 VStG in den Spruch des Straferkenntnisses aufzunehmenden Tatbestandselemente der verletzten Verwaltungsvorschrift gemäß § 44a Z 2 VStG näher zu konkretisieren und individualisieren (vgl. VwGH 22.12.1992, Zl. 91/04/0199).
Wie bereits oben angemerkt wurde, fand am 2.7.2001 eine Kontrolle der V-GmbH in Wien, R-gasse durch das Bundessozialamt Wien, Niederösterreich, Burgenland statt. Herr Ra sei aufgefordert worden, die Namen der überlassenen Arbeitskräfte an die Firma K-GmbH bis 5.7.2001 bekannt zu geben. Nachdem die Firma dieser Aufforderung nicht nachgekommen sei, sei sie dann nochmals angeschrieben worden, dies bis zum 17.8.2001 nachzuholen. Die Firma sei weder der Aufzeichnungspflicht gemäß § 13 AÜG noch der Auskunftspflicht gemäß § 20 Abs 2 AÜG nachgekommen. Im § 13 Abs 1 AÜG heißt es, dass der Überlasser ab Aufnahme der Überlassungstätigkeit laufend Aufzeichnungen über die Überlassung von Arbeitskräften zu führen habe. In Abs 2 und Abs 3 dieser Bestimmung ist näher geregelt, welchen Inhalt diese Aufzeichnungen zu enthalten haben und wie lange diese aufzubewahren sind. Nach § 22 Abs 1 Z 2 lit d AÜG begeht derjenige eine Verwaltungsübertretung, der die gemäß § 13 zu führenden Aufzeichnungen nicht oder mangelhaft vorlegt. Die Erstbehörde hat dem Bw unter Spruchpunkt I) 3.) zur Last gelegt, er habe als Geschäftsführer der V-GmbH zu verantworten, dass diese fünf namentlich genannte Arbeitskräfte zu bestimmten Zeiten der Firma K-GmbH überlassen habe, ohne Aufzeichnungen über die Überlassung von Arbeitskräften gemäß § 13 AÜG ?auszustellen" bzw. zu ?führen". Eine bestimmte ? als Tatzeit in Betracht kommende ? Zeitangabe, wann die Aufzeichnungen iSd § 13 AÜG ?nicht oder mangelhaft vorgelegt" worden seien, fehlt nicht nur im angefochtenen Straferkenntnis, sondern ist auch in der einzigen als Verfolgungshandlung in Betracht kommenden Aufforderung zur Rechtfertigung vom 15.11.2001 nicht enthalten. Ähnliche Überlegungen hinsichtlich der fehlenden Tatzeit haben auch für die unter II) 1.) bis 3.) zur Last gelegten Taten zu gelten.
Hiezu traf die Erstbehörde überhaupt nur die Feststellungen, dass der Bw seiner Auskunftspflicht insoweit nicht nachgekommen sei, als er dem Bundessozialamt für Wien, Niederösterreich und Burgenland die Namen der überlassenen Arbeitskräfte nicht bekannt gegeben habe, keine für die Überprüfung notwendigen Unterlagen über Stundenaufzeichnungen zur Einsicht vorgelegt worden seien und auch die Anfertigung von Abschriften, Auszügen oder Ablichtungen dieser Unterlagen verwehrt worden sei. Wie bereits oben angemerkt, hat gemäß § 20 Abs 2 AÜG der Überlasser von Arbeitskräften den im Abs 1 genannten zuständigen Behörden und Sozialversicherungsträgern ?auf deren Verlangen" die erforderlichen Auskünfte zu erteilen, die hiefür benötigten Unterlagen zur Einsicht vorzulegen und die Anfertigung vollständiger oder auszugsweiser Abschriften oder Ablichtungen der Unterlagen zu gestatten. Nach Ansicht des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien muss in Ansehung von Übertretungen des § 20 Abs 2 Z 1 bis 3 AÜG unverwechselbar feststehen, um welches Verlangen, deren Nichtbeachtung dem Beschuldigten zur Last gelegt wird, es sich handelt; hiezu würde etwa das Datum einer solchen Aufforderung genügen. Eine derartige Konkretisierung lässt aber der Spruch des erstinstanzlichen Straferkenntnisses vermissen (vgl. dazu das zur Vorschrift des § 103 Abs 2 KFG 1967 ergangene Erkenntnis des VwGH vom 30.5.1990, Zl. 89/03/0309).
Des Weiteren fällt auf, dass auch schon die Aufforderung zur Rechtfertigung vom 15.11.2001 mit demselben Mangel behaftet ist. Nach der Aktenlage wurde augenscheinlich innerhalb der sechsmonatigen Verfolgungsverjährungsfrist keine vollständige Verfolgungshandlung im Sinne des § 32 Abs 2 VStG gegen den Bw gerichtet.
Bemerkenswert ist auch, dass in der Anzeige festgehalten worden ist, dass der Bw aufgefordert worden sei, dem Bundessozialamt Wien, Niederösterreich, Burgenland die Namen der überlassenen Arbeitskräfte an die Firma K-GmbH bekannt zu geben. In dem (schon oben erwähnten) Aufforderungsschreiben des Bundessozialamtes Wien, Niederösterreich, Burgenland vom 9.8.2001 ist auch nicht davon die Rede, dass die Anfertigung vollständiger oder auszugsweiser Abschriften oder Ablichtungen der Unterlagen überhaupt verlangt worden wäre. Die Tatanlastung unter Spruchpunkt II) 3.) durch den Magistrat der Stadt Wien erfolgte somit ohne jegliche sachverhaltsmäßige Grundlage, wobei noch dazu kommt, dass die Erstbehörde auch in diesem Punkt wiederum fünf Strafen in der Höhe von je 105,-- Euro (bzw. fünf Ersatzfreiheitsstrafen in der Dauer von je 18 Stunden) verhängt hat. Eine solche (offenbar allein an der Maximierung von Strafbeträgen orientierte) Vorgangsweise des Magistrates der Stadt Wien muss als geradezu willkürlich bezeichnet werden.
Nach dem oben Gesagten war daher das angefochtene Straferkenntnis in seinen Punkten I) 3.) und II) 1.) bis 3.) wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren insoweit spruchgemäß einzustellen. Die Kostenentscheidungen gründen sich auf die §§ 64 und 65 VStG.