Der Unabhängige Verwaltungssenat Wien hat durch sein Mitglied Mag. Schmied über die Berufung des Herrn Gerhard B gegen das Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien, Magistratsabteilung 67, vom 18.6.2002, Zl. MA 67-RV-401552/2/5, wegen Übertretung des § 103 Abs 2 KFG 1967 entschieden:
Gemäß § 66 Abs 4 AVG wird der Berufung Folge gegeben, das Straferkenntnis behoben und das Verfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 2 VStG eingestellt.
Der Berufungswerber hat daher gemäß § 65 VStG keinen Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens zu leisten.
Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde dem Berufungswerber zur Last gelegt, er habe es als Zulassungsbesitzer des Kraftfahrzeuges mit dem behördlichen Kennzeichen KO-39 unterlassen, der Behörde auf ihr schriftliches Verlangen vom 12.11.2001, zugestellt am 27.11.2001, innerhalb einer Frist von zwei Wochen bekannt zu geben, wer dieses Kraftfahrzeug in Wien, S-straße abgestellt hat, sodass dieses am 30.8.2001 um 15.40 Uhr dort gestanden ist.
Wegen dieser Übertretung des § 103 Abs 2 KFG wurde über den Berufungswerber gemäß § 134 Abs 1 KFG eine Geldstrafe in der Höhe von 84,-- Euro (Ersatzarrest von 29 Stunden) verhängt und ihm ein Verfahrenskostenbeitrag von 8,40 Euro vorgeschrieben. Dem Akteninhalt ist zu entnehmen, dass die erstinstanzliche Behörde mit Schreiben vom 12.11.2001, zugestellt am 27.11.2001, den Berufungswerber in seiner Eigenschaft als Zulassungsbesitzer des Kraftfahrzeuges mit dem behördlichen Kennzeichen KO-39 gemäß § 103 Abs 2 KFG aufgefordert hat, innerhalb einer Frist von zwei Wochen bekannt zu geben, wer dieses Kraftfahrzeug in Wien, S-straße abgestellt hat, sodass dieses am 30.8.2001 um 15.40 Uhr dort gestanden ist. Das dem Berufungswerber zu diesem Zweck übermittelte Formular weist folgende Rubriken auf:
?Ich gebe bekannt, dass
-
das betreffende Kraftfahrzeug (Anhänger) abgestellt wurde von
-
ich die verlangte Auskunft nicht erteilen kann. Die Auskunftspflicht
trifft:"
Der Berufungswerber sandte dieses Formular an die anfragende Behörde mit der Auskunft zurück, er könne die verlangte Auskunft nicht erteilen. Die Auskunftspflicht treffe die Firma P-GMBH in N, T-Straße. Diese Auskunft langte am 7.12.2001, somit innerhalb der Frist von zwei Wochen ab Zustellung der behördlichen Anfrage bei der erstinstanzlichen Behörde ein.
Diese richtete in der Folge eine Lenkerauskunft an die Firma P-GMBH, in welcher diese in ihrer Eigenschaft ?als Auskunftspflichtige" des Kraftfahrzeuges mit dem behördlichen Kennzeichen KO-39 gemäß § 103 Abs 2 KFG aufgefordert wurde, innerhalb einer Frist von zwei Wochen bekannt zu geben, wer dieses Kraftfahrzeug in Wien, S-straße abgestellt hat, sodass dieses am 30.8.2001 um 15.40 Uhr dort gestanden ist. Das dieser Firma übersendete Formular enthielt die Rubrik:
?Ich gebe bekannt, dass
- das betreffende Kraftfahrzeuge (Anhänger) abgestellt wurde von:"
Dieses Formular wurde von der Firma P-GMBH in der Form ausgefüllt und am 1.2.2002 an die anfragende Behörde übermittelt, dass die am Formular enthaltene Rubrik durchgestrichen und handschriftlich die Auskunft erteilt wurde, Herr Viktor L, M, J-straße,
könne die Auskunft erteilen.
Daraufhin wurde gegen den Berufungswerber eine Strafverfügung erlassen, die denselben Tatvorwurf aufweist wie das nunmehr angefochtene Straferkenntnis und vom Berufungswerber fristgerecht beeinsprucht wurde.
Im darauffolgende ordentlichen Verfahren ermittelte die erstinstanzliche Behörde die wirtschaftlichen Verhältnisse des Berufungswerbers und erließ in der Folge das gegenständliche Straferkenntnis. Begründet wird dieses Straferkenntnis damit, dass es dem Zulassungsbesitzer verwehrt sei, als Auskunftspflichtigen im Sinne des § 103 Abs 2 KFG eine juristische Person zu benennen. Sollte der Zulassungsbesitzer sein Fahrzeug einer juristischen Person überlassen haben, so sei er im Zuge einer Lenkerauskunft verpflichtet, diejenige natürliche Person in der Firma zu benennen, der er die Fahrzeugpapiere und den Schlüssel ausgehändigt habe.
