Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark hat durch das Senatsmitglied Dr. Erich Kundegraber über die Beschwerde des R P, vertreten durch Dr. F I, Rechtsanwalt in G, wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt gemäß Art. 3 der Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK), §§ 67a Abs 1 Z 2, 67c Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG), §§ 2, 4 Waffengebrauchsgesetz (WaffGG), § 26 Abs 2 und Abs 4 Anhalteordnung (AnhO) und Art. V Einführungsgesetz zu den Verwaltungsverfahrensgesetzen 1991 (EGVG), wie folgt entschieden:
Spruch I
Das Anlegen der Handfesseln während der Einvernahme im Landesgendarmeriekommando Steiermark am 06. März 2003 zwischen 22.34 Uhr und 22.45 Uhr durch Organe der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Steiermark war rechtswidrig.
Gemäß § 79a AVG iVm der UVS-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl II Nr. 334/2003, hat der Bund dem Beschwerdeführer die Kosten des Verfahrens in der Höhe von ? 1.486,80 binnen vier Wochen ab Zustellung des Bescheides bei sonstiger Exekution zu bezahlen. Spruch II
Die Beschwerde wegen der Anlegung der Handfesseln im Landesgendarmeriekommando Steiermark am 07. März 2003 während der
Einvernahmen (10.30 Uhr bis 12.05 Uhr, 13.35 Uhr bis 13.50 Uhr, 14.20 Uhr bis 14.30 Uhr, 14.35 Uhr bis 15.50 Uhr) durch Organe der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Steiermark wird abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund gemäß § 69a AVG iVm der UVS-Aufwandersatzverordnung, BGBl II Nr. 334/2003, die Kosten des Verfahrens in der Höhe von ? 547,10 binnen vier Wochen ab Zustellung des Bescheides bei sonstiger Exekution zu bezahlen.
I.1. In der Beschwerde vom 07. April 2003 bringt der Beschwerdeführer Nachfolgendes vor:
Auf Grund eines Haftbefehls des LG Leoben wurde der Beschwerdeführer von Mitgliedern der Kriminalabteilung des LGK für Steiermark in Verwahrungshaft genommen und am 6.3.2003 von den Kriminalbeamten S und F im Beisein des Verteidigers Dr. F I und am 7.3.2003, jedoch ohne Beisein des Verteidigers Dr. F I, von den Kriminalbeamten S und F einvernommen. An beiden Tagen erfolgten die Einvernahmen des Beschwerdeführers R P in mit Handschellen gefesseltem Zustand. Der Verteidiger Dr. F I hat ausdrücklich die Abnahme der Handfesseln vor Beginn der Einvernahme am 6.3.2003 beantragt. Diesem Antrag haben die Kriminalbeamten S und F nicht entsprochen.
Beweis:
Niederschrift vom 6.3.2003 des LGK für
Stmk, Kriminalabteilung
Niederschrift vom 7.3.2003 des LGK für
Stmk, Kriminalabteilung
Akt des LG Leoben
Dr. F I, Rechtsanwalt,
G, als Zeuge
Einvernahme des Beschwerdeführers
2.
Beschwerdelegitimation:
a.) Nach Ausstellung des Haftbefehls des LG Leoben, jedoch vor Einvernahme durch den U-Richter und vor
Verhängung der U-Haft durch den U-Richter wurde der Beschwerdeführer am 6.3.2003 und 7.3.2003 als Verdächtiger in den Räumen des LGK für Steiermark Kriminalabteilung G in mit Handschellen gefesseltem Zustand einvernommen. Die 6wöchige Beschwerdefrist ist daher gewahrt.
b.) Die Beschwerdelegitimation ergibt sich daraus, daß der Beschwerdeführer durch Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt in verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten verletzt worden ist.
3. Beschwerdegründe:
A.
a.) Weder aus dem Personalblatt, welches das LGK für Steiermark Kriminalabteilung über den Beschwerdeführer, noch aus dem Haftbericht über die Festnahme, noch aus dem Haftbericht über die ärztliche Untersuchung oder die Beilage zum Haftbericht angelegt hat, ergibt sich eine besondere Gefährlichkeit des Beschwerdeführers. Daraus kann auch nicht entnommen werden, daß anläßlich der Festnahme und danach der Beschwerdeführer Drohungen ausgestoßen, Beschädigungen angekündigt oder Anstalten zur Flucht getroffen hätte.
