TE UVS Steiermark 2003/11/18 20.3-31/2003

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Veröffentlicht am 18.11.2003
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark hat durch das Senatsmitglied Dr. Erich Kundegraber über die Beschwerde der L, L, vertreten durch Dr. H S - Mag. H S - Dr. H H, Rechtsanwälte in G, wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt durch den Bürgermeister der Gemeinde St. Peter ob Judenburg A-8755 gemäß §§ 13 Abs 3, 67a Abs 1 Z 2, 67c und 82 Abs 7 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG) in Verbindung mit §§ 20 Abs 3 lit a und 42 Abs 2 Steiermärkisches Baugesetz 1995 (Stmk. BauG), wie folgt entschieden:

Die Beschwerde über die Entfernung der Werbetafel der Beschwerdeführerin vom Grundstück, GB R (Liegenschaft P), durch den Bürgermeister der Gemeinde St. Peter ob Judenburg am 16. April 2003 wird abgewiesen.

Text

I.1. In der Beschwerde vom 27. Mai 2003 wurde Nachfolgendes vorgebracht:

Die Einschreiterin hat im Gemeindegebiet der Gemeinde St. Peter ob Judenburg auf Grundstück GB R eine Werbetafel aufgestellt. Per 6.5.2002 brachte die Einschreiterin diesbezüglich eine Bauanzeige bei der belangten Behörde als zuständiger Baubehörde I. Instanz ein.

Da innerhalb der 8-Wochen-Frist des § 33 Stmk.BauG kein Untersagungsbescheid erlassen wurde, gilt die Aufstellung der Werbetafel der Einschreiterin gem.§ 33 Abs.6 1.S. Stmk.BauG als genehmigt.

Mit Schreiben der belangten Behörde vom 16.4.2003, das am 22.4.2003 in der Kanzlei der Vertreter der Einschreiterin einlangte, wurde der Einschreiterin mitgeteilt, dass die zuvor angeführte Werbetafel entfernt wurde. Ein genauer Zeitpunkt wurde nicht genannt.

Beweis: Beizuschaffende Akten je der belangten Behörde.

II. Beschwerdegründe:

Die belangte Behörde entfernte die als genehmigt zu qualifizierende Werbetafel der Einschreiterin rechtsgrundlos.

Dadurch wurde seitens der belangten Behörde Willkür" im Sinne der Judikatur zum Gleichheitssatz gem.Art.7 B-VG bzw. Art.2 StGG geübt. Gleichzeitig wurde durch die unzulässige Entfernungsmaßnahme auch grob

in das Eigentumsrecht der Einschreiterin eingegriffen." Es wurde der Antrag gestellt, "festzustellen, dass die Entfernung der Werbetafel der Einschreiterin von Grundstück, GB R am bzw vor dem 16.4.2003" rechtswidrig war und ein Kostenantrag gestellt. 2. Der Bürgermeister der Gemeinde St. Peter ob Judenburg legte den Bauakt in Kopie vor.

II.1. Nach Durchführung einer Verhandlung am 18. Juli 2003 in Verbindung mit dem Akteninhalt geht der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark von nachfolgendem, entscheidungsrelevanten Sachverhalt aus: Mit Antrag vom 06. August 2002 (datiert am 27. Februar 2002) erstattete die Beschwerdeführerin eine Bauanzeige gemäß § 20 Z 3 lit a Stmk. BauG an das Gemeindeamt St. Peter ob Judenburg betreffend Aufstellung einer Werbetafel in P (Grundstück). Als Beilage wurde ein Bauplan mit Maßangaben angeschlossen. Am 14. August 2002 wurde die Beschwerdeführerin gemäß § 13 Abs 3 AVG aufgefordert, die Zustimmungserklärung des Grundeigentümers und eine nähere Bezeichnung (genauer Lageplan) und Beschreibung der Tafel (Beschriftung, Farbgebung, usw.) binnen 14 Tagen nachzureichen. Auf Antrag wurde die Frist auf 20. September 2002 verlängert. Mit Bescheid vom 10. Oktober 2002 hat die belangte Behörde die Anzeige vom 07. August 2002 gemäß § 13 Abs 3 AVG zurückgewiesen, da die entsprechenden Unterlagen nicht eingebracht wurden. Die dagegen erhobene Berufung an den Gemeinderat der Gemeinde St. Peter ob Judenburg wurde mit Bescheid vom 04. Dezember 2002 aufgrund des Gemeinderatsbeschlusses vom 03. Dezember 2002 gemäß § 66 Abs 4 AVG abgewiesen. Die dagegen erhobene Vorstellung wurde mit Bescheid der Steiermärkischen Landesregierung vom 19. März 2003 gemäß § 94 Abs 5 der Steiermärkischen Gemeindeordnung 1967 mangels Verletzung von Rechten abgewiesen. In der Begründung wurde im Wesentlichen angeführt, dass die Bestimmung des § 33 Abs 4 Z 1 Stmk. BauG durch die AVG-Novelle 1998 am 01. Jänner 1999 außer Kraft getreten ist und daher der § 13 Abs 3 AVG anzuwenden war. Gegen den Bescheid der Steiermärkischen Landesregierung wurde Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof erhoben, wobei dies im Wesentlichen damit begründet wird, dass der § 33 Abs 4 Z 1 Stmk. BauG als Spezialvorschrift zu der allgemeinen Bestimmung des § 13 Abs 3 AVG zu qualifizieren sei (VwGH 3.9.1998, 97/06/0250) und daher ein Untersagungsbescheid ergehen hätte müssen. Da dies nicht geschehen sei, sei die Genehmigungsfiktion des § 33 Abs 6 erster Satz Stmk. BauG zugetroffen, wonach das angezeigte Vorhaben auch dann als genehmigt gilt, wenn nicht binnen acht Wochen ab Einlangen der Anzeige ein Untersagungsbescheid erlassen wird (Beilage A). 2. Die getroffenen Feststellungen gründen sich auf den Akteninhalt und wird der festgestellte Sachverhalt auch von den Parteien nicht in Abrede gestellt.

