Der Unabhängige Verwaltungssenat in Tirol entscheidet durch den Vorsitzenden Dr. Gert Ebner über die Berufung des Herrn R. B., Kitzbühel, vertreten durch Herrn Rechtsanwalt Dr. S. B., Kitzbühel, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Kitzbühel vom 09.09.2003, Zahl VA-310-2002, wie folgt:
Gemäß § 66 Abs 4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs 1 und 51e VStG wird der Berufung hinsichtlich beider zum Vorwurf gemachten Übertretungen Folge gegeben, das Straferkenntnis einschließlich des Kostenausspruches behoben und das Verwaltungsstrafverfahren zu 1. gemäß § 45 Abs 1 Z 3 VStG und zu 2. nach § 45 Abs 1 Z 2 VStG eingestellt.
Mit dem gegenständlichen Straferkenntnis wurde Herrn B. vorgeworfen, er habe am 14.08.2002 um 02.35 Uhr mit dem Pkw, Kennzeichen XY, in Kitzbühel, Wegscheidgasse 2, einen Verkehrsunfall mit Sachschaden verursacht und habe es als Beteiligter unterlassen,
1. die Unfallstelle abzusichern, obwohl an der Engstelle die Fahrbahn blockiert wurde und
2. den Vorfall ohne unnötigen Aufschub der nächsten Gendarmeriedienststelle zu melden.
Er habe dadurch zu 1. eine Übertretung nach § 4 Abs 1 lit b StVO und zu 2. nach § 4 Abs 5 StVO begangen und wurden über ihn zu 1. und 2. Geldstrafen in der Höhe von jeweils Euro 100,00 verhängt.
In der Begründung wird ausgeführt, die gegenständlichen Übertretungen seien aufgrund der Aktenlage erwiesen.
In der dagegen fristgerecht erhobenen Berufung wird die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens begehrt. Ausgeführt wird, es sei Verfolgungsverjährung eingetreten, der Beschuldigte habe nicht tatbildlich gehandelt, da beim Schadensereignis nur sein Pkw zu Schaden gekommen sei. Einer Absicherung der Unfallstelle habe es nicht bedurft, da der Verkehr jederzeit ungehindert fließen konnte.
Dieser Berufung kommt aus folgenden Gründen Berechtigung zu:
Nach der Aktenlage ist davon auszugehen, dass der nunmehrige Berufungswerber mit seinem Pkw auf der Wegscheidgasse in Kitzbühel in Richtung Postamt gefahren ist und bei der Engstelle unmittelbar nach der Putzerei mit seinem Pkw gegen einen dort befindlichen Begrenzungsstein stieß. Der Pkw des Berufungswerbers war in weiterer Folge nicht mehr fahrtüchtig, am angefahrenen Begrenzungsstein waren Abriebspuren sichtbar.
In rechtlicher Hinsicht ergibt sich Folgendes:
Gemäß § 4 Abs 1 lit b StVO haben alle Personen, deren Verhalten am Unfallsort mit einem Verkehrsunfall in ursächlichem Zusammenhang steht, wenn als Folge des Verkehrsunfalles Schäden für Personen oder Sachen zu befürchten sind, die zur Vermeidung solcher Schäden notwendigen Maßnahmen zu treffen.
Der Absicherungspflicht nach einem Verkehrsunfall im Sinne des § 4 Abs 1 lit b StVO ist somit dann zu entsprechen, wenn Schäden für Personen oder Sachen zu befürchten sind. Damit ergibt sich nach dem Gesetzeswortlaut, dass die Wortfolge "wenn Schäden für Personen oder Sachen zu befürchten sind" wesentliches Tatbestandsmerkmal einer Übertretung nach § 4 Abs 1 lit b StVO ist.
Da innerhalb der sechsmonatigen Verfolgungsverjährungsfrist diesbezüglich ein tauglicher Schuldvorwurf nicht erhoben wurde, war allein aus diesen Überlegungen der Berufung Folge zu geben und spruchgemäß zu entscheiden.
Gemäß § 4 Abs 5 StVO haben alle Personen, deren Verhalten am Unfallsort mit einem Verkehrsunfall in ursächlichem Zusammenhang steht, wenn bei einem Verkehrsunfall nur Sachschaden entstanden ist, die nächste Polizei- oder Gendarmeriedienststelle vom Verkehrsunfall ohne unnötigen Aufschub zu verständigen.
Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes besteht diese Meldepflicht nicht, wenn nur im Vermögen jener Person ein Schaden eingetreten ist, deren Verhalten am Unfallsort mit einem Verkehrsunfall in ursächlichem Zusammenhang steht.
Nach Ansicht der Berufungsbehörde ist die Verursachung von Abriebspuren an einem Begrenzungsstein nicht als Sachschaden im Sinne des § 4 Abs 5 StVO anzusehen.
Damit bestand die nach dieser Gesetzesstelle normierte Meldepflicht des Berufungswerbers nicht, weshalb auch in diesem Punkt der Berufung Folge zu geben war.