TE UVS Steiermark 2003/11/11 30.12-40/2003

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Veröffentlicht am 11.11.2003
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark hat durch das Senatsmitglied Dr. Wigbert Hütter über die Berufung des Herrn DI M, vertreten durch K, C & P, Rechtsanwälte, G, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Leoben vom 02.06.2003, GZ.: 15.1 1816/2003, wie folgt entschieden:

Der Berufung wird gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 (im Folgenden AVG) in Verbindung mit § 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (im Folgenden VStG) Folge gegeben, das Straferkenntnis aufgehoben und das Verfahren nach § 45 Abs 1 Z 2 VStG eingestellt.

Text

Laut Spruch des Straferkenntnisses hat der Beschuldigte folgende

Tat zu verantworten:

Tatzeit: 11.11.2002 ca. 07.15 Uhr

Tatort: N, Betriebsgelände, Fa. B, Baustelle: R

Ihre Funktion: Verwaltungsstrafrechtlich Beauftragte(r) nach § 9 Abs. 2 Verwaltungsstrafgesetz

1. Übertretung

Am 11.11.2002 fiel um ca. 7.15 Uhr ein Bund Bewehrungsstäbe (Länge ca. 4-5 m, Gewicht ca. 500 kg) beim Transport mittels Turmdrehkran zu Boden und wurde der Arbeitnehmer R dabei schwer verletzt. Die Erhebungen erfolgten vor Ort durch die Arbeitsinspektionsorgane Ing. K am 11.11.2002 und Ing. G am 12.11.2002 und werden ergänzt durch den Unfallbericht des Gendarmeriepostens N vom 8.12.2002.

Sachverhalt:

Ein Bund Bewehrungsstäbe (Länge ca. 4-5 m, Gewicht ca. 500 kg), welcher mittels 2-strängiger Kette am Kranhaken des Turmdrehkranes befestigt war, wurde nicht so befördert, dass ein Herabfallen der Last hintangehalten wurde. Es waren keine geeigneten Maßnahmen für das sichere Aufnehmen, Bewegen und Absetzen der Last getroffen. Die Last wurde auf der oa. Baustelle auf der 5. Etage (Höhenkote ca. + 18,80 m) im Bereich der Gebäudeachsen aufgenommen und sollte in dem ca. 15 m entfernten, auf selbem Niveau liegenden Bereich (Achse) abgelegt werden. Dies stellt eine Übertretung des § 18 Abs. 2 erster Satz der Arbeitsmittelverordnung BGBl. II Nr. 164/2000 (AM-VO) in Verbindung mit § 18 Abs. 2 Z. 5 AM-VO dar, wonach durch geeignete Maßnahmen für das sichere Aufnehmen, Bewegen und Absetzen von Lasten zu sorgen ist und demzufolge Lasten so zu befördern sind, dass ein Herabfallen der Last hintangehalten wird. Dadurch sei § 18 Abs 2 erster Satz iVm Abs 2 Z 5 Arbeitsmittelverordnung verletzt worden. Es wurde eine Geldstrafe (Ersatzfreiheitsstrafe) verhängt.

Der Beschuldigte berief und beantragte die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens, dies in eventu nach Durchführung eines ergänzenden Ermittlungsverfahrens.

Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark gelangt aufgrund der Aktenlage, nach ergänzenden Ermittlungen und Verzicht des Arbeitsinspektorates L als mitbeteiligter Partei auf die Durchführung einer Berufungsverhandlung, zu folgender Beurteilung:

Die allgemeine Baugesellschaft schlossen unter dem Namen R am 22.08.2002 einen Arbeitsgemeinschaftsvertrag zur gemeinsamen Errichtung einer R auf dem Gelände der P in N mit dem Beginn der Bauarbeiten im Juli 2002. Die Arbeitsgemeinschaft richtete an den Berufungswerber das Schreiben vom 06.11.2002 mit folgendem Inhalt:

Betrifft: Arge T

Verantwortlichkeit für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften Sehr geehrter Herr DI M!

Wir bestellen Sie als Bauleiter der oa Arge in Übereinstimmung mit den Bestimmung der Geschäftsordnung für Arbeitsgemeinschaftsverträge (GO 1998) gemäß § 9 Abs. 2 VStG iV mit § 28 a Abs. 3 AuslBG zum Verantwortlichen für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften.

