TE UVS Salzburg 2003/09/12 35/10013/2-2003th

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Veröffentlicht am 12.09.2003
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Salzburg erlässt durch das Einzelmitglied Mag. Thomas Thaller über die Berufung von Frau Brigitte B. und Herrn RegRat Erich B. gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft St. Johann im Pg. vom 4.8.2003, Zahl 30402-152/15/31-2003, folgendes Erkenntnis:

Gemäß § 66 Abs 4 AVG iVm § 356 Abs 3 GewO 1994 idgF wird die Berufung mangels Parteistellung der Berufungswerber als unzulässig zurückgewiesen.

Text

Mit dem angefochtenen Bescheid hat die Bezirkshauptmannschaft St. Johann im Pg. auf Antrag der B AG in Wiener Neudorf gemäß § 78 Abs 2 GewO 1994 für die Betriebsanlage im Standort St. Johann im Pg., P-straße 42a, von der Verpflichtung der Erfüllung der Auflage Nr. 1 des Bescheides der Bezirkshauptmannschaft St. Johann im Pg. vom 11.8.1989, Zl. 2/152-15/9/89, demzufolge die Schrankenanlage dergestalt auszuführen sei, dass die Schrankenanlage über eine fix montierte Sperreinrichtung verfügen soll und im Zeitraum von 22:00 bis 06:00 Uhr der Schranken geschlossen zu halten sei, Abstand genommen.

 

Stattdessen wurde der B AG aufgetragen, sämtliche Zulieferanten schriftlich darauf hinzuweisen, dass Anlieferungen und damit auch Zufahrten auf den B Parkplatz, von dem aus die Ladetätigkeiten erfolgen, in der Zeit zwischen 22:00 Uhr und 06:00 Uhr gänzlich zu unterlassen seien und in der Zeit zwischen 06:00 Uhr und 07:00 Uhr nur Obst und Molkereiprodukte angeliefert werden dürfen. Ein entsprechender Hinweis sei auch bei der Zufahrt zum B Parkplatz gut sichtbar und dauerhaft anzubringen.

 

Die Nachbarn RegRat Erich und Brigitte B. haben gegen diesen Bescheid fristgerecht eine Berufung eingebracht, worin sie sich gegen die Abstandnahme des Auflagenpunktes 1. aussprechen. Die zusätzliche Auflage sei seitens der Behörde für notwendig erachtet worden, weil eben die im Bewilligungsbescheid vorgeschriebenen Auflagen zwischen 22:00 Uhr und 06:00 Uhr keine Lieferungen durchzuführen, nicht eingehalten worden seien. Das Lieferungsverbot wurde und werde bis dato nicht eingehalten und komme es dadurch immer wieder zu nächtlichen Ruhestörungen.

 

Die Bezirkshauptmannschaft St. Johann im Pg. legte den betreffenden Betriebsanlagenakt vor.

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Salzburg stellt hiezu gemäß § 67a Abs 1 AVG  durch ein Einzelmitglied fest:

 

Im vorliegenden Fall haben Nachbarn einer Betriebsanlage gegen einen Bescheid über die Abstandnahme von Betriebsanlagenauflagen gemäß § 78 Abs 2 GewO eine Berufung eingebracht. Es ist daher zunächst abzuklären, ob den Berufungswerbern diesbezüglich eine Parteistellung zukommt.

 

Die Regelung der Parteistellung von Nachbarn in Betriebsanlagenverfahren erfolgt in § 356 GewO 1994, wobei in Abs 3 leg cit die Parteistellung in so genannten ?Folgeverfahren?, wie dem vorliegenden Verfahren nach § 78 Abs GewO 1994, geregelt ist.

 

§ 356 Abs 3 GewO 1994 idF der  Gewerberechts-Novelle 2000 (GewRNov 2000), bestimmt, dass in den dort angeführten Folgeverfahren nur jene Nachbarn Parteistellung haben, deren Parteistellung im (Grund-)Verfahren gemäß Abs 1 aufrecht geblieben ist. Dazu ist anzumerken, dass § 356 GewO 1994  durch die GewRNov 2000 ausdrücklich an die Bestimmung des § 42 Abs 1 AVG, idF der AVG-Novelle 1998 (in Kraft seit 1.1.1999) angeglichen wurde. Demnach hat die entsprechend § 356 Abs 1 GewO 1994 anberaumte mündliche Verhandlung zur Folge, dass die Nachbarn der Betriebsanlage ihre Stellung als Partei verlieren, soweit sie nicht spätestens am Tag vor Beginn der Verhandlung bei der Behörde oder während der Verhandlung Einwendungen erheben. Nach der alten vor der AVG-Novelle 1998 geltenden Rechtslage des § 356 Abs 3 GewO hatten Nachbarn dagegen nicht automatisch Parteistellung im Betriebsanlagengenehmigungsverfahren, sondern erlangten diese erst durch Erheben von zulässigen Einwendungen  gemäß § 74 Abs 2 Z 1, 2, 3 oder 5 GewO spätestens während der mündlichen Verhandlung. Der Grundsatz verfassungskonformer, mit dem Gleichheitssatz vereinbarer Anwendung des § 356 Abs 3 GewO 1994  in der Fassung der GewRNov 2000 gebietet, dass in den angeführten Folgeverfahren auch jene Nachbarn Parteistellung haben, die im  zu Grunde liegenden Genehmigungsverfahren (dem Grundverfahren) ? nach der früheren Rechtslage ? Parteistellung erworben haben (VwGH 4.9.2002, 2002/04/0075).