b.) Der Beschwerdeführer ist am 7.1.1949 geboren,
befindet sich somit im 55. Lebensjahr, ist schwer zuckerkrank - was auch den Organen des LGK für Steiermark anläßlich der Festnahme des Beschwerdeführers bereits bekannt war. Der Beschwerdeführer leidet an Diabetes mellitus Typ II, kombiniert mit Hyperlipidämie und Steatosis hepatis. Wegen einer Krampfader-Erkrankung ist der Beschwerdeführer zur Minderung der Thrombosegefahr in ständiger Marcoumar-Behandlung. Dies ist nur ein Teil der Erkrankungen des Beschwerdeführers.
c.) Der Beschwerdeführer ist mehrfach vorbestraft, letztmalig mit Urteil des LG f Strs Graz vom 25.2.2002 wurde er wegen Sachbeschädigung nach § 125 StGB zu einer Geldstrafe von 80 Tagessätzen je Euro 10,00 rechtskräftig verurteilt. Die vorletzte Verurteilung erfolgte durch das Gericht B (I) am 20.3.1991 zu einer bedingten Haftstrafe von einem Jahr und sechs Monaten sowie einer Geldstrafe von Lire 400.000,00.
B.
a.) Dadurch, daß der Beschwerdeführer am 6. und 7.3.2003 durch die Kriminalbeamten S und F in mit Handschellen gefesseltem Zustand als Verdächtiger einvernommen worden ist, wurde der Beschwerdeführer einer
unmenschlichen und/oder erniedrigenden Behandlung iSd Art 3 EMRK unterworfen, weil die Abnahme der Handfesseln während der Dauer der Einvernahme unterlassen worden ist.
b.) Der Erlaß des BM f Inneres vom 26.7.1965 idF der Erlässe vom 20.9.1976 und 14.8.1995 betreffend das Anlegen von Handfesseln wurde mit Erkenntnis des VfGH vom 11.12.1997, V 108/97, VfSlg 15.061, überprüft und wurden die Bestimmungen des § 1 und 2 Abs 1 des Erlasses des BM f Inneres betreffend das Anlegen von Handfesseln aufgehoben und gleichzeitig ausgesprochen, daß die Art und Weise der Kundmachung dem Gebot widerspricht, daß Rechtsverordnungen des BM im BGBl verlautet werden müssen. Es besteht keine Rechtsvorschrift im Gesetzes- und Verordnungsrang, die den Kriminalbeamten des LGK für Steiermark Kriminalabteilung das Recht einräumt, den Beschwerdeführer als Verdächtigen am 6. und 7.3.2003 in mit Handschellen gefesseltem Zustand einzuvernehmen. c.) Der Beschwerdeführer war im Verlauf der Amtshandlung ruhig, nicht im geringsten gewalttätig. Er ließ sich widerstands- und anstandslos abführen, sodaß sein Verhalten keinen Grund für ein Anlegen von Handschellen abgeben konnte. Nach seiner Perlustrierung, bei welcher keine Waffen vorgefunden worden sind, war eine Gefährdung der bei der Einvernahme am 6. und 7.3.2003 einschreitenden Kriminalbeamten nicht ernstlich zu befürchten. Da trotz Antrages des Verteidigers der Beschwerdeführer am 6.3.2003 in gefesseltem Zustand und ebenfalls am 7.3.2003 ebenfalls in gefesseltem Zustand einvernommen wurde, wurde der Beschwerdeführer durch die angefochtene Fesselung mit Handschellen im Recht auf Unterlassung unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung nach Art 3 EMRK verletzt. Siehe hiezu die Entscheidung des VfGH vom 9.6.1992, B 820/90, VfSlg 13.044. Dies entspricht ständiger Rechtsprechung, wobei auf die Entscheidung VfGH vom 27.2.1990, B 976/89, VfSlg 12.271, weiters VfGH vom 12.6.1987, B 4/85, VfSlg 11327, VfGH vom 7.10.1981, B 70/81, VFSlg 9131.
