Der Berufung wird gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG) Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben.
Gleichzeitig wird das Verwaltungsstrafverfahren zu Punkt 1. des Straferkenntnisses gemäß § 45 Abs 1 Z 1 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG) und zu Punkt 2. des Straferkenntnisses gemäß § 45 Abs 1 Z 3 VStG eingestellt.
Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft X vom **. *** 2002, 3-****-00, wurde über den Beschuldigten E***** P*********** unter Punkt 1. wegen einer Übertretung nach § 366 Abs 1 Z 2 iVm § 74 GewO gemäß § 366 Abs 1 Einleitungssatz GewO eine Geldstrafe zu ?
350,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 36 Stunden) sowie unter Punkt 2. wegen einer Übertretung nach § 367 Z 16 iVm § 46 Abs 1 GewO gemäß § 367 Einleitungssatz GewO eine Geldstrafe von ? 150,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 12 Stunden) verhängt. Außerdem wurde dem Beschuldigten auch die Tragung eines anteiligen Kostenbeitrages zum erstinstanzlichen Verfahren in Höhe von ? 50,-- auferlegt.
In diesem Straferkenntnis werden dem Beschuldigten die Verwaltungsübertretungen wie folgt angelastet:
?Tatzeit: zu 1. und 2.: *.*.2000 bis **.**.2000, jeweils Freitags und
**.*, *.*., **.*. und **.*.2001
Tatort: zu 1. und 2.: vor dem Möbelhaus P*** in 3*** S* P****/A*, A*************** **
Tatbeschreibung:
1.
Sie haben einen Grillhendelstand durch das Zubereiten und Verarbeiten von gegrillten Hühnern, gegrillten Stelzen, gegrillten Ripperl, Pommes frittes, verschiedenen Salaten und Ausschenken und Verkaufen von Getränken ohne die erforderliche Genehmigung betrieben. Der Grillhendelstand stellt eine genehmigungspflichtige Betriebsanlage dar, da es sich dabei um eine örtlich gebundene Einrichtung handelt, die der Entfaltung einer gewerblichen Tätigkeit regelmäßig zu dienen bestimmt ist, und die geeignet ist, im Sinne des § 74 Abs 2 Gewerbeordnung 1994, die Gesundheit des Gewerbetreibenden oder der Kunden zu gefährden sowie die Nachbarn durch Geruch, Lärm oder Rauch zu belästigen.
2.
Sie haben entgegen § 46 Abs 1 Gewerbeordnung 1994 das Gewerbe gemäß § 143 Z 7 Gewerbeordnung (sog freies Gastgewerbe) unzulässigerweise außerhalb des Standortes der Gewerbeberechtigung oder einer weiteren Betriebsstätte ausgeübt. Sie besitzen Gewerbeberechtigungen als Marktfahrer und für das Gewerbe gemäß § 143 Z 7 Gewerbeordnung am Standort 4*** H**********, F******** *** und haben Sie gegrillte Hühner, gegrillte Stelzen, gegrillte Ripperl und verschiedene Salate außerhalb dieses Standortes der Gewerbeberechtigung verabreicht und diverse Getränke verkauft, obwohl es sich beim oben genannten Tatort um keinen Markt handelte und dieser Standort auch nicht als weitere Betriebsstätte angezeigt wurde.?
