TE UVS Wien 2003/10/13 03/P/34/6436/2002

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 13.10.2003
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat Wien entscheidet durch sein Mitglied Dr. Osinger über die Berufung des Herrn Markus T, vertreten durch Rechtsanwälte, gegen das Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Wien vom 27.6.2002, S 189.956-ML/01, wegen Übertretung der Straßenverkehrsordnung, wie folgt:

Gemäß § 66 Abs 4 AVG wird der Berufung insoferne Folge gegeben, als die Geldstrafe von 58 Euro auf 40 Euro sowie die im Falle der Uneinbringlichkeit an deren Stelle tretende Ersatzfreiheitsstrafe von 48 Stunden auf 33 Stunden herabgesetzt wird.

Dementsprechend wird der erstinstanzliche Verfahrenskostenbeitrag gemäß § 64 Abs 2 VStG von 5,80 Euro auf 4 Euro herabgesetzt.

Der Berufungswerber hat daher gemäß § 65 VStG keinen Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens zu leisten.

Text

Die Bundespolizeidirektion Wien erließ gegen den Berufungswerber ein Straferkenntnis mit folgendem Spruch:

?Sie haben am 06.07.2001 um 18.15 Uhr in Wien, S-Str. ? L-brücke Ausfahrt Tiefgarage den Gehsteig mit einem Fahrrad in der Längsrichtung befahren, obwohl dies verboten ist.

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:

§ 68 Abs 1 StVO iVm § 99 Abs 3 lit a StVO

Wegen dieser Verwaltungsübertretung wird über Sie folgende

Strafe verhängt:

Geldstrafe von ? 58, falls diese uneinbringlich ist, Ersatzfreiheitsstrafe von 48 Std. gemäß § 99 Abs 3 lit a StVO Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes zu zahlen:

? 5,80 als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, das sind 10 % der Strafe [je einem Tag Freiheitsstrafe werden gleich 15,00 ?

(200 ATS) angerechnet]

Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten/Barauslagen)

beträgt daher

? 63, 80 (ATS 877,91)."

Die vorliegende, fristgerecht erhobene Berufung richtet sich ausschließlich gegen die Höhe der verhängten Geldstrafe. Dazu wird vorgebracht, die belangte Behörde habe in ihrer Entscheidung dargelegt, dass der Berufungswerber unbescholten sei und habe dies richtig als strafmildernd bewertet. Etwaige straferschwerende Umstände im Bezug auf die Person des Berufungswerbers oder auf die Tat seien auch von der belangten Behörde nicht festgestellt worden. Weiters sei dem Akt zu entnehmen, dass der Berufungswerber im Zuge des Befahrens des Gehsteiges verletzt worden sei. Dies möge zwar kein expliziter Milderungsgrund sein, hätte jedoch richtigerweise bei der Bemessung der Strafhöhe berücksichtigt werden sollen. Dies insbesondere aufgrund der Tatsache, dass der spezialpräventive Aspekt der Strafe durch die vom Berufungswerber erlittene Unbill jedenfalls mehr als erfüllt worden sei. Weiters sei gleichfalls dem Akteninhalt zu entnehmen, dass sich der Berufungswerber beim Befahren einer Fläche gewähnt habe, die nicht den Bestimmungen der StVO unterliege. Wie die belangte Behörde im angefochtenen Straferkenntnis feststelle, entspreche dies nicht der Wahrheit, weshalb es auch zur Bestrafung des Berufungswerbers gekommen sei. Dessen ungeachtet habe die belangte Behörde jedoch nicht geprüft, ob dieser Rechtsirrtum dem Berufungswerber vorzuwerfen gewesen sei und hätte die belangte Behörde auch diesen Umstand, insbesondere im Lichte der geringen Vorwerfbarkeit dem Beschuldigten als strafmildernd zubilligen müssen. In Anbetracht der Tatsache, dass der Berufungswerber als angestellter Friseur lediglich ein Monatseinkommen von etwa ? 880,00 ins Verdienen bringe, sei die Höhe der Strafe mit ? 58 auch den Einkommensverhältnissen des Berufungswerbers nicht angepasst und unverhältnismäßig hoch. Im erstinstanzlichen Verfahren hatte der Berufungswerber hinsichtlich seiner persönlichen Verhältnisse angegeben, er habe ein monatliches Einkommen von 9.000 Schilling, verfüge über kein Vermögen und sei nicht sorgepflichtig (Niederschrift vom 16.1.2002).

Da sich die Berufung ausschließlich gegen die Höhe der verhängten Geldstrafe richtet, ist das angefochtene Straferkenntnis hinsichtlich des Schuldausspruches in Rechtskraft erwachsen. Es war daher nur über das Strafausmaß zu entscheiden.