d.) Nach der Recommendation Nr. R (87) adopted by the Committee of Minsiters of the Council of Europe on 12 February 1987, Empfehlung Nr. R (87) 3 des Ministerkommitees des Europarates über die Europäischen Strafvollzugsgrundsätze Entschließung des Ministerkommitees vom 12. Februar 1987 bei der 404. Tagung der Ministerstellvertreter wurden Mindestgrundsätze über die Behandlung straffälliger Menschen, die im staatlichen Strafrechtssystem einem Freiheitsentzug unterworfen werden, festgelegt. Orientiert sind die Europäischen Strafvollzugsgrundsätze an den Dokumenten der Vereinten Nationen, Standard Minimum Rules for the Treatment of Prisoners, die im Jahr 1955 in Genf vom Wirtschafts- und Sozialrat der Vereinten Nationen mit Entschließung 663 C (XXVI) verabschiedet worden sind, siehe hiezu Seite 61 ff in Holzbauer, Brugger, Strafvollzugsgesetz (StVG), Österreichische Staatsdruckerei, Verlag Österreich, Wien 1996. In der vorgenannten Gesetzesausgabe wurde die Bestimmung besondere Sicherheitsmaßnahmen § 103 StVG in der Form kommentiert, daß auf
Seite 500 und 501 ausgeführt wurde wie folgt:
Europäische Strafvollzugsgrundsätze:
39. ... Handfesseln ... dürfen niemals
zur Bestrafung angewendet werden. Sie dürfen nur unter folgenden
Umständen Verwendung finden:
a.) falls erforderlich, als
Sicherungsmaßnahme gegen Entweichungen während des Transportes, doch müssen sie entfernt werden, wenn der Gefangene vor einer Gerichts- oder Verwaltungsbehörde erscheint, es sei denn, diese Behörde entscheidet anders.
...
40. Art und Verwendung
der nach dem vorerwähnten Grundsatz zulässigen
Zwangsmittel sind
durch Gesetz oder Verordnungen zu regeln, diese Zwangsmittel dürfen nicht länger als unbedingt notwendig eingesetzt werden. Daraus wird offenkundig, daß verfassungsgesetzlich gewährleistete Grundrechte nach Art 3 EMRK in diesem Falle des Beschwerdeführers verletzt worden sind.
Es wurde der Antrag gestellt, dass der Beschwerdeführer "durch die Unterlassung der Abnahme seiner Handfesseln während der Dauer seiner Einvernahme als Verdächtiger am 06.03. und 07.03.2003 durch Organe des LGK für Steiermark, Kriminalabteilung, im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Unterlassung unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung gemäß Art 3 EMRK verletzt worden ist" und wurde zudem ein Kostenantrag gestellt.
2. Die Sicherheitsdirektion für das Bundesland Steiermark gab am 15. Mai 2003 nachfolgende Stellungnahme ab: Auf Grund eines Haftbefehles des LG Leoben wurde der Beschwerdeführer im Zuge einer Amtshandlung für die Kriminalabteilung des LGK Steiermark in Verwahrungshaft genommen und am 6. 3. 2003 im Beisein des Verteidigers, am 7.3.2003 ohne Beisein des Verteidigers von Kriminalbeamten CI F und BI S einvernommen. Laut Angabe des Beschwerdeführers waren während der Einvernahme an beiden Tagen die Handfessel angelegt gewesen.
Der Beschwerdeführer führt einen
der Europäischen Strafvollzugsgrundsätze aus, dass Art und Verwendung der nach dem vorerwähnten Grundsatz zulässigen Zwangsmittel durch Gesetz oder Verordnung zu regeln sind, diese Zwangsmittel dürfen nicht länger als unbedingt notwendig eingesetzt werden.