In der dagegen eingebrachten Berufung wird die Aufhebung des Straferkenntnisses und die Einstellung des Strafverfahrens beantragt und begründend vorgebracht, dass die Rechtsansicht der Behörde erster Instanz, der fahrbare Hendlgrillwagen würde eine genehmigungspflichtige Betriebsanlage darstellen, nicht haltbar sei. Würde man dieser Rechtsansicht folgen, würde dies bedeuten, dass angesichts des Betriebsanlagenrechtes die Berufstätigkeit des Beschuldigten faktisch nicht ausgeübt werden könne, da potentiell auf jedem Standplatz ein eigenes Betriebsanlagengenehmigungsverfahren abzuführen wäre. Im Übrigen habe es die Behörde erster Instanz verabsäumt, konkrete Feststellungen in der Richtung zu treffen, weshalb der mobile Hendlgrillwagen eine genehmigungspflichtige Betriebsanlage im Sinne des § 74 Gewerbeordnung sei. In diesem Zusammenhang werde auf diverse Stellungnahmen in anderen Verfahren verwiesen, in welchen dargelegt worden sei, dass es sich tatsächlich im Sinne der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht um eine genehmigungspflichtige Betriebsanlage handle. Die Erwägungen der Bezirkshauptmannschaft würden sich in Zitaten aus diversen Kommentaren erschöpfen, wobei Entscheidungen wiedergegeben seien, die auf den gegenständlichen Fall eigentlich nicht anzuwenden seien. Es sei daher eine Überprüfung nicht möglich, da konkrete Feststellungen der Behörde fehlen würden. Die ? im Übrigen nicht korrekt zitierte ? Aussage der Behörde erster Instanz, wonach auch ein mobiler Würstelstand als örtlich gebundene Einrichtung und damit als gewerbliche Betriebsanlage qualifiziert werden könne, der immer wieder am selben Standort aufgestellt werde, treffe auf den gegenständlichen Fall gerade nicht zu. Es ergebe sich letztendlich aus dem Parallelverfahren sowie aus den angeblichen Tatzeiten, dass der gegenständliche Hendlgrillwagen eben nicht immer am selben Platz betrieben werde. Bezüglich des im Straferkenntnis zitierten VwGH-Erkenntnisses betreffend der ständigen Aufstellung einer Abfallsortieranlage sei ein Bezug zum vorliegenden Verwaltungsstrafverfahren nicht erkennbar.
Entgegen der Rechtsansicht der Behörde erster Instanz liege auch ein Verstoß gegen § 46 Abs 1 Gewerbeordnung nicht vor. Dass das Gewerbe am Wohnsitz des Beschuldigten angemeldet worden sei, entspreche einer Empfehlung der Volksanwaltschaft vom 11.5.1999 und würde daher die subjektive Tatseite selbst für den Fall der Strafbarkeit wegfallen. Es sei aber auch der objektive Tatbestand nicht erfüllt und werde diesbezüglich auf eine Entscheidung des UVS Oberösterreich vom 7.10.1999 im Falle des Berufungswerbers (VwSen-230726/2/Gu/Pr) verwiesen.
Zu diesem Berufungsvorbringen sowie zum Inhalt des erstinstanzlichen Verwaltungsstrafaktes hat der Unabhängige Verwaltungssenat im Land NÖ am 3. September 2003 eine öffentliche mündliche Verhandlung durchgeführt, bei der Beweis erhoben worden ist durch Einsichtnahme in den Verwaltungsstrafakt der Behörde erster Instanz und durch Einvernahme des Beschuldigten.
Auf Grund des durchgeführten Beweisverfahrens steht folgender entscheidungsrelevanter Sachverhalt fest:
Der Beschuldigte hat einen mobilen Grillhendlstand zu den im Straferkenntnis angeführten Zeiten beim Kreisverkehr in der A********* S***** vor dem Möbelhaus P*** betrieben. Von diesem Standort sind die nächsten Gebäude der Wohnnachbarschaft mindestens 250 m entfernt. Im Übrigen sind die im Spruch des Straferkenntnisses angeführten Tätigkeiten im Zusammenhang mit dem Betrieb des Grillhendlstandes vorgenommen worden.
Zu diesen Feststellungen gelangte die Berufungsbehörde auf Grund der Angaben des Beschuldigten, die nicht in Widerspruch zur Anzeige und dem übrigen Akteninhalt stehen.
In rechtlicher Hinsicht war somit Folgendes zu erwägen:
Gemäß § 366 Abs 1 Z 2 GewO begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe bis zu ? 3.600,-- zu bestrafen ist, wer eine genehmigungspflichtige Betriebsanlage (§ 74) ohne die erforderliche Genehmigung errichtet oder betreibt.
Gemäß § 74 Abs 1 GewO ist unter einer gewerblichen Betriebsanlage jede örtlich gebundene Einrichtung zu verstehen, die der Entfaltung einer gewerblichen Tätigkeit regelmäßig zu dienen bestimmt ist.