In der dagegen form- und fristgerecht eingebrachten Berufung führt der Rechtsmittelwerber aus, er habe fristgerecht die richtige Auskunft erteilt, dass er die verlangte Auskunft nicht erteilen könne
und die Auskunftspflicht die Firma P-GmbH, N, T-Straße, treffe. In der Aufforderung der Behörde sei nicht angeführt gewesen, dass er nur eine natürliche und keine juristische Person als Auskunftspflichtigen benennen dürfe. Diejenige natürliche Person in der Firma P-GmbH, der er bereits im Jahr 1999 die Fahrzeugschlüssel und die Wagenpapiere ausgehändigt gehabt habe, habe er deshalb nicht als auskunftspflichtig benennen können, weil diese Person nicht mehr in der Firma tätig sei.
Der Unabhängige Verwaltungssenat Wien hat erwogen:
Sachverhaltsfeststellungen:
Der sich aus der eingangs wiedergegebenen Aktenlage ergebende und schon dem erstinstanzlichen Straferkenntnis zu Grunde gelegte Sachverhalt blieb im gesamten Verfahren unbestritten und wird daher als erwiesen festgestellt. Des Weiteren wird aufgrund der mit der Aktenlage im Einklang stehenden Ausführungen des Berufungswerbers als erwiesen festgestellt, dass er das auf ihn zugelassene Kraftfahrzeug, auf welches sich die im Akt einliegenden Lenkeranfragen beziehen, schon im Jahr 1999 der Firma P-GMBH überlassen hatte und zum Zeitpunkt der Beantwortung der an ihn gerichteten Lenkeranfrage keine Kenntnis darüber hatte, wer dieses Fahrzeug zur nachgefragten Zeit gelenkt hat.
Rechtliche Beurteilung:
Gemäß § 103 Abs 2 des Kraftfahrgesetzes 1967 kann die Behörde Auskünfte darüber verlangen, wer zu einem bestimmten Zeitpunkt ein nach dem Kennzeichen bestimmtes Kraftfahrzeug gelenkt oder einen nach dem Kennzeichen bestimmten Anhänger verwendet hat bzw. zuletzt vor einem bestimmten Zeitpunkt an einem bestimmten Ort abgestellt hat. Diese Auskünfte, welche den Namen und die Anschrift der betreffenden Person enthalten müssen, hat der Zulassungsbesitzer - im Falle von Probe- oder von Überstellungsfahrten der Besitzer der Bewilligung - zu erteilen; kann er diese Auskunft nicht erteilen, so hat er die Person zu benennen, die die Auskunft erteilen kann, diese trifft dann die Auskunftspflicht; die Angaben des Auskunftspflichtigen entbinden die Behörde nicht, diese Angaben zu überprüfen, wenn dies nach den Umständen des Falles geboten erscheint. Die Auskunft ist unverzüglich, im Falle einer schriftlichen Aufforderung binnen zwei Wochen nach Zustellung zu erteilen; wenn eine solche Auskunft ohne entsprechende Aufzeichnungen nicht gegeben werden könnte, sind diese Aufzeichnungen zu führen (Verfassungsbestimmung). Gegenüber der Befugnis der Behörde, derartige Auskünfte zu verlangen, treten Rechte auf Auskunftsverweigerung zurück.
Wie der Berufungswerber zutreffend ausgeführt hat, lässt sich dieser Rechtsvorschrift für den Fall, dass der Zulassungsbesitzer die von ihm verlangte Lenkerauskunft nicht selbst erteilen kann, das Gebot, als diejenige ?Person, die die Auskunft erteilen kann" (Auskunftspflichtige) nur eine natürliche Person benennen zu dürfen, nicht entnehmen. Nach dem Regelungsregime des KFG können nicht nur natürliche, sondern auch juristische Personen Zulassungsbesitzer von Kraftfahrzeugen sein. In diesem Fall sind auf § 103 Abs 2 KFG gestützte Lenkeranfragen nach der ständigen höchstgerichtlichen Judikatur an die juristische Person als Empfänger zu richten und von dieser zu beantworten. Lässt es nun der Gesetzgeber zu, dass juristische Personen Zulassungsbesitzer von Kraftfahrzeugen sind und verlangt er gleichzeitig von der Behörde, Lenkerauskünfte gemäß § 103 Abs 2 KFG diesfalls an die juristische Person zu richten, so entbehrt es jeder Logik anzunehmen, dass eine natürliche Person, die Zulassungsbesitzer eines Kraftfahrzeuges ist, einer juristischen Person dieses Kraftfahrzeug nicht überlassen bzw. diese juristische Person im Fall der Überlassung nicht als Auskunftspflichtige gemäß § 103 Abs 2 KFG benennen darf. Im Übrigen fände eine solche Annahme auch keine Deckung im Gesetzeswortlaut.