Nach § 26 Abs 1 der Verordnung des Bundesministers für Inneres über die Anhaltung von Menschen
durch die Sicherheitsexekutive BGBl II 1999/128 sind die Aufsichtsorgane ermächtigt, ihre Anordnungen durch unmittelbare Zwangsgewalt durchzusetzen. Soweit dies für die körperliche Sicherheit von Menschen sowie die Sicherheit und Ordnung in Hafträumen notwendig ist. Gem. § 26 Abs 2 leg. cit. dürfen einem Festgenommenen Fesseln angelegt werden, wenn auf Grund bestimmter Tatsachen die Gefahr besteht, der Betroffene werde sich selbst oder andere gefährden, fremde Sachen in nicht nur geringem Wert beschädigen, flüchten oder eine Amtshandlung, an der er mitzuwirken hat, zu vereiteln versuchen. Der Beschwerdeführer ist laut eigenen Angaben mehrfach vorbestraft, letztmalig mit Urteil des LG f Strs Graz vom 25.2.2002 wegen Sachbeschädigung nach § 125 StGB zu einer Geldstrafe von 80 Tagessätzen je Euro 10,00 rechtskräftig verurteilt. Die vorletzte Verurteilung erfolgte durch das Gericht B (I) am 20. 3. 1991 zu einer bedingten Haftstrafe von einem Jahr und sechs Monaten sowie einer Geldstrafe von Lire 400.000. Zum Zeitpunkt der Einvernahme waren Hausdurchsuchungen im Gange, der Beschwerdeführer stand noch deutlich unter dem Eindruck der kurz zuvor erfolgten Festnahme, weshalb im Wissen um bestehende Vorstrafen ex ante eine Panikreaktion nicht ausgeschlossen werden konnte. Die Einvernahme wurde ferner um etwa 20.00 Uhr im vierten Stock der nicht vergitterten Räumlichkeiten der sogenannten Raubgruppe des Landesgendarmeriekommandos Steiermark in der S durchgeführt. Es befanden neben dem Beschwerdeführer und zeitweilig Verteidiger nur die Beamten CI F und BI S im angeführten Stockwerk. Zur Verhinderung einer Selbst- oder Fremdgefährdung, der Beschädigung von Sachen in nicht nur geringem Wert sowie einer möglichen Flucht wurden die Handfessel nach vorne angelegt. Es muss den Beamten zugebilligt werden, erst nach Herstellung einer gewissen Beziehung zum Einvernommenen abschätzen zu können, ob die Voraussetzungen für das Anlegen respektive Nichtanlegen oder Abnehmen der Handfesseln gegeben sind oder nicht. Im Zweifel wäre für ein Anlegen einzutreten. Das Anlegen vorne stellt überdies gegenüber dem Anlegen auf dem Rücken das gelindere Mittel dar. In diesem Zusammenhang muss auch angeführt werden, dass während einer Einvernahme im Areal der Bundespolizeidirektion Graz ein verdächtiger Drogendealer ohne Vorzeichen am 6.5.2003 aus dem Fenster sprang und sich beim Sturz einen Oberschenkelbruch zuzog. CI F K, welcher die Amtshandlung leitete, gibt im Gegensatz zum Beschwerdeführer an, nach Erstellung einer Gefährdungsprognose die Handfessel bei der zweiten Einvernahme am 7.3.2003 nicht mehr angelegt zu haben. Es wurde der Antrag gestellt, die Beschwerdeführer als unbegründet abzuweisen und dem Beschwerdeführer die Kosten des Verfahrens vorzuschreiben. 3. Hiezu erstattete der Beschwerdeführer am 01. Juli 2003 eine Gegenäußerung, wonach er seinen Rechtsstandpunkt erörterte und legte die Empfehlung Nr. R (87) 3 des Ministerkomitees beim Europarat in englischer Sprache vor. Des Weiteren brachte der Beschwerdeführer einen Schriftsatz am 21. Juli 2003 ein und ergänzte diesen mit der Verwaltungsvorschrift des Sächsischen Staatsministeriums der Justiz über den Gefangenentransport in Sachsen vom 04. Dezember 2002 und verwies insbesondere auf das Verwaltungsgerichtshofserkenntnis vom 31. Mai 2001, 99/20/0105. II.1. Nach Durchführung von Verhandlungen am 08. Juli 2003 und 29. Juli 2003, wobei die Zeugen CI K F, BI F S und der Beschwerdeführer einvernommen wurden, sowie unter Heranziehung des Akteninhaltes, wurde nachfolgender entscheidungsrelevanter Sachverhalt festgestellt: Aufgrund eines Haftbefehles des Landesgerichtes Leoben wurde der Beschwerdeführer von Beamten der Kriminalabteilung des Landesgendarmeriekommandos Steiermark am 06. März 2003 in Verwahrungshaft genommen. Es