III. Die Rechtsbeurteilung ergibt Folgendes:

1.

Die Beschwerde wurde am 27. Mai 2003 persönlich beim Unabhängigen Verwaltungssenat für die Steiermark eingebracht, sodass die Beschwerdefrist gemäß § 67c Abs 1 AVG gewahrt ist. Die örtliche Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates für die Steiermark ist gegeben, da die vom Bürgermeister der Gemeinde St. Peter ob Judenburg vorgenommene Handlung in den Sprengel des Unabhängigen Verwaltungssenates für die Steiermark durchgeführt wurde. Gemäß § 67a Abs 1 Z 2 AVG entscheiden die Unabhängigen Verwaltungssenate in den Ländern über Beschwerden von Personen, die behaupten, durch Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt in ihren Rechten verletzt zu sein, ausgenommen von Finanzstrafsachen des Bundes. Die Unabhängigen Verwaltungssenate in den Ländern entscheiden durch Einzelmitglieder. Sowohl die Entfernung und Verwahrung, als auch die Nichtherausgabe der Plakatständer stellen einen in Ausübung verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt ergangenen Verwaltungsakt dar (ähnlich VfGH 28.9.1976, B 475/75; VfGH Slg. 7851/1976). Die Beschwerde war daher zulässig. 2. Gemäß § 42 Abs 2 Stmk. BauG können Werbe- und Ankündigungseinrichtungen, die ab dem 01. März 1989 ohne Bewilligung errichtet wurden, sofort von der Behörde entfernt werden. Die Behörde hat den Eigentümer des entfernten Gegenstandes oder den Grundeigentümer unverzüglich aufzufordern, diesen zu übernehmen. Die Kosten der Entfernung und Aufbewahrung eines Gegenstandes nach dem ersten Satz sind von dessen Eigentümer der Behörde zu ersetzen. Die Nichtübernahme von entfernten Gegenständen innerhalb eines Monat nach der Aufforderung gilt als Verzicht auf das Eigentum zu Gunsten der Gemeinde. Für Schäden, die bei der Entfernung von Gegenständen unvermeidbar eintreten, besteht kein Anspruch auf Entschädigung. Vorweg war die Frage zu klären, ob - wie die Beschwerdeführerin in ihrer Verfassungsgerichtshofbeschwerde ausführt (Beilage A) - die Sonderbestimmung des § 33 Abs 4 Z 1 Stmk. BauG als Spezialvorschrift zu der allgemeineren Bestimmung des § 13 Abs 3 AVG zu qualifizieren ist. Nach Meinung der Beschwerdeführerin hätte bei unvollständigen bzw an sonstigen Formgebrechen leidenden Unterlagen nach dem Stmk. BauG keine Zurückweisung erfolgen dürfen, sondern ausschließlich der innerhalb von acht Wochen zu erlassende Untersagungsbescheid im Sinne des § 33 Abs 4 Stmk. BauG. Da ein solcher Bescheid nicht erlassen worden sei, gelte die Genehmigungsfiktion des § 33 Abs 6 erster Satz Stmk. BauG. Dem ist Folgendes entgegen zu halten: Gemäß § 82 Abs 7 AVG, BGBl I Nr. 158/1998, treten alle Vorschriften des Bundes und der Länder enthaltenen Bestimmungen, die von den §§ 13 Abs 3 bis 8, 14, 18 Abs 3 und 4, 37 zweiter Satz, 39 Abs 2 und 3, 42, 43, 44, 44a bis 44g, 59 Abs 1 erster und zweiter Satz, 61 Abs 1 zweiter Satz, 63 Abs 2, 64a, 66 Abs 1 und 2, 69 Abs 2, 71 Abs 1 Z 2, 73 Abs 2 und 3 und 76 Abs 1 erster Satz idF des Bundesgesetzes BGBl I Nr. 158/1998 abweichen, mit Ablauf des 31. Dezember 1998 außer Kraft. Dies gilt nicht, wenn diese Bestimmungen nach dem 30. Juni 1998 kundgemacht worden sind. Mit der Bestimmung war beabsichtigt, dass die Materiengesetzgebung verhalten werden