TE UVS Tirol 2003/10/14 2003/22/143-4

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Veröffentlicht am 14.10.2003
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat in Tirol entscheidet durch sein Mitglied Dr. Josef Hauser über die Berufung des Herrn A. W., vertreten durch Herrn Rechtsanwalt Dr. Ch. P. in R., gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Reutte vom 07.07.2003, Zl Vc-39307/2, wie folgt:

 

Gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG) in Verbindung mit § 35 Abs 1 Führerscheingesetz (FSG) wird die Berufung als unbegründet abgewiesen.

 

Der Spruch des angefochtenen Bescheides wird insoferne präzisiert, als die Wortfolge ?bis zur Beibringung eines positiven amtsärztlichen Gutachtens? durch die Wortfolge ?für die Dauer der Nichteignung? ersetzt wird.

Text

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde dem Berufungswerber die Lenkberechtigung für die Klassen A und B aufgrund mangelnder gesundheitlicher Eignung bis zur Beibringung eines positiven amtsärztlichen Gutachtens entzogen. Gleichzeitig wurde ihm das Recht aberkannt, von einer allfällig erteilten ausländischen Lenkberechtigung auf die Dauer des Entzuges der Lenkberechtigung in Österreich Gebrauch zu machen. Schließlich wurde einer allfälligen Berufung die aufschiebende Wirkung aberkannt.

 

Dagegen wurde vom Berufungswerber rechtzeitig Berufung erhoben und im Wesentlichen vorgebracht, das der Entscheidung zu Grunde liegende Gutachten sei in keiner Weise nachvollziehbar. Wohl stelle der Amtsarzt fest, dass der Berufungswerber nicht geeignet für die Gruppe 1 sei, eine Begründung hiefür bleibe er jedoch schuldig. Es gebe insbesondere keine Befunde und sonstigen Anhaltspunkte dafür, dass diese fehlende Eignung feststellbar sei. Insbesondere fehle auch ein negatives verkehrspsychologisches Gutachten. In diesem Zusammenhang sei besonders hervorzuheben, dass der Berufungswerber im Straßenverkehr niemals negativ aufgefallen sei, er keine Verkehrsunfälle verursacht habe, niemals alkoholisiert betreten worden sei und somit offenkundig keine Gefahr für andere Verkehrsteilnehmer darstelle. Die bedauerlichen Vorfälle im Familienkreis würden mit dem Lenken eines Kraftfahrzeuges in keinem Zusammenhang stehen. Sie seien auch in offenkundigem Widerspruch zum sonstigen Verhalten des Berufungswerbers. Gleichzeitig wurde beantragt, ein medizinisches Sachverständigengutachten zum Beweis dafür, dass der Berufungswerber sehr wohl gesundheitlich geeignet sei, Fahrzeuge der Klassen A und B zu lenken, einzuholen und in der Folge den angefochtenen Bescheid ersatzlos zu beheben.

 

Im Hinblick auf das Berufungsvorbringen, es fehle ein negatives verkehrspsychologisches Gutachten, wurde dem Berufungswerber die diesbezügliche verkehrspsychologische Stellungnahme vom 16.06.2003 im Rahmen des Parteiengehörs zur Kenntnis gebracht. In der Folge brachte der Berufungswerber mit Schriftsatz vom 09.10.2003 vor, dass er seit ca. 2 Monaten jeglichen Alkoholkonsum eingestellt habe. Weiters seien die Angaben des Berufungswerbers im verkehrspsychologischen Gutachten insoweit unrichtig, als dort aufscheine, er habe sich trotz eines Waffenverbotes eine Schreckschusspistole gekauft und auch gewusst, dass diese Pistole unter das Waffenverbot fallen würde. Vielmehr sei es gerade umgekehrt gewesen und habe er eine Gaspistole erworben, weil er angenommen habe, dass diese eben nicht unter das Waffenverbot fallen würde. Hier liege offenkundig ein Missverständnis vor, das letztendlich für die Beurteilung der Verkehrszuverlässigkeit entscheidend war. Auch sei nach Einstellung jeglichen Alkoholkonsums die Feststellung, es sei ein Hinweis auf ein problematisches Trinkverhalten gegeben, nicht mehr aufrecht zu erhalten. Aus diesen Gründen werde der Antrag auf Einholung eines medizinischen Sachbefundes zum Beweis dafür, dass keinerlei Alkoholabhängigkeit bestehe, aufrechterhalten.