bestand der Verdacht des Verbrechens nach § 28 Suchtmittelgesetz. Die Festnahme erfolgte in der Art und Weise, dass der Beschwerdeführer am 06. März 2003 um ca. 20.30 Uhr in seiner Wohnung in G festgenommen wurde. Der Beschwerdeführer wurde hiebei einer Körpervisitation unterzogen und wurden keine Waffen gefunden. Der Beschwerdeführer hat bei der Verhaftung keinen Widerstand geleistet, keinen Fluchtversuch unternommen und auch keine verbalen Drohungen gegenüber den Beamten ausgesprochen. Nach der Festnahme wurde der Beschwerdeführer in das Landesgendarmeriekommando für Steiermark überstellt, wobei er beim Transport Handfessel angelegt bekam. Die Einvernahme am Landesgendarmeriekommando Steiermark fand in einem Dienstraum im vierten Stock statt und wurde hiezu der Rechtsvertreter des Beschwerdeführers, Rechtsanwalt Dr. F I, beigezogen. Nachdem dem Rechtsvertreter der Haftbefehl ausgefolgt, der Grund der Festnahme erklärt, das Informationsblatt für Festgenommene und der Hausdurchsuchungsbefehl ausgehändigt wurde, beantragte dieser, dass während der Vernehmung dem Beschwerdeführer die Handfesseln abgenommen werden sollten. Dem Antrag wurde von CI F nicht stattgegeben, da der Zeuge CI F bei seinen Überlegungen davon ausging, dass er den Beschwerdeführer bereits seit 30 Jahren kenne und von der kriminellen Vergangenheit, insbesondere von Sachbeschädigungen und Körperverletzungen wusste. Wie weit diese Straftaten bereits getilgt waren, wusste er nicht. Auch machte auf ihn der Beschwerdeführer einen nachdenklichen Eindruck und war für ihn das Verhalten des Beschwerdeführers nicht einschätzbar. Des weiteren begründete der Zeuge die Anlegung der Handfesseln mit dem Verdacht des Verbrechens nach § 28 Suchtmittelgesetz, wonach dem Beschwerdeführer eine hohe Strafe drohte und somit war für ihn Selbstgefährdung und Fremdgefährdung gegeben. Der Büroraum lag im vierten Stock und es waren keine Gitter bei den Fenster vorhanden, diese waren geöffnet. Der Beschwerdeführer hat während der gesamten Amtshandlung keine verbalen Drohungen ausgesprochen, keinen Widerstand geleistet und auch keinen Fluchtversuch unternommen. Das Anlegen der Handfesseln während der Einvernahme wurde auch in der Niederschrift des Landesgendarmeriekommandos für Steiermark, Kriminalabteilung, am 06. März 2003 (Beilage C) dokumentiert. Nach der Einvernahme wurde der Beschwerdeführer amtsärztlich untersucht und in die Anhaltezelle am GPK S gebracht. Am 07. März 2003 wurde der Beschwerdeführer wiederum in das Landesgendarmeriekommando Steiermark verbracht und veranlasste der Zeuge CI F nach dem Transport, dass dem Beschwerdeführer während der Einvernahme bis zur Rücküberstellung die Handfesseln abgenommen werden. Dies deshalb, da bereits während der 20-minütigen Fahrt zum Landesgendarmeriekommando mit dem Beschwerdeführer ein Gespräch möglich war und er angab, dass er zur Klärung des Sachverhaltes beitragen werde, sodass eine gute Gesprächsbasis gewesen sei. Von einer Eigen- bzw Fremdgefährdung ging der Zeuge CI F nicht mehr aus, um so mehr es tagsüber war und die übrigen Kanzleien im Landesgendarmeriekommando besetzt waren. Während der gesamten Einvernahmen am 07. März 2003 von 10.30 Uhr bis 12.05 Uhr, von 13.35 Uhr bis 13.50 Uhr, von 14.20 Uhr bis 14.30 Uhr und von 15.35 Uhr bis 15.50 Uhr hatte der Beschwerdeführer keine Handfesseln angelegt. Bei den Einvernahmen war der Rechtsvertreter des Beschwerdeführers nicht zu gegen. In den Niederschriften vom 07. März 2003 des Landesgendarmeriekommandos für Steiermark, Kriminalabteilung, (Beilage E) ist auch nicht das Anlegen von Handfesseln beim Beschwerdeführer vermerkt. Der Beschwerdeführer wurde nach der Einvernahme wiederum in die Anhaltezelle am GPK S überstellt. 