Gemäß § 74 Abs 2 GewO dürfen gewerbliche Betriebsanlagen nur mit Genehmigung der Behörde errichtet oder betrieben werden, wenn sie wegen der Verwendung von Maschinen und Geräten, wegen ihrer Betriebsweise, wegen ihrer Ausstattung oder sonst geeignet sind,
1. das Leben oder die Gesundheit des Gewerbetreibenden, der nicht
den Bestimmungen des ArbeitnehmerInnenschutzgesetzes, BGBl Nr 450/1994 in der jeweils geltenden Fassung, unterliegenden mittätigen Familienangehörigen, der Nachbarn oder der Kunden, die die Betriebsanlage der Art des Betriebes gemäß aufsuchen, oder das Eigentum oder sonstige dingliche Rechte der Nachbarn zu gefährden; als dingliche Rechte im Sinne dieses Bundesgesetzes gelten auch die im § 2 Abs 1 Z 4 lit g angeführten Nutzungsrechte,
2. die Nachbarn durch Geruch, Lärm, Rauch, Staub, Erschütterung oder in anderer Weise zu belästigen,
3. die Religionsausübung in Kirchen, den Unterricht in Schulen, den
Betrieb von Kranken- und Kuranstalten oder die Verwendung oder den Betrieb anderer öffentlichen Interessen dienender benachbarter Anlagen oder Einrichtungen zu beeinträchtigen,
4. die Sicherheit, Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs an oder auf Straßen mit öffentlichem Verkehr wesentlich zu beeinträchtigen oder
5. eine nachteilige Einwirkung auf die Beschaffenheit der Gewässer
herbeizuführen, sofern nicht ohnedies eine Bewilligung auf Grund wasserrechtlicher Vorschriften vorgeschrieben ist.
Im vorliegenden Fall stützt die Behörde erster Instanz die Genehmigungspflicht auf folgende Genehmigungstatbestände:
Eignung der Betriebsanlage, die Gesundheit des Gewerbetreibenden und der Kunden zu gefährden sowie die Nachbarn durch Geruch, Lärm oder Rauch zu belästigen.
Ausgehend von der Tatumschreibung lässt sich allerdings nicht nachvollziehen, wodurch eine Eignung der Anlage gegeben sein soll, die Gesundheit des Gewerbetreibenden oder der Kunden zu gefährden bzw weshalb beim Betrieb eines Grillhendlstandes eine Lärmbelästigung der Nachbarn nicht ausgeschlossen werden könne. Grundsätzlich kann nämlich nicht von Vorneherein angenommen werden, dass durch das Zubereiten und Verarbeiten von gegrillten Hühnern, gegrillten Stelzen, gegrillten Ripperl, Pommes Frites, verschiedenen Salaten und durch das Ausschenken und Verkaufen von Getränken eine Gesundheitsgefährdung des Gewerbetreibenden oder der Kunden möglich sein soll. Ebenso ist nicht erkennbar, weshalb bei diesen Tätigkeiten von einer möglichen Lärmbelästigung der Nachbarn ausgegangen werden soll, zumal im angefochtenen Straferkenntnis jegliche Angaben über den Abstand des Grillwagens zur nächstgelegenen Wohnnachbarschaft fehlen.
Es ist zwar bezüglich der Genehmigungstatbestände der Eignung des Grillwagens, die Nachbarn durch Geruch oder Rauch zu belästigen, festzustellen, dass derartige Beeinträchtigungsmöglichkeiten durch einen Grillhendlstand schon nach den Erfahrungen des täglichen Lebens grundsätzlich nicht ausgeschlossen werden können. Maßgeblich dafür, ob durch diese beiden Genehmigungstatbestände tatsächlich eine Genehmigungspflicht der Anlage begründet werden kann, ist allerdings der tatsächliche Abstand der nächstgelegenen Wohnnachbarschaft zum Grillhendlstand. Wie das Ermittlungsverfahren vor der erkennenden Behörde ergeben hat, beträgt dieser Abstand im gegenständlichen Fall in etwa 250 m. Ein solch großer, sohin weit über 30 m liegender Abstand zur nächstgelegenen Wohnnachbarschaft lässt allerdings schon nach den Erfahrungen des täglichen Lebens es als unmöglich erscheinen, dass die so weit entfernt situierten Nachbarn durch den Betrieb des Grillhendlstandes durch Geruch oder Rauch belästigt werden können.