 

Aus der verkehrspsychologischen Stellungnahme vom 16.06.2003 geht zusammenfassend hervor wie folgt:

 

?Die verkehrspsychologische Untersuchung zeigt bei Herrn A. W. in kraftfahrspezifisch relevanten Bereichen stark verminderte Leistungsfunktionen (visuelle Auffassung, Beobachtungsfähigkeit, reaktive Belastbarkeit, Konzentrationsleistung), sodass insgesamt keine ausreichenden Funktionen vorliegen. In Verbindung mit den ebenfalls uneinheitlichen persönlichkeitsbedingten Gegebenheiten, wobei sich deutliche Hinweise auf eine stark verringert kritische Einstellung zu Alkoholkonsum zeigen und aufgrund der Trinkmenge von einem Abusus gesprochen werden muss, sodass sich im Hinblick auf die Leistungsdefizite keine kompensatorischen Mechanismen ergeben und somit eine mangelhafte Bereitschaft zur Verkehrsanpassung angenommen werden kann, erscheint er vom Standpunkt verkehrspsychologischer Begutachtung aus zum Lenken von Kraftfahrzeugen der Klassen A und B derzeit nicht geeignet. Sollten sich später günstigere Voraussetzungen ergeben, so kann dies mittels einer Kontrolluntersuchung aufgezeigt werden. Empfehlenswert wäre die Teilnahme an einem psychologisch-therapeutischen Programm zur Bearbeitung vergangener Problemsituationen sowie eine länger andauernde Alkoholkarenz mit ärztlicher Begleitung.?

 

Aus dem gemäß § 8 FSG erstellten Gutachten des Amtsarztes Dr. Sch. vom 25.06.2003 geht hervor, dass der Berufungswerber derzeit zum Lenken eines Kraftfahrzeuges der Gruppe 1 nicht geeignet ist. Begründet wird dieses Gutachten mit dem Ergebnis der oben zitierten verkehrspsychologischen Stellungnahme.

 

In rechtlicher Hinsicht ergibt sich daraus Folgendes:

Gemäß § 24 Abs 1 FSG ist Besitzern einer Lenkberechtigung, bei denen die Voraussetzungen für die Erteilung der Lenkberechtigung (§ 3 Abs 1 Z 2 bis 4) nicht mehr gegeben sind, von der Behörde entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit die Lenkberechtigung zu entziehen.

 

Nach der Bestimmung des § 3 Abs 1 Z 3 FSG darf eine Lenkberechtigung, neben anderen Voraussetzungen, nur Personen erteilt werden, die gesundheitlich geeignet sind, ein Kraftfahrzeug zu lenken (§§ 8 und 9).

 

Bestehen Bedenken, ob die Voraussetzungen der gesundheitlichen Eignung noch gegeben sind, ist gemäß § 24 Abs 4 FSG ein von einem Amtsarzt erstelltes Gutachten gemäß § 8 einzuholen und gegebenenfalls die Lenkberechtigung einzuschränken oder zu entziehen.

 

Gemäß § 25 Abs 2 FSG ist bei einer Entziehung wegen mangelnder gesundheitlicher Eignung die Dauer der Entziehung aufgrund des gemäß § 24 Abs 4 eingeholten Gutachtens für die Dauer der Nichteignung festzusetzen.