2. Soweit es um die Anlegung der Handfesseln während der Einvernahme am 06. März 2003 geht, stimmen die Angaben des Beschwerdeführers, als auch der Zeugen überein und ist somit unbestritten, dass während der Einvernahme die Handfesseln angelegt blieben. Beim Anlegen der Handfesseln am 07. März 2003 gehen jedoch die Angaben des Beschwerdeführers sowie der beiden Zeugen insoweit auseinander, als der Beschwerdeführer angibt, dass er bei seiner ersten Einvernahme von 10.30 Uhr bis 12.05 Uhr die Handfesseln "ca. 2 bis 2 1/2 Stunden vorne angelegt hatte". Erst um die Mittagszeit, als er als Diabetiker den Zuckergehalt überprüfen wollte, seien ihm die Handfesseln abgenommen worden. Bei der Einvernahme am Nachmittag um ca. 14.00 Uhr hätte er die Handfesseln wiederum ca. 15 Minuten angelegt gehabt und seien diese erst abgenommen worden, als er einen Kaffee bekommen hätte. Bei den übrigen Einvernahmen an dem Tag habe er keine Handfesseln mehr angelegt bekommen. Dem stehen die Zeugenaussagen von CI F und BI S entgegen, die beide angaben, dass der Beschwerdeführer bei sämtlichen Einvernahmen am 07. März 2003 keine Handfesseln angelegt bekommen habe. Die Handfesseln seien bereits am Beginn der Einvernahme abgenommen worden, da kein Gefährdungspotential mehr erkennbar war. Wer von den beiden Zeugen die Handfesseln abgenommen hat, konnten die Zeugen nicht beantworten, da beide für die Handfesseln den gleichen Schlüssel hatten. Im Protokoll der Einvernahme (Beilage E) ist eine Anlegung der Handfesseln nicht vermerkt, wobei der Zeuge BI S hiezu angibt, dass dies deshalb nicht gemacht wurde, da keine Zwangsmaßnahme gesetzt wurde. Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark folgte hiebei den durchaus glaubwürdigen Aussagen der beiden Zeugen, die übereinstimmend angaben, dass der Beschwerdeführer keine Handfesseln zum Zeitpunkt der Einvernahmen am 07. März 2003 angelegt bekam und wird dies auch durch die Dokumentation - kein Vermerk über das Anlegen von Handfesseln in der Niederschrift - bestätigt. Offensichtlich konnte sich der Beschwerdeführer hiebei aufgrund der mehreren Einvernahmen nicht mehr genau erinnern, wann er die Handfesseln angelegt bekam bzw wann nicht, um so mehr die Einvernahmen unterbrochen wurden, um den Beschwerdeführer einer erkennungsdienstlichen Behandlung bzw einer polizeiärztlichen Untersuchung zuzuführen. Soweit der Beschwerdeführer jedoch angibt, am Vormittag des 07. März 2003 die Handfesseln in einem Zeitraum von ca. 2 bis 2 1/2 Stunden und 15 Minuten am Nachmittag angelegt bekommen zu haben, ist diese Aussage unrichtig. III. Die Rechtsbeurteilung ergibt Folgendes: 1. Die Beschwerde langte beim Unabhängigen Verwaltungssenat für die Steiermark am 09. April 2003 (Poststempel am 07. April 2003) ein, wodurch die 6-wöchige Beschwerdefrist gemäß § 67c Abs 1 AVG gewahrt wurde. Auch ist die örtliche Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates für die Steiermark gegeben, da die von Organen der belangten Behörde vorgenommene Handlung im Sprengel des Unabhängigen Verwaltungssenates für die Steiermark durchgeführt wurden. Der Beschwerdeführer wurde aufgrund eines Haftbefehles des LG Leoben wegen Verdachtes der Begehung einer Tat nach § 28 Suchtmittelgesetz in Verwahrungshaft genommen. Das Handeln der Organe der belangten Behörde war daher im Dienste der Strafjustiz und da ein richterlicher Befehl dem Handeln zu Grunde lag, war die Überprüfungskompetenz des Unabhängigen Verwaltungssenates für die Steiermark ausschließlich auf einen excessus mandati beschränkt. In diesem Sinne hat der Beschwerdeführer auch ausschließlich das Anlegen der Handfesseln während der Einvernahmen am 06. und 07. März 2003 gerügt. 