Der Unabhängige Verwaltungssenat Wien hat durch Dr. Helm als Vorsitzenden, Dr. Wilfert als Berichter und Dr. Schimek als Beisitzer
über 1.) die Berufung des Herrn Ernst T, Wien, A-Gasse, und 2.) die Berufung des Hauptzollamtes Graz, gegen das Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien, Magistratisches Bezirksamt für den 21. Bezirk, vom 25.11.2002, MBA 21 ? S 14775/02, wegen Übertretung des Ausländerbeschäftigungsgesetzes, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 26.11.2003, entschieden:
Gemäß § 66 Abs 4 AVG wird das Straferkenntnis wegen örtlicher Unzuständigkeit der erstinstanzlichen Behörde behoben.
1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien wurde dem Erstberufungswerber zur Last gelegt, er habe als handelsrechtlicher Geschäftsführer der Ernst und Johanna
T VermietungsgesmbH mit Sitz in Wien zu verantworten, dass diese Gesellschaft in der Zeit von 15.7.2002 bis 18.7.2002 fünf im Spruch des Straferkenntnisses namentlich genannte, von der Firma B, M-gasse, G, überlassene ausländische Arbeiter auf der Baustelle in K, F-straße beschäftigt habe, ohne dass dafür eine arbeitsmarktrechtliche Bewilligung erteilt worden wäre. Wegen Übertretung des § 28 Abs 1 Ziffer 1 lit a AuslBG iVm § 3 leg cit wurde über den Erstberufungswerber eine (!) Geldstrafe von 4.200,-- Euro und eine Ersatzfreiheitsstrafe von zwei Wochen verhängt.
Der Erstberufungswerber bestreitet die ihm zur Last gelegten Verwaltungsübertretungen und führt unter anderem aus, die Ernst und Johanna T VermietungsgesmbH befasse sich mit der Vermietung von Hallen und habe keine wie immer geartete Beziehung zur Einzelfirma Ernst T. Die verfahrensgegenständlichen Aufträge seien von der Einzelfirma Ernst T in Auftrag gegeben worden.
Die Zweitbeschwerdeführerin bekämpft die Strafbemessung.
2. In der Angelegenheit fand am 26.11.2003 eine öffentliche mündliche Verhandlung vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat Wien statt.
In dieser Verhandlung gab der Erstberufungswerber als Partei einvernommen an, die Ernst und Johanna T VermietungsgesmbH, deren handelsrechtlicher Geschäftsführer sei, habe mit der Angelegenheit nichts zu tun. Im Berufungsfall sei das Einzelunternehmen Ernst T mit Sitz in Bi, K-allee, tätig geworden. Der Firmensitz sei ursprünglich in Ge gelegen, auf diese Adresse lauten auch die von der Firma B gelegten Rechnungen. Auf Aufforderung des Finanzamtes sei der Firmensitz nach Bi verlegt worden, weil dort die höheren Umsätze gemacht würden. Bei der verfahrensgegenständlichen Baustelle handle es sich um ein Hotel. Dieses sei von der Einzelfirma Ernst T errichtet und auch betrieben worden.
Der Zeuge Albin B gab an, er sei wegen der Beschäftigung der verfahrensgegenständlichen Ausländer mit Straferkenntnis der BH
W vom 10.12.2000 rechtskräftig bestraft worden. Die gegenständlichen Aufträge seien so zustande gekommen, dass ein Arbeiter von ihm auf der Hotelbaustelle die Bauarbeiten wahrgenommen habe. Der Zeuge sei daraufhin auf die Baustelle gegangen. Dort sei Herr T anwesend gewesen und habe mit ihm dann die entsprechenden Vereinbarungen mündlich geschlossen. Mit einer Ernst und Johanna T GesmbH habe er nie etwas zu tun gehabt. Alle Kontaktnahmen bezüglich der Baustelle seien in der Steiermark erfolgt.
3. Die Berufung ist begründet.
Aus dem erstinstanzlichen Verwaltungsakt ergibt sich folgender Sachverhalt: Anlässlich einer am 18.7.2002 auf der Baustelle in K, F-straße, durchgeführten Kontrolle wurden die fünf verfahrensgegenständlichen Ausländer arbeitend angetroffen. Auf den von ihnen ausgefüllten Erhebungsbogen gaben sie übereinstimmend an, für eine Firma B zu arbeiten, Vorgesetzter sei Herr Albin B.
Herr B gab anlässlich einer Einvernahme vor dem Hauptzollamt Graz am 18.7.2002 an, er habe die verfahrensgegenständlichen Ausländer im Rahmen eines mit der Firma T mündlich geschlossenen Arbeitsvertrages beschäftigt.
Mit Schreiben vom 22.7.2002 bestätigte die Firma T, Br-Straße, Ge, das Bestehen einer mündlichen Vereinbarung mit der Firma B über Verfliesungsarbeiten auf der Baustelle in K. Auf dem von der Firma T verwendeten Briefpapier mit dem Briefkopf ?Ökotel" sind als weitere Adressen Ko, K-allee, Bi und Tr, H-straße, Tr, ausgewiesen. Unter einem wurden Buchungsbelege mit dem Eingangsstempel der Sparkasse der Stadt Ko sowie Rechnungen der Firma Albin B an die Firma T, Br-Straße, Ge, vorgelegt. Die verfahrensgegenständlichen Ausländer wurden am 18.7.2002 von der Bezirkshauptmannschaft Graz-Umgebung, Fremdenreferat, einvernommen.