 

Nach der Bestimmung des § 3 Abs 1 der Führergesetz-Gesundheitsverordnung gilt als zum Lenken von Kraftfahrzeugen einer bestimmten Fahrzeugklasse im Sinne des § 8 FSG gesundheitlich geeignet, wer für das sichere Beherrschen dieser Kraftfahrzeuge und das Einhalten der für das Lenken dieser Kraftfahrzeuge geltenden Vorschriften

1.

die nötige körperliche und psychische Gesundheit besitzt,

2.

die nötige Körpergröße besitzt,

3.

ausreichend frei von Behinderungen ist und

4.

aus ärztlicher Sicht über die nötige kraftfahrspezifische Leistungsfähigkeit verfügt.

 

Ergibt sich aus der Vorgeschichte oder anlässlich der Untersuchung der Verdacht auf das Vorliegen eines Zustandes, der die Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen einschränken oder ausschließen würde, so ist gemäß § 3 Abs 3 der Führerscheingesetz-Gesundheitsvorordnung gegebenenfalls die Vorlage allfälliger fachärztlicher oder verkehrspsychologischer Stellungnahmen zu verlangen.

 

Gemäß § 18 Abs 5 der Führerscheingesetz-Gesundheitsverordnung darf eine weitere verkehrspsychologische Untersuchung derselben Person innerhalb eines Zeitraumes von 12 Monaten nach der erstmaligen Untersuchung nur auf ausdrückliche Anordnung der Behörde erfolgen.

 

Wie sich aus der vorliegenden verkehrspsychologischen Stellungnahme vom 16.06.2003, welche Grundlage für das amtsärztliche Gutachten war, ergibt, ist die derzeitige Nichteignung des Berufungswerbers zum Lenken von Kraftfahrzeugen der Gruppe 1 insbesondere in seinen stark verminderten Leistungsfunktionen und seinem Trinkverhalten bzw der stark verringerten kritischen Einstellung zum Alkoholkonsum begründet und wird eine Teilnahme an einem psychologisch-therapeutischem Programm zur Bearbeitung vergangener Problemsituationen sowie eine länger andauernde Alkoholkarenz mit ärztlicher Begleitung empfohlen. Dementsprechend kann eine kurzzeitige Alkoholkarenz (nach eigenen Angaben des Berufungswerbers seit ca 2 Monaten) somit ab etwa Anfang August 2003, in Verbindung mit den festgestellten verminderten Leistungsfunktionen keine gesundheitliche Eignung zum derzeitigen Zeitpunkt bewirken. Entgegen der Auffassung des Berufungswerbers kann aus der vorliegenden verkehrspsychologischen Stellungnahme nicht abgeleitet werden, dass seine Angaben zum Kauf einer Schreckschusspistole bzw. einer Gaspistole für die Beurteilung der Verkehrszuverlässigkeit entscheidend gewesen wären. Im Hinblick auf die vorliegende verkehrspsychologische Stellungnahme und das gemäß § 8 FSG erstellte amtsärztliche Gutachten war nach dem Berufungsvorbringen die Einholung eines weiteren medizinischen Sachverständigengutachtens zum derzeitigen Zeitpunkt nicht notwendig und auch nicht zielführend.

 

Wie bereits oben ausgeführt, darf eine weitere verkehrspsychologische Untersuchung derselben Person innerhalb eines Zeitraumes von 12 Monaten nach der erstmaligen Untersuchung nur auf ausdrückliche Anordnung der Behörde erfolgen. Hintergrund dieser Bestimmung ist, dass eine neuerliche Untersuchung vor Ablauf von 12 Monaten aus verkehrspsychologischer Sicht nicht zielführend ist und daher nur in Ausnahmefällen auf Anordnung der Behörde erfolgen soll. Dementsprechend bleibt es dem Berufungswerber unbenommen, zum Zwecke einer neuerlichen Untersuchung an die Erstbehörde heranzutreten. Das Berufungsvorbringen rechtfertigt jedoch zum derzeitigen Zeitpunkt, nach Ansicht der Berufungsbehörde, die Anordnung einer weiteren verkehrspsychologischen Untersuchung nicht.

 

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte
Nichteignung, stark, verminderten, Leistungsfunktionen
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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