2. Anlegung der Handfesseln während der Einvernahme am 06. März 2003: Art 3 EMRK bestimmt, dass niemand einer unmenschlicher oder erniedrigenden Behandlung unterworfen werden darf. Gemäß § 2 WaffGG dürfen Organe der Bundespolizeidirektion, der Bundesgendarmerie und der Gemeindewachkörper in Ausübung des Dienstes nach Maßgabe der Bestimmungen dieses Bundesgesetzes von Dienstwaffen Gebrauch machen: 1. im Fall gerechter Notwehr; 2. zur Überwindung eines auf die Vereitelung einer rechtmäßigen Amtshandlung gerichteten Widerstandes; 3. zur Erzwingung einer rechtmäßigen Festnahme; 4. zur Verhinderung des Entkommens einer rechtmäßig festgehaltenen Person; 5. zur Abwehr einer von einer Sache drohenden Gefahr. Gemäß § 4 leg cit ist der Waffengebrauch nur zulässig, wenn ungefährliche oder weniger gefährliche Maßnahmen, wie insbesondere die Aufforderung zur Herstellung des gesetzmäßigen Zustandes, die Androhung des Waffengebrauches, die Verfolgung eines Flüchtenden, die Anwendung von Körperkraft oder verfügbarer gelindere Mittel, wie zB Handfesseln oder technische Sperren, ungeeignet scheinen oder sich als wirkungslos erwiesen haben. Gemäß § 26 Abs 2 AnhO dürfen Fesseln einem Festgenommenen angelegt werden, wenn aufgrund bestimmter Tatsachen die Gefahr besteht, der Betroffene werde 1. sich selbst oder andere gefährden; 2. fremde Sachen nicht nur geringeren Wertes beschädigen; 3. flüchten; 4. eine Amtshandlung an der er mitzuwirken hat, zu vereiteln versuchen. Vorerst ist vorauszuschicken, dass aus dem Waffengebrauchsgesetz abzuleiten ist, dass auch die als weniger gefährliche Maßregeln eingestufte Anwendung von Körperkraft im Rahmen exekutiver Zwangsbefugnisse, die sich als Mittel zur Erwirkung eines auf Vereitelung einer rechtmäßigen Amtshandlung gerichteten Widerstandes oder zur Erzwingung einer Festnahme gerichtet sind, vom Waffengebrauch selbst nicht unterscheidet und somit denselben Einschränkungen wie die Waffenverwendung unterliegt, also zur Erreichung der vom Gesetz vorgesehenen Zwecke nur dann Platz greifen darf, wenn sie notwendig ist und maßhaltend vor sich geht, dann aber, dh unter diesen Voraussetzungen, wie der Waffengebrauch an sich nicht gegen Art 3 EMRK verstößt (VfGH 27.2.1990, B 976/89). Die zwangsweise Fesselung einer Person (mit Hand- oder Fußschellen) fällt jedenfalls unter die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt (VfSlg 7081/1973, 7377/1974, 8146/1977 ua.). Nach dem Verfahrensergebnis verhielt sich der Beschwerdeführer bei der Festnahme, als auch bei der Verbringung in das Landesgendarmeriekommando Steiermark in keiner Weise gewalttätig, sondern war vollkommen ruhig und ließ sich auch widerstands- bzw anstandslos abführen. Er äußerte sich auch nicht verbal zur Festnahme. Wenn der Zeuge CI F angibt, dass er zwar keine Strafregisterauskunft hatte und von den Verurteilungen des Beschwerdeführers somit keine Kenntnis hatte, jedoch von der kriminellen Vergangenheit, "insbesondere von Sachbeschädigungen und Körperverletzungen" wusste, so ist dem entgegen zu halten, dass der Beschwerdeführer zwar mit Urteil des LG für Strafsachen Graz vom 25. Februar 2002 wegen Sachbeschädigung nach § 125 StGB zu einer Geldstrafe verurteilt wurde und die im Hinblick auf die Körperverletzung angesprochene Verurteilung bereits 12 Jahre zurückliegt. In Zusammenschau all dieser Umstände war die Anlegung der Handfesseln während der Einvernahme am 06. März 2003 unnotwendig und nicht maßhaltend. Der Beschwerdeführer manifestierte durch sein Verhalten keinesfalls eine Selbst- bzw Fremdgefährdung. Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass der bereits nach Waffen durchsuchte Beschwerdeführer zwei bewaffneten Kriminalbeamten gegenüberstand. Ebenso wenig kann als Grund der Fesselung herangezogen werden, dass die Einvernahme im Landesgendarmeriekommando im vierten Stock bei unvergitterten und geöffneten Fenstern stattgefunden hat, da bei derartigen Rahmenbedingungen es auch einer Person mit vorne angelegten Handfesseln erleichtert wäre, aus dem Fenster zu springen. Im Übrigen bestand durchaus die Möglichkeit, die Fenster zu schließen und wären auch organisatorische Maßnahmen zu treffen gewesen, dass die Einvernahme in einen Raum mit vergitterten Fenstern bzw in einen ebenerdigen Raum stattfinden könnte. Auch der