 

In Anwendung dieser Rechtslage ist somit zu prüfen, ob die Berufungswerber im ursprünglichen Betriebsanlagengenehmigungsverfahren (dem Grundverfahren) nach der seinerzeitigen Rechtslage Parteistellung erworben haben:

 

Aus dem vorgelegten Betriebsanlagenakt ergibt sich, dass die ursprüngliche gewerbebehördliche Genehmigung (§ 74 GewO) für die gegenständliche Betriebsanlage eines Geschäftshauses samt Nebeneinrichtungen im vorliegenden Standort von der Bezirkshauptmannschaft St. Johann im Pg. mit Bescheid vom 23.12.1983, Zl. 2/16-148.830/L/6/1983, erteilt worden ist. Die mündliche Verhandlung dazu fand am 20.12.1983 statt. Einwendungen wurden in dieser Verhandlung weder seitens der nunmehrigen Berufungswerber noch seitens anderer Nachbarn erhoben. Änderungen der Betriebsanlage gemäß § 81 GewO wurden nach Aktenlage mit Bescheid vom 8.3.1984, Zl. 2/16-148.830/8/L/1984 (Erweiterung durch Kleinlastenaufzug), mit Bescheid vom 12.6.1986, Zl. 2/16-148.830/24/L/1986 (Erweiterung durch einen Müllcontainer) und mit Bescheid vom 13.11.2001, Zl. 30402-152/15/26-2001-MK (Lagerung und Verkauf pyrotechnischer Artikel), erteilt. Auch in diesen Verfahren nach § 81 GewO wurden in den mündlichen Verhandlungen seitens der Nachbarn und insbesondere der Berufungswerber keine Einwände erhoben.

 

Die im nunmehr angefochtenen Bescheid vom 4.8.2003 Abstand genommene Bescheidauflage 1 wurde mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft St. Johann im Pg. vom 11.8.1989, Zl. 2/152-15/9/89, als zusätzliche Auflage für die gegenständliche Betriebsanlage in einem amtswegig eingeleiteten Verfahren gemäß § 79 Abs 1 GewO (nachträgliche Vorschreibung anderer oder zusätzlicher Auflagen) vorgeschrieben. Nach der zu diesem Zeitpunkt (1989) geltenden Rechtslage (§ 356 Abs 4 GewO 1973, idF der GewRNov 1988) hatten im Verfahren betreffend die Vorschreibung anderer oder zusätzlicher Auflagen (§ 79) nur jene Nachbarn Parteistellung, die gemäß Abs 3 leg cit - wie bereits oben erwähnt - spätestens bei der Augenscheinsverhandlung im ursprünglichen Genehmigungsverfahren Einwendungen gegen die Anlage gemäß § 74 Abs 2 Z 1, 2, 3 oder 5 erhoben haben, und zwar vom Zeitpunkt ihrer Einwendungen an.

 

Wie bereits ausgeführt, wurden nach der vorliegender Aktenlage weder im ursprünglichen Genehmigungsverfahren nach § 74 GewO 1973 im Jahre 1983 noch in den folgenden Änderungsgenehmigungsverfahren nach § 81 GewO seitens der Nachbarn Einwendungen erhoben. Daraus folgt, dass die Berufungswerber im Verfahren zur Vorschreibung zusätzlicher Auflagen nach § 79 aus dem Jahre 1989 nach der damals geltenden Rechtslage (GewRNov 1988) keine Parteistellung hatten. Dies hat gemäß § 356 Abs 3 GewO  idgF zur Folge, dass sie auch im gegenständlichen Verfahren gemäß § 78 Abs 2 GewO zur Abstandnahme von der Verpflichtung zur Herstellung des dem Genehmigungsbescheid entsprechenden Zustandes keine Parteistellung aufweisen. Die Berufung ist daher als unzulässig zurückzuweisen.

Schlagworte
Abstandnahme von einer Bescheidauflage gemäß § 78 Abs 2 GewO; Parteistellung in Folgeverfahren
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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