Es obliegt Ihnen, dafür zu sorgen, dass alle Verwaltungsvorschriften, welche im Rahmen der Tätigkeit der Arge zu beachten sind, eingehalten werden. Zu diesen Vorschriften zählen insbesondere auch die zum Schutze der Dienstnehmer erlassenen Regelungen (ArbeitnehmerInnenschutzgesetz, Arbeitszeit- und Arbeitsruhegesetz, Arbeitsinspektionsgesetz etc.), die Vorschriften über die Beschäftigung von Ausländern (AuslBG) sowie wasser-, naturschutz- und baurechtliche Regelungen. Wir ersuchen Sie, zum Zeichen Ihrer Zustimmung zur gegenständlichen Beauftragung die beiliegende Zweitschrift dieses Schreibens zu fertigen und der technischen Geschäftsführung zu übermitteln.

Fertigung durch die Partnerfirmen der Arge:

Einverstanden: Datum, DI H M

Dieses Schreiben wurde seitens der P von zwei Vorständen und

seitens der S von zwei Prokuristen unterschrieben.

Am 11.11.2002 ereignete sich beim Betrieb des Turmdrehkranes ein Arbeitsunfall, bei welchem ein Arbeitnehmer schwer verletzt wurde. Kran und Kranfahrer waren vom Arge-Partner S beigestellt worden. Arbeitsgemeinschaften sind Gesellschaften bürgerlichen Rechts, denen die Rechtspersönlichkeit fehlt und die daher nicht Dienstgeber sein können. Diese Eigenschaft kommt den einzelnen Gesellschaften der Gesellschaft bürgerlichen Rechts zu (VwGH 19.01.1995, Zl.: 93/18/0230). Der Bestellungsakt, mit dem die Bestellung einer Person zum verantwortlichen Beauftragten vorgenommen wird, ist formfrei, er muss aber von den zur Vertretung nach außen Berufenen, bei einer AG von den Vorstandsmitgliedern, ausgehen. Wenn DI M im Schreiben vom 06.02.2002 als Bauleiter zum Verantwortlichen für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften bestellt wurde, das Schreiben im Briefkopf die Arbeitsgemeinschaft T aufweist, diese Bestellung die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften, welche im Rahmen der Tätigkeit der Arge zu beachten sind betrifft und die Schlussklausel Fertigung durch die Partnerfirmen der Arge lautet, lässt sich dies zunächst so lesen, dass die Arge T beabsichtigte, DI M zum verantwortlichen Beauftragten zu bestellen. Dieser Lesart steht entgegen, dass eine Arge nicht zu den juristischen Personen, Personengesellschaften des Handelsrechts und eingetragenen Erwerbsgesellschaften im Sinne des § 9 Abs 1 VStG idF BGBl I 1998/158, in Kraft getreten am 01.01.1989, gehört und daher auch keinen verantwortlichen Beauftragten bestellen kann. Die Urkunde kann aber auch dahin verstanden werden, dass die beiden Arge-Partner P und S die Bestellung eines verantwortlichen Beauftragten vornehmen wollten: In diesem Fall hätten die beiden Vorstandsmitglieder der P den Berufungswerber zum verantwortlichen Beauftragten bestellt und die beiden Prokuristen der S diese Bestellung vornehmen wollen und zwar örtlich jeweils beschränkt auf das beabsichtigte Bauvorhaben in N. In Bezug auf die S konnte die Bestellung des DI M zum verantwortlichen Beauftragten keine Wirksamkeit entfalten, da Prokuristen nicht zum Kreis der zur Vertretung nach außen Berufenen gehören. Weder konnten die Vorstandsmitglieder der P dem Berufungswerber die Verantwortung für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften übertragen, deren Adressat die S war, noch konnte der Berufungswerber einer solchen Übertragung zustimmen. Im hier zu entscheidenden Fall stellt das Schreiben vom 06.11.2002 ganz offensichtlich den Bestellungsakt dar, da jeglicher Hinweis auf eine außerhalb dieser Urkunde vorgenommene Bestellung fehlt. Es waren daher keine Ermittlungen über einen anderen Bestellungsakt anzustellen (vgl. VwGH 30.09.1998, Zl.: 98/02/0211; 04.10.1996, Zl.: 96/02/0274). Da die S Arbeitgeberin des Turmdrehkranfahrers blieb, war es auch diese AG, die am 11.11.2002 zur Einhaltung der Bestimmungen der AM-VO verpflichtet war. Den Berufungswerber traf diesbezüglich keine Verantwortung. Da somit der Berufungswerber die Tat nicht begangen hat, ist der Berufung Folge zu geben, das Straferkenntnis aufzuheben und das Verfahren einzustellen.

Schlagworte
Bestellungsurkunde verantwortlicher Beauftragter Bestellungsakt Arbeitsgemeinschaft Prokurist Unterfertigung Gesellschafter Bezugnahme
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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