Sohin ist im vorliegenden Fall auf Grund der von der Behörde erster Instanz herangezogenen Genehmigungstatbestände, an welche die Berufungsbehörde gebunden ist, eine Genehmigungspflicht der Anlage nicht anzunehmen und geht daher der Tatvorwurf, der Beschuldigte habe eine genehmigungspflichtige Betriebsanlage ohne die erforderliche Genehmigung betrieben, auf Grund der konkreten Tatanlastung ins Leere.
Aus den dargestellten Erwägungen war sohin der Spruchpunkt 1. des angefochtenen Straferkenntnisses aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren zur Einstellung zu bringen.
Bezüglich des Spruchpunktes 2. des Straferkenntnisses hat die Berufungsbehörde folgendes erwogen:
Gemäß § 367 Z 16 GewO begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe bis zu ? 2.180,-- zu bestrafen ist, wer entgegen § 46 Abs 1 ein Gewerbe unzulässigerweise außerhalb des Standortes der Gewerbeberechtigung oder einer weiteren Betriebsstätte ausübt.
Gemäß § 44a Z 1 VStG hat der Spruch eines Straferkenntnisses, wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten. Demnach ist es rechtlich geboten, die Tat hinsichtlich des Täters und der Tatumstände so genau zu umschreiben, dass eine eindeutige Zuordnung des Tatverhaltens zur Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale ermöglicht wird, und die Identität der Tat nach Ort und Zeit unverwechselbar feststeht.
?Unverwechselbares Feststehen der Identität der Tat? bedeutet, dass im Spruch eines Straferkenntnisses, genauer in der Tatumschreibung, dem Beschuldigten die Tat insoweit in konkretisierter Umschreibung zum Vorwurf zu machen ist, dass dieser rechtlich in die Lage versetzt wird, auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um diesen widerlegen zu können; weiters muss der Beschuldigte geschützt werden, wegen selbigen Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden.
Das Ausmaß der gebotenen Konkretisierung ist nicht isoliert zu betrachten und hängt vom einzelnen Tatbild und den Gegebenheiten des Falles ab.
Im vorliegenden Fall ergibt sich entgegen der Vorschrift des § 44a Z 1 VStG aus der Tatumschreibung nicht, dass in dem im Straferkenntnis angeführten Standort tatsächlich das Gastgewerbe ausgeübt worden ist. Durch die vorgenommene Tatumschreibung ist nicht erkennbar, ob die gegrillten Hühner, gegrillten Stelzen, gegrillten Ripperl und verschiedene Salate zum Verzehr an Ort und Stelle verabreicht worden sind oder ob nur ein Verkauf erfolgt ist wie er explizit hinsichtlich der Getränke angeführt ist. Es finden sich in der Tatanlastung auch keine Hinweise darauf, dass Verabreichungsplätze ? wie bei der Ausübung des freien Gastgewerbes üblich ? im gegenständlichen Fall vorhanden gewesen sind.
Es kann daher schon auf Grund dieses Rechtsmangels die Bestrafung nicht aufrecht erhalten werden.
Angemerkt wird in diesem Zusammenhang lediglich der Vollständigkeit halber, dass in § 112 Abs 6 GewO in der Fassung der Gewerberechtsnovelle 2002 bestimmt ist, dass jemand, der das Gastgewerbe in der Form ausübt, dass er Geflügel grillt und dieses mit Beilagen verabreicht, diese Tätigkeit im Umgebungsbereich von Lebensmittelgeschäften regelmäßig ausüben kann, ohne dass er diese Tätigkeit als weitere Betriebsstätte anzeigen muss.
Es war daher der Berufung auch hinsichtlich des Punktes 2. des Straferkenntnisses Folge zu geben, zumal es der Berufungsbehörde trotz der ihr zustehenden Befugnisse nach § 66 Abs 4 AVG verwehrt ist, Ergänzungen oder Abänderungen im Spruch eines Straferkenntnisses vorzunehmen, wenn diese nicht durch eine Verfolgungshandlung innerhalb der Frist des § 31 Abs 2 VStG gedeckt sind. Eine derartige, sich auch auf die beschriebenen Tatbestandselemente beziehende Verfolgungshandlung ist dem erstinstanzlichen Verwaltungsstrafakt nicht zu entnehmen.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.