Dazu wurde erwogen:

Gemäß § 99 Abs 3 lit a StVO begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe bis zu 726 Euro, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Arrest bis zu zwei Woche, zu bestrafen, wer als Lenker eines Fahrzeuges, als Fußgänger, als Reiter oder als Treiber oder Führer von Vieh gegen die Vorschriften dieses Bundesgesetzes oder der auf Grund dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnungen verstößt und das Verhalten nicht nach den Abs 1, 1a, 1b, 2, 2a, 2b oder 4 zu bestrafen ist. Gemäß § 68 Abs 1 StVO ist auf Gehsteigen und Gehwegen das Radfahren in der Längsrichtung verboten.

Gemäß § 19 Abs 1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

Gemäß § 19 Abs 2 VStG sind im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

Die Tat schädigte in nicht unerheblichem Maße das durch die Strafdrohung geschützte Interesse an der Verkehrssicherheit. Deshalb war der Unrechtsgehalt der Tat an sich nicht gering. Dass die Einhaltung der Vorschriften eine besondere Aufmerksamkeit erfordert habe oder dass die Verwirklichung des Tatbestandes aus besonderen Gründen nur schwer hätte vermieden werden können, ist nicht hervorgekommen, noch aufgrund der Tatumstände anzunehmen und es kann daher das Verschulden des Berufungswerbers nicht als geringfügig angesehen werden.

Nach dem vorliegenden Akteninhalt war der Berufungswerber zum Tatzeitpunkt wegen einer Übertretung des Kraftfahrgesetzes rechtskräftig bestraft, diese Vormerkung wurde im Laufe des Berufungsverfahrens getilgt, sodass dem Berufungswerber nunmehr der Milderungsgrund der verwaltungsstrafrechtlichen Unbescholtenheit zugute kommt.

Soweit sich der Berufungswerber darauf beruft, er habe irrtümlich ? und zugleich unbestritten vorwerfbar ? angenommen, die im Eigentum der Wiener Linien stehenden Unfallörtlichkeit (Ausfahrt der Tiefgarage) sei keine Straße mit öffentlichem Verkehr gewesen, übersieht er, dass er damit im Vergleich zur richtigen Einschätzung des Falles keinen geringerwertigen Sorgfaltsmangel geltend macht, hätte er bei Zutreffen seiner irrigen Ansicht doch eine für den allgemeinen (öffentlichen) Verkehr zur Gänze gesperrte Fläche befahren, wodurch sogar eine noch größere Gefährdung anderer (berechtigter) Personen bewirkt worden wäre, die ja dann noch weniger mit seinem momentanen Erscheinen rechnen konnten bzw. mussten. Einen Milderungsgrund im Sinne des § 34 Z 11 StGB (?...die Tat unter Umständen begangen hat, die einem Schuldausschließungs- oder Rechtfertigungsgrund nahe kommen") stellt ein solcher Irrtum im Sachverhalt also nicht her, fehlt es dabei

doch an einem im Verhältnis zum normtypischen Ablauf geringeren Sorgfaltsmangel. Auch ein Absehen von der Strafe kam von daher nicht in Betracht, welches hier ? wie auch sonst bei Fahrlässigkeitsdelikten nicht selten - das Vorliegen des Milderungsgrundes im Sinne des § 34 Z 11 StGB vorausgesetzt hätte.

Der Berufungswerber ist allerdings im Recht, wenn er auf seine als Folge der Tat erlittenen, nicht unbeträchtlichen Verletzungen verweist. Nach § 34 Z 19 StGB bildet einen ausdrücklichen, im Verwaltungsstrafverfahren sinngemäß anzuwendenden Milderungsgrund nämlich, wenn der Täter dadurch betroffen ist, dass er oder eine ihm persönlich nahestehende Person durch die Tat oder als deren Folge eine beträchtliche Körperverletzung oder Gesundheitsschädigung oder sonstige gewichtige tatsächliche oder rechtliche Nachteile erlitten hat.

Erschwerungsgründe lagen nicht vor.

Unter Berücksichtigung dieser Strafzumessungskriterien und der bekannt gegebenen persönlichen Verhältnisse des Berufungswerbers war die Strafe auf das im Spruch genannte Ausmaß herabzusetzen. Dabei wurde auf die dargelegten Tatumstände Bedacht genommen und erscheint die nunmehr festgesetzte Strafe gerade noch ausreichend, um ihn in Hinkunft von der Begehung weiterer gleichartiger Übertretungen wirksam abzuhalten.

Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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