Mit Aufforderung zur Rechtfertigung des Magistrates der Stadt Wien vom 21.10.2002 wurde dem Erstberufungswerber zur Last gelegt, er habe als handelsrechtlicher Geschäftsführer der Ernst und Johanna T VermietungsgesmbH mit Sitz in Wien die bewilligungslose Beschäftigung der gegenständlichen Ausländer zu verantworten.
Mit Schriftsatz vom 18.11.2002 teilte der Erstberufungswerber mit, die in der Aufforderung zur Rechtfertigung angesprochene VermietungsgesmbH befände sich in Gründung und habe keinerlei Geschäftstätigkeit in Bezug auf die Errichtung des Ökotels K ausgeübt. Er habe als Errichter des Hotels die Firma B beauftragt. In der Folge erging das nunmehr mit Berufung bekämpfte Straferkenntnis vom 25.11.2002, in welchem die erstinstanzliche Behörde sich jedoch mit den oben wiedergegebenen
Einwendungen des Erstberufungswerbers nicht auseinander setzte.
Der Unabhängige Verwaltungssenat Wien hat erwogen:
Gemäß § 27 Abs 1 VStG ist örtlich zuständig die Behörde, in deren Sprengel die Verwaltungsübertretung begangen worden ist, auch wenn der zum Tatbestand gehörende Erfolg in einem anderen Sprengel eingetreten ist.
Gemäß Abs 2 leg cit ist dann, wenn nach Abs 1 die Zuständigkeit mehrerer Behörden begründet ist oder es ungewiss ist, in welchem Sprengel die Übertretung begangen worden ist, die Behörde zuständig, die zuerst eine Verfolgungshandlung (gemäß § 32 Abs 2) vorgenommen hat.
Gemäß § 28 VStG ist die Behörde, die zuerst von einer Verwaltungsübertretung Kenntnis erlangt, zur Verfolgung zuständig, solange nicht ein Umstand hervorgekommen ist, der nach § 27 Abs 1 die Zuständigkeit einer anderen Behörde begründet. Im Falle von Übertretungen des § 28 AuslBG ist im Zweifel der Sitz des Unternehmens des Arbeitgebers der Tatort, denn dort wird in der Regel die gegebenenfalls nach diesem Gesetz verpönte Beschäftigung (nach § 2 Abs 1 AuslBG) ausländischer Arbeitskräfte eingegangen bzw. wäre von dort aus die allenfalls erforderliche Beschäftigungsbewilligung zu beantragen (stRsp. VwGH z.B. vom 22.4.1993, 92/09/0377 u.v.a).
Schon im erstinstanzlichen Verfahren findet sich kein Hinweis darauf, dass die bewilligungslose Beschäftigung der verfahrensgegenständlichen Ausländer der Ernst Johann T VermietungsgesmbH mit Sitz in Wien zuzurechnen wäre. Demzufolge bestand auch schon im erstinstanzlichen Verfahren kein Grund zur Annahme, dass der Tatort der dem Berufungswerber zur Last gelegten bewilligungslosen Beschäftigung überlassener ausländischer Arbeitskräfte auf der Baustelle in K, in Wien gelegen sei.
Auch eine auf die von der erstinstanzlichen Behörde gesetzte Verfolgungshandlung (Aufforderung zur Rechtfertigung vom 25.11.2002) gegründete Zuständigkeit kraft Zuvorkommens ist nicht gegeben, da der zweite Absatz des § 27 VStG nur im Zusammenhang mit dem vorausgehenden ersten Absatz und zwar so verstanden werden kann, dass es sich jedenfalls insgesamt um Behörden handeln muss, in deren Sprengel die Verwaltungsübertretung nach den Umständen des Falles überhaupt begangen werden konnte (vgl. VwSlg 6245A/1964). Zwar mag es nach den Umständen des Falles zweifelhaft erscheinen, ob der Tatort der dem Erstberufungswerber zur Last gelegten Verwaltungsübertretungen in Niederösterreich (Sitz des Einzelunternehmens) oder auf der Baustelle in K (Ort der Auftragserteilung) gelegen ist, Hinweise dafür, dass die Verwaltungsübertretungen im Sprengel der erstinstanzlichen Behörde begangen werden konnten, liegen nicht vor.
Die erstinstanzliche Behörde war für die Erlassung des Straferkenntnisses daher örtlich unzuständig.
Der Unabhängige Verwaltungssenat Wien verkennt dabei nicht, dass der Umstand, ob ein Beschuldigter die Tat in seiner Eigenschaft als Arbeitgeber, als zur Vertretung nach außen Berufener, als Geschäftsführer, als verantwortlicher Beauftragter oder als Bevollmächtigter zu verantworten hat, nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kein Sachverhaltselement der ihm angelasteten Tat ist und, so der Verwaltungsgerichtshof, insoweit diesbezüglich dem Straferkenntnis ein Mangel anhaftet, dieser im Berufungsverfahren zu beseitigen wäre (vgl. VwGH vom 20.9.2001, 2001/11/0171). Nach Ansicht des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien findet die Berechtigung (Verpflichtung) zur Beseitigung eines dem erstinstanzlichen Straferkenntnis anhaftenden Mangels der Bezeichnung der Verantwortlichkeit ihre Schranke jedenfalls dann, wenn dadurch der erstinstanzlichen Behörde die Möglichkeit eingeräumt würde, durch die willkürliche Annahme einer tatortrelevanten Verantwortlichkeit ihre Zuständigkeit zu begründen, zumal dadurch gemäß § 51 Abs 1 VStG auch die Zuständigkeit einer anderen Berufungsbehörde (eines anderen unabhängigen Verwaltungssenates) begründet wird.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.