Umstand, dass der Beschwerdeführer wegen des Verdachtes einer Tat nach § 28 Suchtmittelgesetz festgenommen wurde und eine etwaige Verurteilung eine hohe Strafe nach sich ziehen könnte, mag an der ungerechtfertigten Fesselung während der Einvernahme nichts ändern. Im Übrigen geht dieses Argument im Hinblick darauf, dass dem Beschwerdeführer am nächsten Tag bei der Einvernahme die Handfesseln abgenommen wurden, fehl, da der Beschwerdeführer auch noch am nächsten Tag unter dem Verdacht der Begehung einer Tat nach § 28 Suchtmittelgesetz stand. Wenn die belangte Behörde vorbringt, dass am 06. Mai 2003 im Areal der Bundespolizeidirektion Graz ein verdächtiger Drogendealer ohne Vorzeichen aus dem Fenster sprang und sich beim Sturz einen Oberschenkelbruch zuzog, so ist dem entgegen zu halten, dass die Überlegungen, ob Handfesseln während der Einvernahme notwendig sind, immer auf den konkreten Fall abgestimmt werden müssen und bei Nichteinhaltung organisatorischer Maßnahmen (zB vergitterte Fenster) ohnedies immer ein nichtkalkulierbares Restrisiko bleibt. Nur eine obligatorische Fesselung von Händen und Füßen würde bei den gegebenen Rahmenbedingungen einen Fluchtversuch weitestgehend ausschließen, wobei eine derartige Vorgangsweise in den betreffenden Gesetzen keine Deckung findet. Da nach den Begleitumständen der Amtshandlung eine Gefährdung der einschreitenden Kriminalbeamten, als auch eine Selbstgefährdung des Beschwerdeführers nicht ernstlich zu befürchten war, war die Anbringung der Handfesseln unnotwendig und nicht maßhaltend, wodurch auch ein Verstoß gegen Art. 3 EMRK festgestellt wird, da es eine erniedrigende Vorgangsweise gegen eine Person darstellt, wenn ein - nicht Verurteilter - sich im Rahmen der Einvernahme in gefesseltem Zustand verantworten muss (siehe auch § 198 Abs 2 StPO). Ohne Vorliegen begründeter Gefahrenmomente hat der Betroffene das Recht sich bei einer Einvernahme ohne Fesseln zu rechtfertigen, um so mehr die Kommunikation nicht nur verbal, sondern auch nonverbal verläuft und wird die Kommunikationsmöglichkeit durch das Anlegen von Handfesseln beträchtlich eingeschränkt. Da somit ein excessus mandati vorlag, wird dem Beschwerdeantrag auf "Unterlassung der Abnahme Handfesseln während der Dauer der Einvernahme als Verdächtigter am 06. März 2003" stattgegeben. 3. Als Kosten wurden gemäß § 79a AVG iVm der UVS-Aufwandersatzverordnung 2003 dem Beschwerdeführer ein Betrag von ? 1.486,80 zugesprochen. Dem Beschwerdeführer gebührt ?
660,80 als Schriftsatzaufwand und ? 826,-- als Verhandlungsaufwand. Ein gesonderter Kostenzuspruch für die Amtshandlung am 06. März 2003 wird deshalb getroffen, da der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark von zwei Amtshandlungen, nämlich am 06. März 2003 und am 07. März 2003 bei seiner Entscheidungsfindung ausgeht. 4. Anlegung der Handfesseln am 07. März 2003: Das Anlegen der Handfesseln bei den Einvernahmen am 07. März 2003 wird insgesamt als eine Amtshandlung gewertet, da der Beschwerdeführer an dem Tag ausschließlich im Landesgendarmeriekommando einvernommen wurde und die Unterbrechungen bei den Einvernahmen auf notwendige Pausen zur Erholung (zB Mittagspause) sowie notwendige Amtshandlungen (zB erkennungsdienstliche Behandlung) zurückzuführen sind. Wie aus dem festgestellten Sachverhalt hervorgeht, wurden am 07. März 2003 dem Beschwerdeführer keine Handfesseln angelegt, sodass die Behauptung, dass bei der Einvernahme Handfesseln - zumindest zeitweise - angelegt waren, keine Grundlage hat und somit der Beschwerdeantrag "die Handfesseln während der Dauer der Einvernahme als Verdächtigter am 07. März 2003" für rechtswidrig zu erklären, abzuweisen ist. 5. Als Kosten wurden gemäß § 79a AVG iVm der UVS-Aufwandersatzverordnung 2003 dem Bund ein Betrag von ?
547,10 zugesprochen. Dem Bund gebührt ? 51,50 als Vorlageaufwand, ? 220,30 als Schriftsatzaufwand und ? 275,30 als Verhandlungsaufwand.