sollte, bereits bestehendes Sonderverfahrensrecht auf seine Erforderlichkeit zu hinterfragen. Damit sind mit der AVG-Novelle einige Bestimmungen des Stmk. BauG mit Wirksamkeit ab 01. Jänner 1999 außer Kraft getreten und war neben der Bestimmung des § 24 Abs 1 und 2 und des § 27 Stmk. BauG auch die Bestimmung des § 33 Abs 4 Z 1 leg cit getroffen. Die letztgenannte Gesetzesstelle ordnete an, dass die Baubehörden ein angezeigtes Vorhaben im Falle mangelhafter oder an einem sonstigen Formgebrechen leidender Unterlagen binnen acht Wochen mit schriftlichem Bescheid zu untersagen haben. Demgegenüber regelt § 13 Abs 3 AVG idF der Novelle 1998, dass im Falle des Vorliegens von Mängel schriftlicher Anbringen die Behörde unverzüglich deren Behebung zu veranlassen hat und dem Einschreiter die Behebung des Mangels mit der Wirkung auftragen kann, dass das Anbringen nach fruchtlosem Ablauf einer gleichzeitig zu bestimmenden angemessenen Frist zurückgewiesen wird. Die belangte Behörde hatte daher auf Grund des mangelhaften Anbringens vom 06. August 2002 den § 13 Abs 3 AVG anzuwenden. Wenn nun § 33 Abs 6 letzter Satz Stmk. BauG anordnet, dass das angezeigte Vorhaben auch als genehmigt gilt, wenn nicht binnen acht Wochen ab Einlangen der Anzeige ein Untersagungsbescheid erlassen wird, so setzt die Anwendung dieser Bestimmung voraus, dass die Baubehörde überhaupt die Möglichkeit besitzt, ein angezeigtes Vorhaben auf das Vorliegen von Untersagungsgründen zu prüfen. Im Sinne des § 13 Abs 3 letzter Satz AVG, wonach das Anbringen als ursprünglich richtig eingebracht gilt, wenn der Mangel rechtzeitig behoben wird, kann daher gefolgert werden, dass die im § 33 Stmk. BauG geregelte 8-wöchige Untersagungsfrist erst ab Vorlage der vollständigen mängelfreien Unterlagen zu laufen beginnt. Im Hinblick darauf, dass die Anzeige vom 06. August 2002 Mängel aufgewiesen hat und daraufhin die belangte Behörde mit Schreiben vom 14. August 2002 einen Verbesserungsauftrag gemäß § 13 Abs 3 AVG erlassen hat, wurde zu Recht der Antrag mit Bescheid des Bürgermeisters der Gemeinde St. Peter ob Judenburg vom 10. Oktober 2002 gemäß § 13 Abs 3 AVG zurückgewiesen. Die belangte Behörde hat noch mit Schreiben vom 01. April 2003 der Beschwerdeführerin mitgeteilt, dass die Werbetafel auf dem Grundstück (Liegenschaft P), ohne Bewilligung aufgestellt worden ist und setzte zur Entfernung der Tafel auch eine Frist bis 11. April 2003. Da diese ungenützt verstrichen ist, wurde mit Schreiben vom 16. April 2003 der Beschwerdeführerin mitgeteilt, dass die Werbetafel gemäß § 42 Abs 2 Stmk. BauG entfernt wurde und zur Abholung bereit steht. Im Sinne des § 42 Abs 2 Stmk. BauG war somit die Werbeeinrichtung ohne Bewilligung errichtet worden und konnte zu Recht vom Bürgermeister der Gemeinde St. Peter ob Judenburg entfernt werden. In Anbetracht der festgestellten Sachbzw Rechtslage war die Entfernung der Werbetafel auf der Liegenschaft P durch den Bürgermeister der Gemeinde St. Peter ob Judenburg am 16. April 2003 rechtmäßig und die Beschwerde somit abzuweisen.

Schlagworte
Entfernung Werbetafel Bewilligung Fristablauf Verbesserungsauftrag Untersagungsbescheid
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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