Hat somit der Zulassungsbesitzer ? wie dies gegenständlich unbestrittener Maßen der Fall ist - sein Kraftfahrzeug einer juristischen Person überlassen und kann er daher selbst nicht die Auskunft erteilen, wer dieses Fahrzeug zur nachgefragten Zeit abgestellt bzw. gelenkt hat, so ist er nicht nur berechtigt, sondern sogar verpflichtet, die juristische Person, welcher er sein Fahrzeug überlassen hat, als Auskunftspflichtige zu benennen, sofern diese juristische Person die geforderte Auskunft erteilen kann. Die solcherart als Auskunftspflichtige benannte juristische Person ist jedoch in der Folge dazu verpflichtet, den tatsächlichen Lenker
?
als solcher kommt selbstverständlich nur eine natürliche Person in Betracht - zu benennen, zumal nach dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 28.1.2000, Zl. 98/02/0256, die Bildung einer ?Kette von Auskunftspflichtigen" nicht dem Gesetz entspricht. In diesem Erkenntnis wird unter Berufung auf den Gesetzeswortlaut des § 103 Abs 2 KFG ausgeführt, dass zwar für den Zulassungsbesitzer die Möglichkeit besteht, eine andere (natürliche oder juristische) Person bekannt zu geben, die die Auskunft erteilen kann, der solcherart benannte Auskunftspflichtige jedoch seinerseits dazu verpflichtet ist, den Lenker ? also stets nur
eine natürliche Person - zu benennen, und die ihn treffende Auskunftspflicht nicht auf eine dritte Person abschieben darf. Für den gegenständlichen Fall bedeutet dies, dass der Berufungswerber in seiner Eigenschaft als Zulassungsbesitzer von dem ihm gemäß § 103 Abs 2 KFG zustehenden Recht Gebrauch gemacht hat, die Firma P-GMBH, der er im Jahr 1999 das auf ihn zugelassene Kraftfahrzeug überlassen hatte, als Auskunftspflichtige zu benennen und damit die an ihn gerichtete Lenkerauskunft korrekt beantwortet hat, wohingegen sich der Verdacht einer Übertretung des § 103 Abs 2 KFG durch die Firma P-GMBH aufdrängt, hat diese doch als vom Zulassungsbesitzer benannte Auskunftspflichtige der anfragenden Behörde nicht direkt den Lenker, sondern unzulässigerweise eine dritte Person als Auskunftspflichtigen bekannt gegeben. Dass die Firma P nicht in der Lage gewesen wäre, den Fahrzeuglenker zu benennen, war gegenständlich nicht anzunehmen, da das Auskunftsschreiben dieser Firma vom 1.2.2002 deutlich erkennen lässt, dass sie zur fraglichen Zeit tatsächlich die Verfügungsmacht über das auf den Berufungswerber zugelassene Fahrzeug hatte und der Akteninhalt keine Anhaltspunkte für eine gegenteilige Annahme bietet. Da somit dem Berufungswerber keine Übertretung des § 103 Abs 2 KFG zur Last zu legen ist und das allenfalls verwaltungsstrafrechtlich relevante Verhalten der Firma P-GMBH nicht Gegenstand des Verfahrens war, war das angefochtene Straferkenntnis zu beheben und das gegen den Berufungswerber geführte Verfahren spruchgemäß einzustellen.
Im Zuge eines obiter dictum wird abschließend festgehalten, dass die obigen rechtlichen Ausführungen ausschließlich die gegenständlich in Rede stehende Auskunftspflicht gemäß § 103 Abs 2 KFG betreffen. Die gesetzlich anders textierte Auskunftspflicht gemäß § 1a Wiener Parkometergesetz verpflichtet den Zulassungsbesitzer eines Kraftfahrzeuges zur Bekanntgabe jener Person, der das Fahrzeug zum Lenken überlassen wurde, woraus im Einklang mit der zu dieser Rechtsvorschrift ergangenen höchstgerichtlichen Judikatur abzuleiten ist, dass im Zuge einer auf diese Rechtsgrundlage gestützte Anfrage die Bekanntgabe einer juristischen Person nicht zulässig ist (siehe VwGH vom 26.1.1998, Zl. 97/17/0516).